Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Gründe, Methoden und Ergebnisse der am Anfang
des 16. Jahrhundert einsetzenden katholischen Konfessionalisierung, fokussiert auf das
Herzogtum Bayern, herauszuarbeiten. Ausgehend von den 1520er Jahren soll der Verlauf des
Konfessionalisierungsprozesses bis zur Herrschaft von Herzog Maximilian I. dargestellt
werden. Dabei sind die zu verschiedenen Zeiten aufgetretenen reformatorischen Bewegungen
in bezug auf Zustandekommen, Verbreitung im und Auswirkung auf das Herzogtum, sowie
die daraufhin getroffenen Maßnahmen zu untersuchen. Festzustellen ist außerdem, warum
gerade Bayern, in einer Zeit in der die Auswirkungen der Reformation überall in Deutschland
zu spüren waren, im Vergleich zum Beispiel zum Kurfürstentum Sachsen, nur wenig von
diesen reformatorischen Bestrebungen beeinflusst wurde bzw. warum sich diese nicht
weitläufig verbreiten und fest etablieren konnten. Schließlich sind noch Ausmaß und Ergebnis
der Konfessionalisierungsmaßnahmen außerhalb des Herzogtums zu klären.
Von dem in früheren Zeiten der Geschichtsschreibung und zum Teil auch noch in neuerer
Literatur verwendeten Begriff der Gegenreformation1 wird dabei abgesehen. Zum Einen, weil
Reformation und Gegenreformation zeitlich parallele Vorgänge waren, zum anderen, da die
Gegenreformation eigentlich auch eine Reformation war, oder anders ausgedrückt eine
Katholische Reform. Diese eben war nicht nur „reaktionär“, wie es mit dem Begriff der
Gegenreformation schon assoziiert werden würde, sondern in einem gewissen Rahmen auch
„innovativ“2, was vorher nur der eigentlichen Reformation zugesprochen wurde. Als
Beispiele seien hierzu Spanien und Italien aufgeführt, wo schon gegen Ende des 15. [...]
1 Siehe z.B. Lutz, Heinrich: Reformation und Gegenreformation (= OGG, Bd. 10), München 1997.
2 Die Begriffe beruhen auf der im 19. Jh. geschaffenen Dreiteilung der Frühneuzeitforschung in: innovative
Reformation, reaktionäre Gegenreformation und konfessionsneutraler Absolutismus – vgl. Völker-Rasor,
Anette (Hrsg.): Frühe Neuzeit (=Oldenburg Lehrbuch Geschichte), München 2000, S. 299. Zu näherer Kritik
an dem Begriff Gegenreformation siehe: Reinhard, Wolfgang: Zwang zur Konfessionalisierung? Prolegomena
zu einer Theorie des konfessionellen Zeitalters, In: ZHF 10 (1983), S. 257-277. oder Burckhardt, Johannes:
Das Reformationsjahrhundert. Deutsche Geschichte zwischen Medienrevolution und Institutionenbildung
1517-1617, Stuttgart 2002, S. 77ff.
Inhaltsverzeichnis
I. Einleitung
II. Katholische Konfessionalisierung von den Anfängen bis 1563/64
II.1. Erste evangelische Bewegung und Positionierung der Regierung
II.2. Vom Augsburger Reichstag 1530 zum Religionsfrieden
II.3. Zweite evangelische Bewegung und die Anfänge von Albrecht V
III. Die Konfessionalisierungshelfer: Tridentinum und Jesuitenorden
III.1.Das Tridentinum
III.2.Der Jesuitenorden
IV. Bayern auf dem Weg zur Vormacht der katholischen Konfessionalisierung8
IV.1.Einfluss Bayerns in Österreich
IV.2.Bayern und Rom
IV.3.Das Ende der Regierungszeit von Albrecht V
V. Konfessionalisierung unter Wilhelm V. und Maximilian I
V.1.Wilhelm V. (1579-1598)
V.2.Maximilian I., Donauwörth und die Liga
V.3.Jülicher Erbfolgekrieg und Auflösung der Liga
VI. Fazit
Literaturverzeichnis
I. Einleitung
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, Gründe, Methoden und Ergebnisse der am Anfang des 16. Jahrhundert einsetzenden katholischen Konfessionalisierung, fokussiert auf das Herzogtum Bayern, herauszuarbeiten. Ausgehend von den 1520er Jahren soll der Verlauf des Konfessionalisierungsprozesses bis zur Herrschaft von Herzog Maximilian I. dargestellt werden. Dabei sind die zu verschiedenen Zeiten aufgetretenen reformatorischen Bewegungen in bezug auf Zustandekommen, Verbreitung im und Auswirkung auf das Herzogtum, sowie die daraufhin getroffenen Maßnahmen zu untersuchen. Festzustellen ist außerdem, warum gerade Bayern, in einer Zeit in der die Auswirkungen der Reformation überall in Deutschland zu spüren waren, im Vergleich zum Beispiel zum Kurfürstentum Sachsen, nur wenig von diesen reformatorischen Bestrebungen beeinflusst wurde bzw. warum sich diese nicht weitläufig verbreiten und fest etablieren konnten. Schließlich sind noch Ausmaß und Ergebnis der Konfessionalisierungsmaßnahmen außerhalb des Herzogtums zu klären.
