Ziel meiner Arbeit ist es, Butlers geschlechtertheoretischen Ansatz unter Bezugnahme der Leitfrage, inwiefern sie einen neuartigen, radikalen Ansatz der Geschlechtertheorie liefert, zu rekonstruieren. Dazu bedarf es zunächst eines kurzen Überblicks über Judith Butlers geschlechtertheoretischen Ansatz. Im Folgenden möchte ich die zentralen Begriffe „Konstruktion“, „Performativität“, „Geschlechtsidentität“, „Intelligibilität“, „Subversion“ und „Handlungsmacht“ anhand ausgewählter Textpassagen aus „Körper von Gewicht“, „Hass spricht“ und anhand des Buches „Das Unbehagen der Geschlechter“ näher erläutern. Dabei soll insbesondere näher untersucht werden, wie Butler in ihrem Buch „Das Unbehagen der Geschlechter“ nicht nur „gender“, also das soziale Geschlecht, sondern auch die vertraute Unterscheidung zwischen „sex“ und „gender“, sogar das biologische Geschlecht an sich als kulturell konstruierte Ideologie entlarvt. Am Ende meiner Arbeit werde ich die wichtigsten Ergebnisse noch einmal zusammentragen und dazu kritisch Stellung nehmen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2.Hauptteil
2.1 Überblick über Butlers geschlechtertheoretischen Ansatz
2.2 Der Begriff der Konstruktion bei Judith Butler
2.3 Butlers Konzept der Performativität
2.4 Butlers Subjektverständnis
2.5 Geschlechtsidentität und die Intelligibilität des Subjekts
2.6 Subversion und Handlungsmacht bei Judith Butler
3. Schlussbemerkungen
4.Literaturverzeichnis
1. Einleitung
In meiner Hausarbeit beschäftige ich mich mit Judith Butlers Geschlechtertheorie unter Bezugnahme ihrer beiden Bücher „Das Unbehagen der Geschlechter“ („Gender trouble“) und „Körper von Gewicht“ („Bodies that matter“). Durch ihr erstes Buch „Das Unbehagen der Geschlechter“ wurde Judith Butler zum Star der feministischen Debatte. Denn in diesem Buch hatte sie die These aufgestellt, dass die Geschlechtsidentität nichts natürlich Gegebenes sei, sondern sozial, kulturell und sprachlich unablässig konstituiert werde.
In ihrem Werk „Körper von Gewicht“ geht sie einen Schritt weiter und entlarvt die Unterscheidung zwischen biologischem und sozialem Geschlecht, also zwischen „sex“ und „gender“, als etwas, das kulturell konstruiert wird. Das hat zur Folge, dass scheinbar feststehende Kategorien wie Natur, Kultur und Körper ebenso ins Wanken geraten wie die zuvor schon klaren Zuordnungen von Männlichkeit und Weiblichkeit. Judith Butler fragt in ihrem Buch nach den subtilen Machtmechanismen, die hinter solchen Kategorien stehen.
Die vielen Fehlinterpretationen und Verwirrungen, die sich aus der Rezeption des 1991 erschienen Buches „Das Unbehagen der Geschlechter“ ergeben haben, brachten eine Diskussion um zentrale Begriffe wie „sex“ und „gender“, „Konstruktion“ und „Identität“ ins Rollen, welche neu und kontrovers diskutiert wurden. Überdies führte die geübte Kritik auch zu einer erneuten erklärenden und weiterführenden Auseinandersetzung Butlers mit den aufgeworfenen Thesen in „Körper von Gewicht“.
Ziel meiner Arbeit ist es, Butlers geschlechtertheoretischen Ansatz unter Bezugnahme der Leitfrage, inwiefern sie einen neuartigen, radikalen Ansatz der Geschlechtertheorie liefert, zu rekonstruieren. Dazu bedarf es zunächst eines kurzen Überblicks über Judith Butlers geschlechtertheoretischen Ansatz. Im Folgenden möchte ich die zentralen Begriffe „Konstruktion“, „Performativität“, „Geschlechtsidentität“, „Intelligibilität“, „Subversion“ und „Handlungsmacht“ anhand ausgewählter Textpassagen aus „Körper von Gewicht“, „Hass spricht“ und anhand des Buches „Das Unbehagen der Geschlechter“ näher erläutern.
Dabei soll insbesondere näher untersucht werden, wie Butler in ihrem Buch „Das Unbehagen der Geschlechter“ nicht nur „gender“, also das soziale Geschlecht, sondern auch die vertraute Unterscheidung zwischen „sex“ und „gender“, sogar das biologische Geschlecht an sich als kulturell konstruierte Ideologie entlarvt.
Am Ende meiner Arbeit werde ich die wichtigsten Ergebnisse noch einmal zusammentragen und dazu kritisch Stellung nehmen.
