Ein kulturelles Gut ist immer auch ein Produkt. Selbst wenn es kostenfrei und für
jedermann zugänglich ist, liegt es doch im Interesse des Schöpfers, dass möglichst
viele Menschen es wahrnehmen und ihm ihre Aufmerksamkeit schenken.
Orientiert man sich am 3-Sektoren-Modell des 1. Schweizer Kulturwirtschaftsberichts
gibt es im 1. Sektor die Unternehmen der Kulturwirtschaft. Für sie sind Kulturgüter
verwertbare Produkte die sich allein über den Markt finanzieren. Ihr Ziel ist es, bei
möglichst geringem Risiko, hohe Gewinne zu erwirtschaften. Erfolg und Misserfolg
sind in diesem Sektor eindeutig messbar.
Auf der anderen Seite gibt es die Kultureinrichtungen des 2. und 3. Sektors, deren
Anliegen es ist, Kulturangebote entsprechend des öffentlichen Auftrags zur
Gewährleistung der kulturellen Infrastruktur oder auf Basis zivilgesellschaftlichen
Engagements zu erschaffen und den Menschen zugänglich zu machen. Hierzu
zählen vor allem jene Kulturangebote, die nicht allein über den Markt finanziert
werden können.
Staat und Zivilgesellschaft sind sich hier bislang einig, dass mit solchen Angeboten
kein finanzieller Gewinn zu erzielen ist. Allein die Möglichkeit mit dem kulturellen
Produkt „wirtschaftlich sogar erfolgreich sein zu wollen, konnte hingegen eher zum
Ausschluss von der Förderung […] führen.“ Deshalb werden diese Institutionen
durch öffentliche Kulturförderung und private Spenden teilweise bzw. voll finanziert.
Bei näherer Betrachtung kann man jedoch feststellen, dass auch diese Organisationen
einen Markt haben, auf dem sie sich bewegen und Produkte die sie dort anbieten:
• Sie stehen in einem Wettbewerb mit vielen ähnlichen Kulturorganisationen um die
öffentliche Finanzierung und um Spenden von Unternehmen und Privatpersonen.
• Sie bemühen sich um eine möglichst hohe Auslastung und gute Kennzahlen.
• Sie stehen im Wettbewerb mit den Medien und der Kulturwirtschaft um
Aufmerksamkeit, Zeit und Geld der Konsumenten.
• Sie unterliegen den Interessen höchst unterschiedlicher Anspruchsgruppen.
• Sie müssen Eigeneinnahmen generieren und effiziente Organisationsstrukturen
entwickeln, um auf den zunehmenden Kostendruck reagieren zu können.
Auch für diese Organisationen gibt es somit messbaren Erfolg und Misserfolg. [...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Drei-Sektoren-Modell
2.1. Begriffsabgrenzung und theoretische Herleitung
2.2. Merkmale und Rechtsformen von Kulturorganisationen des 3. Sektors
2.3. Meritorische Güter, Stakeholder Value und die besonderen 11 Herausforderungen an Kulturorganisationen des 3. Sektors
3. Strategisches Management
3.1. Management-Modelle im Überblick
3.2. Das neue St.Galler Management Modell
3.3. Der Strategiebegriff, eine Begriffsdefinition
3.4. Was zeichnet strategisches Management aus?
3.5. Phasen der Strategieentwicklung
3.5.1. Initiierungsphase
3.5.2. Analysenphase
3.5.3. Konzeptionsphase
3.5.4. Umsetzungsphase
3.5.5. Evaluation
3.6. Besonderheiten strategischen Managements für Kulturorganisationen des 3. Sektors
4. Darstellung des Untersuchungsgegenstands
4.1. Beschreibung der HipHop-Kultur
4.2. Beschreibung der HipHop Academy Hamburg
5. Strategische Analyse am Beispiel der HipHop Academy Hamburg
5.1. Wertvorstellungsprofil: Die Rolle der Organisation in der Gesellschaft
5.2. Umweltanalyse
5.2.1. Umwelt- und Trend-Analyse mittels Szenariotechnik
5.2.2. Stakeholder-Analyse
5.2.3. Branchenanalyse mittels Konzept der strategischen Gruppen
5.2.4. Analyse der Märkte mittels Segmentierung von Kundengruppen
5.3. Organisationsanalyse und integrierte Betrachtung der Einflusskräfte
5.3.1. Betrachtung der Wertschöpfung mittels Analyse der Wertkette
5.3.2. Analyse der Schlüsselfaktoren
5.3.3. Portfolio-Analyse
5.3.4. SWOT-Analyse
6. Entwicklung eines Strategiekonzepts am Beispiel der HipHop 47 Academy Hamburg
6.1. Entwicklung einer Vision
6.2. Leitbildentwicklung
6.2.1. Theoretische Herleitung
6.2.2. Skizzierung eines möglichen Leitbildes
6.3. Strategieentwurf und Konkretisierung
6.3.1. Strategien auf Ebene der Gesamtorganisation
6.3.2. Strategien auf Ebene der Geschäftseinheiten
7. Entwicklung operativer Ziele und Maßnahmen
7.1. Entwicklung einer strategischen Ziellandkarte
7.2. Entwicklung einer Balanced Scorecard
8. Schlussbetrachtung
9. Anhänge
10. Abbildungsverzeichnis
11. Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Ein kulturelles Gut ist immer auch ein Produkt. Selbst wenn es kostenfrei und für jedermann zugänglich ist, liegt es doch im Interesse des Schöpfers, dass möglichst viele Menschen es wahrnehmen und ihm ihre Aufmerksamkeit schenken.
