„Es ist ein grenzenloses Verdienst unseres alten Kant um die Welt und ich darf sagen, auch um mich, daß er in seiner Kritik der Urteilskraft Kunst und Natur nebeneinander stellt und beiden das Recht gibt, aus großen Prinzipien zwecklos zu handeln.“ Dieser Nachruf Goethes auf Kant und dessen „Kritik der Urteilskraft“, verdeutlichen die immense Wirkung, welche die Gedanken des Gelehrten aus Königsberg auf die großen Geister seiner Zeit und nachfolgende Generationen hatte. Er kann durch beliebig viele Beispiele ergänzt werden. So schrieb etwa Schiller über diese Kritik, dass sie ihn durch ihren „neuen, lichtvollen, geistreichen Inhalt hinriß“ und in ihm das „größte Verlangen“ weckte „mich [Schiller, Anm. d. Verf.] nach und nach in seine [Kant, Anm. d. Verf.] Philosophie hineinzuarbeiten“.2 Doch auch Kants Gegner wurden von dessen dritter Kritik tief geprägt, was exemplarisch an Herder deutlich wird, der von „d[er] toten Form ohne Inhalt, d[en] Empfindung[en] ohne Begriffe, d[er] Zweckmäßigkeit ohne Zweck, d[er] Überschätzung des Genies und andere[m] mehr“3 wetterte. Allerdings erschöpft sich der 'Wert' der „Kritik der Urteilskraft“ nicht in Kants Theorie der Ästhetik und es würde wohl zu kurz greifen, dieses Werk schlichtweg als den Beitrag des Königsberger Denkers zur „Geschmacksdebatte“ des 18 Jahrhunderts ansehen zu wollen. So vermutete Hannah Arendt in Kants dritter Kritik gar eine verborgene politische Philosophie, welche sie auf Grund ihres frühen Todes jedoch nicht mehr extrahieren konnte.4 Andererseits rechnen einige „Fachphilosophen, sogar […] manche Kant-Forscher [die dritte Kritik] nicht (mehr) zur Pflichtlektüre“ und das, obwohl „eine immense Forschungsliteratur […] seitens der Kant- und Idealismusforscher als auch der Literaturwissenschaftler [und] Biologen“ existiert.5 Hieraus wird offenbar, dass Kants Werk nicht nur für eine Vielzahl von Wissenschaften allgemein von Interesse ist, sondern auch, dass die Meinungen über Inhalt und Sinn weit auseinandergehen. Exemplarisch sei hierfür der renommierte Historiker Jonathan I. Israel angeführt, der Kant - in seiner Trilogie über die Aufklärung - zwischen die beiden gegensätzlichen Pole der „moderaten“ und „radikalen“ Aufklärer positionierte und dabei der „Kritik der Urteilskraft“ eine Schlüsselrolle zuwies: „This, his third Kritik, sprang directly from the Pantheismusstreit and includes a lengthy discussion of Spinoza, and from a Kantian (but by no means from a general) perspective
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Inhalte und Aufgaben der „Kritik der Urteilskraft“
- Die Entstehungsgeschichte der Schrift
- Die „Kritik der ästhetischen Urteilskraft“
- Die Einbildungskraft
- Kunst und Genie
- Das „Naturschöne“ und die „Sprache der Natur“
- Die „Geschmacksdiskussion“ des 18. Jahrhunderts
- Winckelmann, Breitinger, Mendelssohn und Riedel - Anregungen für die Kritik der Urteilskraft?
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Kants „Kritik der Urteilskraft“ und analysiert den Kontext, in dem dieses Werk entstanden ist. Sie beleuchtet die Kernaussagen Kants und deren Relevanz in der damaligen „Geschmacksdebatte“. Dabei wird insbesondere auf Kants ästhetische Theorie und seine Ausführungen zu Kunst und Genie eingegangen.
- Kants Kritik der Urteilskraft als Verbindungsglied zwischen theoretischer und praktischer Philosophie
- Die Rolle der Einbildungskraft und des „Gemeinsinns“ in Kants ästhetischer Theorie
- Das Verhältnis von Natur und Kunst in der „Kritik der Urteilskraft“
- Die Bedeutung des „Geschmacks“ und der „Geschmacksdebatte“ des 18. Jahrhunderts
- Kants Auseinandersetzung mit anderen Denkern und deren Einfluss auf seine Philosophie
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung führt in das Thema „Kritik der Urteilskraft“ ein und beleuchtet die Bedeutung des Werkes für die Philosophiegeschichte. Sie stellt die unterschiedlichen Interpretationen des Werkes und dessen Relevanz für verschiedene Disziplinen heraus. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die „Kritik der Urteilskraft“ im Kontext der „Geschmacksdebatte“ des 18. Jahrhunderts zu betrachten und die Intentionen Kants in diesem Werk zu erschließen.
Inhalte und Aufgaben der „Kritik der Urteilskraft“
Dieses Kapitel analysiert den Aufbau der „Kritik der Urteilskraft“ und identifiziert die wichtigsten Aufgaben des Werkes. Es erklärt die Funktion der Urteilskraft als Verbindungsglied zwischen theoretischer und praktischer Philosophie und beleuchtet die Bedeutung der „formalen Zweckmäßigkeit der Natur“ in Kants System.
Die Entstehungsgeschichte der Schrift
Dieser Abschnitt beleuchtet den Entstehungsprozess der „Kritik der Urteilskraft“ im Kontext des 18. Jahrhunderts und analysiert die Einflüsse, die auf Kant einwirkten. Er untersucht die Diskurse, an denen Kant beteiligt war und die seine Gedanken prägten.
Die „Kritik der ästhetischen Urteilskraft“
Hier wird Kants ästhetische Theorie im Detail betrachtet. Es werden die zentralen Begriffe wie „Schönheit“, „Erhabenheit“, „Geschmack“, „Zweckmäßigkeit“, „Gemeinsinn“, „Kunst“ und „Genie“ definiert und in ihren jeweiligen Kontexten erläutert. Dieses Kapitel analysiert auch die Verbindung zwischen Kants ästhetischer Theorie und seiner Theorie der Urteilskraft.
Die „Geschmacksdiskussion“ des 18. Jahrhunderts
Dieser Abschnitt untersucht die „Geschmacksdebatte“ des 18. Jahrhunderts und beleuchtet die Positionen von wichtigen Denkern dieser Zeit wie Winckelmann, Breitinger, Mendelssohn und Riedel. Es wird analysiert, inwieweit diese Debatten Kants „Kritik der Urteilskraft“ beeinflusst haben.
Schlüsselwörter
Die „Kritik der Urteilskraft“, Urteilskraft, ästhetische Urteilskraft, teleologische Urteilskraft, Einbildungskraft, Geschmack, Schönheit, Erhabenheit, Zweckmäßigkeit, Gemeinsinn, Kunst, Genie, „Geschmacksdebatte“, 18. Jahrhundert, Kant, Philosophie.
- Quote paper
- M.A. Thomas Grunewald (Author), 2012, Kants Ästhetik und die "Geschmacksdebatte" des 18. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/231617