Die Bürger von Calais1, ein expressionistisches Bühnenstück, wurde 1912/1913
von Georg Kaiser geschrieben. Den Stoff für sein Werk entlehnte Kaiser in
großen Zügen aus der Chronik des französischen Historikers Jean Froissart, der
als Zeitgenosse den Opfergang jener sechs Bürger schilderte, die 1347 freiwillig
für das Wohl ihrer Stadt bereit waren, dem englischen König ihr Leben zu opfern,
jedoch dann auf Wunsch der schwangeren Königin von England begnadigt
wurden.
Kaiser hat in seinem historischen Drama zwei wesentliche Veränderungen
vorgenommen, wobei die erste zugleich die Voraussetzung für die
Handlungsentwicklung in seinem Drama ergibt: Er vergrößerte die Zahl der
freiwilligen Geiseln von sechs auf sieben und verzichtete am Schluß bei der
Herbeiführung der Begnadigung auf die Erwähnung der Fürsprache der
englischen Königin.
Jenes ‚siebte Opfer‘ bildet den Kernpunkt dieser Arbeit und an Hand einer
textnahen Analyse des Stückes sowie Heranziehung von verschiedenen
Forschungsmeinungen wird u.a. unter gegensätzlichen Ansatzpunkten –
vitalistisch-säkularen und religiösen – seine Stellung diskutiert
1 KAISER, Georg.:Die Bürger von Calais . Bamberg 1996.
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