2.Hauptteil
2.1 Überblick über Butlers geschlechtertheoretischen Ansatz
Mit den Begriffen des Poststrukturalismus und der Dekonstruktion in Verbindung mit dem Begriff des Feminismus, stellt man im deutschsprachigen Raum sofort eine Assoziation zu einem bestimmten Thema her: zur Dekonstruktion des Geschlechts und damit auch zur feministischen Philosophin Judith Butler. Seit 1991 ihr Buch „Das Unbehagen der Geschlechter“ erschienen ist werden ihre Veröffentlichungen kontrovers diskutiert. Auch gibt es kaum feministische Diskussionen zum Thema Geschlechtsidentität, in denen nicht der Name „Judith Butler“ erwähnt wird. Ausgangspunkt dieser Diskussion war Butlers These, dass das biologische Geschlecht selbst ein Konstrukt kultureller Ideologien ist und diskursiv hervorgebracht wurde (vgl. Hilge Landweer/ Mechthild Rumpf, 1993: S.4). Durch diese Aussage wurde Judith Butler so populär. Viele waren allerdings der Auffassung, dass diese These so neu gar nicht sei und beanspruchten das gleiche Maß an Aufmerksamkeit. Hierbei muss man nun bemerken, dass Butlers Vorgänger diese These nicht so radikal formuliert haben, wie Butler es getan hat. Die Radikalität liegt in ihren poststrukturalistischen theoretischen Bezügen begründet. In ihrer Kritik am Verständnis vom Geschlecht und in ihrer Argumentation lehnt sie sich eng an Derrida und Foucault an.
Mit der These, dass es kein natürliches Geschlecht im metaphysischen Sinne gäbe, verbindet sich eine weitreichende Kritik moderner erkenntnistheoretischer Grundlagen auch des Feminismus. Laut Butler besitzt auch die Kategorie „Frau“ als Subjekt des Feminismus keine biologischen Grundlagen und muss daher als eine machtvoll erzeugte Kategorie betrachtet werden (vgl. Stanislawa Paulus, 1999: S.56-58).
Butlers Buch „Das Unbehagen der Geschlechter“ hatte unter anderem deshalb so großen Erfolg, weil sie sich nicht nur auf die amerikanische Debatte bezogen hat, sondern auch auf die europäische. Ihr Buch kann man zu einer allgemeinen Richtung des Feminismus rechnen. Diese Richtung differenziert innerhalb der einzelnen Frau und zwischen den Frauen an sich und deutet darauf hin, dass man einer Frau nicht durchweg nur weibliche Eigenschaften zuschreiben kann, sondern auch sogenannte männliche Eigenschaften.
Butler wurde aber auch aus dem Grund aufgegriffen, weil sie den Streit zwischen Differenzfeminismus und Gleichheitsfeminismus scheinbar überwindet. Wenn sich die eine Seite für den Unterschied zum Mann und den männlichen Eigenschaften eingesetzt hat, hat sich die andere Seite für die Gleichsetzung des Mannes mit der Frau eingesetzt. Butler möchte beides nicht und spricht sich für die „Dekonstruktion“ von beiden Geschlechtern aus. So übt sie insbesondere Kritik an der Vorstellung von ursprünglicher Weiblichkeit und weiblicher Kultur, also der Unterscheidungsposition. Ihre Kritik richtet sich aber auch gegen die Gleichheitsposition, womit die Angleichung an den Mann gemeint ist. In ihrem Buch „Das Unbehagen der Geschlechter“ geht Butler näher auf Simone de Beauvoir ein, welche die Begründerin der Gleichheitsposition war.
Butlers Denken wurde stark von den Theorien Simone de Beauvoirs beeinflusst, und somit liegen ihre eigentlichen theoretischen Wurzeln auch in Frankreich. Aus Frankreich stammt die Literatur her, welche Butler in „Das Unbehagen der Geschlechter“ diskutiert: Jacques Lacan, Simone de Beauvoir, Luce Irigaray, Jacques Derrida, Julia Kristeva, Monique Wittig und vor allem Michel Foucault. Sie selbst publiziert im Umfeld des Poststrukturalismus, auch Dekonstruktivismus oder Neostrukturalismus genannt. Das alles sind vielfältige Theorieströmungen, welche den Strukturalismus Ende der sechziger Jahre fortsetzen und radikalisieren. Die Stichworte sind hier Philosophie ohne Subjekt, radikale Pluralität und (De) Konstruktion (vgl. Isabell Lorey, 1993: S.10-23).
Butler geht davon aus, dass sich die westliche Gesellschaft im Grunde durch ihre sprachliche und damit machtförmige Strukturierung herausgebildet hat. Ihre Vorstellung von einem Diskursbegriff hat sie bei Derrida und Foucault entlehnt. Mit dem Begriff Diskurs ist hier zunächst nur gemeint, dass geredet, geschrieben und gelesen etc. wird. Er hat aber auch die Bedeutung der verbundenen Rede, Gegenrede und Erörterung. Aber erst aus einer Betrachtung der Sprache in ihrer Relation zum Sprechen gewinnt der Begriff seine Besonderheit.