Orientiert man sich am 3-Sektoren-Modell des 1. Schweizer Kulturwirtschaftsberichts gibt es im 1. Sektor die Unternehmen der Kulturwirtschaft. Für sie sind Kulturgüter verwertbare Produkte die sich allein über den Markt finanzieren. Ihr Ziel ist es, bei möglichst geringem Risiko, hohe Gewinne zu erwirtschaften. Erfolg und Misserfolg sind in diesem Sektor eindeutig messbar.
Auf der anderen Seite gibt es die Kultureinrichtungen des 2. und 3. Sektors, deren Anliegen es ist, Kulturangebote entsprechend des öffentlichen Auftrags zur Gewährleistung der kulturellen Infrastruktur1 oder auf Basis zivilgesellschaftlichen Engagements zu erschaffen und den Menschen zugänglich zu machen. Hierzu zählen vor allem jene Kulturangebote, die nicht allein über den Markt finanziert werden können.
Staat und Zivilgesellschaft sind sich hier bislang einig, dass mit solchen Angeboten kein finanzieller Gewinn zu erzielen ist. Allein die Möglichkeit mit dem kulturellen Produkt „wirtschaftlich sogar erfolgreich sein zu wollen, konnte hingegen eher zum Ausschluss von der Förderung […] führen.“2 Deshalb werden diese Institutionen durch öffentliche Kulturförderung und private Spenden teilweise bzw. voll finanziert.
Bei näherer Betrachtung kann man jedoch feststellen, dass auch diese Organisationen einen Markt haben, auf dem sie sich bewegen und Produkte die sie dort anbieten:
- Sie stehen in einem Wettbewerb mit vielen ähnlichen Kulturorganisationen um die öffentliche Finanzierung und um Spenden von Unternehmen und Privatpersonen.
- Sie bemühen sich um eine möglichst hohe Auslastung und gute Kennzahlen.
- Sie stehen im Wettbewerb mit den Medien und der Kulturwirtschaft um Aufmerksamkeit, Zeit und Geld der Konsumenten.
- Sie unterliegen den Interessen höchst unterschiedlicher Anspruchsgruppen.
- Sie müssen Eigeneinnahmen generieren und effiziente Organisationsstrukturen entwickeln, um auf den zunehmenden Kostendruck reagieren zu können.
Auch für diese Organisationen gibt es somit messbaren Erfolg und Misserfolg. Die simple Schaffung gesellschaftsrelevanter Kulturgüter allein reicht daher nicht mehr aus, um das eigene Überleben zu sichern. Kulturorganisationen des 2. und 3. Sektors sind „mit immer dynamischeren und komplexeren Entwicklungen in ihrem Umfeld“3 konfrontiert. Das Treffen existenz- und zukunftssichernder Entscheidungen wird immer anspruchsvoller. Die Analyse der internen und externen Rahmen- bedingungen, die Formulierung einer Vision für die Zukunft der Organisation sowie eine strategische Planung sind für diese Organisationen von existenzieller Bedeutung.
Kulturorganisationen des 2. und 3. Sektors können hier von den Unternehmen der Kulturwirtschaft lernen. Dabei geht es jedoch nicht darum, deren Instrumente und Werkzeuge ungefragt zu kopieren. Vielmehr müssen sie den spezifischen Besonderheiten und den individuellen Zielen angepasst werden.
Diese Diplomarbeit stellt daher die Frage: Wie kann strategisches Management für Kulturorganisationen des 3. Sektors gestaltet werden? Beantwortet werden soll sie am Beispiel der HipHop Academy Hamburg, einem Nonprofit-Projekt zur professionellen Talent- und Potentialförderung junger Künstler.
