Der Film "Schindlers Liste" im Kontext der Judenverfolgung im Dritten Reich und seiner Darstellung in Hollywood. Filmästhetik. Spannungsbogen. (k)ein Film für Hollywood?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Zur Themenstellung
2. „Schindlers Liste“: Die Vorgeschichte
2.1 Der Meister des Unterhaltungskinos: Regisseur Steven Spielberg
2.2 Die Entstehung – (K)ein Film für Hollywood?
2.3 Kurz: Der Historische Hintergrund
2.4 Oskar Schindler – Retter der Juden
3. „Schindlers Liste“: Der Film
3.1 Kurze Inhaltsangabe des Films
3.2 Die Protagonisten des Films
3.2.1 Oskar Schindler (Liam Neeson)
3.2.1.1 Der Lebemann und Frauenheld
3.2.1.2 Seine Wandlung
3.2.2 Itzhak Stern
3.2.3 Amon Göth
4. „Schindlers Liste“: Die Analyse
4.1 Kniffe eines Meister-Regisseurs
4.2 Stufen der Eskalation und Spannungsbogen
4.3 Grenzen des Darstellbaren
5. „Schindlers Liste:“ Das Fazit
5.1 Und wieder: (K)ein Film für Hollywood?
Literaturnachweise
1. Einleitung
1.1 Zur Themenstellung
Krieg, Diktatur, Massenvernichtung; nichts scheint in diesen Tagen aktueller. Die Bilder des Irak-Krieges sind auf allen Kanälen zu sehen. Kriegsgefangene, neue Truppenvormärsche, Bombenangriffe und sogar tote Menschen. „Die Dauer-Berichterstattung, die wir in behaglichen Sesseln verfolgen, schläfert im Blick auf die Grausamkeit gefährlich ein“[1], kritisiert Kardinal Karl Lehmann. Die Sender und ihre Nachrichten-Sendungen betreten einen schmalen Grat zwischen Information und Befriedigung der Sensationslust. Die Tatsachen dürfen nicht verfälscht werden, der Krieg darf nicht verharmlost werden. Die Gefahr, dass die Bilder einen Gewöhnungseffekt hervorrufen, besteht dennoch.
Krieg, Diktatur, Massenvernichtung; vor über 60 Jahren war dies in Deutschland nicht anders. Hitlers Plan von der Reinigung der arischen Menschenrasse und der damit einhergehende Zweite Weltkrieg waren grausam und nehmen einen großen, schlimmen Teil in unserer Geschichte ein. Die Älteren unter uns, die den Weltkrieg am eigenen Leib erfahren mussten, können Jüngeren davon erzählen. Geschichtsbücher erklären die Situation um 1943, die Jahre davor und danach. Manches Original-Filmmaterial erleichtert die Vorstellung der damaligen Zeit. Es fehlt allerdings das Gefühl für den Krieg, die Tötungen, die Grausamkeit. Die Taten von damals vor Augen zu führen und einen Blick für die schlimmen Vorgänge zu schärfen, besteht tatsächlich nur im Film. Doch auch hier muss ein schmaler Grat zwischen Information und Desinformation, zwischen übertriebener Ästhetik und übertriebener Grausamkeit gegangen werden.
Diesem Problem sah sich auch der amerikanische Regisseur Steven Spielberg ausgesetzt, als er sich im Jahre 1992 wagte, das brisante Thema der Judenvernichtung im Film Schindlers Liste umzusetzen.
Mit Hilfe dieser Arbeit soll es dem Leser ermöglicht werden, sich sein eigenes Bild darüber zu machen, ob es Spielberg gelungen ist, diesen oben schon erwähnten schmalen Grat zu gehen und nicht in Hollywood-Ästhetik abzudriften.
