Die Reichsannalen sind ein Werk offizieller höfischer Geschichtsschreibung und hatten die Intention einer „Einwirkung auf die öffentliche Meinung der Mit- und Nachwelt“ 1 ; d. h. sie dienten der Verherrlichung der Taten Karls. Diese subjektive Berichterstattung ist insofern besonders problematisch, als keine Quellen erhalten sind, die die Ereignisse aus der Perspektive der inneren und äußeren Gegner Karls darstellen. 2 Zwischen 787 und 793 wurde am karolingischen Hof der älteste Teil der Annalen verfaßt, die dann jährlich fortgesetzt wurden. 3 Die Stilkritik kam zu dem Ergebnis, daß wahrscheinlich mit den Jahren 795 und 808 ein Verfasserwechsel stattfand. 4 Die ganzen Reichsannalen wurden um 830 einer Überarbeitung unterzogen: „Sie rührt von einem Autor her, der Einhards Buch über Karl den Großen kannte, benutzte und seinen Stil nach demselben bildete.“ 5 Der erste Verfasser der Reichsannalen legte den Schwerpunkt auf die Darstellung des Verhältnisses zwischen Karl und dem bayrischen Herzog Tassilo III.; „die Hinweisung auf Tassilos Lehnseid und die Folgen desselben hält gleichsam die ganze Erzählung zusammen, wie der Refrain die Strophen eines Liedes“ 6 . Im Mittelpunkt dieser Arbeit soll dann auch die Frage stehen, wie die Reichsannalen die Annexion Bayerns nachträglich legitimieren, wie sie potentiellen Widersachern Karls die Entmachtung Tassilos als Präzedenzfall bei Untreue vor Augen führen und somit Karls Herrschaft stabilisieren. Abschließend soll kurz auf die Charakterisierung Karls als ruhmreicher Volkskönig bzw. christlicher Herrscher eingegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Karl als legitimer Herrscher
- Tassilos Eid 757 und die Heeresflucht 763
- Tassilos Eid 781 und der Konflikt 787
- Tassilos Absetzung 788
- Karl als ruhmreicher Volkskönig
- Karl als christlicher Herrscher
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung Karls des Großen in den Reichsannalen, einem Werk der offiziellen höfischen Geschichtsschreibung. Die Annalen dienen der Verherrlichung Karls und seiner Taten. Der Fokus liegt auf der Frage, wie die Annalen die Annexion Bayerns nachträglich legitimieren und Karls Herrschaft stabilisieren.
- Die Darstellung des Verhältnisses zwischen Karl und dem bayerischen Herzog Tassilo III.
- Die Rolle der Reichsannalen bei der Legitimierung der Annexion Bayerns
- Die Verwendung von historischen Quellen und deren Interpretation in den Annalen
- Die Konstruktion eines positiven Bildes von Karl als Herrscher
- Die Bedeutung der Reichsannalen als Quelle für die Geschichte der Karolingerzeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung gibt einen Überblick über die Reichsannalen und deren Entstehung. Sie stellt die Intention der Annalen als Werk der Verherrlichung Karls dar und hebt die Problematik der subjektiven Berichterstattung hervor.
Das zweite Kapitel analysiert die Darstellung des Verhältnisses zwischen Karl und dem bayerischen Herzog Tassilo III. in den Annalen. Es werden insbesondere die beiden vermeintlichen Treueide Tassilos aus den Jahren 757 und 781 sowie die Folgen der Absetzung Tassilos im Jahr 788 beleuchtet.
Schlüsselwörter
Reichsannalen, Karl der Große, Tassilo III., Bayern, Annexion, Legitimierung, Herrschaft, Vasalleneid, Geschichte, Karolingerzeit, Geschichtsschreibung, Quellenkritik.
- Quote paper
- Markus Laag (Author), 1999, Charakteristik des Herrschers Karl in "offiziöser" Historiographie (Reichsannalen), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24231