Gerade einmal 14 Jahre nach den Montagsdemonstrationen in Leipzig und anderen großen Städten der damaligen DDR, Massenfluchten von DDR-Bürgern über Ungarn und Tschechien in die Bundesrepublik und letztlich dem Untergang „der friedliebenden Deutschen Demokratischen Republik“, eingeläutet durch den Fall der Mauer am 9. November 1989 und besiegelt durch den Beitritt der DDR zur BRD am 3. Oktober 1990 wird Deutschland von einer „Ostalgie“ Welle geradezu überrollt. Die Fernsehanstalten, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, vermitteln ein ganz neues Bild der DDR und mancher Westdeutsche vor dem Fernsehschirm mag sich wundern, w arum die Bevölkerung damals gegen diesen Staat auf die Straße ging. Spreewaldgurken sind spätestens seit dem Kinofilm „Good bye Lenin!“ Kult und andere Ostartikel können der Nachfrage derzeit gar nicht mehr standhalten. Musikgruppen wie „Karat“, „City“ oder die „Puhdys“ erleben Erfolge, die ihre großen damaligen Erfolge fast übertreffen und Stars und Sternchen aus dem Osten berichten über ihre ganz persönlichen Erfahrungen, über Campingurlaub an der Ostsee, Plattenbauwohnungen und über ihren ersten Trabi. Plötzlich erfährt die DDR jene Sympathie, die sie während ihres Bestehens immer haben wollte, doch nie bekommen hat. Man lacht heute über Aussprüche jener Politikgrößen, die bis zuletzt an ihrem Staat festhielten, ohne darüber Nachzudenken, dass es ihnen jederzeit ernst damit war. Selbst als die anderen sozialistischen Staaten und mit ihnen auch die UDSSR erkannten, dass der eingeschlagene Weg so nicht mehr haltbar sei, hielt die DDR-Führung starr an ihrem Konzept fest. Unter keinen Umständen wollte die SED die Reformen Gorbatschows auch in ihrem Staat umsetzen, denn dies sei in der DDR aufgrund ihres hohen Entwicklungsstands gar nicht nötig. Chefideologe Kurt Hager untermauerte diese Haltung im April 1987 bei einem Interview mit dem Stern nochmals eindringlich. Sein Ausspruch „Würden Sie, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?“ erlangte Berühmtheit. Dass die Mauer keine 50 oder 100 Jahre mehr stehen wird, wie von Honecker Anfang 1989 n och prophezeit, zeigten die Entwicklungen, die rings um die DDR abliefen. [...]
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung
1. Die Geschichte der DDR im Abriss
2. Die Kommunikation der DDR
2.1 Die Kommunikation des Staatsapparats
2.2 Die Lenkung von Presse und Medien
2.2.1 Die Printmedien
2.2.2 Das Fernsehen und die BRD im Spiegel der DDR Medien
3. Zusammenfassung
4. Literaturverzeichnis
Vorbemerkung
Gerade einmal 14 Jahre nach den Montagsdemonstrationen in Leipzig und anderen großen Städten der damaligen DDR, Massenfluchten von DDR-Bürgern über Ungarn und Tschechien in die Bundesrepublik und letztlich dem Untergang „der friedliebenden Deutschen Demokratischen Republik“, eingeläutet durch den Fall der Mauer am 9. November 1989 und besiegelt durch den Beitritt der DDR zur BRD am 3. Oktober 1990 wird Deutschland von einer „Ostalgie“ Welle geradezu überrollt.