2. „Schindlers Liste“: Die Vorgeschichte
2.1 Der Meister des Unterhaltungskinos:
Regisseur Steven Spielberg
Sein Kinodebüt hatte er mit dem Film Duell 1971, doch bekannt wurde er im Jahre 1974 mit dem Kassenschlager Der weiße Hai. Mit dem auf die Urängste der Menschheit abzielenden Film, schaffte Regisseur Steven Spielberg den Durchbruch im internationalen Filmgeschäft. Weiterhin hatte er große Erfolge mit den Science-Fiction-Filmen Unheimliche Begegnung der Dritten Art (1978), E.T. – Der Außerirdische (1982) und Zurück in die Zukunft (1982). Auch die Indiana-Jones-Trilogie (1981, 1984, 1989) offenbarte sein Talent. Versuche, sich mit den Filmen 1941 – Wo bitte, geht’s nach Hollywood? (1979), Die Farbe Lila (1985) und Das Reich der Sonne (1987) ernsteren Themen anzunehmen, brachte ihm wenig Erfolg. Mit den Filmen Hook (1992) und seinem bis dahin größten Hit Jurassic Park (1993) zeigte er wiederum seine „instinktive Begabung, Kinderträume, Emotionen und Urängste in kommerziell äußerst erfolgreiche Filmgeschichten umzusetzen“[2]. Das bis zu dieser Arbeit letzte Werk Spielbergs, war Minority Report im Jahre 2002 mit Tom Cruise in der Hauptrolle.
Der Weg an die Spitze Hollywoods, war für den „Guru des populären Unterhaltungskinos“[3] allerdings alles andere als leicht. Der am 18.12.1946 in Cincinnati/Ohio[4] geborene Spielberg, wurde nach seinem Highschool-Abschluss von keiner Filmhochschule aufgenommen. Er klapperte verschiedene Filmproduzenten ab, doch keiner wollte ihn haben. Seinen selbstgedrehten Film Amblin zeigte er auch Sidney Sheinberg. „Und Sheinberg war beeindruckt“[5]. Bereits 1982 kaufte er für Spielberg die Rechte an dem Roman Schindlers List. Doch Spielberg „fühlte sich noch nicht bereit, einen Stoff für den Holocaust zu verarbeiten“[6].
2.2 Die Entstehung – (K)ein Film für Hollywood?
Der Roman Schindlers List ist eine Arbeit des australischen Schriftstellers Thomas Keneally. Er erzählt die im Wesentlichen wahre Geschichte von Oskar Schindler, einem wohlhabenden Mitglied der nationalsozialistischen Partei, der hunderte Juden vor der Gaskammer gerettet hat. Erst zehn Jahre nach Sheinbergs Angebot, Keneallys Roman zu verfilmen, fühlte sich Spielberg nach eigenen Angaben bereit dazu, das „größte, wichtigste Thema“[7] anzugehen.
Die Produktionsfirma Universal gab dem Projekt nur ein relativ niedriges Budget von 23 Millionen Dollar[8]. Die Erwartungen an den Film waren ebenso niedrig. Wenigstens die Produktionskosten sollten abgedeckt werden. Außer Keneallys Roman benutzte Spielberg als Quelle den Dokumentarfilm Shoah von Claude Lanzmann. Auch wenn ihn der Film sehr beeindruckt hatte, so wollte er selbst kein „reines Doku-Drama“[9] auf die Leinwand bringen. Er entschied, den Film an den Originalschauplätzen in Polen zu drehen. In Krakau konnte er neben Schindlers Wohnhaus auch seine Fabrik als Drehorte verwenden. Die Erlaubnis im Konzentrationslager Auschwitz zu drehen verwehrte ihm allerdings der Jüdische Weltkongress. Dieses und das Lager Plaszow, das seit 1945 stark verändert worden war, mussten deshalb für die Dreharbeiten nachgebaut werden[10].
Spielberg vermied es Hollywood-Schauspieler einzusetzen. Die Rolle von Oskar Schindler übernahm der bis dahin relativ unbekannte Liam Neeson, der englisch-indische Schauspieler Ben Kingsley spielte die Rolle des jüdischen Buchhalters Itzhak Stern und der Brite Ralph Fiennes übernahm die dritte Hauptrolle, die des Lager-Kommandanten Amon Göth. Sogar die Menschen hinter der Kamera waren sehr eng mit dem Thema des Films verknüpft. Kameramann Janusz Kaminski und Produktionsgestalter Allan Starski waren Polen, Branko Lustig, einer der Produzenten, hatte als Kind selbst Auschwitz überlebt[11]. Solche und andere Tatsachen lassen vermuten, wie Spielberg der Film am Herzen lag. Anhand des folgenden Zitates macht er sogar selbst deutlich, welche Bedeutung der Film für ihn hatte:
„Schindlers Liste ist das einzige Projekt in meinem bisherigen Leben, wo ich mich um all die Dinge, die mich an einem Film bisher gekümmert haben, einen Dreck geschert habe. Mir war von Anfang an vollkommen egal, ob andere Menschen diesen Film mögen würden oder nicht. Es würde ein ganz anderer, sehr persönlicher Film werden“.[12]
2.3 Kurz: Der historische Hintergrund
Es geschah am 01. September 1939: Ohne Kriegserklärung überfiel die deutsche Wehrmacht Polen. Die polnischen Truppen hatten dem Heer der Deutschen nicht viel entgegenzusetzen und schon eine Woche später „gab die Gestapo den Befehl, alle polnisch-jüdischen Männer über 16 Jahre zu verhaften“[13]. „Im besetzten Polen gab es eine große jüdische Bevölkerung: Es waren dreieinhalb Millionen“[14]. Der Kampf um Warschau endete am 27. September. Die letzten polnischen Verbände mussten am 06. Oktober 1939 kapitulieren[15].
