Seit der Bewegung des Direct Cinema war die narrative und dramaturgische Gestaltung von Dokumentarfilmen problembehaftet. Mit der zunehmenden Vermischung zwischen Fiktion und Dokument werden auch „echte“ Dokumentarfilme mit wachsendem Selbstbewusstsein dramaturgisch organisiert. Als Vorbild dient hierbei häufig die „Dramaturgie der Heldenreise“, die in gängigen Drehbuchlektüren als Erfolgsgarant für viele Spielfilme beschrieben wird. Die Rechtfertigung einer dramaturgischen Gestaltung findet sich in der Subjektivität des Filmemachens, die Grierson als „creative treatment of actuality“ definiert sowie in der narrativen Funktionsweise des Gedächtnisses und dem Wunsch des Publikums nach mitreißenden Geschichten. Durch die Analyse der dokumentarischen Filmgeschichte zeigen sich ahistorische Methoden auf, durch deren Anwendung die Heldenreise auch auf den Dokumentarfilm übertragen werden kann. Diese Methoden, das Beobachtung, Lenken und Inszenieren, können bei der Zusammenarbeit zwischen Regie und Protagonist als Chance verstanden werden. Jedoch muss das Wesen des Dokumentarfilms, insbesondere sein starker Bezug zur Realität, hierbei geschützt werden. Die Gratwanderung zwischen der Erfüllung der Ansprüche an den Dokumentarfilm und einer dramaturgischen Ausgestaltung werden in einer Handlungsanweisung für Filmemacher diskutiert, in dem die Möglichkeiten und Grenzen einer Intervention der Regie aufgezeigt werden. Im Schlussteil wird Einblick in die praktische Regiearbeit des Dokumentarfilms heimsucht gewährt und in Bezug auf die Handlungsanweisung bewertet.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Eigenschaften des Dokumentarfilms: Subjektivität/Wirklichkeit/Wahrheit/Fiktion
- Narration und Dramaturgie
- Plot und Story
- Dramaturgie und deren Grundmuster
- Die 3-Akte-Struktur
- Spannung/Neugierde/Überraschung
- Personen und Akteure
- Emotionen, Empathie, Identifikation
- Dramaturgie & Narration im Dokumentarfilm
- Gute Geschichten als Rezeptionsgrund
- Narrative Funktionsweise des Gedächtnisses
- Arbeitsweisen der Filmemacher im Laufe der Geschichte
- Die Anfänge
- Direct Cinema
- Cinema Vérité
- Hybride Formen
- Die Regiearbeit mit Protagonisten
- Die Regieführung im Dokumentarfilm
- Die Rolle des Protagonisten und seine Herausforderung
- Die Vorproduktion: Themenwahl und Casting
- Produktion
- Das reine Beobachten der Protagonisten
- Eingreifen und Lenken des Protagonisten
- Interviewtechniken
- Inszenieren des Protagonisten
- Analyse des Dokumentarfilms „heimsucht"
- Themenwahl
- Prüfen von Protagonisten
- Der Vietnamese Son
- Der Afghane Hossein
- Das dramaturgische Konzept
- Die Umsetzung beim Dreh
- Zusammenfassung
- Fazit
- Literaturverzeichnis
- Abbildungsverzeichnis
- Anhangsverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit „Die Regiearbeit mit Protagonisten zur Kontrolle der Dramaturgie im Dokumentarfilm" befasst sich mit der Frage, inwieweit Dokumentarfilme dramaturgische Muster verträgt, ohne dass das Wesen, der dokumentarische Charakter und sein Bezug zur Realität, gestört wird. Die Arbeit untersucht die verschiedenen Arbeitsweisen von Dokumentarfilmern im Laufe der Geschichte und beleuchtet, wie die Regie die Dramaturgie im Dokumentarfilm steuern kann und wann diese an ihre Grenzen stößt. Im Fokus steht dabei das Verhältnis zwischen dem Regisseur und dem Protagonisten.
- Die Geschichte des Dokumentarfilms
- Die Dramaturgie im Dokumentarfilm
- Die Rolle des Regisseurs im Dokumentarfilm
- Die Beziehung zwischen Regisseur und Protagonist
- Die Grenzen der Dramaturgie im Dokumentarfilm
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Diskussion der Eigenschaften des Dokumentarfilms, wobei die Begriffe Wirklichkeit, Wahrheit, Objektivität/Subjektivität, Fiktion und Glaubwürdigkeit im Mittelpunkt stehen. Anschließend werden die grundlegenden Begriffe der Narration und Dramaturgie geklärt, um den Aufbau und die Wirkung von dramaturgisch ausgestalteten Filmen zu verstehen.
Im dritten Kapitel werden die verschiedenen Arbeitsweisen der Filmemacher im Laufe der Geschichte vorgestellt, wobei die Entwicklung des Direct Cinema, Cinema Vérité und der hybriden Formen im Fokus stehen. Es werden die verschiedenen Methoden der Regiearbeit mit Protagonisten diskutiert, wie z.B. das reine Beobachten, das Eingreifen und Lenken sowie die Inszenierung.
Im Schlussteil der Arbeit wird der Dokumentarfilm „heimsucht" analysiert. Es wird die Themenwahl, die Auswahl der Protagonisten, das dramaturgische Konzept und die Umsetzung beim Dreh beleuchtet. Die Arbeit zeigt die Herausforderungen und Möglichkeiten der Regiearbeit im Dokumentarfilm auf, wobei die Balance zwischen der Kontrolle der Dramaturgie und der Wahrung des dokumentarischen Charakters im Mittelpunkt steht.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Dokumentarfilm, die Dramaturgie, die Narration, die Regiearbeit, den Protagonisten, die Authentizität, die Wirklichkeit, die Wahrheit, das Direct Cinema, das Cinema Vérité, die hybriden Formen, die 3-Akte-Struktur, die Heldenreise, die Inszenierung, die Beobachtung und die Interviewtechniken.
- Citar trabajo
- Kathleen Kunert (Autor), 2012, Die Regiearbeit mit Protagonisten zur Kontrolle der Dramaturgie im Dokumentarfilm, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/232021