Von dem in früheren Zeiten der Geschichtsschreibung und zum Teil auch noch in neuerer Literatur verwendeten Begriff der Gegenreformation[1] wird dabei abgesehen. Zum Einen, weil Reformation und Gegenreformation zeitlich parallele Vorgänge waren, zum anderen, da die Gegenreformation eigentlich auch eine Reformation war, oder anders ausgedrückt eine Katholische Reform. Diese eben war nicht nur „reaktionär“, wie es mit dem Begriff der Gegen reformation schon assoziiert werden würde, sondern in einem gewissen Rahmen auch „innovativ“[2], was vorher nur der eigentlichen Reformation zugesprochen wurde. Als Beispiele seien hierzu Spanien und Italien aufgeführt, wo schon gegen Ende des 15. Jahrhunderts versucht wurde allgemein verbreitete Missstände der katholischen Kirche abzuschaffen[3]. Deshalb wird in dieser Arbeit die Terminus katholische Konfessionalisierung[4] verwendet, der dabei die gezielte Festigung und Erneuerung der katholischen Kirche sowie das Zurückführen der durch die Reformation in ihrem Glauben und ihrer Glaubensauslegung beeinflussten Menschen beinhaltet.
Die Notwendigkeit der Veränderung damals bestehender Kirchenverhältnisse ergab sich aus den zahlreichen und einsehbaren Missständen in der katholischen Kirche selbst. Beschwerden richteten sich gegen die Anhäufung mehrerer kirchlicher Ämter und Pfründen in einer Person, gegen die zunehmende Sitten- und Disziplinlosigkeit in einigen Klöstern, gegen Zölibatsverstöße und Konkubinentum, gegen die römischen Päpste, die sich jede Besetzung eines kirchlichen Amtes gut bezahlen ließen, gegen die Ausübung geistlicher Ämter durch schlecht oder unzureichend ausgebildete Vertreter der Bischöfe sowie gegen den Ablasshandel, der eine zunehmende Kommerzialisierung der kirchlichen Leistungen darstellt[5]. Die Widersprüchlichkeit zwischen solchen Zuständen und den von der Geistlichkeit propagierten Lebens- und Glaubensgrundsätzen ist offensichtlich, weshalb es auch nicht verwundert, dass reformatorische Denker wie Martin Luther, Augustinermönch und Theologieprofessor in Wittenberg, bei weiten Teilen von Adel, Klerus und Bevölkerung großen Anhang fanden. In dieser Zeit also, am Anfang des 16. Jahrhunderts, musste sich die katholische Kirche neu orientieren um somit der entstehenden Konfessionsspaltung entgegenzuwirken und ein komplettes Auseinanderbrechen der römisch-katholischen Kirche in weiten Teilen Europas zu verhindern.
II. Katholische Konfessionalisierung von den Anfängen bis 1563/64
II.1. Erste evangelische Bewegung und Positionierung der Regierung
Das konfessionelle Zeitalter war geprägt durch die Reformation mit den aus ihr hervor- gegangenen Reformationskirchen und Nebenströmungen, aber auch von der Erneuerung des Katholizismus[6]. Die Tatsache, dass Luthers Gedanken in Deutschland eine große Aufmerksamkeit erfahren haben, zeigt die faktische Notwendigkeit einer solchen Renovierung. Auch wenn gerade in der Frage des kirchlichen Erscheinungsbildes vor den Anfängen der Reformation unterschiedliche Forschungsmeinungen existieren[7], so offenbaren die zahlreichen Anhänger der lutherischen Ideen im Reich und auch im Bayern der 1520er, dass Kritik in diesem Punkt nicht unberechtigt war. Festhalten kann man, dass ab 1520 eine tiefgreifende Verschlechterung der religiösen Situation bei den kirchlichen Einrichtungen Bayerns ihren Lauf nahm. Vor allem in kleineren Klöstern war der Verfall christlicher Normen und Werte erkennbar, so z.B. in den Klöstern Münchmünster und Biburg, die von den Mönchen verlassen waren oder im Kloster Au am Inn, wo sich der Propst eine Konkubine hält und letztendlich mit dem Kirchenschatz nach Ungarn floh[8].