Die Fernsehanstalten, egal ob öffentlich-rechtlich oder privat, vermitteln ein ganz neues Bild der DDR und mancher Westdeutsche vor dem Fernsehschirm mag sich wundern, warum die Bevölkerung damals gegen diesen Staat auf die Straße ging. Spreewaldgurken sind spätestens seit dem Kinofilm „Good bye Lenin!“ Kult und andere Ostartikel können der Nachfrage derzeit gar nicht mehr standhalten. Musikgruppen wie „Karat“, „City“ oder die „Puhdys“ erleben Erfolge, die ihre großen damaligen Erfolge fast übertreffen und Stars und Sternchen aus dem Osten berichten über ihre ganz persönlichen Erfahrungen, über Campingurlaub an der Ostsee, Plattenbauwohnungen und über ihren ersten Trabi. Plötzlich erfährt die DDR jene Sympathie, die sie während ihres Bestehens immer haben wollte, doch nie bekommen hat. Man lacht heute über Aussprüche jener Politikgrößen, die bis zuletzt an ihrem Staat festhielten, ohne darüber Nachzudenken, dass es ihnen jederzeit ernst damit war. Selbst als die anderen sozialistischen Staaten und mit ihnen auch die UDSSR erkannten, dass der eingeschlagene Weg so nicht mehr haltbar sei, hielt die DDR-Führung starr an ihrem Konzept fest. Unter keinen Umständen wollte die SED die Reformen Gorbatschows auch in ihrem Staat umsetzen, denn dies sei in der DDR aufgrund ihres hohen Entwicklungsstands gar nicht nötig. Chefideologe Kurt Hager untermauerte diese Haltung im April 1987 bei einem Interview mit dem Stern nochmals eindringlich. Sein Ausspruch „Würden Sie, wenn Ihr Nachbar seine Wohnung neu tapeziert, sich verpflichtet fühlen, Ihre Wohnung ebenfalls neu zu tapezieren?“ erlangte Berühmtheit. Dass die Mauer keine 50 oder 100 Jahre mehr stehen wird, wie von Honecker Anfang 1989 noch prophezeit, zeigten die Entwicklungen, die rings um die DDR abliefen. Als Paradebeispiel für die Realitätsferne des Politbüros stehen die Feiern zum 40. Jahrestag der DDR am 7. Oktober 1989. Als längst klar war, dass die Welt vor grundlegenden Veränderungen steht, feierte sich nochmals jener Staat überschwänglich, der sich nur durch das Einsperren und Unterdrücken seiner Bevölkerung am Leben halten konnte. Die Mahnung Gorbatschows anlässlich der Feierlichkeiten nach grundlegenden Reformen in der DDR kam zu jenem Zeitpunkt schon zu spät, die Menschen hatten ihr Schicksal selbst in die Hand genommen.
Umso verwunderlicher ist also nun die Verklärung der Realität durch die „Ostalgie“ Welle. Kritische Aspekte werden fast gänzlich ausgelassen und man könnte den Eindruck bekommen, der Untergang der DDR wäre ein historischer Irrtum gewesen. Für unzählige Menschen, die durch die Staatssicherheit der DDR unsägliche Qualen erleiden mussten und auch für die Angehörigen von Mauer- und Fluchtopfern mag dies alles wie Hohn und Spott klingen. Immer wieder werden neue inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit enttarnt. IMs, die auch heute noch verantwortungsvolle Positionen einnehmen oder im Interesse der Öffentlichkeit stehen, ihre dunkle Vergangenheit aber selbst nach ihrer Enttarnung nicht einräumen und die Fakten dementieren.
Eine wirkliche Vergangenheitsbewältigung scheint im wiedervereinigten Deutschland bisher nicht stattgefunden zu haben und die derzeitige Entwicklung in den Medien lässt dies auch nicht zu. Vereinzelte Stimmen, die das Leben in der DDR kritisch beleuchten, etwa Jana Hensel in ihrem Buch „Zonenkinder“ gehen in der „Ostalgie“ Welle fast unter. Die Parallele zur Vergangenheitsbewältigung im Deutschland der 50er Jahre ist erschütternd. Scheinbar wird es noch viele Jahre und Jahrzehnte dauern, bis die Deutsch-Deutsche Vergangenheit aufgearbeitet ist, kann und wird.
Wie sah aber das politische und mediale Leben in der DDR wirklich aus? Natürlich wird es mir nicht möglich sein, dies in einem kurzen Abriss zu beantworten, doch möchte ich auf einen wichtigen Aspekt näher eingehen. Lassen sich aus der Kommunikation Tendenzen und Aspekte ableiten, die einen tieferen Einblick in Machtgefüge und Medienalltag der Deutschen Demokratischen Republik geben? Die zuvor angeführten Zitate führender SED-Größen und auch der Staatsname selbst geben dabei schon einen kleinen Einblick, wie wichtig Sprache und Kommunikation war und auf welche Weise in der DDR kommuniziert wurde. Die Verklärung der Realität steht an erster Stelle und dies hat sich bis heute durch die aufkommende „Ostalgie“ leider gehalten.
