Der Fußfall von Chiavenna – ein in den Quellen und auch in der wissenschaftlichen Literatur reichlich dargestelltes Ereignis des Mittelalters. Diese Hausarbeit wird sich sowohl mit den Quellen, als auch mit der wissenschaftlichen Literatur befassen. Sie wird die Quellen sammeln und auswerten sowie versuchen, diese auf ihren Aussagewert hin zu bewerten. Sie wird den Historikerstreit zu Beginn des 20. Jahrhunderts nachzeichnen und analysieren sowie den aktuellen Forschungsstand und die aktuellen Ansichten zur Tatsächlichkeit des Ereignisses darstellen. Während versucht wurde, die Quellen möglichst komplet und die Streit-Literatur zu Beginn des 20. Jahrhunderts weitestgehend in die Arbeit aufzunehmen, wird die Auswahl der aktuellen Literatur auf bestimmte einschlägige Werke beschränkt werden.
Bei den Quellen stellte sich darüber hinaus das Problem, eine Ordnung der Quellen vorzunehmen. Dabei wäre eine chronologische, gattungsspezifische oder inhaltliche Gliederung denkbar, jedoch in keinem Falle völlig befriedigend gewesen. Eine streng chronologische Anordnung wäre schon allein aufgrund der nicht immer eindeutigen Datierung der Quellen schwierig gewesen, eine gattungsspezifische Anordnung für die Analyse nicht zweckdienlich. Eine Gliederung nach inhaltlichen Aspekten, ergänzt durch die Chronologie erschien letztlich als die beste Möglichkeit.
Diese Arbeit beschäftigt sich also nicht mit der Zusammenkunft in Chiavenna an sich, sondern mit deren Darstellung in den Quellen und mit den Ansichten, zu denen Historiker aufgrund der Quellen gelangten.
Inhalt
1. Einleitung
2. Die Quellen zum Fußfall von Chiavenna
3. Die wissenschaftliche Literatur zum Fußfall von Chiavenna
3.1. Der Streit der Historiker in der Literatur zu Beginn des 20. Jahrhunderts –
Verfechter und Gegner der Chiavenna-Geschichte
3.2. Der heutige Forschungsstand – heutige Ansichten zur Tatsächlichkeit
des Treffens zu Chiavenna
4. Schlusswort
5. Quellenverzeichnis
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Der Fußfall von Chiavenna – ein in den Quellen und auch in der wissenschaftlichen Literatur reichlich dargestelltes Ereignis des Mittelalters. Diese Hausarbeit wird sich sowohl mit den Quellen, als auch mit der wissenschaftlichen Literatur befassen. Sie wird die Quellen sammeln und auswerten sowie versuchen, diese auf ihren Aussagewert hin zu bewerten. Sie wird den Historikerstreit zu Beginn des 20. Jahrhunderts nachzeichnen und analysieren sowie den aktuellen Forschungsstand und die aktuellen Ansichten zur Tatsächlichkeit des Ereignisses darstellen. Während versucht wurde, die Quellen möglichst komplett[1] und die Streit-Literatur zu Beginn des 20. Jahrhunderts weitestgehend in die Arbeit aufzunehmen, wird die Auswahl der aktuellen Literatur auf bestimmte einschlägige Werke beschränkt werden.
Bei den Quellen stellte sich darüber hinaus das Problem, eine Ordnung der Quellen vorzunehmen. Dabei wäre eine chronologische, gattungsspezifische oder inhaltliche Gliederung denkbar, jedoch in keinem Falle völlig befriedigend gewesen. Eine streng chronologische Anordnung wäre schon allein aufgrund der nicht immer eindeutigen Datierung der Quellen schwierig gewesen, eine gattungsspezifische Anordnung für die Analyse nicht zweckdienlich. Eine Gliederung nach inhaltlichen Aspekten, ergänzt durch die Chronologie erschien letztlich als die beste Möglichkeit.
Diese Arbeit beschäftigt sich also nicht mit der Zusammenkunft in Chiavenna an sich, sondern mit deren Darstellung in den Quellen und mit den Ansichten, zu denen Historiker aufgrund der Quellen gelangten. Für das bessere Verständnis soll die eigentliche Geschichte der Zusammenkunft Friedrich Barbarossas und Heinrichs des Löwen dennoch an dieser Stelle kurz erzählt werden:
Nachdem der Kampf Friedrich Barbarossas gegen die lombardischen Städte für ihn äußerst ungünstig verlief, rief er seinen Vetter Heinrich den Löwen im Januar/Februar 1176 zu einer Unterredung nach Chiavenna. Dort bat Friedrich den Löwen inständig (angeblich mit einem Fußfall, also auf eine für den Herrscher demütigende Weise) um Waffenhilfe gegen die Lombarden, die Heinrich aber ablehnte, bzw. nur unter der Bedingung leisten wollte, dass Friedrich ihm Goslar zum Lehen gegeben hätte. Da Friedrich sich ein solches Lehen nicht abpressen lassen wollte, verweigerte nun er wiederum dem Löwen dieses Zugeständnis, worauf Heinrich nach Deutschland zurückkehrte. Die Ablehnung der Waffenhilfe war der Beginn des Bruches zwischen dem Staufer und dem Welfen, der 1180 in der Ächtung Heinrichs seinen Höhepunkt fand.
