Zur Klärung dieser Fragen möchte ich ein lyrisches, ein prosaisches sowie ein
dramatisches Werk der expressionistischen Literatur untersuchen. Hierzu werde ich
zu Beginn der Kapitel kurz auf den biographischen Hintergrund des jeweiligen
Schriftstellers eingehen. Anschließend erfolgt eine knappe inhaltliche Vorstellung des
Werkes sowie eine detaillierte Interpretation des Selbstmordmotivs.
Kapitel zwei beschäftigt sich mit Georg Heyms Gedicht „Morituri“5. Im Mittelpunkt
steht dabei die innere Zerrissenheit eines Selbstmörders, der zum Sterben einen
Platz in der Nähe der Lebenden sucht, um wenigstens in seinen letzten Minuten von
den Menschen erhört zu werden.
Im dritten Kapitel werde ich Carl Einsteins Roman „Bebuquin oder Die Dilettanten
des Wunders“6 analysieren. Diese experimentelle Erzählung, die komplett ins
Absurde abgleitet, thematisiert den Gegensatz zwischen materieller und seelischer
Welt. Da kein Wunder eintritt, entscheidet sich Bebuquin seine Existenz zu beenden.
Das Besondere an diesem Werk ist, wie der Protagonist sein Leben beendet. Er tut
dies nicht mit einem Gewaltakt gegen sich selber, sondern mit der Aussprache eines
einzigen Wortes: Aus7.
In Kapitel vier soll schließlich das Selbstmordmotiv in Georg Kaisers Drama „Die
Bürger von Calais“8 näher betrachtet werden. Hierbei steht der Freitod Eustache de
Saint-Pierres gleichzeitig für die Geburt eines neuen Menschen, der an die Moral der
Gemeinschaft appelliert und für deren Weiterexistenz die Aufopferung des Einzelnen
fordert.
5 Vgl.: Heym, Georg: Dichtungen und Schriften. Gesamtausgabe. Herausgegeben von Karl Ludwig
Schneider. Band 1 Lyrik, Verlag Heinrich Ellermann, Hamburg und München, 1964, S. 668.
6 Vgl.: Einstein, Carl: „Bebuquin oder Die Dilettanten des Wunders“. Prosa und Schriften 1906 – 1929,
Gustav Kiepenheuer Verlag, Leipzig und Weimar, 1989, S. 6 – 52.
7 Ebd., S. 52.
8 Vgl.: Kaiser, Georg: Die Bürger von Calais. Text und Kommentar, C.C. Buchners Verlag, Bamberg
2002.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Problemstellung
- Aufbau
- Forschungsstand
- Selbstmord als Ausbruch
- Georg Heym
- „Morituri“
- Selbstmord als Weltflucht
- Carl Einstein
- „Bebuquin oder Die Dilettanten des Wunders“
- Selbstmord als Geburt eines neuen Menschen
- Georg Kaiser
- „Die Bürger von Calais“
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht das Motiv des Selbstmordes in der expressionistischen Literatur und beleuchtet dessen unterschiedliche Bedeutungen in verschiedenen Werken der Epoche. Der Fokus liegt auf der Frage, ob der Selbstmord lediglich als Darstellung des Suizids dient oder ob er als Hinweis auf die eigentliche Aussage eines literarischen Werkes verstanden werden soll.
- Die Darstellung des Selbstmordes als Ausbruch aus der gesellschaftlichen und persönlichen Zerrissenheit
- Der Selbstmord als Flucht aus einer unerträglichen Welt und als Ausdruck des Widerstands gegen die bestehenden Verhältnisse
- Der Selbstmord als Akt der Selbstaufopferung, der zur Erneuerung der Gesellschaft oder zur Geburt eines neuen Menschen führt
- Die symbolische Bedeutung des Selbstmordes in der expressionistischen Literatur
- Die Analyse des Selbstmordmotivs in ausgewählten Werken von Georg Heym, Carl Einstein und Georg Kaiser
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel zwei analysiert das Gedicht „Morituri“ von Georg Heym und beleuchtet die innere Zerrissenheit des Selbstmörders, der im Sterben die Nähe der Lebenden sucht.
Kapitel drei beschäftigt sich mit Carl Einsteins Roman „Bebuquin oder Die Dilettanten des Wunders“ und zeigt, wie der Protagonist seinen Suizid als Ausdruck der Ablehnung einer sinnlosen Welt vollzieht.
Kapitel vier analysiert Georg Kaisers Drama „Die Bürger von Calais“ und interpretiert den Selbstmord Eustache de Saint-Pierres als Akt der Selbstaufopferung für die Moral der Gemeinschaft.
Schlüsselwörter
Expressionismus, Selbstmord, Suizid, Motiv, Symbol, Georg Heym, Carl Einstein, Georg Kaiser, „Morituri“, „Bebuquin oder Die Dilettanten des Wunders“, „Die Bürger von Calais“, Ich-Dissoziation, Weltflucht, Erneuerung.
- Quote paper
- Michael Münch (Author), 2003, Zum Motiv des Selbstmordes in der Literatur des Expressionismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25555