Am Anfang steht Befangenheit, Skepsis, auch Scheu. Am Anfang steht das Wort. Das große Wort; der homiletisch überpräsente Theologe; die fingierte Überschrift in der Bibelausgabe: Nachfolge; Dietrich Bonhoeffer; Vom Ernst der Nachfolge. Ist das die Zange, aus der sich die Perikope herauszuwinden nicht mehr vermag? Ist „Nachfolge“ der Skopus – welch Begriff! – der Perikope, und zwar nicht nur der grundsätzliche, sondern der einzige? Ist es noch möglich, autonome Assoziationen zu Lk 9,57–62 anzustellen, nachdem dieses Damoklesschwert einmal aufgehangen wurde? Was, wenn es ganz anders wäre? Wenn Lk 9,57–62 keinen Ort in der Passionszeit haben muß, wenn das Kreuz in den Text nur zu oft hineingelesen wird, weil es aus ihm selbst nicht schadlos gehoben werden kann? Was aber, wenn doch? Zwei Lose drängen sich auf: Heimatlosigkeit; Rastlosigkeit. Stete Unstetigkeit ist das Los christlicher Existenz, die mehr in Abrahams Fremdlingsschaft im eigenen Lande denn in der homerischen Odyssee einen Gründungsmythos sieht. Und doch: Pilgerschaft in hoc saeculo ist kein christliches proprium – sie prägt Kultur, ja schafft sie erst, ist fons und movens jedes Nachdenkens über menschliches Sein. Wir haben hier keine bleibende Stadt, stattdessen harren wir in ungewisser Gewissheit und wissen nicht so recht, warum worauf. Aber wissen wollen wir. Der zynische Grenzgänger zwischen Frankreich und Deutschland schreibt Wintermärchen und wird um den Schlaf gebracht, weil er um Zugehörigkeit ringt. Die feinsinnige Wanderin zwischen den Welten pilgert zwischen Heidelberg, New York und Jerusalem und verstummt nicht in ihrem Fragen nach den Bedingungen tätigen, aktiven Lebens. Der politisch inkorrekte Gerechtigkeitsmahner schreibt Eine Winterliche Reise an Flüsse wie die Donau und bleibt immer Österreicher und Slowene. Und je: Kein Ort. Nirgends. Heinrich Heine und Hannah Arendt, Peter Handke und Christa Wolf sind keine Füchse und sind keine Vögel, sind Menschensöhne und -töchter. Menschenkinder sind Familienkinder, Zugehörigkeit braucht Zuhause, und Heimat soll kein Ort sein, sondern sie sei ein Gefühl, singt der Philosoph der Popkultur Herbert Grönemeyer. Abschiede von der Familie brechen die gefügte Biographie, die wir nicht schreiben. Die Fugenlosigkeit der sogenannten Keimzelle menschlichen Erwachsens in die Welt bleibt immer gegenwärtig, und wenn die Nähte reißen, hilft vielleicht der Blick nach vorn.
Inhaltsverzeichnis
- ERSTE ASSOZIATIONEN
- EXEGETISCHER ZUGANG
- Übersetzung
- Umfeld des Textes
- Textanalyse
- Resümee
- SYSTEMATISCHE REFLEXION
- Nachfolge bei Dietrich Bonhoeffer. Skizze einer historisch-systematischen Klärung
- Die praktische Bedeutung der Hoffnung auf das Reich Gottes
- Heimat und Exil oder: Herta Müller und die deutsche Geschichte
- HOMILETISCHE SITUATION
- Die gesellschaftliche Lage der Gegenwart
- Strukturmerkmale, Gefahren und Perspektiven der „,Multioptionsgesellschaft”
- Vom Stress der Beschleunigung zum Stress der Entschleunigung
- Die Gemeindesituation
- Menschen in der Gemeinde und Imagination ihrer möglichen Rezeption des Predigttextes
- Magdalena K.
- Lili H.
- Liane T.
- Ines H.
- Walter T.
- Die gesellschaftliche Lage der Gegenwart
- KONZEPTIONELLE ZUORDNUNG DER PREDIGT
- Das Konzept der Predigt: Dramaturgische Homiletik
- Die Durchführung des Predigtkonzeptes
- PREDIGT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Perikope Lukas 9,57-62 aus exegetischer und homiletischer Perspektive. Ziel ist es, den Text in seinem Kontext zu analysieren und seine Relevanz für die Predigtarbeit in der heutigen Zeit herauszuarbeiten. Dabei wird die Bedeutung des Themas Nachfolge im Lichte des Lebens und Wirkens Dietrich Bonhoeffers betrachtet. Zudem werden die praktischen Implikationen der Hoffnung auf das Reich Gottes in der postmodernen Gesellschaft beleuchtet.
- Die Bedeutung des Themas Nachfolge in der heutigen Zeit
- Die Interpretation des Lukasevangeliums und die Bedeutung des „Reiseberichtes“
- Die Herausforderungen der Nachfolge in der postmodernen Gesellschaft
- Die Relevanz der Hoffnung auf das Reich Gottes in der heutigen Zeit
- Die homiletische Umsetzung des Textes und die Gestaltung einer Predigt
Zusammenfassung der Kapitel
Im ersten Kapitel werden erste Assoziationen zum Text aus Lukas 9,57-62 beleuchtet, die den Leser in die Thematik einführen. Das zweite Kapitel widmet sich dem exegetischen Zugang zum Text und analysiert dessen Übersetzung, Umfeld und Textstruktur. Kapitel drei befasst sich mit systematischen Reflexionen zum Thema Nachfolge und dessen Relevanz für die heutige Zeit, indem die Gedankenwelt Dietrich Bonhoeffers herangezogen wird. Außerdem wird die praktische Bedeutung der Hoffnung auf das Reich Gottes im Kontext der postmodernen Gesellschaft beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen Nachfolge, Reich Gottes, Perikope Lukas 9,57-62, Dietrich Bonhoeffer, Homiletik, Predigt, Gesellschaftliche Lage, Postmoderne und Exegese. Die Untersuchung fokussiert auf die Interpretation und Anwendung des Textes im Kontext der heutigen Zeit.
- Quote paper
- Ferenc Herzig (Author), 2013, Predigtarbeit zu Lukas 9,57-62, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/233245