Die Desoxyribonukleinsäure (DNA) ist eine der wichtigsten Substanzen überhaupt: Da die genetische Information aller lebender Organismen in ihrer Struktur kodiert wird, ist sie das Molekül des Lebens 1,2 . Beim Menschen besteht das komplette Genom aus etwa 300,000 Genen auf insgesamt 24 Chromosomen 3 . Jedes Gen kodiert dabei ein bestimmtes Protein, das nach seiner Expression via Transkription und Translation eine bestimmte biochemische Aufgabe in der lebenden Zelle ausübt. Mutationen, d. h. Veränderungen der DNA Sequenz, können in klinisch manifesten Krankheitsbildern resultieren, indem sie zur Expression von Proteinen führen, die eine veränderte biochemische Aktivität zeigen, oder in einigen Fällen diese sogar komplett verlieren. Man unterscheidet verschiedene Arten von Mutationen; diese umfassen Nukleotiddeletion, -insertion oder -austausch (d.h. Punktmutation).
Mehr als 3,000 genetisch bedingte Krankheiten sind inzwischen bekannt 4 , darunter z.B. Alzheimer 5 , Mukoviszidose (zystische Fibrose 6,7,8 ), sowie bestimmte Arten der Hämophilie oder der Muskeldystrophie 9 . Neben vererbbaren Krankheiten, die auf die Mutation bestimmter Gene zurückzuführen sind, können auch bestimmte Geburtsfehler auf chromosomalen Abnormalitäten beruhen wie z.B. die recht verbreitete Trisomie 21 (eines von 700 Lebendgeborenen betroffen) oder das auf einer Aneuploidie der Geschlechtschromosomen beruhende Klinefelter-Syndrom (XXY, einer von 590 lebendgeborenen Männern). Darüber hinaus gibt es zunehmend Hinweise, daß das Vorhandensein bestimmter DNA-Sequenzen ein Individuum für eine Reihe von Krankheiten besonders prädisponieren kann. So zum Beispiel für Diabetes, Arteriosklerose, Obesitas, eine Reihe von Autoimmunkrankheiten und auch verschiedene Krebsarten wie z.B. Brust-, Gebärmutter- und Lungenkrebs.
Die vollständige Entschlüsselung des menschlichen Genoms ist die Basis, um die Ursachen solcher Krankheiten, die auf genetischen Defekten beruhen, zu verstehen. Dieser enormen Herausforderung für die Naturwissenschaft stellen sich zahlreiche Forschungsgruppen auf der ganzen Welt, die ihre Bemühungen im Rahmen des sogenannten humanen Genom-Forschungsprogramms (Humane Genome Project, HUGO 10,11,12 ) institutionalisiert haben.
Inhalt
Abkürzungsverzeichnis.
I Einleitung
1 Wachsende Bedeutung der DNA-Analytik
2 Nachteile klassischer Methoden der DNA-Analytik
3 MALDI-TOF Massenspektrometrie zur Analyse von Biomolekülen
4 Massenspektrometrie von Nukleinsäuren
II Problemstellung
III Ergebnisse und Diskussion
1 Einführung
2 Das Pyrrolo[2,3-d]pyrimidinsystem
2.1 Biologische Bedeutung
2.2 Nomenklatur
3 Synthese von 7-Deaza-2 -desoxyguanosin und 7-Deaza-2 -desoxyadenosin
3.1 Darstellung der Aglykone
3.2 Synthese geeigneter Akzeptoren für Glykosidierungsreaktionen
3.3 Synthese von Glykosyldonoren
3.4 Glykosidierungsreaktionen
3.5 Abspaltung der Schutzgruppen aus den Glykosidierungsprodukten
4 Chemische Festphasensynthese von Oligodesoxynukleotiden
4.1 Die Phosphoamiditmethode
4.2 Darstellung von Monomeren für die DNA-Synthese
4.3 Benzoyl- und Isobutyryl-Gruppe als exozyklische Aminoschutzgruppen
4.4 4-tert-Butylphenoxyessigsäure als Schutzgruppe für exozyklische Aminogruppen
4.5 Phosphoamiditsynthese
4.6 Festphasengebundene Synthese modifizierter Nukleinsäuren
5 Enzymatische Darstellung modifizierter Nukleinsäuren
5.1 Die Polymerasekettenreaktion
5.2 Wahl von Primer-Template-Systemen für die PCR
5.3 Wahl einer geeigneten DNA-Polymerase für die PCR
5.4 Erfolgreicher Einbau der modifizierten Triphosphate
5.5 Effektivität des Einbaus von 7-Deazanukleosidtriphosphaten
6 Analytik doppelsträngiger DNA mit Hilfe der MALDI-TOF Massenspektrometrie
6.1 Analyse der 103-mer PCR-Produkte aus M13mp
6.2 Analyse der 99-mer PCR-Produkte aus pHis6Bap
6.3 Restriktionsverdau der 99-mer PCR-Produkte
6.4 Ribomodifizierte Primer zur Darstellung 7-deaza-modifizierter Nuklein- säuren
7 Massenspektrometrie einzelsträngiger DNA
7.1 Analytik synthetischer Homopolymere von 7-Deaza-2 -desoxyadenosin
7.2 Das Streptavidin-Biotin-System
7.3 Asymmetrische PCR mit biotinmodifizierten Primern
7.4 Darstellung und Massenspektrometrie komplett c7 -modifizierter Nuklein- säuren
8 DNA-Sequenzanalyse
8.1 Vermessung einer modifizierten synthetischen DNA-Leiter
8.2 DNA-Sequenzierung mit Hilfe einer Endonuklease
9 Modifikation des Zuckers zur Stabilisierung der DNA
9.1 Enzymatische Reaktionen mit 2 -Fluoro-2 -desoxynukleosidtriphosphaten
9.2 2 -Fluorocytidin in einem synthetischen Oligonukleotid
9.3 Kombination von Basen- und Zuckermodifikation
10 Konzept eines massenspektrometrischen Polymerase-Inkorporations-Assays
IV Zusammenfassung
V Summary
VI Diskussion und Ausblick
VII Experimenteller Teil
VIII Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
I Einleitung
1 Wachsende Bedeutung der DNA-Analytik
Die Desoxyribonukleinsäure (DNA) ist eine der wichtigsten Substanzen überhaupt: Da die genetische Information aller lebender Organismen in ihrer Struktur kodiert wird, ist sie das Molekül des Lebens1,2. Beim Menschen besteht das komplette Genom aus etwa 300,000 Genen auf insgesamt 24 Chromosomen3. Jedes Gen kodiert dabei ein bestimmtes Protein, das nach seiner Expression via Transkription und Translation eine bestimmte biochemische Aufgabe in der lebenden Zelle ausübt. Mutationen, d. h. Veränderungen der DNA Sequenz, können in klinisch manifesten Krankheitsbildern resultieren, indem sie zur Expression von Proteinen führen, die eine veränderte biochemische Aktivität zeigen, oder in einigen Fällen diese sogar komplett verlieren. Man unterscheidet verschiedene Arten von Mutationen; diese umfassen Nukleotiddeletion, -insertion oder -austausch (d.h. Punktmutation).
Mehr als 3,000 genetisch bedingte Krankheiten sind inzwischen bekannt4, darunter z.B. Alzheimer5, Mukoviszidose (zystische Fibrose6,7,8 ), sowie bestimmte Arten der Hämophilie oder der Muskeldystrophie9. Neben vererbbaren Krankheiten, die auf die Mutation bestimmter Gene zurückzuführen sind, können auch bestimmte Geburtsfehler auf chromosomalen Abnormalitäten beruhen wie z.B. die recht verbreitete Trisomie 21 (eines von 700 Lebendgeborenen betroffen) oder das auf einer Aneuploidie der Geschlechtschromosomen beruhende Klinefelter-Syndrom (XXY, einer von 590 lebendgeborenen Männern). Darüber hinaus gibt es zunehmend Hinweise, daß das Vorhandensein bestimmter DNA-Sequenzen ein Individuum für eine Reihe von Krankheiten besonders prädisponieren kann. So zum Beispiel für Diabetes, Arteriosklerose, Obesitas, eine Reihe von Autoimmunkrankheiten und auch verschiedene Krebsarten wie z.B. Brust-, Gebärmutter- und Lungenkrebs.
Die vollständige Entschlüsselung des menschlichen Genoms ist die Basis, um die Ursachen solcher Krankheiten, die auf genetischen Defekten beruhen, zu verstehen. Dieser enormen Herausforderung für die Naturwissenschaft stellen sich zahlreiche Forschungsgruppen auf der ganzen Welt, die ihre Bemühungen im Rahmen des sogenannten humanen Genom-For- schungsprogramms (Humane Genome Project, HUGO10,11,12 ) institutionalisiert haben. Die Teilnehmer haben sich zum Ziel gesetzt, das komplette menschliche Genom bis zum Jahre 2003 zu sequenzieren. Auch wenn der erfolgreiche Abschluß des humanen Genomprojektes oder ähnlich gelagerter Projekte in Landwirtschaft und Tierzucht einen großen Erfolg für die Wissenschaft darstellen wird, so ist aber allein durch das Vorliegen der Sequenz des mensch- lichen Genoms noch keinerlei Aussage über deren Bedeutung möglich.
Es wird sich daher eine zweite Phase des vergleichenden Sequenzierens und der Katalogi- sierung der genetischen Varianz zwischen den verschiedenen Individuen anschließen müs- sen13. Das hiermit verbundene immens hohe Probenaufkommen erfordert Verfahren, die eine schnelle und kostengünstige DNA-Analytik ermöglichen. Für diese zweite Phase rechnet man mit einem Zeitbedarf von ca. 40 Jahren bei weiterer Anwendung etablierter Verfahren.
