Thomas Hardys Tess of the d´Urbervilles erschien erstmals 1891 und gehört somit in die Zeit des Viktorianismus und wird oft in Naturalismusdefinitionen genannt. Der Roman enthält eine große Bandbreite an Themen, Motiven und Weltanschauungen. Er bietet sich hervorragend als Analyseobjekt an, denn Hardy bedient sich einer Bildsprache, nutzt Tiermetaphern, verwendet Symbole und Metaphern. Interessante Aspekte der Betrachtung könnten naturalistische Elemente sein, religiöse Verweise, Landschaftsbeschreibungen, Charaktere und deren Konstelationen und noch einiges mehr. Beispielsweise wird Tess als „figure in a landscape“ dargestellt und häufig mit Tiermetaphern beschrieben. Das häufige Auftreten von Vögeln und die damit verbundene Bildsprache lohnte ebenfalls einer genauere Betrachtung. Des weiteren ist Hardys Verwendung von Licht als visuelles Element ein interessanter Aspekt. Ebenfalls lohnenswert wäre die Betrachtung der Rolle von Grabstätten in Tess´ Leben. Es gäbe noch etliche anderen Analyseaspekte und Thematiken, von denen hier aber nicht weiter die Rede sein soll. Die folgende Arbeit soll sich mit den deterministischen Elementen in Tess of the d´Urbervilles beschäftigen. Es soll gezeigt werden, dass der Roman nicht einwandfrei der Gattung des Naturalismus zuzuordnen ist, da Hardy Strukturen der klassischen Tragödie einbringt und sein Determinismus nicht gleich dem des Naturalismus ist. Hierzu soll die Handlung nach den kausalen Zusammenhängen, die Tess´ tragisches Schicksal bestimmen, untersucht werden. Zudem wird die Bestimmtheit des Geschehens von vielen Zufällen begleitet, was dazu führte, dass einige Kritiker Hardys Glaubwürdigkeit und seinen Realitätssinn in Frage stellten. Dennoch mögen Hardys konstruierten Zufälle an mancher Stelle seltsam erscheinen, doch sind sie nie unmöglich. Außerdem werden Vorzeichen, welche diese Kausalketten begleiten und auf das tragische Ende deuten, genauer betrachtet. Hierunter fällt besonders das häufige Auftreten der Farben weiß und rot. Anschließend sollen Parallelen der Romanstruktur mit Strukturen der klassischen Tragödie untersucht werden, um die These der Determiniertheit des Romans zu unterstreichen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Determinismus als Phänomen des Naturalismus
3. Kausalität und Zufall als determinierende Elemente
3.1. Kausalität der Handlung
3.2. Die Rolle der Zufälle
4. Visuelle Elemente und Vorzeichen in Hardy´s „Tess of the d´Ubervilles”
4.1. Die Farbe rot als visuelles Element in Tess´ Schicksal
4.2. Unheil verkündende Vorzeichen
5. „Tess of the d´Urbervilles“ als klassische Tragödie
5.1. Die Freytagsche Pyramide in Tess of the d´Urbervilles
6. Zusammenfassung
1. Einleitung
Thomas Hardys Tess of the d´Urbervilles[1] erschien erstmals 1891 und gehört somit in die Zeit des Viktorianismus und wird oft in Naturalismusdefinitionen genannt. Der Roman enthält eine große Bandbreite an Themen, Motiven und Weltanschauungen. Er bietet sich hervorragend als Analyseobjekt an, denn Hardy bedient sich einer Bildsprache, nutzt Tiermetaphern, verwendet Symbole und Metaphern. Interessante Aspekte der Betrachtung könnten naturalistische Elemente sein, religiöse Verweise, Landschaftsbeschreibungen, Charaktere und deren Konstelationen und noch einiges mehr. Beispielsweise wird Tess als „figure in a landscape“ dargestellt und häufig mit Tiermetaphern beschrieben. Das häufige Auftreten von Vögeln und die damit verbundene Bildsprache lohnte ebenfalls einer genauere Betrachtung. Des weiteren ist Hardys Verwendung von Licht als visuelles Element ein interessanter Aspekt. Ebenfalls lohnenswert wäre die Betrachtung der Rolle von Grabstätten in Tess´ Leben. Es gäbe noch etliche anderen Analyseaspekte und Thematiken, von denen hier aber nicht weiter die Rede sein soll. Die folgende Arbeit soll sich mit den deterministischen Elementen in Tess of the d´Urbervilles beschäftigen. Es soll gezeigt werden, dass der Roman nicht einwandfrei der Gattung des Naturalismus zuzuordnen ist, da Hardy Strukturen der klassischen Tragödie einbringt und sein Determinismus nicht gleich dem des Naturalismus ist. Hierzu soll die Handlung nach den kausalen Zusammenhängen, die Tess´ tragisches Schicksal bestimmen, untersucht werden. Zudem wird die Bestimmtheit des Geschehens von vielen Zufällen begleitet, was dazu führte, dass einige Kritiker Hardys Glaubwürdigkeit und seinen Realitätssinn in Frage stellten. Dennoch mögen Hardys konstruierten Zufälle an mancher Stelle seltsam erscheinen, doch sind sie nie unmöglich.[2] Außerdem werden Vorzeichen, welche diese Kausalketten begleiten und auf das tragische Ende deuten, genauer betrachtet. Hierunter fällt besonders das häufige Auftreten der Farben weiß und rot. Anschließend sollen Parallelen der Romanstruktur mit Strukturen der klassischen Tragödie untersucht werden, um die These der Determiniertheit des Romans zu unterstreichen.
