Der Aussenpolitik der Regierung Brüning kommt bei der Analyse der Außenpolitik der Weimarer Republik eine besondere Bedeutung zu. Mit der Regierung Brünings beginnt die Zeit der Präsidialkabinette, die zwischen der Ära Stresemanns und der Machtergreifung Hitlers liegt. In dieser Phase beginnt die Weimarer Republik sich in ihrem Charakter zu verändern. Dies ist eine Zeit die von strukturell neuen oder verstärkt auftretenden Problemen beeinflusst und determiniert wird, und die Politik muss diesen veränderten Parametern Rechnung tragen: Als auffällig neue Belastung fällt in diese Regierungszeit das Erstarken der Nationalsozialisten und die Weltwirtschaftskrise. Beide Phänomene bewirken nicht nur innenpolitische, sondern auch aussenpolitischeTransformationsprozesse.
Ziel der Arbeit ist es, die Außenpolitik Brünings nicht ausschließlich aber doch verstärkt unter den Voraussetzungen der Weltwirtschaftskrise zu untersuchen. Ausgehend von der Zielorientierung Brüningscher Aussenpolitik wird die Neuartigkeit seiner Vorgehensweise analysiert. Die Faktoren, die das außenpolitische (Kräfte-)Feld beeinflussen, die Entwicklung, die sie bewirken und ihre Interdependenzen werden unter wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Perspektive betrachtet. Das Ziel ist es, Brünings Außenpolitik in ihrern Notwendigkeiten und Möglichkeiten zu erfassen.
Die Weltwirtschaftskrise ist ein Vorgang, der nicht bloß national wirksam ist, sondern viele Nationen erfasst, ihr Wesen verändert und eine gemeinsame Herausforderung darstellt. Jedenfalls greift sie in das internationale System ein und ist also bei der Betrachtung von Außenpolitik einer hervorgehobenen Betrachtung würdig, gerade in einer so sensiblen Phase, wie der Endphase der Weimarer Republik. Nicht die Ursachen oder der dezidierte Verlauf dieser wirtschaftlichen Krisenerscheinung sind Schwerpunkt der Arbeit, sondern ihre krisenhafte und krisenverschärfende Wirkung auf das zwischenstaatliche Gefüge. Wie die Regierung Brünings auf dieses Problem reagiert hat, ist - ausgehend von der reichlichen (und schon recht unüberschaubaren) Literatur - Grundlage für eine bewusst kritische Stellungnahme zur Außenpolitik Brünings.
1. Einleitung
Der Aussenpolitik der Regierung Brüning kommt bei der Analyse der Außenpolitik der Weimarer Republik eine besondere Bedeutung zu. Mit der Regierung Brünings beginnt die Zeit der Präsidialkabinette, die zwischen der Ära Stresemanns und der Machtergreifung Hitlers liegt. In dieser Phase beginnt die Weimarer Republik sich in ihrem Charakter zu verändern. Dies ist eine Zeit die von strukturell neuen oder verstärkt auftretenden Problemen beeinflusst und determiniert wird, und die Politik muss diesen veränderten Parametern Rechnung tragen: Als auffällig neue Belastung fällt in diese Regierungszeit das Erstarken der Nationalsozialisten und die Weltwirtschaftskrise. Beide Phänomene bewirken nicht nur innenpolitische, sondern auch aussenpolitischeTransformationsprozesse.
Ziel der Arbeit ist es, die Außenpolitik Brünings nicht ausschließlich aber doch verstärkt unter den Voraussetzungen der Weltwirtschaftskrise zu untersuchen. Ausgehend von der Zielorientierung Brüningscher Aussenpolitik wird die Neuartigkeit seiner Vorgehensweise analysiert. Die Faktoren, die das außenpolitische (Kräfte-)Feld beeinflussen, die Entwicklung, die sie bewirken und ihre Interdependenzen werden unter wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Perspektive betrachtet. Das Ziel ist es, Brünings Außenpolitik in ihrern Notwendigkeiten und Möglichkeiten zu erfassen.
Die Weltwirtschaftskrise ist ein Vorgang, der nicht bloß national wirksam ist, sondern viele Nationen erfasst, ihr Wesen verändert und eine gemeinsame Herausforderung darstellt. Jedenfalls greift sie in das internationale System ein und ist also bei der Betrachtung von Außenpolitik einer hervorgehobenen Betrachtung würdig, gerade in einer so sensiblen Phase, wie der Endphase der Weimarer Republik. Nicht die Ursachen oder der dezidierte Verlauf dieser wirtschaftlichen Krisenerscheinung sind Schwerpunkt der Arbeit, sondern ihre krisenhafte und krisenverschärfende Wirkung auf das zwischenstaatliche Gefüge. Wie die Regierung Brünings auf dieses Problem reagiert hat, ist - ausgehend von der reichlichen (und schon recht unüberschaubaren) Literatur - Grundlage für eine bewusst kritische Stellungnahme zur Außenpolitik Grünings.