Nimmt man an, daß lediglich ein Promille aller Nukleotide heterozygot ist, bedeutet dies, daß die Nukleotidsequenz zweier verglichener Gene bei unterschiedlichen Individuen niemals identisch sein wird, ohne das es sich hierbei um eine Mutation im eigentlichen Sinne handelte14. In den meisten Fällen wird sich daher ein Phänotyp nicht einfach aufgrund einer einzigen spezifischen Veränderung der Nukleotidsequenz zuordnen lassen. Ein Phänotyp wird viel häufiger auf einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Veränderungen in einem oder mehreren Genen beruhen. Zu entwickelnde Methoden der DNA-diagnostischen Zuordnung von Krankheitsbildern werden also in solchen Fällen darauf angewiesen sein, das gesamte Gen, oder sogar mehrere Kombinationen von Genen, auf Mutationen hin zu untersuchen15. Diese Anforderungen können kaum mit konventionellen auf Gelchromatographie oder Hybridisierung basierenden Sequenzierverfahren in einer angemessenen Zeit und mit der notwendigen Präzision bewältigt werden.
Statistische Überlegungen zeigen, das bereits relativ kurze Nukleinsäuresequenzen verwendet werden können, um normale und defekte Gene in höheren Organismen eindeutig zu identifi- zieren. Viren und andere infektiöse Mikroorganismen (z.B. Bakterien, Pilze, Hefen und Protisten) enthalten Nukleinsäuresequenzen, die sich von denen des Trägerorganismus unterscheiden lassen. Daher lassen sich infizierte Organismen allein auf Grundlage dieser spezifischen DNA Sequenzen entdecken und identifizieren16,17. DNA Sequenzen können sogar als individueller Fingerabdruck dienen, um verschiedene Individuen derselben Spezies zu unterscheiden18. Eine Methode, die z.B. zur Aufklärung von Sexualdelikten in Form des DNA-Fingerprinting seit einiger Zeit in die moderne Forensik Einzug genommen hat19,20. Durch diese vielfältigen Anwendungen ergibt sich zusätzlich ein großer Bedarf für schnelle, zuverlässige und preiswerte Verfahren zur DNA-Analytik mit möglichst hohem Probendurch- satz.
2 Nachteile klassischer Methoden der DNA-Analytik
Voraussetzung für die stetig zunehmende Rolle, die Methoden zur DNA-Analyse21 in Grund- lagenforschung und klinischer Diagnostik spielen, war die Entwicklung effizienter Techniken zur spezifischen Vervielfältigung von DNA. Eine der wichtigsten Entwicklungen auf diesem Gebiet stellt die Polymerase-Ketten-Reaktion (PCR) dar. Diese 1985 von Mullis und Saiki vorgestellte Methode22,23 erlaubt die selektive Vervielfältigung des in der jeweiligen Fra- gestellung interessanten Analytmoleküles, eines spezifischen DNA-Fragmentes (auch als Template oder Matrize bezeichnet), aus einer heterogenen Population von DNA-Sequenzen. In der Theorie kann man ausgehend von einem einzigen DNA-Molekül in kurzer Zeit ohne großen Aufwand Kopien in jeder gewünschten Menge anfertigen. Insbesondere die Entdek- kung thermostabiler DNA Polymerasen (z.B. aus Thermus aquaticus) hat erheblich zur Verbesserung des Prozesses beigetragen24. Die zunehmende Bedeutung der Pathogendetektion auf Nukleinsäure-Basis wird durch aktuelle Änderungen im Verordnungswesen zur Blut- produktsicherheit unterstrichen. So müssen seit dem 01.04.1999 alle in Deutschland in den Verkehr gebrachten Blutprodukte mittels geeigneter Nukleinsäure Amplifikationstechniken, also z.B. der PCR, auf die Nachweisbarkeit des Genoms von Hepatitis C überprüft werden25.
Ungeachtet der geschilderten Fortschritte und der Bedeutung der DNA Diagnostik ist ihr Einsatz im Routinebetrieb klinischer Laboratorien im Vergleich zu immunologischen Methoden noch immer eingeschränkt. Hauptursache hierfür sind die bisher nur schwer zu automatisierenden und arbeitsintensiven Verfahren26. Zum Nachweis von DNA gibt es eine Reihe von Methoden. So können Nukleinsäuresequenzen mit Hilfe der Gelelektrophorese durch Vergleich der Mobilität eines amplifizierten Nukleinsäure-Fragmentes mit einem bekannten Standard oder durch Hybridisierung27,28 mit einer zu der zu identifizierenden komplementären Nukleinsäuresequenz identifiziert werden.
Die Identifizierung ist jedoch bei diesen Methoden stets nur indirekt und erfordert die Anwe- senheit einer wie auch immer gearteten Reporterfunktionalität, die mit hoher Nachweis- empfindlichkeit detektiert werden kann. Solche Funktionalitäten sind z.B. Radioaktivität, wobei insbesondere die Isotope32 P und35 S zum Einsatz kommen, Fluoreszenz29 oder Chemi- lumineszenz30. Radioaktives Markieren ist mit Gefahren für Mensch und Umwelt verbunden, und die Intensität des erzeugten Signals nimmt im Laufe der Zeit, in Abhängigkeit von der Halbwertzeit des zur Markierung verwendeten Isotopes, ab. Andere Arten der Markierung (z.B. Fluoreszenz) haben den Nachteil geringerer Empfindlichkeit und abnehmender Signal- stärke, wenn Laser hoher Intensität zur Anregung verwendet werden.
Darüber hinaus sind die Vorgänge von Labelling, Elektrophorese und anschließender Detektion zeitaufwendig, mühsam und vor allem fehlerbehaftet. Insbesondere die Elektrophorese ist äußerst anfällig für Fehler, da Größe bzw. Molekulargewicht einer Nukleinsäure nicht direkt mit der Mobilität korrelieren, welche hier aber als Messgröße verwendet wird. Man kennt eine Vielzahl sequenzspezifischer Effekte, Sekundärstrukturen und anderer Interaktionen mit der Gelmatrix, die Artefakte hervorrufen31,32.
3 MALDI-TOF Massenspektrometrie zur Analyse von Biomolekülen
Die Massenspektrometrie stellt ein Verfahren dar, um distinkte Moleküle zu „wägen“. Sie zählt daher wohl unbestritten zu den heute leistungsfähigsten Methoden der instrumentellen Analytik in der organischen Chemie und hat sich zum Nachweis und bei der Identifizierung unterschiedlichster Substanzen bis in den extremen Spurenbereich als Methode der Wahl etabliert. Es ist nicht verwunderlich, daß mit zunehmender Bedeutung der Biochemie und Biotechnologie in den letzten Jahren immer wieder versucht wurde, den Einsatzbereich massenspektrometrischer Verfahren durch neue Ionisierungstechniken auf biochemisch relevante Substanzklassen zu erweitern, an denen die klassische Elektronenstoßionisation (EI) oder auch die chemische Ionisation (CI) scheitern. Bei diesen und verwandten Verfahren erfolgt die Ionisation bei reduziertem Druck in der Gasphase. Die Voraussetzung dafür ist, daß sich die Probe unzersetzt verdampfen läßt, was aber bei den meisten polaren, thermisch labilen und sehr großen Biomolekülen mit ihrem fast nicht existenten Dampfdruck nur äußerst selten gegeben ist.
Seit den 70er33,34 Jahren werden Laser in der organischen Massenspektrometrie eingesetzt. Die Laserdesorption (LD) gelang allerdings zunächst nur bei relativ kleinen Molekülen und hatte daher wenig praktische Bedeutung. Überwunden wurde dies durch die fast zeitgleiche Einführung des matrixunterstützten Laserdesorptionsverfahrens (MALD) durch Hillenkamp und Karas35,36,37 bzw. Tanaka38 im Jahre 1988. Da sowohl die Laserdesorption seit den 70er Jahren als auch die TOF-Technologie sogar schon seit den 50er Jahren bekannt waren, ist die enorme Zeitverzögerung kaum begreiflich, bis eine Kombination der beiden Methoden endlich Einzug in die moderne Massenspektrometrie gefunden hat.