2. Determinismus als Phänomen des Naturalismus
Da diese Arbeit sich mit der Determiniertheit des Romans Tess of the d´Urbervilles beschäftigen soll, ist es notwendig, kurz auf den Ursprung und die Definition von Determinismus einzugehen. Da der Determinismus ein Phänomen des Naturalismus ist und Hardy zu den naturalistischen Schreibern gezählt wird, soll hier ein kurzer Einblick in die Theorien des Naturalismus gegeben werden. Nach Abrams „A Glossary of Literary Terms“[3] bezeichnet der Naturalismus eine Gattung von Fiktionen, die auf einer philosophischen These basiert. Diese These sieht den Menschen als Existenz in der Ordnung der Natur, der weder eine Seele besitzt, noch an irgendeiner religiösen oder spirituellen Welt außer der Welt der Natur teilhat. Diese Ausrichtung gilt als Produkt post-Darwinistischer Biologie im 19. Jahrhundert. Es wird davon ausgegangen, dass Charakter und Verhalten des Menschen durch zwei Elemente determiniert werden, durch Vererbung und Umwelt. Demzufolge vererbt der Mensch Instinkte, wie zum Beispiel Hunger, den Hang zur Besitzanhäufung und Sexualität, und ist dann Subjekt von sozialen und wirtschaftlichen Kräften in der Familie, der Klasse und des Milieus, in welches er geboren wurde. Der naturalistische Roman erzählt das Geschehen meist mit wissenschaftlicher Objektivität und endet oft „tragisch“. Jedoch nicht im klassischen Sinne einer Tragödie, wo der heldenhafte Protagonist den Kampf von individueller Gesinnung und Willen gegen Götter, Feinde oder Umstände verliert. Vielmehr zerbricht der Protagonist, als Schachfigur einer Vielzahl von Zwängen oder wird ausgelöscht. Die allgemeine Definition für Determinismus sagt, dass es sich um die Lehre von der kausalen Bestimmtheit alles Geschehens handelt. Damit ist eine „der Willensfreiheit widersprechende Lehre von der Bestimmung des Willens durch innere oder äußere Ursachen“[4] gemeint. Demnach ist es dem Menschen nicht möglich, den Lauf der Dinge durch seinen Willen zu beeinflussen und zu verändern. Das Geschehen wird durch die Umstände bestimmt.
3. Kausalität und Zufall als determinierende Elemente
Thomas Hardys Roman Tess of the d´Urbervilles erzählt die Geschichte der Milchmagd Tess, die von dem neureichen Alec vergewaltigt wird, später den Pfarrerssohn Angel Clare heiratet, dem sie erst am Abend ihrer Hochzeit von der Vergewaltigung erzählt, und die von diesem anschließend verlassen wird. Um ihre Familie aus finanzieller Not zu befreien, kompromittiert Tess sich unwiederbringlich, indem sie unverheiratet mit Alec zusammenlebt. Außerdem ermordet sie Alec, als dieser sich über den reumütig zurückgekehrten Angel mokiert. Der Roman, der den Untertitel „A Pure Woman Faithfully Presented“ trägt, erzählt Tess´ Geschichte als eine Verkettung von Umständen, in denen Tess nur das tragische Opfer ist. Denn obwohl Tess nach viktorianischen Maßstäben alles andere als „rein“ ist, wird eben dieses bis zum Ende des Romans nahegelegt. Als Tess letztendlich für ihre Tat zur Rechenschaft gezogen wird, kommentiert der Erzähler ihre Hinrichtung in ironischer Weise: „´Justice´ was done, and the President of the Immortals, in Ǽschylean phrase, had ended his sport with Tess.“[5] Von Gerechtigkeit kann man in dem Roman kaum sprechen. Die Instanzen, die diese kausalen Verkettungen ausmachen und somit Tess´ Leben beeinflussen, sind ganz unterschiedlicher Art. Zum einen ist es die Natur, „Nature´s holy plan“[6], zum anderen das Schicksal, „Tis because we be on a blighted star, and not a sound one“[7] die Tess´ Weg determinieren. Außerdem werden immer wieder religiöse Elemente hinzugezogen: „where was the providence of her simple faith? Perhaps, like that other god of whom the ironical Tishibite spoke, he was talking, or was pursuing, or he was in a journey, or he was sleeping and not to be awaked.”[8] Des weiteren wird Tess´ Lebensweg durch soziale Faktoren und Maßstäbe wie Moral und Erziehung bestimmt, welches die Handlungen der Charaktere ausmacht und lenkt. Außerdem spielt die Vererbung eine wichtige Rolle in Tess´ Schicksal. Die durch diese Instanzen bedingte Verkettung von Umständen macht es möglich, nahezu die gesamte Handlung mit Kausalsätzen wiederzugeben. In dem folgenden Unterpunkt sollen diese kausalen Zusammenhänge näher betrachtet werden. Dazu sollen in 3.1 die wichtigsten Ereignisse der Handlung durch ihre kausalen Zusammenhänge wiedergegeben werden. Eine weitere wichtige Rolle spielen die häufig auftretenden Zufälle, die in Unterpunkt 3.2 untersucht werden sollen.
