1. Kurzer Überblick über die Geschichte der „Auschwitzlüge“ Will man einen Überblick über die Geschichte der „Auschwitzlüge“ geben, muss man hier bis ins Dritte Reich zurückgehen. Schon bei der Ausführung der Völkermordverbrechen war das Leugnen des Holocaust eine notwendige Voraussetzung für seine reibungslose Durchführung. 1 Mit der Befreiung der Konzentrationslager im Jahre 1945 durch die Alliierten schien die ganze Wahrheit über die schrecklichen Taten nun ans Licht zu kommen. Doch dies schien nur so; im selben Augenblick begann das große Schweigen und Verdrängen.
Den Begriff „Auschwitzlüge“ verwendete zum erstenmal der Diplom-Landwirt Thies Christophersen - ein ehemaliger SS-Sonderführer, der in einem Nebenlager von Auschwitz tätig war - in einer von ihm herausgegebenen Broschüre im Jahre 1973. 2
Ein weiterer wichtiger Auschwitz-Leugner war der ehemalige Hamburger Oberfinanzrichter Wilhelm Stäglich. In einem von ihm verfassten Buch erklärt er alle Dokumente der Judenvernichtung für falsch. Den Auschwitz-Strafprozeß bezeichnet er als „Schauprozeß nach stalinistischem Muster“. 3 Nennenswert ist hier auch der „Esel“-Aufmarsch im Mai 1978 in Hamburg. Es war die wohl spektakulärste Aktion von Neonazis in der Geschichte der „Auschwitz-Lüge“: Mitglieder der Neonazi-Gruppe „Aktionsfront Nationaler Sozialisten“ setzten sich bei dem Marsch durch Hamburger Bahnhofshalle Eselsmasken auf und trugen Schilder mit Aufschriften wie „Ich Esel glaube immer noch, dass in deutschen Konzentratoinslagern Juden vergast wurden“. Zweck dieses Aufmarsches war, wie deutlich erkennbar, eine bewußte augenzwinkernde Selbstanklage.
Inhaltsverzeichnis
- § 1. Die „Auschwitzlüge“ im Strafrecht (§ 130 III StGB)
- A) Einführung
- I. Was ist die „Auschwitzlüge“?
- II. Genese
- B) Dogmatische Probleme
- I. Rechtsgut
- II. Verstoß gegen die Meinungsfreiheit?
- C) Der Tatbestand des § 130 III StGB
- D) Die Auswirkung des § 130 III StGB in der Praxis
- A) Einführung
- § 2. Die „Auschwitzlüge“ im Ordnungswidrigkeitenrecht (§ 24 I Nr.1d JMStV)
- A) Das Problem des Auschwitzleugnens in den neuen Medien
- B) § 24 I Nr. 1d JMStV
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die strafrechtliche und ordnungsrechtliche Behandlung der „Auschwitzlüge“, also des Leugnens des nationalsozialistischen Völkermords. Die Zielsetzung ist es, die dogmatischen Probleme und praktischen Auswirkungen der einschlägigen Bestimmungen (§ 130 Abs. 3 StGB und §§ 4 Abs. 1 Nr. 4, 24 Abs. 1 Nr. 1d JMStV) zu analysieren.
- Die historische Entwicklung des Begriffs „Auschwitzlüge“
- Die dogmatischen Herausforderungen im Strafrecht (Rechtsgut, Meinungsfreiheit)
- Die Tathandlungen des § 130 Abs. 3 StGB (Leugnen, Billigen, Verharmlosen)
- Die Anwendung des § 130 Abs. 3 StGB in der Praxis
- Die Besonderheiten der Auschwitzleugnung in den neuen Medien und die Relevanz des JMStV
Zusammenfassung der Kapitel
§ 1. Die „Auschwitzlüge“ im Strafrecht (§ 130 III StGB): Dieses Kapitel bietet eine umfassende Analyse des Straftatbestandes der Auschwitzleugnung gemäß § 130 Abs. 3 StGB. Es beginnt mit einer Einführung in den Begriff der „Auschwitzlüge“, beleuchtet dessen historische Entwicklung und die damit verbundenen dogmatischen Probleme. Die Diskussion umfasst die Frage des geschützten Rechtsguts (öffentlicher Friede, Menschenwürde, Ehre) und den potenziellen Konflikt mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit. Die Analyse des Tatbestandes selbst beinhaltet eine detaillierte Betrachtung der objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale, einschließlich der drei Tathandlungen (Leugnen, Billigen, Verharmlosen) und der Anforderungen an die Öffentlichkeit der Handlung. Die Auswirkungen des § 130 Abs. 3 StGB in der Praxis werden ebenfalls diskutiert. Das Kapitel verwebt historische Beispiele mit juristischen Argumentationen, um ein ganzheitliches Verständnis des Themas zu vermitteln.