Bei dieser Methode wird die zu untersuchende Probe mit einem 100- bis 1000 fachen Über- schuß einer sogenannten Matrix verdünnt, auf einem Probenteller kokristallisiert und im Hochvakuum des Massenspektrometers einem intensiven Impuls kurzwelliger Laserstrahlung von wenigen Nanosekunden Dauer ausgesetzt. Typische Matrixsubstanzen sind kleinere aro- matische Säuren, wie etwa Nikotinsäure, Sinapinsäure oder Dihydroxybenzoesäure (DHB39 ), die mit ihren %-Elektronensystemen Licht im Wellenlängenbereich des jeweils verwendeten Lasers absorbieren können40. Bei den zur Anwendung kommenden Lasern handelt es sich häufig um Impulsfestkörperlaser (Nd-YAG-Laser im Wellenlängenbereich von 355 bzw. 266 nm) oder um Stickstoff-Gaslaser (mit einer Wellenlänge von 337 nm), wie in allen im Rahmen dieser Arbeit verwendeten Massenspektrometern. Die Einkopplung der für die Desorption notwendigen Energie erfolgt über die resonante elektronische Anregung der Matrixmoleküle.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Schematische Darstellung der wichtigsten Elemente eines MALDI-TOF Massenspektrometers
Die zunächst von den Matrixmolekülen aufgenommene elektronische Anregungsenergie wird in extrem kurzen Zeiten in das Gitter des Festkörpers relaxiert und bewirkt dort eine starke Störung und Aufweitung. Was folgt, ist ein Phasenübergang weit außerhalb des thermischen Gleichgewichtes, der wohl am ehesten als explosive Auflösung eines Mikrobereiches des Probenfestkörpers zu beschreiben ist41, wobei neben den Matrix- auch die Probenmoleküle unzersetzt freigesetzt werden. Erst jetzt erfolgt durch Protonentransfer mit photoionisierten, d.h. radikalischen Matrixmolekülen die Bildung von elektrisch geladenen Probenmolekülen. In einem elektrostatischen Feld werden nun je nach Polarität positive oder negative Ionen von der Probenoberfläche in Richtung des Analysators beschleunigt. Bei den in Kombination mit der matrixunterstützten Laserdesorption eingesetzten Massenanalysatoren handelt es sich in der Regel um Flugzeitmassenspektrometer (TOF = time of flight), bei denen die Massen- bestimmung über eine sehr genaue elektronische Messung der Zeit, die zwischen dem Start der Ionen in der Quelle bis zum Eintreffen am Detektor vergeht, erfolgt. Eine deutliche Verbesserung der Massenauflösung erhält man dabei durch Verwendung eines Ionenreflektors42,43 zur Verlängerung der Flugstrecke (vgl. Abbildung 1 zum schematischen Aufbau eines MALDI-TOF Massenspektrometers)44.
Mit Hilfe der matrixunterstützten Laserdesorption/Ionisation (MALDI), als einer „weichen“ Desorptions- und Ionisationsmethode, in Verbindung mit einem Flugzeitmassenspektrometer gelang der Massenspektrometrie endlich der Durchbruch auch in der biochemischen Analytik. Die MALDI-TOF Massenspektrometrie entwickelt sich seitdem zunehmend zu einer Alterna- tive zu den in der Biochemie/Molekularbiologie etablierten Methoden der Molekulargewichts- bestimmung. Diese Methode bringt im Vergleich zur Molekulargewichtsbestimmung über Gelfiltration, Gelelektrophorese oder Dichtegradientenultrazentrifugation eine Reihe ent- scheidender Vorteile mit sich:
- Kürzere Analysendauer bei minimaler Probenvorbereitung
- Minimaler Probenbedarf (Attomol für Proteine)
- Hohe Massengenauigkeit und -auflösung
- Reproduzierbarkeit
- Die Verwendbarkeit auch für Probengemische
- Einfach zu interpretierende Massenspektren, da wenig Fragmentierung beobachtet wird
- Separation und Detektion in einem Arbeitsgang
Insbesondere in Bereichen mit hohem Probenaufkommen bietet die MALDI-TOF MS im Vergleich zu gelelektrophoretischen Verfahren einen enormen Vorteil durch das hohe Automatisierungspotential des Verfahrens. MALDI hat sich in kürzester Zeit zu einem wirkungsvollen Werkzeug in der biologischen Massenspektrometrie entwickelt45. Insbesondere bei der Charakterisierung von Proteinen und Peptiden hat MALDI bedingt durch den hohen verfügbaren Massenbereich seine Stärken bewiesen, es wurden Proteine mit Molmassen über 200,000 g/mol detektiert46. Ursprünglich vor allem zur Protein- und Peptidanalytik entwickelt, haben zahlreiche Modifikationen der Technik den erfolgreichen Transfer auch auf eine Vielzahl anderer organischer Biopolymere47,48 wie Oligosaccharide/Kohlenhydrate, Ganglioside und Oligonukleotide, ebenso wie auf synthetische organische Polymere mit Molekulargewichten von bis zu 1.5 Millionen g/mol ermöglicht49,50.
4 Massenspektrometrie von Nukleinsäuren
Die Analyse von Nukleinsäuren ist mit besonderen Schwierigkeiten verbunden, da es sich hierbei um äußerst polare Biopolymere handelt, die nur sehr schwer zu verdampfen sind. Daher waren Verfahren, die auf einer Desorption mittels Fast Atom Bombardement (FAB) oder Plasma Desorption (PD) beruhten, auf die Detektion synthetischer Oligonukleotide sehr geringer Masse beschränkt51,52. Auch der MALDI-Prozeß erwies sich bei dieser Substanz- klasse als nicht trivial und zudem äußerst abhängig von der verwendeten Matrix. Ein Matrix- gemisch aus 3-Hydroxypikolinsäure (3-HPA53 ) und Pikolinsäure54 erlaubte es erstmals, auch längere DNA-Stränge zu detektieren55 ; wobei trotz hoher Analytmenge und großem Aufwand bei der Probenvorbereitung nur eine sehr geringe Auflösung und Signalintensität erzielt werden konnte. Erste Ergebnisse mit kleineren Oligodesoxynukleotiden haben zur Erfor- schung der Einsatzmöglichkeiten der Massenspektrometrie für DNA-Screening und -Sequen- zierung ermutigt56.
Es ist bekannt, daß DNA in Lösung nur eine begrenzte chemische Stabilität besitzt, wobei die N-glykosidische Bindung zwischen einer Purinbase und der Zuckereinheit die höchste Hydro- lyseempfindlichkeit aufweist. So findet man spontane Depurinierung mit nachfolgender Hydrolyse der Phosphodiesterbindung an den so entstandenen apurinischen Stellen unter physiologischen Bedingungen in Lösung erstaunlich häufig. Ein ähnliches Phänomen be- obachtet man auch bei der MALDI-TOF Massenspektrometrie von Oligodesoxyribonukleotid- fragmenten als einen entscheidenden Beitrag zur Verschlechterung der detektierten Signale. Insbesondere bei Oligodesoxynukleotiden mit hohem Desoxyguanosinanteil wurde das Auftreten von Signalen niedrigerer Massen, die durch Depurinierung verursacht wurden, beobachtet57. Als illustratives Beispiel zeigt Abbildung 2 das Massenspektrum eines 19-mer PCR-Primers. Neben dem Signal des Molekülions von (M+H)+ = 5822 u ist eine Serie von Fragmentierungssignalen zu sehen.
Um die bei der DNA-Sequenzierung nach den Verfahren von Maxam/Gilbert58 oder Sanger59,60,61 eingesetzte zeitaufwendige Gelelektrophorese zur Analyse der Produkte der Sequenzierreaktion durch die bedeutend schnellere, empfindlichere und aussagekräftigere Methode der Molmassenbestimmung mit Hilfe der Massenspektrometrie ersetzen zu können, müssen u.a. noch wesentliche Vorgänge bei der Desorption und Ionisation von DNA besser verstanden werden. Insbesondere im Bereich höherer Massen (Moleküle mit 200-300 Nukleotiden) liegen sowohl Massenauflösung als auch Nachweisgrenze um mindestens eine Größenordnung unter den Werten, die man für das Sequenzieren benötigt62,63.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Massenspektrum eines 19-mer Oligonukleotids, das als Primer in der Polymerasekettenreaktion verwendet wird. Das Signal bei M = 5822 u steht für das einfach protonierte (M+H)+ Molekülion. Begleitet wird das Signal von den Tochterionen I und II, welche aus Depurinierung hervorgegangene Fragmentionen darstellen [(M-A+H)+ und (M-A-G+H)+].
Möchte man die Massenauflösung nachhaltig verbessern, gibt es unterschiedliche Ansätze. Enormen Einfluß auf die erzielten Ergebnisse hat die Wahl der verwendeten Matrix, mit der die Analytlösung kokristallisiert wird64,65,66. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist sicherlich die Optimierung des MALDI-Prozesses selbst durch die Entwicklung neuer Geräte. Sehr große Fortschritte konnten z.B. mit der Technik der verzögerten Fokussierung (delayed ion extraction, DE) erzielt werden67,68. Allerdings bietet diese Methode nur im Bereich geringerer Massen bis ca. 10,000 g/mol entscheidende Vorteile.
Neben der Optimierung dieser äußeren Parametern, bietet sich aber auch die Stabilisierung des zu untersuchenden Moleküls durch chemische Modifikation an. Diese Strategie bietet den entscheidenden Vorteil, daß so auch auf bereits vorhandenen Massenspektrometern bessere Meßergebnisse erhalten werden können. Mit diesem Aspekt soll sich nun die hier vorliegende Arbeit beschäftigen:
II Problemstellung
Bei der Depurinierung von Nukleotiden in Lösung wurde das Vorliegen eines niedrigen pH- Wertes als beschleunigender Faktor beobachtet69,70. In Abbildung 3 ist das Modell eines A1-Mechanismus vorgestellt, wie er für die säurekatalysierte Hydrolyse von Desoxypu- rinnukleosiden angenommenen wird71,72,73. Nach diesem Modell wird die hydrolytische Spaltung der N-glykosidischen Bindung durch Protonierung am N7 -Atom der Purinbase eingeleitet. Das protonierte Nukleosid dissoziiert in dem sich anschließenden, geschwindig- keitsbestimmenden Schritt zum freien Purin und einem Carbeniumion. Letzteres reagiert sofort mit Wasser zur freien Desoxyribose. Ersetzt man das N7 -Stickstoffatom des Purinring- system durch eine Methineinheit, erwartet man eine erhöhte Stabilität eines solchen Nukleosi- des gegen saure Hydrolyse, da die initiale Protonierung an N7 nun nicht mehr möglich ist. Tatsächlich beobachtet man in Lösung eine drastisch erhöhte Stabilität von 7-Deaza- purinnukleosiden74 gegenüber saurer Hydrolyse.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Darstellung eines möglichen Mechanismus zur säurekatalysierten Depurinierung von 2 -Desoxyguanosin in wässriger Lösung
Man kann sich leicht vorstellen, daß die auch bei der Desorption und Ionisation von Proben im MALDI-Prozeß zu beobachtende Depurinierung auf einen ähnlichen Mechanismus zurückzuführen ist und zwar infolge einer Wechselwirkung der DNA-Probe mit der sauren Matrix (z.B. 3-Hydroxypikolinsäure) oder durch intramolekularen Protonentransfer ausgehend vom Phosphatrückgrat des Oligonukleotides.