Soweit die konstruierte Geschichte der Zusammenkunft zu Chiavenna. Wir werden sehen, dass diese in der oben stehenden Form aus den vorhandenen Quellen mehr oder weniger zusammengebastelt wurde. Was die einzelnen Quellen wirklich hergeben, soll im nächsten Punkt untersucht werden und wir werden dabei auf ausreichend Material stoßen, durch das der Streit der Historiker zu Beginn des 20. Jahrhunderts, der dann im zweiten Teil der Arbeit in chronologischer Abfolge analysiert werden wird, nachvollziehbar, erklärbar, ja sogar verständlich werden wird. Doch betrachten wir nun zunächst die Quellen zum Fußfall von Chiavenna.
2. Die Quellen zum Fußfall von Chiavenna
In den folgenden Quellen findet sich jeweils ein Hinweis auf das Treffen von Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen. Nicht zuletzt auch wegen der unterschiedlichen Gattungen und Standpunkte der Quellen sind die Schilderungen dieser Begegnung sehr unterschiedlich. Wir werden Chroniken und Annalen untersuchen, die Einen mehr oder weniger ausschweifend, mal von eher kaisertreuen Autoren, mal von auf Seiten Heinrichs stehenden Autoren verfasst, die Anderen kurz und weitestgehend neutral verfasst. Wir werden sehen, dass besonders in den Zeit- und Ortsangaben, dem exakten Ablauf der Begegnung und in der Dramatik des Treffens starke Variationen in den Quellen auftreten, und sie deshalb besonders im Hinblick auf diese Aspekte zu untersuchen sind.
Orientiert man sich an der in der Einleitung nachgezeichneten Chiavenna-Geschichte so ergibt sich eine Art Fragenkatalog, mit dessen Hilfe und dessen Kriterien die folgenden Quellen betrachtet werden müssen: Wo und wann fand das Treffen statt? War es überhaupt ein persönliches Treffen? Warf sich Friedrich wirklich Heinrich zu Füßen und wenn ja, hob dieser ihn auf oder nicht? Forderte Heinrich wirklich Goslar zum Lehen? Darüber hinaus werden sich noch einige weitere Fragen stellen, etwa: Bot Heinrich zumindest finanzielle Unterstützung an? Oder in wie weit ist der Ausspruch des Truchsessen Jordan von Blankenburg glaubwürdig?
All dies wird sich nur anhand der Quellen klären lassen, teils schon nach ein oder zwei Quellen, teils erst resümierend nach der Durchsicht aller Quellen. Beginnen wir deshalb nun mit der ersten Quelle, der Chronik Gisleberts von Mons, die gleichzeitig auch die früheste Quelle ist, da sie bereits um 1190 entstand, also gerade einmal 14 Jahre nach der Zusammenkunft. Gislebert schrieb:
Hic imperator, cum contra Italiam nimios guerrarum labores in nimia suorum morte sustineret, anxius nimis et coartatus, fidelem et consanguineum suum Henricum, prepotentissimum ducem Saxonum, ferum et ferocem virum, de cujus diviciis et potentia omnes audientes mirabantur, sepius adiit ut ab eo auxilium haberet; et cum ille auxilium ei negaret, imperator ultra quam deberet pedibus illius se prostraverit; sed ille in sua perdurans nequicia, dominum suum exaudire et ad suos pedes jacentem sprevit relevare. Hiis autem et aliis injuriis coadunatis, dominus imperator illum in causam trahens, terram suam cum honore ei fecit abjudicari; et cum videretur quod dux ille a tot et tantis castris fortissimis nequaquam ejici posset, tamen peccatis suis prepeditus et hominum suorum odiis aggravatus, per dominum imperatorem prorsus mansit exheredatus, cujus bona dominus imperator multis principibus distribuit.[2]
Gislebert schrieb die wohl dramatischste Darstellung der Zusammenkunft des Staufers und des Welfen. Mit großen Worten erzählt er, wie Friedrich Heinrich bei einem persönlichen Treffen um Hilfe bat und jener diese komplett ablehnte, also sowohl persönliche Hilfe, als auch finanzielle Unterstützung. Er berichtet vom Fußfall Barbarossas und von Heinrichs Weigerung, seinen Kaiser aufzuheben und diesem Waffenhilfe zu leisten. Gislebert nennt weder einen Ort des Geschehens noch ein Datum, wir erfahren nichts über die Goslar-Forderung und auch ein Jordan von Blankenburg spielt in dieser Darstellung der Ereignisse keine Rolle.
