Der mittelhochdeutsche Ausdruck ‚Minne‘ wird seit dem 19. Jahrhundert als Terminus in der Literaturgeschichte für die Liebe in der mittelalterlich höfischen Dichtung gebraucht. Im Mittelhochdeutschen meinte das Wort ‚minne‘ nicht nur die Liebesbeziehung zwischen den Geschlechtern, sondern bezeichnete auch die allgemein freundschaftlichen und emotionalen Beziehungen der Menschen untereinander und ein, »freundliches Gedenken« gegenüber Gott. Die Einschränkung des Begriffs ‚Minne‘ auf die erotische und sexuelle Liebe erfolgte erst im Spätmittelalter, dies ist dem Lexikon des Mittelalters zu entnehmen. [...] Damit ist das Thema auch schon angedeutet: Es geht um die Liebe im Tristanroman Gottfrieds von Straßburg und im Vergleich dazu, um die gesellschaftliche Auffassung von der Liebe zur Entstehungszeit des Textes.
Es lässt sich feststellen, dass Gottfried von Straßburgs Beschreibung der Minne im Tristan zur Zeit seiner Entstehung und Rezeption zwar ein Skandalon darstellte, aber dennoch die Vorstellungen der mittelalterlichen Gesellschaft nicht gänzlich von der beschriebenen Minne abwichen: So beschreibt Gottfried die Tristanminne als eine leidenschaftliche körperliche Liebe, die mit Ehe unvereinbar bleibt und in der Ehe keinen Platz hat. Diese Auffassung wurde auch von Zeitgenossen, wie beispielsweise Andreas Capellanus, vertreten. Des weiteren zeigt sich in Isolde zwar eine umfassend beschriebene Frauenfigur, die teilweise sogar eine aktive Rolle einnimmt. Doch als Ehebrecherin verdeutlichte sie der männlichen Leser- und Zuhörerschaft eben jenes Bild von dem unbekannten weiblichen Wesen, welches ihnen schon des öfteren angst gemacht hatte. Das Göttliche der Minne bei Gottfried, das in der Grottenepisode besonders deutlich hervortritt, scheint mir ein wichtiger Aspekt zu sein. In der Minnegrotte wird die Verbindung zur Gottesliebe und zur Vorstellung von der mystischen Erfahrung, wie Bernhard von Clairvaux sie im Hohenlied sieht, äußerst anschaulich. Die Liebe, vor allem als leidvolle Erfahrung, wird zur mystischen Erfahrung, die zu Glückseligkeit führt, aber auch zum Tod.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Tristanstoff und Minnetrank
- Die Protagonisten Tristan und Isolde
- Frauen im 12. Jahrhundert
- Sexualität, Ehe, Ehebruch
- Heilige Minne
- Monastische Liebe zu Gott
- Fazit
- Literatur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der Minne im Tristan Gottfrieds von Straßburg und analysiert, wie diese Liebesbeziehung im Kontext der gesellschaftlichen Normen und Moralvorstellungen um 1200 zu verstehen ist. Der Fokus liegt auf der Darstellung der Liebe zwischen Tristan und Isolde im Vergleich zur Ehe und den gesellschaftlichen Erwartungen an das Geschlechterverhältnis.
- Die Minne im Tristanroman und ihre Abgrenzung von der Ehe
- Das Verständnis von Liebe und Ehe in der Gesellschaft um 1200
- Die Rolle der Frau in der höfischen Gesellschaft und im Tristanroman
- Die Bedeutung der christlichen Moral und der Kirche für die Liebe und Ehe
- Die mystische Dimension der Liebe im Tristanroman
Zusammenfassung der Kapitel
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Einleitung
Die Hausarbeit untersucht die Liebe im Tristanroman Gottfrieds von Straßburg im Kontext der gesellschaftlichen Normen und Moralvorstellungen um 1200. Sie stellt die Minne, die Liebe zwischen Tristan und Isolde, der Ehe gegenüber und beleuchtet die Unterschiede in der gesellschaftlichen Auffassung von Liebe und Ehe. Die Arbeit konzentriert sich auf die oberen Schichten der Gesellschaft und bezieht sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse zur Eheauffassung des Adels in Frankreich und Deutschland um 1200.