Im Rahmen dieser Arbeit sollte daher untersucht werden, welche Auswirkungen ein anteiliger Austausch von 2 -Desoxyadenosin und -guanosin durch die entsprechenden C7 -Isosteren auf das Verhalten eines Oligodesoxynukleotides unter den Bedingungen der Laserdesorption hat. Das Ersetzen des N7 -Stickstoffes durch eine Methineinheit bewirkt das Fehlen eines Akzep- tors für Wasserstoffbrückenbindungen pro Purinbase. Neben schärferen Signalen durch geringere Fragmentierung, insbesondere bei längeren Oligonukleotiden, könnte dies auch ein verändertes Desorptions- und Ionisationsverhalten des Moleküls mit sich bringen.
Um zu modifizierten Nukleinsäuren zu gelangen, sollten in Rahmen dieser Arbeit zwei Wege parallel verfolgt werden (vgl. Abbildung 4):
Zum einen die enzymatische Synthese modifizierter Nukleinsäuren, z.B. unter Verwendung der Triphosphate 7-Deaza-AdTP und 7-Deaza-GdTP als Substrate in enzymatischen Re- aktionen wie der Polymerasekettenreaktion (PCR) an Stelle von AdTP und GdTP. Allerdings hatten Untersuchungen von Seela75 gezeigt, daß bei Verwendung der Taq DNA-Polymerase 7-Deaza-AdTP nicht als Substrat akzeptiert wird, so daß zunächst geeignete Enzyme gefunden werden mußten. Weiterhin sollten geeignete Methoden der Probenaufbereitung und -konditio- nierung für die MALDI-TOF Massenspektrometrie weiterentwickelt werden.
Ein weitere Aufgabe bestand in der chemische Darstellung von Oligodesoxynukleotiden durch Verwendung von basenmodifizierten Synthesebausteinen. Hierzu sollten die Nukleoside 7-Deaza-2 -desoxyadenosin und 7-Deaza-2 -desoxyguanosin dargestellt und anschließend in die mit passenden Schutzgruppen versehenen, als Synthesebausteine in der chemischen Oligodesoxynukleotidsynthese verwendeten, Phosphoamidite76 überführt werden. Die so hergestellten Oligodesoxynukleotide könnten dann direkt zur Untersuchung in MALDI-TOF Massenspektrometrie verwendet werden. Vor allem aber könnten sie als Oligonukleotidprimer zusammen mit modifizierten Triphosphaten in enzymatischen Reaktionen eingesetzt werden. Nur mit dem Einsatz modifizierter Primer wäre es möglich, das Ziel der Herstellung vollständig basenmodifizierte Nukleinsäuren zu erreichen.
III Ergebnisse und Diskussion
1 Einführung
Der Weg zur Bearbeitung der oben beschriebenen Problemstellung ist zusammenfassend in Abbildung 4 in Form eines Flußdiagramms festgehalten. Um zu modifizierten, synthetischen Nukleinsäuren zu gelangen, müssen zunächst die entsprechenden Synthone für die chemische DNA-Synthese dargestellt werden. Mit diesen Aspekten beschäftigt sich der folgende Ab- schnitt der Arbeit. Daran schließt sich ein Kapitel über die chemische DNA-Synthese an, gefolgt von der enzymatischen Darstellung modifizierter Nukleinsäuren. Die Arbeit setzt sich fort mit der ausführlichen Beschreibung und Diskussion der Auswirkungen der gewählten Modifikationen auf die Eigenschaften von Nukleinsäuren bei der MALDI-TOF Massenspek- trometrie in verschiedenen Anwendungen wie PCR-Analytik und DNA-Sequenzierung, wobei unterschiedliche Verfahren zur Probenkonditionierung sowie weitere chemische Modifikatio- nen diskutiert werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4
Um zu basenmodifizierten Synthesebausteinen für die chemische Synthese von Oligodesoxy- nukleotiden zu gelangen, benötigt man zunächst das jeweilige Nukleosid in präparativen Mengen. Im Gegensatz zum N7 -Deazaadenosin (Tubercidin, Abbildung 5: 31) ist sein 2 -Desoxyanalogon 35 (vgl. Abbildung 18) bisher nicht aus natürlichen Quellen isoliert worden. Nur die Triphosphate, 7-deaza-AdTP und -GdTP, die durch enzymatische Synthese relativ leicht aus der jeweiligen Riboform zugänglich20 sind, können im molaren Maßstab für enzymatische Reaktionen käuflich erworben werden. Daher blieb für diese Arbeit nur der Weg der Totalsynthese der modifizierten 2 -Desoxynukleoside. Dies gelingt ganz allgemein durch Glykosidierung geeigneter 7H-Pyrrolo[2,3-d]pyrimidine mit einem entsprechenden Desoxy- ribosyldonor, in der Regel einer Halogenose77. Nach weiterer Umwandlung des Reaktions- produktes in das gewünschte Nukleosid wird dieses mit für die chemische Oligodesox- ynukleotidsynthese geeigneten, d.h. die exozyklischen Aminogruppe mit einer basen- und die 5 -Hydroxyl-Gruppe mit einer säurelabilen, Schutzgruppe versehen. Schließlich gelangt man durch Umsetzung der noch freien 3 -OH Gruppe mit N,N-Diisopropyl-cyanoethyl-phospho- chloridit zum Phosphoamiditderivat als Baustein für die chemische DNA-Synthese.
Um zu basenmodifizierten Synthesebausteinen
Abbildung 5: Tubercidin und von dieser Struktur abgeleitete Nukleosidantibiotika: 31 = Tuber- cidin, 31a = Toyocamycin, 31b = Sangivamycin, 31c: Struktur des Nukleosides Q (Queuosin) bzw. Q* (31d+e).
2 Das Pyrrolo[2,3-d]pyrimidinsystem
2.1 Biologische Bedeutung
Das Pyrrolo[2,3-d]pyrimidinringsystem, das formal als das Ergebnis der Kondensation eines Pyrrolringes mit einem Pyrimidinring gesehen werden kann, wurde zuerst in der Natur gefunden. Obschon der Stammheterozyklus bereits 191178 synthetisiert wurde, gewinnt diese Verbindungsklasse erst ab 1955 in der Literatur an Bedeutung. Im Jahre 1955 wurde aus Streptomyces toyocaensis von Nishimura et al.79 das erste Nukleosid-Antibiotikum isoliert, bei dem gezeigt werden konnte, daß es das Pyrrolo[2,3-d]pyrimidinringsystem enthielt - es wurde Toyocamycin genannt. Durch Totalsynthese und Vergleich mit der aus natürlichen Quellen isolierten Substanz konnte bewiesen werden, daß es sich um 4-Amino-7-( -D-ribo- furanosyl)pyrrolo[2,3-d]pyrimidin-5-carbonitril (Abb. 5: 31a) handelte80. Das zweite Pyrrolo- [2,3-d]pyrimidinnukleosid, das isoliert wurde, war Tubercidin (31). Es wurde 1957 von Anzai und Mitarbeitern81,82 aus Streptomyces tubercidus gewonnen. Auf Grund der großen Ähnlich- keit zu den Purinen, dem natürlichen Auftreten seiner Derivate und der ungewöhnlichen biologischen Eigenschaften entwickelten sich bald große Aktivitäten zur Totalsynthese und biologischen Evaluation83,84 dieses Ringsystems, die sich bis in die Gegenwart fortsetzen85,86.
In den darauffolgenden Jahren gelang es, eine Vielzahl von derivatisierten 7-Deazapurin- nukleosiden zu isolieren und zu synthetisieren, darunter auch solche die 7-Deazaguanosin als Stammverbindung besitzen. Eine besondere Bedeutung besitzen hierbei die Nukleoside Q (31c) und Q* (31d+e). Die Struktur dieser Nukleoside ist ungewöhnlich, da sie in der Seiten- kette am C-7 ein Cyclopentendiol enthalten. Das hypermodifizierte Nukleosid Q nimmt die erste Position, auch Wobble-Position87,88, des Anti-Codons von E.coli Transfer-RNA und der vieler anderer Organismen89 inklusive des Menschen ein. In bestimmten tRNA wird das Nukleosid durch Glycosyltransferasen weiter zum Q* modifiziert90. Die Verbindung kann nur von Eubakterien de novo synthetisiert werden91 und stellt somit für alle Eukarioten einen essentiellen Bestandteil der Nahrung dar. Noch nicht vollständig geklärt ist die Beobachtung, daß in vielen Tumoren keine oder nur zu geringem Anteil Q-haltige tRNA gefunden wird92,93.