Die nächste Quelle ist die Chronik des Otto von St. Blasien, entstanden zu Beginn des 13. Jahrhunderts, aber eine der späteren Quellen, die die Chiavenna-Geschichte schildern. Otto von St. Blasien schrieb:
Inperator igitur angustatus legatos in Germaniam pro supplemento exercitus direxit simultaque ad Heinricum avunculi sui filium, ducem Saxonie et Bawarie, ut Clavenne ad colloqium sibi occurreret, venientique obviam procedens, ut periclitanti imperio subveniret, plus quam imperialem deceret maiestatem, humiliter efflagitavit*. Dux itaque Heinricus, utpote solus ad subveniendum imperio hoc tempore potencia et opulencia idoneus, Gossilariam ditissimam Saxonie civitatem iure beneficii pro donativo ad hoc expeciit. Cesar autem tale beneficium sibi invito extorqueri ignominiosum existimans minime consensit. Pro quo Heinricus iratus ipsum in pericilo constitutum recedens reliquit.[3]
*) add. in marg. manu quae videtur Liutoldi: Dicitur, quod se pedibus eius provolverit.
Auch Otto berichtet von einem persönlichen Treffen, darüber hinaus nennt er uns aber noch Chiavenna als Ort des Geschehens und das Jahr 1176 als Zeit (am Rande des Textes, oben nicht mit abgedruckt). Die Bitte um Hilfe ist die gleiche, doch Otto spricht zunächst nur davon, dass diese „in Demut, mehr als es der kaiserlichen Majestät geziemte“( plus quam imperialem deceret maiestatem, humiliter efflagitavit), vorgetragen wurde. Der Fußfall an sich findet sich bei Otto nur in den Marginalien mit der Einleitung „dicitur – man sagt, dass“ und über Heinrichs Reaktion lesen wir nichts; dafür aber hier nun von Heinrichs Forderung, der Kaiser solle ihm Goslar zum Lehen geben, wenn er seine Hilfe haben wolle, und von Barbarossas Weigerung, sich dieses abpressen zu lassen. Auch Otto wählte große Worte für seine Darstellung, gerade der letzte Satz, p ro quo Heinricus iratus ipsum in pericilo constitutum recedens reliquit, bringt uns einen Vorgeschmack auf die tiefe Verstimmung, die nach diesem Vorfall zwischen Freidrich und Heinrich herrschte. Von einem Truchsessen Jordan findet sich auch bei Otto nichts.
Werfen wir nun einen Blick auf die Annales Marbacenses, die uns im Zusammenhang mit Heinrichs Ächtung im Jahre 1180 von Friedrichs Hilfsgesuch berichten. Der natürlich namenlose Annalist schrieb um 1212:
Imperatore aliquando in Ytalia manete nec copiam militum qua hostes imperii coercere posset habente, auxilium Heinrici ducis imploravit. Qui nimiam suorum militum stragem factam conquerens Creme et apud Mediolanum, non aliter imperio amminiculari posse respondit, nisi Goslarie opidum in beneficium sibi daretur. His et aliis causis imperator nimium exacerbatus bellum Heinrico duci indici iubet, […].[4]
Die Orts- und Zeitangaben sind hier sehr wage, der Kaiser war eben aliquando in Ytalia und wir wissen ja, dass Friedrich Barbarossa nicht nur einmal in Italien weilte. Von einem Jordan von Blankenburg, einem persönlichen Treffen oder gar einem Fußfall des Kaisers ist nicht die Rede, die Formulierungen imploravit und respondit würden ebenso den Schluss zulassen, dass nur ein Briefverkehr stattgefunden hat. Die Goslar-Forderung Heinrichs finden wir in abgeschwächter Form dargestellt, denn während Otto sie als wahre Erpressung Heinrichs erscheinen ließ, wirkt es hier doch eher so, als hätte Heinrich seinem Kaiser ja gerne helfen wollen, er jedoch einfach nicht gewusst hätte, wie er dies nach seinen großen Verlusten bei Crema und Mailand ohne das Oppidium Goslar hätte bewerkstelligen sollen. Die Annales sind in ihrer Darstellung also weitaus unbestimmter und weit weniger dramatisch und parteiisch als es Otto von St. Blasien oder auch Gislebert von Mons waren. Nur den Zorn des Kaisers auf den Welfen schildert auch der Annalist.
[...]
[1] Kritische Zusammenstellungen der Quellen finden sich in den Regesta Imperii IV, 2: Die Regesten des Kaiserreiches unter Friedrich I. 1152 (1122) – 1190, Band 3 (1168-1180), hg. v. Johann Friedrich Böhmer, bearb. v. Ferdinand Opll, Wien, Köln, Weimar 2001, Reg. 2171, S. 126 und bei Johannes Haller: Der Sturz Heinrichs des Löwen (Archiv für Urkundenforschung, Bd. 3), Leipzig 1911, S. 303ff.
[2] Gislebert von Mons, ed. Vanderkindere, S. 94.
[3] Otto von St. Blasien, ed. Hofmeister, MGH SS rer.Germ.in.us.schol., S. 33f.
[4] Annales Marbacenses, ed. Bloch, MGH SS rer.Germ.in.us.schol., S. 52 (zu 1180).
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