Als das "verzweifeltste Stück der althochdeutschen Litteratur" ist das 'Muspilli' nicht zuletzt deswegen bezeichnet worden, weil an der textuellen Einheit mit Blick auf sowohl formale als auch gehaltliche Inkohärenz immer wieder gezweifelt werden musste. Karl Müllenhoff betont, dass der Verfasser nicht epische Einheit, sondern dogmatische Effektivität intendiert habe, kurz, dass es sich nicht um eine Erzählung, sondern um eine Homilie handelt, also um eine in Anlehnung an einen geistlichen Text formulierte Moralpredigt. Gustav Ehrismann spricht von 'Paränese', d.h. von einer Mahnpredigt. Auch wenn man sich auf diese gattungstheoretische Prämisse einigt, bleiben allerdings Sprungstellen und Brüche bestehen, die selbst durch textkosmetische Eingriffe nicht zu beseitigen sind. Die Arbeit zeigt die Bedingungen einer möglicherweise intendierten Einheit des 'Muspilli' unter Berücksichtigung dieser Sprungstellen auf. Geprüft wird, ob Organisation, Form und Gehalt des 'Muspilli' im Brennpunkt der Paränese gebündelt werden können, ob und inwieweit Paränese formal-stilistisch bzw. rhetorisch-argumentativ als fokussierendes Agens fungiert.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Zu Überlieferung und Paläographie
- III. Übersetzung
- IV. Zur paränetischen Organisation
- V. Zur paränetischen Form
- 1. Aspekte des Lautstands und Vokabulars
- 2. Metrisch-stilistische Aspekte
- VI. Eschatologie als paränetischer Gehalt
- 1. Individuelle Eschatologie
- 2. Welteschatologie
- Der Kampf des Elias gegen den Antichrist
- a) Zweikampf und Gottesurteil im historischen Bezug
- b) Methodische Zwischenüberlegung zur Quellenkritik
- g) Zweikampf und Gottesurteil im mythologischen Bezug
- gi) Zur muspilli-Etymologie I
- d) Zweikampf im theologischen Bezug I: Prophet Elias in der apokalyptischen Tradition
- e) Zweikampf im theologischen Bezug II: Exemplum Elias im Schrifttum der Patres
- q) Zweikampf im theologischen Bezug III: Figura Elias unter eschatologischem Vorbehalt
- Das Jüngste Gericht
- a) Inkommensurabilität germanischer Rechtsauffassungen
- b) Zur muspilli-Etymologie II
- g) Christus als adimpletio der figura Elias
- d) Parusie und Paränese
- Der Kampf des Elias gegen den Antichrist
- VII. Paränese im Spannungsfeld von Intention und Unzulänglichkeit - Kritik der Textkritik
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht den althochdeutschen Text „Muspilli“ unter dem Aspekt der paränetischen Intention. Sie analysiert die sprachlichen, stilistischen und inhaltlichen Mittel, die der Autor zur Erreichung seiner paränetischen Ziele einsetzt. Dabei wird besonderes Augenmerk auf die Rolle der eschatologischen Inhalte gelegt.
- Paränetische Organisation und Form des „Muspilli“
- Die Verwendung sprachlicher und stilistischer Mittel zur Vermittlung der paränetischen Botschaft
- Die Rolle der Eschatologie in der paränetischen Intention des „Muspilli“
- Die Beziehung zwischen paränetischer Intention und Textkritik
- Die Frage nach der Einheit und Kohärenz des Textes
Zusammenfassung der Kapitel
- I. Einleitung: Die Einleitung skizziert den Forschungsstand zum „Muspilli“ und definiert die Ziele und Fragestellungen der Arbeit. Sie stellt die Relevanz der paränetischen Perspektive für die Interpretation des Textes heraus.
- II. Zu Überlieferung und Paläographie: Dieses Kapitel beleuchtet die Überlieferung des „Muspilli“ und untersucht die sprachlichen Besonderheiten des Textes im Kontext der althochdeutschen Sprache.
- III. Übersetzung: Das Kapitel präsentiert eine Übersetzung des „Muspilli“ und erläutert die Herausforderungen und Entscheidungen, die bei der Übersetzung eines althochdeutschen Textes zu treffen sind.
- IV. Zur paränetischen Organisation: Dieses Kapitel untersucht die Struktur des „Muspilli“ und analysiert, wie die paränetische Botschaft in den verschiedenen Abschnitten des Textes vermittelt wird.
- V. Zur paränetischen Form: Das Kapitel konzentriert sich auf die sprachlichen und stilistischen Mittel, die der Autor des „Muspilli“ zur Vermittlung seiner paränetischen Botschaft einsetzt.
- VI. Eschatologie als paränetischer Gehalt: Dieses Kapitel befasst sich mit der Rolle der Eschatologie im „Muspilli“. Es analysiert, wie die Darstellung der letzten Dinge zur Stärkung der paränetischen Botschaft beiträgt.
Schlüsselwörter
Der „Muspilli“ ist ein wichtiges Zeugnis der althochdeutschen Literatur und bietet wertvolle Einblicke in die frühmittelalterliche Kultur und Weltanschauung. Die Arbeit widmet sich den paränetischen Aspekten des Textes und analysiert die sprachlichen, stilistischen und inhaltlichen Mittel, die der Autor zur Erreichung seiner didaktischen Ziele einsetzt. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Rolle der Eschatologie im „Muspilli“ und analysiert, wie die Darstellung der letzten Dinge zur Stärkung der paränetischen Botschaft beiträgt. Der Fokus liegt auf der Interpretation des „Muspilli“ als ein Werk mit einer klaren paränetischen Intention, die sich in der sprachlichen Gestaltung und der inhaltlichen Auswahl des Textes widerspiegelt. Schlüsselwörter: Muspilli, althochdeutsche Literatur, Paränese, Eschatologie, Textkritik, Einheit, Kohärenz.
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- Sandra Kluwe (Author), 1997, Brennpunkt Paränese - Zur intendierten Einheit des Muspilli, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/23820