Verschiedene Arbeitsgruppen berichteten im Laufe ihrer Forschung mit diesen Verbindungen, daß einige der 7-Deazanukleoside ein sehr hohes klinisches Potential nicht nur als Antibiotika und Virustatika94, sondern auch als Zytostatika für den Einsatz gegen bestimmte Krebs- erkrankungen besitzen. So wies Tubercidin zum Beispiel eine hohe Zytotoxizität in Kulturen von Maus-L1210-Leukämiezellen95 auf. Ebenso wird die Verwendung bestimmter 7-Deaza- nukleotide in der Entwicklung wirksamer Antisense96 -Oligonukleotide diskutiert97,98,99.
So groß die Euphorie bei der Entdeckung neuer Wirkstoffleitstrukturen häufig ist, so wurden 13 doch nur wenige Pyrrolo[2,3-d]pyrimidinnukleoside tatsächlich für weitergehende klinische Studien ausgewählt, darunter das in Abbildung 5 dargestellte Sangivamycin (31b). Das National Cancer Research Institute (USA) förderte daher Studien der zweiten klinischen Phase bezüglich seiner Wirksamkeit gegen Darmkrebs, Gallenblasenkrebs und akuter myelogener Leukämie (AML) beim Menschen100. Diese Verbindung scheint darüber hinaus auch gegen- über L1210- und P388-Leukämie sowie dem Lewis-Lungenkarzinom101 wirksam zu sein.
Die biologische Wirkung ist in diesen Fällen darauf zurückzuführen, daß das Nukleosidanti- biotikum im Polynukleotidverband die Basenpaarungseigenschaften von Nukleinsäuren verändert und bei der ribosomalen Proteinbiosynthese die Codon/Anticodon-Wechselwirkung beeinflußt102. Vor kurzem wurden auch N7 -Deaza-2 -desoxypurinnukleotide für den Einsatz in der Krebschemotherapie als eine neue Klasse von Telomerase-Inhibitoren103 vorgeschlagen. Bei der Telomerase handelt es sich um eine terminale Transferase, die nur in Krebszellen Aktivität zeigt und dort eine bedeutende Rolle für Chromosomenorganisation und -stabilität übernimmt.
2.2 Nomenklatur
Man bezeichnet den Heterozyklus Pyrrolo[2,3d]pyrimidin auch als 7-Deazapurin oder 7-Carbapurin, um zu verdeutlichen, daß man sich dieses Molekül als ein Purin vorstellen kann, in dem formal das N7 -Atom des Puringerüstes durch eine Methingruppe ersetzt wurde.
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Abbildung 6
Die Numerierung des Purins unterscheidet sich wie in Abbildung 6 dargestellt von der des Pyrrolo[2,3-d]pyrimidin. Bei letzterem erhalten, wie von IUPAC vorgeschlagen, C-Atome in Anellierungsposition die Bezifferung des vorhergehenden peripheren Atoms unter Zusatz eines kleinen Buchstabens zur Kennzeichnung der Brückenpositionen. Beim Purin hingegen werden alle Atome gleichwertig durchnumeriert. Aus Gründen der Konformität mit der vorhandenen Literatur wurde auch in dieser Arbeit die unterschiedliche Numerierung für Pyrrolo[2,3-d]pyrimidin- und Purinderivate beibehalten.
3 Synthese von 7-Deaza-2 -desoxyguanosin und 7-Deaza-2 -desoxyadenosin
3.1 Darstellung der Aglykone
Ein einfacher Weg, der zur Verbindungsklasse der Pyrrolo[2,3-d]pyrimidine führt, geht auf eine Arbeit von Davoll104,105,106 zurück. Durch Ringsynthese wurden 4-Aminopyrimidine dargestellt, die in der 5-Position eine als Acetal geschützte Acetaldehydgruppe trugen. Die durch saure Hydrolyse freigesetzten Aldehyde ließen sich anschließend zu den korrespondierenden Pyrrolo[2,3-d]pyrimidinen zyklisieren (vgl. Abbildung 7).
Zur Synthese von 4-Amino-5-(2,2-diethoxyethyl)pyrimidinen wurde von 2-Cyano-4,4-dieth- oxybuttersäureethylester (1) ausgegangen, der leicht durch Alkylierung von Cyanessigsäu- reethylester mit Bromacetaldehyddiethylacetal in Gegenwart von Kaliumcarbonat und einer katalytischen Menge Natriumiodid in 40-50 % Ausbeute erhalten werden konnte. Die Kon- densation des Nitrils mit Guanidin oder Thioharnstoff in ethanolischem Natriumethylat lieferte die Pyrimidinderivate 2,6-Diamino-5-(2,2-diethoxyethyl)pyrimidin-4-ol107 (2) in
50 %iger und 6-Amino-5-(2,2-diethoxyethyl)-2-mercaptopyrimidin-4-ol108 (3) in 62 %iger Ausbeute. Die Betrachtung der1 H-NMR Daten (vgl. Tabelle 1, S.18) legt nahe, daß in Verbin- dung 3 die Carbonylgruppe im Gegensatz zu 2 nicht als Enol vorliegt, da nur für letztere das Signal einer Hydroxylgruppe im1 H-NMR-Spektrum zu finden war. Somit müßte der Name in Abweichung von der Literatur korrekterweise 6-Amino-5-(2,3-diethoxyethyl)-2-mercapto- pyrimidin-4-on lauten.
Eine anschließende Behandlung von 2 mit 0.2 mol/L Salzsäure bei Raumtemperatur bewirkte den Ringschluß zum 2-Amino-3,7-dihydropyrrolo[2,3-d]pyrimidin-4-on (4) nach drei Stunden in 83 % Ausbeute. Die Synthese von 5 aus 3 gelang entsprechend nach 24 Stunden in 90 % Ausbeute. Das1 H-NMR-Spektrum (vgl. Tabelle 1) zeigte für letztere Verbindung stets das Signal einer Hydroxylgruppe in 4-Position. Verbindung 5 sollte daher abweichend von der Literatur korrekterweise als 3,7-Dihydro-2-mercapto-pyrrolo[2,3-d]pyrimidin-4-ol bezeichnet werden. Reduktive Entschwefelung von 5 mit Raney-Nickel in verdünnter ammoniakalischer Lösung führte schließlich zu 2-unsubstituiertem 7-Deazahypoxanthin (6) als Basenprecursor für 7-Deaza-2 -desoxyadenosin in 70 %iger Ausbeute. Die dreistufige Synthese von 7-Deaza- guanin (2-Amino-3,7-dihydropyrrolo[2,3-d]pyrimidin-4-on, 4) gelang in insgesamt 15- 20 %iger Ausbeute. 7-Deazahypoxanthin (3,7-Dihydropyrrolo[2,3-d]pyrimidin-4-on, 6) konnte ganz analog in vierstufiger Synthese mit einer Ausbeute von 10-15 % dargestellt werden.
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3.2 Synthese geeigneter Akzeptoren für Glykosidierungsreaktionen
3,7-Dihydro-4H-pyrrolo[2,3-d]pyrimidin-4-on-derivate werden in basischen Medien bevor- zugt am N3 -Atom methyliert109 und scheiden somit als Vorstufe für die Synthese von Nukleo- siden aus. Voraussetzung für eine selektive 7-Alkylierung ist daher der Schutz des tautomerie- fähigen Lactams. Außerdem kann man durch geeignete Substitution des Aglykons die Löslich- keit in organischen Lösungsmitteln erhöhen. Unter diesen Randbedingungen als besonders geeignet haben sich 4-Chlorverbindungen erwiesen, die im Anschluß an die N-Glykosidierung leicht in das gewünschte 7-Deazaguanin bzw. 7-Deazaadenin-Derivat überführt werden konnten.
Die Chlorierung von 7-Deazaguanin zu 2-Amino-4-chlor-7H-pyrrolo[2,3-d]pyrimidin (8) gelingt nach Seela mit Phosphorylchlorid in Gegenwart von N,N-Dimethylanilin nur in mäßiger Ausbeute110. Daher wurde zunächst eine von Robins111 beschriebene Methode verwendet, die mit äquimolaren Mengen Phosphorylchlorid in Acetonitril und in Gegenwart von N,N-Dimethylanilin und eines quartären Ammoniumsalzes (TEBA) arbeitet. Es konnten hierbei Ausbeuten von bis zu 76 % erzielt werden, wobei das eingesetzte N,N-Dimethylanilin zur Vermeidung von Ausbeuteverlusten stets am selben Tag frisch destilliert sein mußte.
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Abbildung 8: Umwandlung der Purinbasen in geeignete Akzeptoren für eine Glykosidierungsreaktion
In Anlehnung an eine Vorschrift von Davoll112 konnte auch in Phosphorylchlorid bei Gegen- wart einer nur katalytischen Menge N,N-Dimethylanilin und ohne Lösungsmittel eine ebenso gute Ausbeute (70 %) an chloriertem Produkt erzielt werden. Aufgrund der recht hohen Toxizität von N,N-Dimethylanilin und des Lösungsmittels Acetonitril ist dieser Variante daher eindeutig der Vorzug zu geben. Ganz entsprechend konnte 4-Chlor-7H-pyrrolo[2,3-d]pyrimi- din (7) aus 6 durch Umsetzung mit Phosphorylchlorid in Gegenwart von N,N-Dimethylanilin in 50 - 60 % Ausbeute erhalten werden. Ein Grund für die geringere Ausbeute ist sicherlich das schlechtere Kristallisationsverhalten der Verbindung. Versuche mit anderen Lösungs- mittelsystemen haben aber zu keiner weiteren Steigerung der Ausbeute geführt.