§ 2. Die „Auschwitzlüge“ im Ordnungswidrigkeitenrecht (§ 24 I Nr.1d JMStV): Dieses Kapitel befasst sich mit dem Problem des Auschwitzleugnens im Kontext der neuen Medien und der Anwendung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages (JMStV). Es untersucht, wie Auschwitz-Leugner verstärkt Online-Medien zur Verbreitung ihrer Propaganda nutzen und welche Formen diese Verbreitung annimmt. Der JMStV wird im Detail analysiert, wobei sein Zweck und seine Relevanz für Telemedien erläutert werden. Besondere Aufmerksamkeit wird der Bestimmung in § 4 Abs. 1 Nr. 4 JMStV gewidmet, die die Verbreitung von Auschwitzleugnung sanktioniert. Die Adressaten dieser Regelung werden ebenso diskutiert wie mögliche verfassungsrechtliche Bedenken und die Konsequenzen für Access- und Hostprovider. Das Kapitel schließt mit einer Bewertung der positiven und negativen Aspekte des JMStV im Kampf gegen die Verbreitung von Holocaustleugnung im digitalen Raum.
Schlüsselwörter
Auschwitzlüge, Holocaustleugnung, § 130 Abs. 3 StGB, § 24 Abs. 1 Nr. 1d JMStV, Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Meinungsfreiheit, öffentlicher Friede, Menschenwürde, Rechtsgut, dogmatische Probleme, neue Medien, Online-Propaganda, Strafbarkeit, Ordnungswidrigkeit.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: Die "Auschwitzlüge" im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die strafrechtliche und ordnungsrechtliche Behandlung des Leugnens des nationalsozialistischen Völkermords ("Auschwitzlüge"). Sie untersucht die dogmatischen Probleme und die praktischen Auswirkungen der relevanten gesetzlichen Bestimmungen (§ 130 Abs. 3 StGB und §§ 4 Abs. 1 Nr. 4, 24 Abs. 1 Nr. 1d JMStV).
Welche gesetzlichen Bestimmungen werden untersucht?
Die Arbeit konzentriert sich auf § 130 Abs. 3 StGB (Strafrecht) und § 24 Abs. 1 Nr. 1d JMStV (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Ordnungswidrigkeitenrecht). Der § 4 Abs. 1 Nr. 4 JMStV wird ebenfalls erwähnt.
Welche Themen werden im Einzelnen behandelt?
Die Arbeit behandelt die historische Entwicklung des Begriffs "Auschwitzlüge", die dogmatischen Herausforderungen im Strafrecht (insbesondere den Konflikt zwischen Rechtsgut und Meinungsfreiheit), die Tathandlungen nach § 130 Abs. 3 StGB (Leugnen, Billigen, Verharmlosen), die praktische Anwendung von § 130 Abs. 3 StGB, die Besonderheiten der Auschwitzleugnung in neuen Medien und die Relevanz des JMStV für die Online-Verbreitung solcher Inhalte.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in zwei Hauptkapitel gegliedert: Kapitel 1 analysiert die "Auschwitzlüge" im Strafrecht (§ 130 Abs. 3 StGB), während Kapitel 2 sich mit der Thematik im Ordnungswidrigkeitenrecht (§ 24 Abs. 1 Nr. 1d JMStV) im Kontext neuer Medien befasst. Jedes Kapitel enthält eine Einführung, eine dogmatische Analyse und eine Diskussion der praktischen Auswirkungen.
Welche Rechtsgüter werden im Zusammenhang mit der "Auschwitzlüge" diskutiert?
Die Arbeit diskutiert verschiedene Rechtsgüter, die durch die Leugnung des Holocausts beeinträchtigt werden könnten, wie den öffentlichen Frieden, die Menschenwürde und die Ehre der Opfer. Der mögliche Konflikt mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit wird ebenfalls eingehend betrachtet.
Welche Rolle spielen neue Medien in der Arbeit?
Kapitel 2 konzentriert sich auf die Verbreitung von Holocaustleugnung über neue Medien und die Anwendung des JMStV. Es untersucht, wie Online-Plattformen für die Verbreitung von Propaganda genutzt werden und welche rechtlichen Konsequenzen dies nach sich zieht.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Auschwitzlüge, Holocaustleugnung, § 130 Abs. 3 StGB, § 24 Abs. 1 Nr. 1d JMStV, Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, Meinungsfreiheit, öffentlicher Friede, Menschenwürde, Rechtsgut, dogmatische Probleme, neue Medien, Online-Propaganda, Strafbarkeit, Ordnungswidrigkeit.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit bietet eine umfassende Analyse der rechtlichen und dogmatischen Aspekte der "Auschwitzlüge", bewertet die Effektivität der bestehenden Rechtsnormen und diskutiert deren praktische Anwendung. Konkrete Schlussfolgerungen zur Wirksamkeit und zu möglichen Verbesserungen der rechtlichen Rahmenbedingungen werden im Text detailliert dargelegt.
- Quote paper
- Sabine Adler (Author), 2004, Die "Auschwitzlüge" (§ 130 Abs. 3 StGB und §§ 4 Abs. 1 Nr. 4, 24 Abs. 1 Nr. 1d JMStV), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24948