Die systematische Massenvernichtung der Juden begann mit dem Einmarsch in die Sowjetunion am 22. Juni 1941[16]. Doch schon viel früher waren Juden in Polen Opfer des nationalsozialistischen Regimes geworden. „Massenerschießungen [...] in der Umgebung von Warschau wurden schon 1939 durchgeführt“[17]. Bald entstanden auch Ghettos, in denen die Juden eingepfercht und gefangen zusammenlebten. „Anfangs wurden Ghettos zum Beispiel in der [...] Stadt Petrikau gegründet, [...] in Warschau aber erst im November 1940, in Krakau im März 1941; in dieser Zeit funktionierte leider bereits seit Juni 1940 das Konzentrationslager Auschwitz I“[18]. Der erste jüdische Deportationszug traf am 29. März in Auschwitz ein.
[...]
[1] Bischof Karl Kardinal Lehmann: Predigt im Friedensgottesdienst im Mainzer Dom, www.kath.org/bistum/mainz/bischof/lehmann/friedensgottesdienst_240303.htm, 24.03.2003.
[2] Helmut Korte: Einführung in die systematische Filmanalyse, Ein Arbeitsbuch, Berlin, 1999, S. 149.
[3] Ders., S. 149.
[4] Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, ...und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts, Bd. 7, Berlin, 2001, S. 416.
[5] Andrew Yule: Steven Spielberg. Die Eroberung Hollywoods, München, 1997, S. 34.
[6] Roberto Francisco Daniel: Erinnerung als ethisches Projekt, Aufarbeitung der Vergangenheit im Filmwerk von Steven Spielberg, dis., München, 2001, S. 227.
[7] Christoph Weiß: Der gute Deutsche, Dokumente zur Diskussion um Steven Spielbergs Schindlers Liste in Deutschland, St. Ingbert, 1995, S. 13.
[8] Roberto Francisco Daniel: Erinnerung als ethisches Projekt, Aufarbeitung der Vergangenheit im Filmwerk von Steven Spielberg, dis., München, 2001, S. 228.
[9] Markus Stahlecker: Steven Spielbergs Schindlers Liste. Eine Filmanalyse, Aachen, 1999, S. 18.
[10] Roberto Francisco Daniel: Erinnerung als ethisches Projekt, Aufarbeitung der Vergangenheit im Filmwerk von Steven Spielberg, dis., München, 2001, S. 228.
[11] Ders., S. 229.
[12] Markus Stahlecker: Steven Spielbergs Schindlers Liste. Eine Filmanalyse, Aachen, 1999, S. 19.
[13] Yfaat Weiss: Deutsche und polnische Juden vor dem Holocaust, jüdische Identität zwischen Staatsbürgerschaft und Ethnizität 1933 – 1940, München/ Oldenbourg, 2000, S. 212.
[14] Deutsche – Polen – Juden. Ihre Beziehungen von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert/ hrsg. von Stefi Jersch-Wenzel, Berlin, 1987, S. 244.
[15] Meyers großes Taschenlexikon: in 24 Bänden, Bd. 24, Mannheim/ Leipzig/ Wien/ Zürich, 1995, S. 54.
[16] Ders., S. 62.
[17] Deutsche – Polen – Juden. Ihre Beziehungen von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert/ hrsg. von Stefi Jersch-Wenzel, Berlin, 1987, S. 245.
[18] Ders., S. 246.
- Quote paper
- Markus Gentner (Author), 2003, Steven Spielbergs "Schindlers Liste" und die Darstellung des Holocaust in Hollywood, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/24065
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