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Tabelle 1: Chemische Verschiebungen der1 H-NMR-Signale der Chromophore (D6-DMSO)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Chemische Verschiebungen der13 C-NMR-Signale der Chromophore (D6-DMSO)
3.3 Synthese von Glykosyldonoren
3.3.1 Darstellung von 1-Chloro-2-desoxy-3,5-di-O-(para-toluoyl)- -D-erythro-pen-
tofuranose Ein geeigneter Glykosyldonor zur Synthese von Nukleosiden sollte leicht darzustellen sein und eine Kopplungsreaktion mit hohen Ausbeuten bezüglich der Regio- und Stereospezifität ermöglichen. Hierzu muß das C-1 eine gute Abgangsgruppe tragen, und die Hydroxylgruppen an C-3 und C-5 müssen mit geeigneten Schutzgruppen versehen werden. Diese Schutzgruppen sollten unter den alkalischen Bedingungen der Glykosidierungsreaktion stabil, aber an- schließend hinreichend leicht wieder abspaltbar sein. Auch der Einfluß der Schutzgruppen auf die Stereokontrolle der Reaktion darf nicht vernachlässigt werden. Die Halogenose 1-Chloro- 2-desoxy-3,5-di-O-(para-toluoyl)--D-erythro-pentofuranose (12) hat sich unter diesen Rand- bedingungen zur Darstellung von 2 -Desoxy--D-ribonukleosiden etabliert1, auch wenn sie keineswegs alle gestellten Anforderungen erfüllt.
Die Synthese (vgl. Abb. 9, S. 20) gelang in Anlehnung an einen von Hoffer113 beschriebenen dreistufigen Reaktionsweg in 30 - 50 %iger Ausbeute. Hierzu wurde im ersten Schritt Desoxy- ribose in Methanol in der 1-O-Stellung methyliert und das erhaltene Glykosid (10) an- schließend in Pyridin mit Toluoylchlorid an den noch freien 3-OH und 5-OH-Gruppen verestert. Hier ist die Stereochemie am C-1 noch offen, so daß die erhaltene 1-O-Methyl- 2-desoxy-3,5-di-O-(para-toluoyl)-D-erythro-pentofuranose (11) als ein Gemisch der beiden anomeren Furanoside vorlag.
Ansätze, die über Nacht bei RT gerührt wurden, lieferten unmittelbar nach der Aufarbeitung ein kristallines Produkt. Hingegen ergaben solche, bei denen die Reaktion zwei Stunden bei 40-50 C geführt wurde, meistens 11 zunächst als Sirup, der erst im Verlauf mehrerer Wochen langsam kristallin wurde. Da für die nachfolgende Reaktion ein lösungsmittelfreies Edukt gewünscht war, um möglichst hohe Ausbeuten erzielen zu können, wurde der Weg, der unmittelbar das kristalline Produkt lieferte, bevorzugt. Durch NMR-spektrometrische Analyse wurde bestätigt, daß die Verbindung als Furanosid und nicht als ebenfalls denkbares Pyranosid vorlag. Hierfür war entscheidend, daß die Bildung des Methylethers nur in sehr schwach saurer Lösung, kurzer Reaktionszeit und ohne Zufuhr von Wärme durchgeführt wurde, andernfalls wäre die Bildung des Pyranosides bevorzugt114,115.
Anmerkung zur Nomenklatur: Für 4-Methylbenzolcarbonsäure ist der Trivialname Toluylsäure gebräuchlich. Zur Bezeichnung ihrer Derivate wird das Präfix Toluoyl- verwendet.
Bei der nachfolgenden Umsetzung mit HCl/HOAc entstand, durch den anomeren Effekt gesteuert, schließlich das Halogenid 12 ausschließlich als das thermodynamisch stabilere
-Anomere, welches unter den gewählten Reaktionsbedingungen auskristallisierte. Nicht umgesetztes Edukt konnte vom erhaltenen Produkt leicht durch Waschen mit eiskaltem Ether abgetrennt werden. Die Wahl anderer Lösungsmittel wie z.B. THF und eine Absenkung der Reaktionstemperatur führten nicht zu einer deutlichen Erhöhung der Reaktionsausbeute unter gleichzeitiger Beibehaltung der Stereokontrolle.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 9: Synthese eines Desoxyribosyldonors
Analog werden auch in der Riboreihe an C1 halogenierte Riboderivate für die Kopplungs- reaktion mit Nukleobasen in der Literatur beschrieben. Durch den stabilisierenden Effekt des C2 Substituenten bedingt ist es in dieser Substanzklasse möglich Glykosyldonoren herzu- stellen, die Brom als Abgangsgruppe an C1 tragen wie z. B. die Verbindung 1-Bromo-2,3,5- tris-O-benzyl--D-ribofuranose (20). Trotzdem wurde auch für diese Reaktion später eine Chlorverbindung von Seela als geeigneterer Glykosyldonor aufgrund einer höheren Stereo- und Regioselektivität des Reaktionsverlaufen vorgeschlagen: das 5-O[(1,1-Dimethylethyl)- dimethylsilyl]-2,3-O-(1-methylethyliden)--D-ribofuranosylchlorid (16).
3.3.2 Darstellung von 5-O[(1,1-Dimethylethyl)dimethylsilyl]-2,3-O-(1-methylethyl- iden)- -D-ribofuranosylchlorid (16)
Zur Synthese des Ribosyldonors 16 wurde im ersten Schritt D-Ribose mit Aceton in Gegen- wart von 2,2-Dimethoxypropan und einer katalytischen Säuremenge zusammen mit Moleku- larsieb 4 Å zu 2,3-O-(1-methylethyliden)-D-ribofuranose116,117 (14) umgesetzt. Der bei dieser Reaktionsführung entstehende Anteil an Isosteren war so gering, daß das Rohprodukt ohne weitere Aufreinigung mit tert-Butyldimethylchlorsilan118 und Imidazol in Dimethylformamid zur 5-O-[(1,1-Dimethylethyl)dimethylsilyl]-2,3-O-(1-methylethyliden)--D-ribofuranose (15) umgesetzt werden konnte. Die Reaktionsausbeute über beide Stufen betrug etwa 50 %.
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Abbildung 10: Synthese von 4-Chlor-7-{5 -O[(1,1-dimethylethyl)- dimethylsilyl]-2,3-O-(1-methylethyliden)--ribofuranosyl}-7H- pyrrolo[2,3-d]pyrimidin (16)
Durch Isolierung und erneute Umsetzung von nicht umgesetztem 14 konnte die Gesamtausbeute auf gut 80 % gesteigert werden. Eine noch höhere Ausbeute dürfte durch die Verwendung des von Johnson119 kürzlich beschriebenen, deutlich reaktiveren Silylierungsreagenzes N,O-Bis(tert-butyldimethylsilyl)acetamid zu erzielen sein, das zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht käuflich zu erwerben war. Die Umsetzung zum reaktiven Chlorid 16 erfolgte schließlich in THF bei -78 C stereoselektiv durch Umsetzung mit Tris(dimethylamino)phosphan (HMPT) und Tetrachlorkohlenstoff120. Die Verbindung wurde ohne weitere Aufreinigung unmittelbar für nachfolgende Reaktionen eingesetzt.
3.3.3 Darstellung von 1-Bromo-2,3,5-tris-O-benzyl- -D-ribofuranose
Auch das Bromoribofuranosylderivat 21 wurde wie auch das Chlorid 16 aufgrund seiner äußerst geringen Stabilität in situ dargestellt. Dies geschah durch Umsetzung von 2,3,5- Tris-O-benzyl-1-O-para-nitrobenzoyl--D-ribofuranose (20) mit einer Lösung von Brom- wasserstoff in Dichlormethan121. Die Ausgangsverbindung 20 konnte dabei in vierstufiger Synthese in insgesamt 15 - 20 % Ausbeute aus D-Ribose (13) erhalten werden. Dazu wurde zunächst die 1-O-Position als Methylether durch Umsetzung von D-Ribose in Methanol in Gegenwart von Molsieb und einer katalytischen Säuremenge zu 1-O-Methyl-D-ribose (17) geschützt.
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Abbildung 11: Syntheseschema zur Darstellung von 1-Bromo-2,3,5-tris-O- benzyl--D-ribofuranose als einen weiteren Ribosyldonor
Das 13 C-NMR-Spektrum deutete auf ein gleichzeitiges Vorliegen von Furanosid und Pyrano- sid, wobei letzteres deutlich überwog. In der nächsten Stufe entstand hingegen durch das Einführen sterisch anspruchsvoller Substituenten bevorzugt die Furanoseform. Das kristalline Produkt wurde dann an den verbleidenden Hydroxylgruppen mit Benzylchlorid und KOH zum Benzylether 18 umgesetzt. In 0.1 mol/L Salzsäure wurde der Methylether wieder gespalten und die erhaltene 2,3,5-Tris-O-benzyl-D-ribofuranose (19) konnte schließlich in den Nitro- benzoylester 20 überführt werden. Das -Anomere wurde als kristalliner Feststoff erhalten, so daß in der folgenden Reaktion 21 anomerenrein dargestellt werden konnte.
