Der französische Soziologe Émile Durkheim (1858-1917) befasste sich in seinem zunächst 1897 in Frankreich erschienen Werk „Le suicide“ (dt.: Der Selbstmord) mit den Ursachen des Suizids als sozialem Phänomen, einer Tatsache, die für ihn in einer Gesellschaft völlig normal schien bzw. nicht unnormal in dem Sinne, als dass jenes Phänomen nicht allein auf der Individualebene, sozusagen als psychisches, sondern vielmehr makrosoziologisch zu untersuchen sei. Für Durkheim ist ein Selbstmord „jede[r] Todesfall, der direkt oder indirekt auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die vom Opfer selbst begangen wurde, wobei es das Ergebnis seines Verhaltens im voraus kannte.“ Zusätzlich fielen seine Studien bezüglich des Selbstmordes in eine Zeit, in der er die moderne Gesellschaft in einem Zustand der moralischen Krise, also ungenügender sozialer Ordnung, wähnte, was hinsichtlich seiner Ursachenforschung der verschiedenen sozialen Hauptgründe für Selbsttötungen zu einer Klassifizierung führte, wonach drei Typen zu unterscheiden seien: altruistisch, egoistisch und anomisch.
Mit diesem Letzten will ich mich während dieser Hausarbeit näher befassen, da eine gewisse Tagesaktualität dieser Durkheimschen These im Zuge der internationalen Finanzkrise, deren Auswirkungen seit gut drei Monaten bis zum heutigen Tage und wohl darüber hinaus spürbar sind und sein werden, nicht von der Hand zu weisen ist. Hierzu werde ich zuerst einmal den anomischen Selbstmord nach Durkheim hinsichtlich ökonomischer wie – der Vollständigkeit halber, wenn auch im Zusammenhang mit den weiteren Ausführungen in dieser Arbeit vernachlässigbarer – nicht-ökonomischer Auslöser darlegen, bevor ich anhand dreier zeitgenössischer in- sowie ausländischer Beispiele, welche im jeweiligen Land stark medial dokumentiert wurden und somit gut nachvollziehbar sind, versuchen werde, die Theorie Durkheims auf die Praxis bzw. die Realität des Hier und Jetzt zu übertragen. Hierbei handelt es sich um den Deutschen Adolf Merckle, den Franzosen Thierry Magon de La Villehuchet und den Iren Patrick Rocca, alle drei von den derzeitigen Wirren der internationalen Finanzwelt betroffen.
Da es sich wie bereits erwähnt um zeitgenössische Fallbeispiele handelt, habe ich den Großteil meiner Sekundärliteratur diversen angesehenen europäischen Qualitätstageszeitungen bzw. deren jeweiliger Internetausgabe entnommen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Der anomische Selbstmord nach Émile Durkheim
- 2.1. Ökonomisch bedingt
- 2.2. Nicht-ökonomisch bedingt
- 3. Drei aktuelle Beispiele
- 3.1. Adolf Merckle
- 3.2. Thierry Magon de La Villehuchet
- 3.3. Patrick Rocca
- 4. Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den anomischen Selbstmord nach Émile Durkheim anhand aktueller Fallbeispiele. Ziel ist es, Durkheims Theorie anhand von drei medial stark dokumentierten Fällen zu veranschaulichen und ihre Relevanz für die heutige Zeit aufzuzeigen. Die Arbeit konzentriert sich auf die Anwendbarkeit der Theorie auf aktuelle wirtschaftliche Krisen.
- Der anomische Selbstmord nach Durkheim
- Ökonomische Ursachen anomischen Selbstmords
- Nicht-ökonomische Faktoren im Zusammenhang mit anomischem Selbstmord
- Fallstudien als empirische Beispiele
- Die Relevanz von Durkheims Theorie für die heutige Zeit
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema der Arbeit ein und stellt Émile Durkheims Werk "Der Selbstmord" vor. Durkheims These von drei Selbstmordtypen (altruistisch, egoistisch und anomisch) wird erläutert, wobei der Fokus auf dem anomischen Selbstmord liegt. Die Arbeit kündigt die Untersuchung des anomischen Selbstmords im Kontext der internationalen Finanzkrise an und nennt drei aktuelle Fallbeispiele, die im weiteren Verlauf analysiert werden.