3.1. Kausalität der Handlung
Das grundlegende determinierende Element in Tess of the d´Urbervilles ist die Vererbung. Mit der Enthüllung, dass das Haupt der ärmlichen Familie Durbeyfield von einem alten, ritterlichen Adelsgeblüt abstammt und eigentlich d´Urberville heißt, beginnt Tess´ Schicksal. Hätte der Vater der Familie dieses neue und eigentlich „useless piece of information“[9] nicht ausgiebig gefeiert, hätte Tess nicht statt seiner mit dem Pferd Prince zum Markt fahren müssen, und der Unfall mit dem Tod des Pferdes hätte sich nicht ereignet. Hätte Tess sich nicht derart schuldig und für die nun noch größere Armut der Familie verantwortlich gefühlt, hätte sie niemals zugestimmt, zu der Familie d´Urberville zu gehen, um die Verwandtschaft geltend zu machen: „The oppressive sense of the harm she had done led Tess to be more deferential than she might otherwise have been to the maternal wish;“.[10] In der Nacht ihrer Vergewaltigung sind es ebenfalls die äußeren Umstände, die sie in die Arme ihres Verführers Alec treiben. Denn ausgerechnet als der anfänglich kleine Streit unter den Angestellten der D´Urberville Familie eskaliert und Tess im Mittelpunkt aller Beschimpfungen steht, tritt Alec auf und „rettet“ sie aus dieser Situation.
„She felt almost ready to faint, so vivid was her sense of crisis. At almost any other moment of her life she would have refused such proffered aid and company, as she had refused them several times before; and now the loneliness would not itself have forced her to do otherwise, But coming as the invitation did at the particular juncture when fear and indignation at these adversaries could be transformed by a spring of the foot into a triumph over them, she abandoned herself to her impulse, climbed the gate, put her toe upon his instep, and scrambled into the saddle behind him.”[11]
Sehr deutlich wird hier, dass Tess unter anderen Umständen nicht zu Alec auf sein Pferd geklettert wäre und einzig aus einem Impuls heraus handelt, da sie sich einen Vorteil davon verspricht. Doch wie eine der Anwesenden unwissend und doch richtig bemerkt, war Tess´ Entscheidung nicht zu ihrem Vorteil: „Out of the frying-pan into the fire!“[12] Tess weiteres Schicksal wird mit der Vergewaltigung determiniert, denn dort heißt es:
„´It was to be.´ There lay the pity of it. A immeasurable social chasm was to divide our heroine´s personality thereafter from that previous self of hers who stepped from her mother´s door to try her fortune at Trantridge poultry-farm.”[13]
Der unermessliche gesellschaftliche Abgrund, der nun Tess´ Seele verändert und bestimmt, liegt den weiteren Geschehnissen um Tess zu Grunde. Denn auch wenn die Geschehnisse um Tess in ihrem Heimatdorf langsam in Vergessenheit geraten, bleibt der Abgrund in ihrer Seele bestehen und treibt sie an, die Heimat zu verlassen:
„But it became evident to her that she could never be really comfortable again in a place which had seen the collapse of her family´s attempt to ´claim kin´- and, through her, even closer union – with the rich d´Urberviles.”[14]
[...]
[1] Thomas Hardy: “Tess of the d´Urbervilles”, London, 1994. Penguin Popular Classics
à “Tess of the d´Urbervilles”
[2] F. B. Pinion: „Thomas Hardy: Art and Thought“, London and Basingstoke, 1977
[3] M.H. Abrams: “A Glossary of Literary Terms”, Boston, 1999
[4] Duden: “Das Fremdwörterbuch”, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich, 1990
[5] „Tess of the d´Urbervilles, S. 508
[6] Vgl. ebd., S. 24
[7] Vgl. ebd., S. 36
[8] Vgl. ebd., S. 91
[9] „Tess of the d ´Urbervilles”, S.
[10] Vgl. ebd., S. 39
[11] Vgl. ebd., S. 83-84
[12] Vgl. ebd., S. 84
[13] Vgl. ebd., S. 91
[14] „Tess of the d´Urbervilles”, S. 125
- Quote paper
- Daphne Bruland (Author), 2004, Zu: Thomas Hardy - Tess of the D'Urbervilles, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24880
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