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Tristanstoff und Minnetrank
Der Tristanstoff steht im Kontrast zu den Artusromanen, da er das Scheitern eines Helden an einer Liebe darstellt, die nicht mit seiner Heldenrolle vereinbar ist. Die Liebe Tristans und Isoldes stellt sich gegen göttliches Recht und Gesellschaft und führt zum Untergang der Liebenden. Der Minnetrank, der Tristan und Isolde in Liebe verbindet, deutet gleichzeitig auf ihren Tod hin. Im Gegensatz dazu wird die Liebe im Artusroman als moralisch gerechtfertigt dargestellt, da sie aus dem Heldentum des Ritters resultiert und zur Ehe führt.
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Die Protagonisten Tristan und Isolde
Gottfried zeichnet Tristan als eine gebildete und aktive Figur, die seine Taten plant und Situationen in Gang setzt. Im Gegensatz dazu wird Isolde als eine zurückhaltende und intelligente Frau dargestellt. Gottfried betont die körperliche und sexuelle Attraktivität der Liebenden und stellt die Gleichwertigkeit der Geschlechter in der Liebe dar. Er lehnt die Vorstellung von Liebesdienst und Unterordnung des Mannes unter die Frau ab und setzt stattdessen eine Partnerschaft auf Basis sexueller Anziehung und gegenseitiger Anerkennung voraus.
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Frauen im 12. Jahrhundert
Die Darstellung der Frauen im Tristanroman entspricht teilweise dem Frauenbild des hohen Mittelalters, welches von männlichen Autoren geprägt ist. Die meisten Texte, die Frauen und ihr Verhalten beschreiben, haben eine belehrende Funktion und spiegeln die Ängste der Männer vor dem weiblichen Geschlecht wider. Duby versucht, das Bild der Frau im 12. Jahrhundert zu rekonstruieren und zeigt, wie die Kirche die Frauen kontrollieren wollte und wie sie ihre Sexualität unter ihre Kontrolle bringen wollte.
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Sexualität, Ehe, Ehebruch
Die Kirche verurteilte die sexuelle Vereinigung außerhalb der Ehe als Sünde und versuchte, die Sexualität der Bevölkerung unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Frauen wurden als schwach und wollüstig dargestellt und für den Ehebruch verantwortlich gemacht. Die Ehe galt als sakramentale Vereinigung, die auf Fortpflanzung beschränkt sein sollte. Vergnügen und Begierde wurden als Sünde angesehen und die Eheliche Lust als ein Missbrauch des Ehesakraments.
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Heilige Minne
Die Minnegrotte im Tristanroman stellt einen sakralen Ort für die Liebe dar. Die Grotte ist der Liebesgöttin geweiht und verbindet das Heilige mit dem Profanen. Gottfried beschreibt die Liebe mit allegorischen Bildern und verbindet die körperliche Liebe mit geistig-christlichen Idealen. Die Liebe wird als Erlösung und mystische Erfahrung dargestellt, die zur Vollkommenheit führt.
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Monastische Liebe zu Gott
Der christlich-geistliche Mentalitätswandel, der sich in den Klöstern und Universitäten des hohen Mittelalters vollzog, hatte einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Liebe. Die Hinwendung zu Gott wurde neu gelebt und Gott als ein Wesen dargestellt, das man lieben kann. Bernhard von Clairvauxs Schriften zur Liebe, insbesondere seine Kommentare zum Hohenlied, nehmen eine Schlüsselstellung ein. Die Liebe zu Gott wurde als eine mystische Vermählung dargestellt, die sich von Ehrfurcht abhebt und Ungleiches vereinen kann.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Minne, die Liebe im Tristan Gottfrieds von Straßburg, die Ehe, das Geschlechterverhältnis, die gesellschaftliche Moral und die christliche Lehre. Die Hausarbeit untersucht die Liebe als eine leidenschaftliche und mystische Erfahrung, die sich gegen die gesellschaftlichen Normen stellt und gleichzeitig mit der christlichen Vorstellung von der Liebe zu Gott verbunden ist.
- Arbeit zitieren
- M.A. Elke Beilfuß (Autor:in), 2000, Über die Minne im Tristan Gottfrieds von Straßburg und das Verständnis von Liebe und Ehe in der Gesellschaft um 1200, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2384
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