Geschichte scheint sich immer wieder zu wiederholen: Nach dem Ende des Dritten Reichs wurde damit begonnen, den Mythos einer sauberen Wehrmacht aufzubauen, der 50 Jahre bestand hatte. Nun scheint dies auch mit der DDR zu passieren – ein Staat, der scheinbar doch gar nicht so schlecht war, wie es immer dargestellt wurde und dem erstaunlicher- und vor allem erschreckenderweise viele Bürger der Neuen Bundesländer nun nachtrauern. Sicherheit scheint in den Köpfen einen größeren und wichtigeren Stellenwert eingenommen zu haben, als die persönliche Freiheit – eine Entwicklung die nachdenklich stimmt.
1. Die Geschichte der DDR im Abriss
Mit der bedingungslosen Kapitulation Hitlerdeutschlands am 8. Mai 1945 begann die Aufteilung in vier Besatzungszonen durch die Siegermächte. Konnte man zu Beginn noch von einer wirklichen Zusammenarbeit zwischen den westlichen Alliierten und der Sowjetunion sprechen, so entwickelten sich die ideologischen Gegensätze recht schnell zu einem Konfliktpotential, das jegliche Zusammenarbeit unmöglich machte. Der aufkommende „Kalte Krieg“ forcierte die Teilung Deutschlands in Ost und West. Die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) war der Politik Moskaus ausgeliefert. Neben der „Zerschlagung des deutschen Faschismus und Militarismus“[1] stand vor allem die Wiedergutmachung für eigene Verluste im Mittelpunkt. Zu den hohen Reparationszahlungen kam zudem noch eine hemmungslose Demontage von Gütern aller Art aus der SBZ. Die Besatzer betrieben eine „antifaschistisch – demokratische Umwälzung“ voran, die Wirtschaft und Gesellschaft reformieren sollte. War es der KPD als führende Partei der SBZ und nach deren (Zwangs)zusammenschluss mit der SPD zur SED bis 1947 noch möglich einen anderen Weg zum Sozialismus zu gehen, änderte sich dies 1948. Die UdSSR forderte die Umgestaltung der SED zu einer „Partei neuen Typs“ nach Vorbild der KPdSU Stalins. Zusammen mit den anderen zugelassenen Parteien bildete die SED bereits ab 1945 eine „Einheitsfront der antifaschistisch – demokratischen Parteien“ und baute ihre Führung innerhalb dieser Front immer mehr aus. Durch Gründung zweier neuer Parteien und der Aufnahme von Massenorganisationen, die jeweils der SED nahe standen, wurde diese Entwicklung noch weiter vorangetrieben.
Die Außenministerkonferenzen der Jahre 1947 und 1948 konnten den begonnnen „Kalten Krieg“ nicht mehr entschärfen: an eine gemeinsame Arbeit in der deutschen Frage war nicht mehr zu denken. Mit dem Verlassen des Alliierten Kontrollrats durch die Sowjets am 20. März war der Bruch zwischen Ost und West faktisch besiegelt und die einzige gemeinsame politische Institution handlungsunfähig. Berlinblockade und die Errichtung eines eigenen Magistrats in Berlin 1948 zementierten den Bruch noch weiter. Die Währungsreform in Westdeutschland und die Gründung des Parlamentarischen Rats zeigten der Sowjetführung, dass die westlichen Alliierten gewillt waren, einen (west)deutschen Staat zu gründen, um diesen dann in ihren Machtbereich einzubinden. Der Weg für die Gründung eines zweiten deutschen Staates war somit frei. Am 9. Oktober 1949, knapp ein halbes Jahr nach Gründung der Bundesrepublik, war auch die DDR geboren.
Die DDR übernahm nun völlig das sowjetische Modell, die weitgehend bürgerlich-demokratische Verfassung wurde immer mehr ausgehöhlt. Ab 1950 wurden Wahlen nur noch mit so genannten „Einheitslisten“ abgehalten, auf der alle Parteien zusammengefasst zur Abstimmung standen. Eine eigentliche Wahl war somit nicht mehr möglich, zumal die Bürger aufgefordert wurden offen abzustimmen.
