Federico García Lorca, geboren 1898, gilt zweifellos als einer der grossen Dichter
der Moderne. Er ist der im Ausland am meisten gelesene und aufgeführte
spanische Autor des 20 Jahrhunderts, war Mitbegründer der legendären „Generación
de ´27“ und enger Freund von Dalí und Buñuel. Er wurde 1936 bei Ausbruch
des Bürgerkrieges von Falangisten ermordet. Seine Homosexualität war
ein offenes Geheimnis und machte ihn schon zu Lebzeiten zu einer Ikone der
Schwulenbewegung, wurde jedoch bis in die siebziger Jahre tabuisiert und wird
von seinen Erben zum Teil noch heute bestritten. Die anhaltende Popularität
seiner Werke, die Diskussion um sein Leben und die Umstände seines Todes
sowie die Rezeptions- und Übersetzungsgeschichte im deutschsprachigen
Raum sorgen dafür, dass er nicht in Vergessenheit gerät. Das Phänomen Lorca
hat bis heute nichts von seiner Faszinationskraft verloren.
Lorcas Rezeptionsgeschichte in Spanien ist überschattet vom Franco-Regime,
seine Bücher können zum Teil nur im spanischsprachigen Ausland veröffentlicht,
die Umstände seines Todes erst nach Francos Tod geklärt werden.
Die Rezeptionsgeschichte im deutschsprachigen Raum nimmt durch das Nazi-
Regime einen besonderen Verlauf. Vor 1945 ist Lorca in Deutschland kaum
bekannt. Mit der Neuentdeckung der Moderne nach dem Krieg kommt in den
späten vierziger und den fünfziger Jahren eine regelrechte Lorca-Welle auf, die
durch zwei Personen entscheidend beeinflusst wird: Enrique Beck, welcher
aufgrund eines Abkommens mit den Lorca-Erben bis vor kurzem der einzige
berechtigte deutsche Übersetzer war und Jean Gebser, der mit seinem vieldiskutierten
Buch „Lorca und das Reich der Mütter1“ 1949 – neben einigen gelungenen
Gedichtinterpretationen – vor allem absurde Spekulationen und diverse
falsche Fakten über Lorcas Leben in die Welt setzt. In den fünfziger Jahren erreicht
die Mythisierung Lorcas in Deutschland einen Höhepunkt. Als neoromantischer
Folklorist, als in der Tradition verhafteter andalusischer Zigeuner wurde
er gelesen, aufgeführt und besprochen; sein wohl wichtigstes Werk, „Poeta en
Nueva York“, erschien erst 1963 in deutscher Übersetzung. [...]
1 GEBSER, JEAN, Lorca und das Reich der Mütter, Schaffhausen 1978
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Federico García Lorca
- Lorcas Lyrik, die „Generación de '27" und Góngora
- Frühe Lyrik
- „Primer romancero gitano“
- „Poeta en Nueva York" und späte Lyrik
- Die „Generación de '27" und Góngora
- Die Rezeption Lorcas im deutschen Sprachraum
- Bis 1960 - Lorcas Lyrik im Nachkriegsdeutschland
- Nach 1960 – Die Diskussion um die Beck’schen Übersetzungen
- Schlussbetrachtung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Lyrik Federico García Lorcas und ihrer Rezeption im deutschen Sprachraum. Sie verfolgt das Ziel, die Bedeutung Lorcas für die „Generación de '27" und die deutsche Nachkriegslyrik zu beleuchten und die Diskussion um seine Übersetzungen im deutschen Sprachraum zu analysieren.
- Lorcas Lyrik im Kontext der „Generación de '27" und der Góngora-Rezeption
- Die Rezeption Lorcas im deutschen Sprachraum, insbesondere im Kontext des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit
- Die Diskussion um die Übersetzungen Lorcas, insbesondere die Übersetzungen von Enrique Beck
- Der Einfluss Lorcas auf die deutsche Nachkriegslyrik
- Die Mythisierung Lorcas und die Rolle der Übersetzungen
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Diese Einleitung stellt Federico García Lorca als einen der großen Dichter der Moderne vor und beleuchtet seine Bedeutung für die „Generación de '27", seinen Einfluss auf die deutsche Nachkriegslyrik und die Umstände seines frühen Todes. Sie führt in die Thematik der Rezeptionsgeschichte Lorcas im deutschsprachigen Raum ein und stellt die wichtigsten Fragen, die im Laufe der Arbeit untersucht werden sollen.
- Federico García Lorca: Dieses Kapitel liefert einen kurzen Überblick über Lorcas Leben und Werk. Es behandelt seine frühen Jahre, seine Zeit in Madrid, seine Homosexualität und seine Ermordung durch die Falangisten im Spanischen Bürgerkrieg.
- Lorcas Lyrik, die „Generación de '27" und Góngora: Dieses Kapitel analysiert Lorcas Lyrik im Kontext der „Generación de '27" und der Góngora-Rezeption. Es untersucht seine frühen Gedichte, sein Hauptwerk „Primer romancero gitano" und seine späte Lyrik, insbesondere „Poeta en Nueva York".
- Die Rezeption Lorcas im deutschen Sprachraum: Dieses Kapitel behandelt die Rezeptionsgeschichte Lorcas im deutschsprachigen Raum, insbesondere im Kontext des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit. Es beleuchtet die Rolle von Enrique Beck als Übersetzer und die Bedeutung von Jean Gebsers Buch „Lorca und das Reich der Mütter" für die Mythisierung Lorcas in Deutschland.
Schlüsselwörter
Federico García Lorca, „Generación de '27", Góngora, deutsche Nachkriegslyrik, Rezeption, Übersetzung, Enrique Beck, Jean Gebser, Mythisierung, „Poeta en Nueva York", „Primer romancero gitano", Moderne, spanische Literatur, Homosexualität, Franco-Regime, Naziregime.
- Quote paper
- Henning Radermacher (Author), 2004, Die Lyrik Federico García Lorcas und ihre Rezeption im deutschen Sprachraum, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/26133