3.4 Glykosidierungsreaktionen
3.4.1 Darstellung von Desoxyribonukleosidderivaten
Klassische, auf Schwermetallkatalyse122 beruhende Verfahren zur Glykosidierung von Purinen bieten sich bei Pyrrolo[2,3-d]pyrimidinen nicht an74, da sich diese Verbindungen durch eine deutlich reduzierte Reaktivität auszeichnen. Dies ist bei einem Vergleich der beiden aromatischen Ringsysteme leicht einzusehen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 12: Gegenüberstellung der Nukleophilie des 7-N Atomes im Pyrrolo[2,3-d]pyrimidin und dem korrespondierenden Pyrrolylanion im Vergleich mit der entsprechenden Position im Purinringsystem
Da das freie Elektronenpaar des Pyrrolstickstoffes Bestandteil des aromatischen %-Systems ist, kann eine Glykosidierung in dieser Position nur erfolgreich sein, wenn das in situ generier- te Anion der Nukleobase verwendet wird. Dieses stellt im Gegensatz zur neutralen Base ein gutes Nukleophil dar. Das Anion kann als Intermediat mit Hilfe von flüssig-flüssig123 oder fest- flüssig Phasentransferkatalyse oder direkt in einem aprotischen Lösungsmittel unter Ein- wirkung von starken Basen erzeugt werden. Durch Umsetzung mit einer Halogenose ist auf diesem Wege eine regio- und stereoselektive Knüpfung der N-glykosidischen Bindung zu erreichen.
Der Einsatz von Nukleobaseanionen oder -ionenpaaren in der Nukleosidchemie geht auf Arbeiten von Holy124 und Goto125 zurück, die diese erstmals zur Synthese von Ribonukleosi- den einsetzten. Die Glykosidierung von Pyrrolo[2,3-d]pyrimidinen via in situ erzeugter Pyrrolylanionen wurde erstmals mit NaH in DMF beschrieben74. Im Gegensatz zum Purin- system ist der Ort der Glykosidierung im Pyrrolring eindeutig, da nur noch ein Stickstoffatom vorhanden ist. Dies ändert allerdings nichts an der Tatsache, daß es im Pyrimidinring über die Atome N1 und N3 zur Bildung von unerwünschten Verknüpfungsprodukten kommen kann. Durch spezielle Reaktionsführung stehen auch das C-7 in 7-Deazapurinen bzw. das C-9 in 9-Deazapurinen für eine Glykosidierungsreaktion zur Verfügung. Man gelangt auf diesem Wege zur Verbindungsklasse der C-Nukleoside126,127.
Von Seela wurde 1983 eine Methode zur diastereoselektiven Synthese von 2 -Desoxy- -D- ribonukleosiden mit Hilfe der Phasentransferkatalyse in einem zweiphasigen System aus 50 % Natronlauge und Dichlormethan in Gegenwart quartärer Ammoniumsalze vorgestellt128, wobei mit Hilfe eines Vibromixers eine intensive Vermischung der Phasen erreicht wurde. 1988 wurde von Seela eine Variante der fest-flüssig Phasentransferkatalyse vorgestellt, die sich eines Kryptanden, Tris-[2-(2-methoxyethoxy)ethyl]amin (TDA-1)129 als Katalysator, Kalium- hydroxid als Base und Acetonitril als aprotischem Lösungsmittel bedient. Hierbei kam es zu deutlich besseren Ausbeuten in der Glykosidierungsreaktion. Auch Kronenether wie 18-Krone-6 eignen sich als Katalysatoren130. Die Reaktion verdient erst jetzt wirklich die Bezeichnung „diastereoselektiv“, da nun im Gegensatz zur ursprünglichen Variante praktisch kein ungewünschter Anteil mehr an -Anomeren beobachtet wird.
1984 stellten Kazimierczuk und Robins ein “Sodium salt glycosylation” genanntes Verfahren vor, daß sich Natriumhydrid als Base bedient und Acetonitril als aprotisches Lösungsmittel einsetzt131. Auch für diese Methode wurde 1988 von einer im Vergleich zu früheren Ver- öffentlichungen deutlich gesteigerte Ausbeute bei der Synthese von 22 berichtet132. Erstaunli- cherweise sollte dies allein durch eine deutliche kürzere Reaktionszeit (zwei statt 16 Stunden) möglich sein. Es verwundert daher nicht, daß im Rahmen dieser Arbeit Ausbeuten erzielt wurden, die mehr denen der ursprünglich für diese Methode beschriebenen entsprechen. Durch Glykosidierung der 4-Chlor-pyrrolo[2,3-d]pyrimidine 7 und 8 mit 1-Chlor-3,5-di-O-(p- toluoyl)--D-erythro-pentofuranose 12 konnten regio- und diastereoselektiv die kristallinen Verknüpfungsprodukte 4-Chloro-7-(2 -desoxy-3,5-di-O-para-toluoyl--D-erythro-pentofura- nosyl)pyrrolo[2,3-d]pyrimidin (22) und 2-Amino-4-chloro-7-(2 -desoxy-3,5-di-O-para- toluoyl--D-erythro-pentofuranosyl)pyrrolo[2,3-d]pyrimidin (23) erhalten werden (vgl. Abb. 13). Nicht umgesetzte Purinbase konnte aus dem Reaktionsansatz säulenchromatographisch teilweise zurückgewonnen und für weitere Reaktionen eingesetzt werden.
Es liegt die Annahme nahe, daß die Phasentransferglykosidierung einem SN2-Mechanismus mit einer Waldenumkehr der Konfiguration am 1 -C-Atom folgt133. Nach anderen in der Literatur beschriebenen Modellen ist ein SN2-Mechanismus allerdings nicht zwingend zur Erklärung des diastereoselektiven Reaktionsverlaufes notwendig (vgl. Abb. 15). Bei einer deutlichen Erhöhung der eingesetzten Menge an Phasentransferkatalysator überschreitet die Ausbeute an -Anomer schnell die an erwünschtem -Anomer. Dieses kann entweder auf
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 13: Reaktionen mit 1-Chloro-2-desoxy-3,5-di-O-(para-toluoyl)- -D-erythro- pentofuranose eine beschleunigte Equilibrierung der Anomeren der Halogenose oder aber auf einen Wechsel des Reaktionsmechanismus von SN2 nach SN1 zurückgeführt werden134. Bei allen Glykosidie- rungsansätzen wurden stets dünnschichtchromatographisch zwei Nebenprodukte mit einer geringeren Polarität als die gebildeten Nukleoside in unterschiedlicher Ausprägung detektiert. Insbesondere bei Ansätzen, bei denen die Ausbeute an Glykosidierungsprodukt besonders niedrig war, wurden diese zum Hauptprodukt. Es wurde offensichtlich ein Teil der Halogeno- se oder des geschützten Nukleosids unter den basischen Reaktionsbedingungen der Glykosi- dierung deacyliert. Die freigesetzte Toluylsäure liegt dann als Anion vor und kann mit dem Nukleobasenanion in der nukleophilen Reaktion an der Halogenose konkurrieren. Da im Verlauf der Reaktion die Konzentration des Methylbenzoatanions stetig wächst, kann auch ein weiterer Zusatz an Halogenose den noch nicht umgesetzten Heterozyklus nicht mehr glykosi- dieren, da nun sofort die Nebenreaktion (vgl. Abb. 14) zu 12a und b überwiegt. Unter diesem Gesichtspunkt ist auch die Tatsache zu bewerten, daß die Ausbeute mit zunehmender Größe des Glykosidierungsansatzes zurückging. Zur Darstellung größerer Mengen des Nukleosides war es somit erforderlich, daß viele kleine Reaktionsansätze (3 mmol Base) gefahren wurden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 14
Ein möglicher Ansatz zur Optimierung der Glykosidierungsreaktion wäre der Einsatz einer Halogenose mit weniger basenlabilen Schutzgruppen. Die Wahl einer anderen Schutzgruppe ist aber nicht trivial, da die 3 - und 5 -OH- Schutzgruppen entscheidenden Einfluß auf das Anomerenverhältnis und die Reaktionsausbeute haben, wie Untersuchungen von Wierenga und Skulnick135 bei Lewis-Säure-Katalyse zeigten. Die Verwendung der Benzylschutzgruppe würde daher den Nachteil mit sich bringen, daß nun sowohl - als auch -Anomer entstehen können, da diese Gruppe keinen anomer dirigierenden Effekt besitzt. Der Einfluß der Schutz- gruppen ist dabei nicht allein sterischer Natur, sie üben vielmehr auch einen Nachbargruppen- effekt aus. Wie in Abbildung 15 verdeutlicht, kann das - bzw. -Anomere entweder über ein intermediäres Acyloxonium-Ion (26a bzw. 26b), wenn dieses durch Beteiligung der Nachbar- gruppen gebildet werden kann, oder aber durch direktes Abfangen des primären Oxonium- Ions (26) entstehen. Dieses ist z.B. bei Verwendung der Benzyl-Schutzgruppe der Fall, die somit nur eine geringe Stereokontrolle ausübt.
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Abbildung 15: Darstellung des Einflusses der OH-Schutzgruppen auf die Anomerenausbeute bei der Glykosidierungsreaktion
Vergleicht man die1 H-NMR-Spektren der Purinnukleoside (27, 28, Abbildung 13) mit denen ihrer 7-Deazahomologen (22, 23), findet man die oben beschriebenen unterschiedlichen Elektronendichten der Heteroaromaten in unterschiedlichen chemischen Verschiebungen bestätig. Sehr leicht konnte bei den Reaktionen mit Purinbasen mit Hilfe der1 H-NMR- Spektrometrie (vgl. Tabelle 3) zugeordnet werden, welches Isostere entstand war. Das über das N7 -Atom verknüpfte Nukleosid 27a zeigt eine im Vergleich zum entsprechenden N9 -Verknüpfungsprodukt deutlich höhere chemische Verschiebung an 1 -H und 2 -H. Ins- besondere unterscheidet sich diese Verbindung von den übrigen Nukleosiden durch eine geringere Differenz der chemischen Verschiebung von H2a und H2b aus. Charakteristisch für die erfolgreiche Bildung des -Anomeren ist darüber hinaus die pseudo-Triplett-Formation des 1 -H-Signales und die besonders deutliche Tieffeldverschiebung des Signales des 2 -Ha- Protons.