2. Ziele der Außenpolitik
Die Revision der Versailler Friedensregelungen war das zentrale außenpolitische Ziel aller Regierungen der Weimarer Republik. Dies galt auch für die Regierung Heinrich Brünings. Die Reparationspolitik war der Bezugspunkt für seine Aussen- und Innenpolitik, die Lösung des Reparationsproblems von Anfang an dominantes Ziel, das im Sommer 1932 in Lausanne zum Erfolg führte.
Zu Beginn seiner Regierungszeit hielt Brüning die kurz- oder mittelfristige Revision des Young-Planes für unmöglich. Mit Staatssekretär Schäffer kam er zu dem Ergebnis, dass die erfolgreiche Revision des Young- Planes an drei Voraussetzungen gebunden sei: den Abschluss der nächsten Präsidentschaftswahlen in den USA 1933, der Parlamentsneuwahlen in Frankreich und der Abrüstungskonferenz.[1] Wenn sich der Plan jedoch nicht revidieren ließ, so ließ er sich doch instrumentalisieren: innenpolitisch zur Durchsetzung der einschneidenden wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen und außenpolitisch zum Nachweis der Berechtigung und der Notwendigkeit der deutschen Exportüberschüsse.
3. Wandel in den Methoden der Außenpolitik
Verändert hatten sich mit dem Wechsel zum Präsidialsystem die Methoden, mit denen die deutsche Regierung versuchte, ihre revisionspolitischen Ziele zu erreichen. Immer wieder wurde deutlich, dass Brüning und sein Außenminister im Gegensatz zu Stresemann den Genfer Institutionen und internationalen Konferenzen Abneigung entgegenbrachte.[2] Von der Politik Stresemanns, die auf der zumindest teilweisen Anerkennung des Versailler Systems beruhte, die die bestehenden Machtverhältnisse zur Grundlage der deutschen Möglichkeiten machte und einen deutsch-französischen Ausgleich unter Berücksichtigung der französischen Sicherheitsbedürfnisse herbeizuführen suchte, entfernte sich die neue Regierung immer mehr.[3]
Der Wandel der deutschen Außenpolitik begann in den Umgangsformen: Die bisherige Gewohnheit, offene (wenn auch vertrauliche) Gepräche zu führen und die Kooperation mit den Außenpolitikern der westlichen Nationen, insbesondere Frankreichs, unterlag einem spürbaren Wandel. Nicht selten schien die Außenpolitik Brünings eine Reaktion auf primär innenpolitische Bedingungen (Druck von Rechts und Wirtschaftskrise) zu sein. Die Verhandlungsweise des Auswärtigen Amtes wurde härter. Es gebrauchte verbale Angriffe, um den deutschen Anforderungen Respekt zu verschaffen. Drängende Ungeduld machte sich bemerkbar und die Entschlossenheit, rasche Erfolge herbeizuführen.[4]
Der Wandel in der Außenpolitik zeigt sich vor allem im maßgebenden Bereich der Außenwirtschaftspolitik: Als geradezu existentielles Ziel strebte man vor 1930 ein weitgehend liberalisiertes System an, das auf Bindungen im europäischen und internationalen System aufbaute. Dieses System sei gekennzeichnet durch intensive handelspolitische und privatwirtschaftliche Verflechtungen mit wechselseitigen Beziehungen. Mit dem Einsetzen der Weltwirtschaftskrise kamen nach 1930 viel stärker nationalistische Zielsetzungen zum Durchbruch mit Binnenmarktorientierung, Protektionismus, Reduzierung der internationalen Verpflechtungen und Rückzug auf bilaterale Sondervereinbarungen.[5] In diesem Kontext war Brünings Exportoffensive ein im Grunde ziemlich rigoroses und riskantes Vorhaben zur Erzwingung einseitiger Markterweiterung. Die sich daraus ergebende handelpolitische Konfrontation verbunden mit deutlich geringerer wirtschaftlicher Verflechtung darf als wirtschaftliche Kampfansage betrachtet werden.
4. Der Druck von Rechts
Die rechten Parteien machten nicht die innenpolitischen Maßnahmen der Regierung zum Wahlkampfthema, sondern konzentrierten sich auf außenpolitische Themen und setzten ihre Agitationen gegen den Young-Plan fort. Die Regierung suchte sich aus der Defensive zu befreien, indem auch sie eine aktive Reparartions- und Außenpolitik forderte.