2. Der anomische Selbstmord nach Émile Durkheim: Dieses Kapitel beleuchtet Durkheims Theorie des anomischen Selbstmords. Es werden sowohl ökonomische als auch nicht-ökonomische Bedingungsfaktoren diskutiert. Durkheims empirische Beobachtungen zu den Auswirkungen wirtschaftlicher Krisen und Aufschwünge auf die Selbstmordrate werden dargestellt. Der zentrale Punkt ist die Rolle der Gesellschaft als regulierende Instanz, deren Versagen in Zeiten von Anomie zu einem Anstieg der Selbstmordrate führt. Die Bedeutung von Normen und Werten sowie die Herausforderungen einer sich verändernden Gesellschaft werden hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Anomischer Selbstmord, Émile Durkheim, Soziologie, Selbstmordrate, Wirtschaftskrise, Anomie, soziale Ordnung, Regulierung, Fallbeispiele, Adolf Merckle, Thierry Magon de La Villehuchet, Patrick Rocca.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse anomischen Selbstmords nach Durkheim
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert den anomischen Selbstmord nach der Theorie von Émile Durkheim anhand aktueller Fallbeispiele. Der Fokus liegt auf der Anwendbarkeit von Durkheims Theorie auf wirtschaftliche Krisen und deren Auswirkungen auf die Selbstmordrate.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt den anomischen Selbstmord nach Durkheim, sowohl ökonomische als auch nicht-ökonomische Ursachen, Fallstudien von drei prominenten Fällen (Adolf Merckle, Thierry Magon de La Villehuchet und Patrick Rocca), und die Relevanz von Durkheims Theorie für die heutige Zeit. Es wird untersucht, wie das Versagen gesellschaftlicher Regulierungsmechanismen in Zeiten von Anomie zu einem Anstieg der Selbstmordrate führen kann.
Welche Fallbeispiele werden untersucht?
Die Arbeit analysiert drei aktuelle Fallbeispiele von Personen, die Selbstmord begingen und deren Fälle medial stark dokumentiert wurden: Adolf Merckle, Thierry Magon de La Villehuchet und Patrick Rocca. Diese Fälle dienen als empirische Beispiele zur Veranschaulichung von Durkheims Theorie des anomischen Selbstmords.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zu Durkheims Theorie des anomischen Selbstmords (mit Unterkapiteln zu ökonomischen und nicht-ökonomischen Faktoren), ein Kapitel mit den drei Fallstudien, und eine Zusammenfassung. Ein Inhaltsverzeichnis und eine Liste der Schlüsselwörter sind ebenfalls enthalten.
Was ist die Zielsetzung der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, Durkheims Theorie des anomischen Selbstmords anhand aktueller Fallbeispiele zu veranschaulichen und ihre Relevanz für die heutige Zeit aufzuzeigen. Sie möchte die Anwendbarkeit der Theorie auf aktuelle wirtschaftliche Krisen demonstrieren.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Anomischer Selbstmord, Émile Durkheim, Soziologie, Selbstmordrate, Wirtschaftskrise, Anomie, soziale Ordnung, Regulierung, Fallbeispiele, Adolf Merckle, Thierry Magon de La Villehuchet, Patrick Rocca.
Was ist Anomie nach Durkheim?
Im Kontext dieser Arbeit bezieht sich Anomie auf den Zustand gesellschaftlicher Desorientierung und Normlosigkeit, der entsteht, wenn die traditionellen Normen und Werte einer Gesellschaft in Zeiten von Krisen (z.B. wirtschaftliche Krisen) ihren Halt verlieren. Dieser Zustand kann zu einem erhöhten Risiko für anomischen Selbstmord führen.
Welche Rolle spielt die Wirtschaftskrise in dieser Analyse?
Die Arbeit untersucht, wie wirtschaftliche Krisen als ein wichtiger Faktor für anomischen Selbstmord wirken können. Der Fokus liegt auf der Analyse, wie der Verlust von sozialer Ordnung und die damit verbundene Anomie durch wirtschaftliche Unsicherheit und den Verlust von Status und Vermögen Selbstmord begünstigen können.
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- Harry Körner (Author), 2009, Der anomische Selbstmord nach Émile Durkheim, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232764