Bei der Glykosidierung von Purinen (Darstellung von 27 und 28) lieferte die Natriumhydrid- methode erheblich bessere Ausbeuten als die Umsetzung im Zweiphasensystem mit NaOH als Base in der wäßrigen Phase. Es wurde daher zunächst die Natriumhydridmethode zur Dar- stellung von 22 und 23 angewendet. Wirklich zufriedenstellende Ausbeuten wurden damit jedoch nur bei der Darstellung von 22 erzielt (bis zu 75%). Hingegen gelang die Synthese von
23 nach der Methode der fest-flüssig Phasentransferkatalyse unter Verwendung von KOH als Base und eines Kryptanden als Phasentranferkatalysator deutlich besser, wenn auch nur mit einer Ausbeuten von etwa 55 %. Dieser Wert lag aber immerhin 15 % höher als der, der für diese Verbindung nach der Natriumhydridmethode erzielt werden konnte. Die niedrigeren Reaktionsausbeuten bei der Glykosidierung von 7-Deazaguanin überraschen nicht, weist dieses doch im Gegensatz zum 7-Deazaadenin eine exozyklische Aminogruppe auf. Gerade bei Verwendung einer sehr starken Base wie Natriumhydrid entsteht somit sicherlich nicht mehr ausschließlich das gewünschte Pyrrolylanion.
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Tabelle 3:1 H-NMR-Spektren der Glykosidierungsprodukte und deren Vorstufen, D6-DMSO
Abschließend betrachtet stellte sich die Umsetzung mit der Halogenose 12 als noch sehr verbesserungfähig dar. Die Verbindung ist sehr instabil, da sie aufgrund der fehlenden 2 -OH Funktion leicht HCl eliminiert, und muß deshalb in kleinen Mengen stets frisch dargestellt werden und der Umgang mit gasförmigen HCl entspricht auch unter dem Gesichtspunkt des Arbeitschutzes nicht mehr unbedingt den heute angestrebten “sauberen” Synthesemethoden.
In einer jüngeren Veröffentlichung wurde die Verwendung von Pentenylribosiden, insbesondere Pent-4-enyl-2 -O-benzoyl-3 ,5 -O-(tetraisopropyldisiloxan-1,3-diyl)-D-erythro-pentofu- ranose (Abbildung 16, 66) als Glykosidierungsreagenz vorgeschlagen136. Diese Verbindung ist sehr leicht darzustellen und ist auch bei längerer Lagerung stabil. Der Weg zu Desoxynukleosiden würde nach Abspaltung der 2 -O-Benzoyl-Gruppe (die Verwendung von 2 -Desoxyderi- vaten führt, wie weiter oben diskutiert, zum Verlust der stereochemischen Kontrolle in der Glykosidierungsreaktion) durch Barton-Desoxygenierung eröffnet. Allerdings entsprechen die Ausbeuten der mit N-Iodsuccinimid/Trifluormethansulfonsäure katalysierten Reaktion noch nicht den mit der Halogenose 12 erzielten (s.u.), so daß zunächst geeignetere Katalysatoren für die Glykosidierungsreaktion gefunden werden müßten.
Es ist außerdem bekannt, daß die in der Riboreihe beschriebene Glykosidierung von 1-O- Acylriboverbindungen mit silylierten Purinen in Gegenwart von Trimethylsilyltrifluoressig- säure in der 2 -Desoxyreihe immer zu unterschiedlich großem Anteil an - neben dem gewünschten -Anomeren137 führt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 16: Mögliche Struktur eines effektiveren Glykosyldonors für die Nukleo- sidsynthese
3.4.2 Glykosidierungsreaktionen in der Riboreihe
Die in der Literatur dargestellten Wege zu Ribonukleosiden der 7-Deazapurinreihe bedienen sich der Halogenose 1-Bromo-2,3,5-tris-O-benzyl--D-ribofuranose, die frisch aus dem in vierstufiger Synthese wie in Abbildung 11 beschrieben zugänglichen Precursor 2,3,5-Tris-O- benzyl-1-para-nitrobenzoyl--D-ribofuranose (20) hergestellt wurde. Liefert diese Verbin- dung bei elektronenreicheren Purinen und Purinderivaten hohe Ausbeuten, so sind diese in der Reihe der 7-Deazapurine nur recht mäßig. Als Alternative wurde in späteren Veröffentli- chungen die Halogenose 4-Chlor-5-O[(1,1-dimethylethyl)-dimethylsilyl]-2,3-O-(1-methyl- ethyliden)--ribofuranose (16) als Glykosyldonor beschrieben. In Gegenwart von Tetra- chlorkohlenstoff und HMPT138,139 wird bei -78 C selektiv das -Anomere der Halogenose 16 gebildet, welches ohne weitere Aufarbeitung für die Glykosidierungsreaktion eingesetzt wird.
Da HMPT zu den wenigen Substanzen zählt, bei denen die kanzerogene Wirkung beim Menschen als erwiesen gilt, ist diese Reaktion zwar vom Verlauf sehr elegant, aber nur bedingt empfehlenswert. Die beiden Methoden zur Darstellung von Ribonukleosiden (vgl. Abbildung 17) bergen den Nachteil, daß die reaktiven Glykosyldonoren jeweils unmittelbar vor einer Reaktion dargestellt werden müssen, da sie nicht oder nicht lange gelagert werden können.
Als Alternative bot sich daher eine von Wirsching140 zur Synthese von thiomodifizierten Nukleosidderivaten vorgestellte Methode an, von der gezeigt werden konnte, daß sie auch auf die Synthese von 7-Deazapurindukleosiden anwendbar ist. So konnte mit der Verbindung 2,3,5-Tris-O-benzyl-1-para-nitrobenzoyl--D-ribofuranose (20) in Gegenwart von Trimethyl- silyltrifluormethansulfonat eine Umsetzung beobachtet werden. Allerdings lagen die Aus- beuten noch unter 20 %. Gelingt es aber einen geeigneten Katalysator für die Reaktion zu entwickeln, könnte diese Art der Reaktionsführung eine äußerst elegante Alternative zu den bisher in der Literatur verwendeten Methoden darstellen. Bei Verwendung der Benzoyl- an Stelle der Benzylschutzgruppe in 2 -Position wäre, wie oben ausgeführt, sehr leicht der Weg auch in die 2 -Desoxyreihe möglich, so daß auf die Verwendung der labilen Halogenose 12 verzichtet werden könnte.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 17: Glykosidierungsreaktionen in der Riboreihe mit unterschiedlichen Glykosyldonoren
3.5 Abspaltung der Schutzgruppen aus den Glykosidierungsprodukten
3.5.1 Synthese von 7-Deaza-2 -desoxyadenosin
Während die Entschützung der Hydroxylgruppen von 22 mit verdünntem Natriummethoxid in Methanol bereits unter milden Bedingungen möglich ist, erfordert die gleichzeitige Sub- stitution des 4-Chloratoms durch Ammoniak recht drastische Bedingungen. Nach Umsetzung von 22 in einem Tischautoklaven bei einer Temperatur von 130 C und einer Reaktionsdauer von 60 h in einer bei 0 C gesättigten Lösung von Ammoniak in Methanol und in Gegenwart von Molsieb (0,3 nm) konnte 7-Deaza-2 -desoxyadenosin (35) nach säulenchromatographi- scher Reinigung und erneuter Umsetzung nicht reagierten Eduktes in bis zu 80 %iger Aus- beute isoliert werden. Hierbei mußte auf wasserfreie Reaktionsbedingungen geachtet werden, um eine mögliche Konkurrenzreaktion zum 7-Deaza-2 -desoxyinosin zu verhindern.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 18: Synthese von 7-Deaza-2 -desoxyadenosin
3.5.2 Synthese von 7-Deaza-2 -desoxyguanosin (38)
Die 4-Chlor-Position von Pyrrolo[2,3-d]pyrimidinnukleosiden ist für eine nukleophile Sub- stitution weniger gut zugänglich als der korrespondierende Substituent in einem Purinderivat. Dies führt dazu, daß die benötigten Reaktionsbedingungen um 23 in 38 zu überführen etwas weniger sanft sind. Die direkte Umwandlung durch Natronlauge führte zu schlechten Ergeb- nissen. Schonender ist die Entschützung mit verdünnter Natriummethanolatlösung. Die selektive Abspaltung der Toluoylgruppen erfolgte in 0.1 mol/L Natriummethoxid bei Raum- temperatur und man erhielt die noch an C-4 chlorsubstituierte Verbindung 36. Eine Entschüt- zung der Hydroxylgruppen war als ungewollte Nebenreaktion auch zu beobachten, als ein Glykosidierungsansatz nach Filtration über Nacht stehengelassen wurde, ohne das Lösungs- mittel abzudestillieren. Vor diesem Hintergrund erscheinen in der Literatur vorgeschlagene Reaktionszeiten von 12 bis 24 h für die Glykosidierungsreaktionen als weniger sinnvoll und die Beobachtung höherer Ausbeuten an 23 bei einer Verkürzung der Reaktionszeit als ver- ständlich.
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- Arbeit zitieren
- Dr. Carsten Siegert (Autor:in), 1999, Chemische und enzymatische Synthese modifizierter Nukleinsäuren für die Analytik mit Hilfe der MALDI-TOF Massenspektrometrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/25015
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