Der Diskursbegriff im Rahmen des Poststrukturalismus basiert auf der Annahme, dass nicht Menschen reden, sondern, dass sie geredet werden. Das soll u.a. heißen, dass der Sinn bzw. die Bedeutung des Gehörten und Wahrgenommenen nicht von der Person bestimmt wird, von der sie kommt. Es wird gesagt, dass die Bedeutung des Gesagten durch das sprachliche Zeichensystem, durch Macht, durch Wahrheitsregeln und anderes mehr bestimmt wird. Die Subjekte sind also nicht Herren ihres Sprechens. Es wird auch behauptet, dass von verschiedenen GesprächspartnerInnen zwischen ihnen jene Bedeutung intersubjektiv hergestellt wird. Auch die Sprache an sich ist nicht allein durch die Menschen gemacht. Sie wird als an sich sinnloses Zeichensystem betrachtet, welches erst durch das Sprechen eine Bedeutung erhält.
Dem poststrukturalistischen Diskursverständnis liegt also folgende Annahme zugrunde: Sprache und Subjekt sind nicht voneinander getrennt. Das Subjekt glaubt, dass es der Ausgangspunkt des Sprechens ist. Es ist aber so, dass es erst durch den Akt des Sprechens entsteht. Unter Diskurs ist nun der Ort zu verstehen, an dem diese Subjektwerdung entsteht.
Im Gegensatz zum klassischen Strukturalismus geht der Poststrukturalismus nicht von einer festen Struktur des Zeichensystems aus. Außerdem untersucht er genauer die Bedingungen der Sprachäußerung. Laut poststrukturalistischer Auffassung kommt es zu einer Verschränkung von Schreiben und Sprechen mit dem Begehren, den kulturellen Formen und der Macht. Natürlich ist dies alles nur ein kleiner Aufriss von Butlers geschlechtertheoretischem Ansatz, aber es wird zumindest deutlich, dass eine (post)strukturalistische Vorstellung von Diskurs und Subjekt einige Konsequenzen für das hat, was Geschlecht heißt.
2.2 Der Begriff der Konstruktion bei Judith Butler
Mit dem Begriff „Konstruktion von Geschlecht“ wird eine weltweit geführte Diskussion aufgegriffen und fortgesetzt. Eine vertraute Tatsache, nämlich die Unterscheidung der Individuen anhand ihres Geschlechts, was bisher selbstverständlich war, wird neu definiert. Nach Ursula Pasero ist eben diese Selbstverständlichkeit dafür verantwortlich, dass die Geschlechter konstruiert werden. Das vertraute Phänomen der „natürlichen Ordnung der Geschlechter“ erweise sich bei genauerer Betrachtung als alles andere als natürlich. Dort, wo man anhand der Geschlechtsmerkmale eine Eindeutigkeit vermutet, stellt man bei genauerer Betrachtung fest, dass es mehr gibt als nur „männlich“ und nur „weiblich“. Pasero gibt der Gesellschaft die Schuld, welche sich vor der Vielfalt der Geschlechter verschließt und uns geradewegs in die „Konstruktion von Geschlecht“ führe (vgl. Ursula Pasero, 1998: S.7).
Durch Judith Butlers Werk „Gender Trouble“ bzw. „Das Unbehagen der Geschlechter“ hat sie eine Diskussion um die grundlegenden Annahmen des Feminismus ins Rollen gebracht: nämlich die Unterscheidung zwischen „sex“ und „gender“ und der Identitätspolitik (vgl. Stefan Hirschhauer, 1998: S.67).
In Zusammenhang mit dem Poststrukturalismus hat Judith Butler eine Theorie der Dekonstruktion der Geschlechterontologie vorgelegt, die sich am Diskurs orientiert. Diese Theorie, so Hirschhauer, laufe auf zwei Vorschläge hinaus. Das eine sei eine Theorie von Geschlechterakten und eine Politik der internen Subversion der Geschlechterdichotomie durch sich „wiederholende“ parodistische Praktiken, welche die Geschlechtskategorien denaturalisieren und ihren Sinn aushöhlen (vgl. Stefan Hirschhauer, 1998: S.71).
Für Butler sind die zwei Gegensätze von Frau und Mann, die aus zwei Einheiten bestehende Zweigeschlechtlichkeit, ein zwanghaftes Raster. Positionen, die nicht ganz deutlich die Frau bzw. den Mann darstellen, werden scheinbar ausgeschlossen bzw. gezwungen, sich anzupassen. An dieser Stelle wird von der feministischen Theorie ein patriarchaler Ausschließungsmechanismus wiederholt und schränkt damit gleichzeitig sich die gesamte Praxis der Frauenbewegung und natürlich auch sich selbst ein. Butlers Ziel ist es, diese Einschränkungen zu überwinden. Sie macht darauf aufmerksam, dass es dabei um die ontologische Konstruktion zur Erhaltung des hierarchischen Geschlechterverhältnisses geht, indem sie die Kategorie „Frauen“ ablehnt.
[...]
- Quote paper
- Annika Westphal (Author), 2003, Rekonstruktion des geschlechtertheoretischen Ansatzes Judith Butlers. Ein neuartiger, radikaler Ansatz in der Geschlechtertheorie?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25601
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.