Im Berufsalltag treten immer wieder Entscheidungen und Handlungen innerhalb einer
Institution auf, die im Gegensatz zu den eigenen Erwartungen stehen. Durch
Beobachtung und Analyse von Interaktionen, lässt sich feststellen, dass es oft einen
Widerspruch zwischen dem theoretisch erworbenen Wissen und der praktischen
Umsetzung gibt. Generative, das heißt ungeschriebene, Regeln, bestimmen den
Arbeitsalltag verschiedener Institutionen. Welche Prozesse helfen dabei, diese Regeln
zu erkennen und zu verstehen?
Ziel dieser Arbeit soll es sein, mithilfe eines Handlungsprotokolls aus der Pflegepraxis,
das Verfahren der objektiven Hermeneutik vereinfacht darzustellen und anzuwenden.
Dabei wird die Analyse eines Textausschnittes, aus Sicht des Subjektes, genutzt. Dieser
Textausschnitt wird in verschiedene Gedankenexperimente (Geschichten) eingebaut,
auf Struktureigenschaften hin untersucht (Lesearten) und anschließend mit dem
tatsächlichen Kontext (Fallstrukturhypothese) konfrontiert (vgl. Mayring, 2002, in imb).
Die dabei analysierten Eigenschaften der Handlung, spiegeln das Regelverstehen in der
pflegerischen Praxis wieder.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Rahmen
2.1 Objektive Hermeneutik
2.2 Falsifikation
3. Darlegung des Handlungsprotokolls
4. Analyse des Handlungsprotokolls
4.1 Geschichten
4.2 Lesearten
4.3 Fallstrukturhypothese
5. Zusammenfassung
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im Berufsalltag treten immer wieder Entscheidungen und Handlungen innerhalb einer Institution auf, die im Gegensatz zu den eigenen Erwartungen stehen. Durch Beobachtung und Analyse von Interaktionen, lässt sich feststellen, dass es oft einen Widerspruch zwischen dem theoretisch erworbenen Wissen und der praktischen Umsetzung gibt. Generative, das heißt ungeschriebene, Regeln, bestimmen den Arbeitsalltag verschiedener Institutionen. Welche Prozesse helfen dabei, diese Regeln zu erkennen und zu verstehen?
Ziel dieser Arbeit soll es sein, mithilfe eines Handlungsprotokolls aus der Pflegepraxis, das Verfahren der objektiven Hermeneutik vereinfacht darzustellen und anzuwenden.
Dabei wird die Analyse eines Textausschnittes, aus Sicht des Subjektes, genutzt. Dieser Textausschnitt wird in verschiedene Gedankenexperimente (Geschichten) eingebaut, auf Struktureigenschaften hin untersucht (Lesearten) und anschließend mit dem tatsächlichen Kontext (Fallstrukturhypothese) konfrontiert (vgl. Mayring, 2002, in imb).
Die dabei analysierten Eigenschaften der Handlung, spiegeln das Regelverstehen in der pflegerischen Praxis wieder.
2. Theoretischer Rahmen
2.1 Objektive Hermeneutik
Im Duden wird der Begriff der Hermeneutik als „Lehre von der Auslegung und Erklärung eines Textes oder eines Kunst- oder Musikwerks“, sowie als „das Verstehen von Sinnzusammenhängen in Lebensäußerungen aller Art aus sich selbst heraus“ definiert (Duden, 2012).
Das Verfahren der Objektiven Hermeneutik geht auf Ulrich Oevermann zurück und wird vor Allem in der qualitativen Sozialforschung zur Textinterpretation genutzt (vgl. Petrucci, 2008). „Die objektive Hermeneutik ist ein Verfahren der Textinterpretation mit dem Anspruch, die Geltung der Interpretation an intersubjektive Überprüfbarkeit zu binden“ (Wernet, 2009, S.11).
Sie umfasst drei Schritte: die Erzählung von Geschichten, die Bildung von Lesearten und die abschließende Konfrontation mit dem tatsächlichen Kontext, woraus die Fallstrukturhypothese folgt (vgl. ebd., S. 39).
2.2 Falsifikation
Laut Duden bedeutet Falsifikation, die „Widerlegung einer wissenschaftlichen Aussage durch ein Gegenbeispiel“ (Duden, 2012).
Aussagen stellen sich als falsch heraus, wenn diese beispielsweise mittels Beobachtung widerlegt werden können. Aufgestellte Aussagen bleiben bis zur Falsifikation nur Hypothesen, die als bewährt gelten (vgl. Halder & Müller, 1993, S.89).
3. Darlegung des Handlungsprotokolls
Zunächst wird das Handlungsprotokoll dargestellt, das im Anschluss objektiv-hermeneutisch analysiert werden soll.
Im Rahmen einer Interaktion zwischen der Leiterin (L) eines Heimes und der neuen Angestellten (A), fand folgendes Gespräch statt:
1L1:
Sie müssen heute mit XY nach Halle in die Universitätsklinik fahren! Bitte machen Sie sich unverzüglich auf den Weg.
2A1:
Das kann ich nicht! Könnte das ein erfahrener Kollege übernehmen, oder mich wenigstens begleiten?
Die Leiterin übergibt der Angestellten ein Mappe mit Dokumenten des Patienten, sowie den Schlüssel und die Papiere eines Dienstwagens und äußert sich folgendermaßen:
3L2:
Warum? Sie haben doch einen Führerschein, sie fahren. Ich habe niemanden, der sie zusätzlich begleiten könnte.
4A2:
Wohl fühle ich mich dabei aber nicht! Ich traue mir das nicht alleine zu. Ich habe Angst, nicht angemessen auf das mögliche Verhalten von XY reagieren zu können. Und in Halle war ich auch noch nie. Ich weiß gar nicht wohin.
5L3:
Nun, Sie werden sich an solche Situationen gewöhnen müssen. Schwierige Patienten wie XY werden zu ihrem Alltag gehören. Versuchen Sie ruhig zu bleiben. Im Dienstwagen ist ein Navi, sie werden sich schon nicht verfahren.
XY steht aus Datenschutzgründen für den tatsächlichen Namen des Patienten.
4. Analyse des Handlungsprotokolls
4.1 Geschichten
Die Anweisung 1L1: „Sie müssen heute mit XY nach Halle in die Universitätsklinik fahren! Bitte machen Sie sich unverzüglich auf den Weg.“, wird nun gedankenexperimentell in verschiedenen Situationen dargestellt.
In der Objektiven Hermeneutik wird dieser Schritt als „Geschichten erzählen“ bezeichnet. Dabei gilt es, zwei Regeln zu beachten. Zum Einen sollten diese nicht im Rahmen des tatsächlichen Äußerungskontext liegen. Zum Anderen dürfen nur solche Geschichten verwendet werden, in denen der Textausschnitt eine angemessene sprachliche Äußerung darstellt (vgl. Wernet, 2009, S.39).
1. Eine Schwester in einem Pflegeheim richtet sie an den Zivildienstleistenden.
2. Sie ist vom Leiter eines Krankentransportdienstes an einen Angestellten gerichtet.
3. Ein Hausarzt richtet sie an die Mutter eines kranken Kindes.
[...]
- Citar trabajo
- Franziska Pabst (Autor), 2012, Hermeneutisch-interpretative Analyse eines Handlungsprotokolls, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/233672