Auch wirtschaftlich setzte man nun die Vorgaben der Sowjetunion voll um und entwickelte 1951 den ersten Fünfjahresplan. Der Staat forcierte weiter in allen Bereichen die Zentralisierung. 1952 wurde das letzte Überbleibsel des Föderalismus durch die Auflösung der Länder beseitigt. An ihre Stelle traten nun zentral geleitete Bezirke.
Die allgemeine Unzufriedenheit und die Erhöhung der Arbeitsnormen führten zur ersten großen Krise der DDR. Ein Streik von Bauarbeitern in der Berliner Stalinallee am 17. Juni 1953 entwickelte sich schnell zu einem Aufstand, der über 250 Orte der DDR erfasste. Nur mit Hilfe von sowjetischen Panzern gelang der Führung die Niederschlagung des Aufstands. Der SED Diktatur wurde deutlich vor Augen geführt, dass eine durch „Waffengewalt und Terror“[2] gegründeter Staat auch nur durch Waffengewalt und Terror gehalten werden konnte. Dazu wurde nach und nach ein Sicherheitsapparat aufgebaut, der jegliche Freiheit unterdrückte. Die Schlüsselrolle fiel dabei dem „Ministerium für Staatssicherheit“ (MfS) zu, das mit seinen 85 000 Mitarbeitern[3] für den Erhalt der Staats- und Gesellschaftsordnung sorgte. Die „Inoffiziellen Mitarbeiter“ legten Millionen von Dossiers über DDR Bürger und Westdeutsche an, das MfS entwickelte sich zum perfekten Überwachungsapparat und zum wirksamsten Instrument der SED Diktatur. Zugleich konnte sich die Führung noch auf die „Deutsche Volkspolizei“ und die „Nationale Volksarmee“ (NVA) stützen. Weitere Einheiten, wie Volkspolizei-Bereitschaften, Kampfgruppen der Arbeiterklasse und Einsatzkräfte der Zivilverteidigung, komplettierten die „Bewaffneten Organe“ der DDR.
Die weiterhin schlechten Lebensbedingungen und die immer repressivere Politik des Staatsapparats veranlassten in den 50er Jahren immer mehr Bürger der DDR, allen voran junge und qualifizierte Arbeiter, ihrem neuen Staat den Rücken zu kehren. Ostberlin sah sich vor das Problem gestellt, gesellschaftspolitisch geradezu auszubluten. Um diese Entwicklung zu unterbinden und die DDR in Zukunft zu stabilisieren, kam es 1961 zum Bau der Berliner Mauer der als „antifaschistischer Schutzwall“ die DDR vor dem Westen schützen sollte. Die Flucht war somit nahezu unmöglich geworden, weshalb die Bevölkerung langsam begann, sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren.
Das Leben im „Arbeiter- und Bauernstaat“ begann sich zu normalisieren, sofern man von „Normalisierung“ in der DDR überhaupt jemals sprechen kann. Erste zögerliche Kontakte zwischen Bonn und Berlin wurden geknüpft und der DDR gelang es, international immer größeres Ansehen zu erlangen. Besonders im Sport entwickelte sich nach Ulbrichts Devise „Jeder Mann an jedem Ort, einmal in der Woche Sport“[4] eine gezielte Förderung und Schulung von Kindern zu Spitzenathleten. Auch kulturell entwickelte sich zusehends eine breitere Angebotsvielfalt, wobei kritische Künstler entweder mit Berufsverbot oder gar mit Ausweisung zu rechnen hatten, wie etwa Wolf Biermann im November 1976.
[...]
[1] Vgl. Weber, Hermann, 1991: DDR. Grundriß der Geschichte 1945-1990. Hannover: Fackelträger. S. 18.
[2] Vgl. Möckel, Iris u.a. (Hg.), 1991: Geschichte der DDR. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung. S. 14.
[3] Ebenda: S. 28.
[4] Vgl. Drommer, Günther (Hg.), 1999: 50 Jahre DDR. Berlin: Schwarzkopf & Schwarzkopf. S. 166.
- Arbeit zitieren
- Jürgen Bader (Autor:in), 2003, Kommunikation des Staatsapparats und die Lenkung der Medien in der DDR, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25487
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