Eine lang zurückgehaltene nationalistische Unzufriedenheit und Ressentiments wegen vermeintlich ungerechtfertigter Behandlung seit Versailles und äußerer Unterdrückung der nationalen Entfaltung verschafften sich auch in der Außenpolitik Gehör. Immer häufiger wurde die innere Misere auf die Äußere zurückgeführt. Solche Äußerungen gab es auch in den vorherigen Jahren, aber erst in der politischen und wirtschaftlichen Krise traten sie in den Vordergrund der offiziellen Politik und verengten den Blick. Diese Tendenz verstärkte die Reichstagswahl vom 14.09.1930. Sie brachte den Nationalsozialisten eine Steigerung ihrer Mandate von 12 auf 107. Am Wahlergebnis und an der katastrophalen Lage in Deutschland sei das Ausland mitschuld. Ursache der schwierigen Verhältnisse sei der Versailler Vertrag und das ungenügende Entgegenkommen der Sieger. Der Versailler Vertrag wurde zum Kristallisationspunkt aller Sorgen und Probleme des deutschen Volkes. Die Wiedererringung „echter“ Freiheit durch Revision des Vertrages war die von vielen Politikern vorgebrachte Botschaft. Diese steigerte jedoch den Nationalismus, indem sie ausländische Schuldige präsentierte. Wirtschaftlich gesehen wirkte sich der Erfolg der Rechten negativ aus: Umfangreiche ausländische Kredite wurden direkt nach der Wahl abgezogen. In den ersten beiden Wochen nach der Wahl musste die Reichsbank Gold und Devisen im Wert von 420 Mrd. RM abgeben.[6]
5. Die Weltwirtschaftskrise als verschärfender Faktor
Die Weltwirtschaftskrise bedeutete nicht nur wirtschaftlich, sondern auch außenpolitisch einen tiefen Einschnitt. Die Weltwirtschaftskrise brachte einen verstärkten Wirtschaftsnationalismus mit sich, der die zwischenstaatlichen politischen Beziehungen nachhaltig verschlechterte und nationalistische Gefühle zusätzlich förderte. Alle Regierungen mussten auf diese gewandelte politische Situation reagieren. In Deutschland kam noch hinzu, dass eine starke Polarisierung im parteipolitischen System die Politik bestimmte. Vor diesem Hintergrund ist Brünings politische Konzeption zu sehen. Diese offenbart sich in einer Unterredung mit Adolf Hitler am 6.Oktober 1930.[7] Hier stellt Brüning eine Art Stufenplan vor. Die erste Stufe war eindeutig vom Primat der Außenpolitik bestimmt. Deutschland sollte mit Hilfe von wirtschaftlichen Restriktionen (Deflation und Importdrosselung, Preisbindungen und Lohnsenkungen) derart gestärkt werden, dass es jeden Druck von außen her aushalten könne und dazu noch in der Lage sein würde, seinerseits die Weltkrise zu benutzen, um durch sie einen Druck auf alle übrigen Mächte auszuüben.[8]
[...]
[1] Gosmann, W.: Die Stellung der Reparationsfrage in der Außenpolitik der Kabinette Brüning, in: J.Becker/K. Hildebrand (Hgg.): Internationale Beziehungen in der Weltwirtschaftskrise 1929-33, München 1980, S. 241.
[2] Graml, H.: Präsidialsystem und Außenpolitik, in: VfZG 21 (1973), S. 141.
[3] Dengg, S.: Deutschlands Austritt aus dem Völkerbund und Schachts „Neuer Plan“. Zum Verhältnis von Außen- und Außenwirtschaftspolitik in der Übergangsphase von der Weimarer Republik zum Dritten Reich 1929-1934, Frankfurt/M 1986, S. 191f.
[4] Krüger, P.: Die Aussenpolitik der Republik von Weimar, Darmstadt 1985, S. 515.
[5] Bellers, J.: Außenwirtschaftspolitik und politisches System der Weimarer Republik, Münster 1988, S. 93.
[6] Megerle, K.: Weltwirtschaftskrise und Außenpolitik. Zum Problem der Kontinuität der deutschen Politik in der Endphase der Weimarer Republik, in: Bergmann, J., Megerle, K., Steinbach, P. (Hgg.): Geschichte als politische Wissenschaft. Sozialökonom. Ansätze, Analyse politikhistor. Phänomene, politolog. Fragestellungnen in der Geschichte, Stuttgart 1979, S. 123.
[7] Reichskanzler Brüning erläutert Hitler seine innen- und außenpolitischen Zielsetzungen, in: Michalka, W., Niedthart, G. (Hgg.): Die ungeliebte Republik. Dokumente zur Innen- und Außenpolitik Weimars 1918-1933, München 1980, S. 290-292.
[8] Ebd.