Genauso unterschiedlich wie die Stellungnahmen zur kirchlichen Situation sind die Meinungen in bezug auf den Beginn des Konfessionalisierungsprozesses. Am plausibelsten erscheint dabei das Wormser Edikt von 1521,[9] in dem Luther durch Kaiser und Reich verurteilt wurde. Das hatte zur Folge, dass sich alle Unentschlossenen, ob normale Bürger, Herzöge, Fürsten oder Geistliche nun positionieren mussten d.h. zwischen den neu hervorgebrachten Reformgedanken oder der Papstkirche entscheiden. Antireformatorische Regungen zeigten sich zwar auch schon vor 1521 in Bayern. Einer ihrer Wortführer war z.B. Johann Eck, Theologe aus Ingolstadt. Dieser war „zweifellos die stärkste Gestalt an der Universität Ingolstadt. (...) In die Gegnerschaft zu Luther ist er ohne sein eigenes Zutun hineingedrängt worden, als ihn Bischof Gabriel von Eyb von Eichstätt um eine Stellungnahme zu den 95 Thesen Luthers bat und er als Verfasser durch die Indiskretion eines Augsburger Domherrn bekannt geworden war. Die daraus folgende Polemik führte zur Leipziger Disputation zwischen Eck und Karlstadt, in welche dann auch Luther eingriff und in der Eck, wie bekannt ist, Luther so lange provozierte, bis er den katholischen Kirchenbegriff in Frage stellte.“[10] Jedoch leiteten in Bayern die gemeinsam regierenden Herzöge Wilhelm IV. und Ludwig X. erst unmittelbar nach dem Erlass des Wormser Edikts Maßnahmen gegen die Ausbreitung von Luthers Lehre ein und begründeten somit den Anfang der katholischen Konfessionalisierung in dieser Region des Reiches.
[...]
[1] Siehe z.B. Lutz, Heinrich: Reformation und Gegenreformation (= OGG, Bd. 10), München 1997.
[2] Die Begriffe beruhen auf der im 19. Jh. geschaffenen Dreiteilung der Frühneuzeitforschung in: innovative Reformation, reaktionäre Gegenreformation und konfessionsneutraler Absolutismus – vgl. Völker-Rasor, Anette (Hrsg.): Frühe Neuzeit (=Oldenburg Lehrbuch Geschichte), München 2000, S. 299. Zu näherer Kritik an dem Begriff Gegenreformation siehe: Reinhard, Wolfgang: Zwang zur Konfessionalisierung? Prolegomena zu einer Theorie des konfessionellen Zeitalters, In: ZHF 10 (1983), S. 257-277. oder Burckhardt, Johannes: Das Reformationsjahrhundert. Deutsche Geschichte zwischen Medienrevolution und Institutionenbildung 1517-1617, Stuttgart 2002, S. 77ff.
[3] Vgl. Klueting, Harm: Das konfessionelle Zeitalter 1525-1648 (=UTB 1556), Stuttgart 1989, S. 279f.
[4] Das Konzept der Konfessionsbildung wurde 1957 von Ernst Walter Zeeden erstmals hervorgebracht und gab damit den Anstoß zu einem Neuansatz der Frühneuzeitforschung. Wolfgang Reinhard und Heinz Schilling entwickelten dieses Konzept später zur Konfessionalisierung weiter.
[5] Vgl. Lutz, Heinrich (wie Anm. 1) S. 13f.
[6] Dazu Klueting, Harm (wie Anm. 3) S. 277.
[7] Reformationsnahe Geschichtsschreiber haben die katholische Kirche in einem eher schlechten Bild, katholische in einem besseren dargestellt.
[8] Vgl. Hubensteiner, Benno: Bayrische Geschichte. Staat und Volk. Kunst und Kultur, 5. Aufl., München 1967, S. 159.
[9] Klueting, Harm (wie Anm. 3) S. 282f. gibt noch mehrere Alternativen zum Beginn des Konfessionalisierungs- prozesses an.
[10] Kraus, Andreas: Geschichte Bayerns. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 1988, S. 203.
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