Hierzu wird exemplarisch beleuchtet, welche Möglichkeiten sich ergeben, wenn Kulturorganisationen des 3. Sektors Methoden und Werkzeuge übernehmen, die bislang gemeinhin der klassischen Kulturwirtschaft zugewiesen wurden. Dabei sollen auch jene Besonderheiten aufgezeigt werden, welche sich aus der Tatsache ergeben, dass es sich um so genannte Nonprofit-Organisationen handelt. Zugleich wird aber auch auf Überschneidungen zwischen den Sektoren hingewiesen.
Hier geht es jedoch nicht allein um die Vermittlung von Techniken und Werkzeugen. Vielmehr möchte diese Diplomarbeit zu einer veränderten Sichtweise auf den 3. Sektor anregen. Der Leser soll ein Verständnis für Märkte, Mitbewerber und Stakeholder sowie Anforderungen an Kulturorganisationen des 3. Sektors entwickeln.
Die Arbeit beschränkt sich bewusst auf die Betrachtung des 3. Sektors. Zwar lassen sich nach Ansicht des Verfassers viele der hier behandelten Aspekte und Methoden auch auf Kulturorganisationen des 2. Sektors übertragen. Dennoch weisen beide Sektoren markante Unterschiede in ihrer Struktur und ihren Rahmenbedingungen auf. Eine pauschale, die Sektoren 2 und 3 zusammenfassende Bearbeitung, birgt daher immer auch das Risiko, dass spezifische Aspekte unberücksichtigt bleiben.
In einem ersten theoretischen Teil wird zunächst das 3-Sektoren-Modell beleuchtet. Dabei wird eine Begriffsabgrenzung sowie eine theoretische Herleitung des Modells mit besonderem Augenmerk auf den 3. Sektor vorgenommen.
Der zweite Theorieteil betrachtet kurz verschiedene Managementmodelle und diskutiert diese. Im Anschluss wird das neue St.Galler Management-Modell als Grundlage für den praktischen Anwendungsteil vorgestellt. Zudem werden der Strategiebegriff abgegrenzt, Merkmale des strategischen Managements vorgestellt und die einzelnen Phasen der klassischen Strategieentwicklung beschrieben.
Im dritten Teil dieser Diplomarbeit wird das Untersuchungsbeispiel vorgestellt, welches im vierten und praktischen Teil als Grundlage für eine exemplarische Strategieentwicklung dient.
Wichtig ist folgender Hinweis. Die vorliegende Diplomarbeit dient nicht dazu eine umfassende, in der Praxis anzuwendende Strategie zu entwickeln und in die vorgestellte Organisation zu implementieren. Zwar ist der Verfasser Mitarbeiter der HipHop Academy Hamburg. Doch gerade deshalb ergeben sich arbeitsrechtliche Grenzen, was das Nennen von Zahlen und Fakten angeht, die unter das Betriebsgeheimnis fallen. Zudem gibt es von der Organisation keinen entsprechenden Arbeitsauftrag. Darüber hinaus würde eine abschließende und in der Praxis realisierte Strategieentwicklung den inhaltlichen und zeitlichen Rahmen dieser Arbeit sprengen.
Aus diesen Gründen beschränkt sich diese Diplomarbeit darauf, eine Strategie- entwicklung exemplarisch für Kulturorganisationen des 3. Sektors zu beschreiben und die hierfür notwendigen Methoden und Werkzeuge anhand des gewählten Beispiels vorzustellen und theoretisch anzuwenden. Im Ergebnis sollen so die Möglichkeiten, Besonderheiten und Chancen aufgezeigt werden, die eine Strategieentwicklung für Organisationen des 3. Sektors bieten. Die erarbeitete Strategie selbst stellt im Ergebnis lediglich eine theoretische Option dar.
Abschließend gilt es den Kulturbegriff einzugrenzen. In der vorliegenden Arbeit ist Kultur als die Gesamtheit der Lebensäußerungen der menschlichen Gesellschaft in Sprache, Religion, Wissenschaft, Kunst und anderen Bereichen zu verstehen4. Kulturgüter werden hier als Zusammenfassung der verschiedenen Formen der physischen Bereitstellung kultureller Inhalte sowie die Dienstleistungen zu deren Vermittlung betrachtet.5
2. Das Drei-Sektoren-Modell
Im Schlussbericht der Enquete Kommission des Deutschen Bundestages „Kultur in Deutschland“ von 2008 wird festgestellt, dass es bisher keine einheitliche Begrifflichkeit für die kulturellen Akteure und Organisationen in Deutschland gab. Vielmehr gab es im internationalen Vergleich wie auch auf Bundesebene höchst unterschiedliche Vorstellungen darüber, was unter Kulturwirtschaft zu verstehen ist6.
Die Uneinheitlichkeit bezog sich sowohl auf die Trägerschaft der Organisationen als auch darauf, welche Wirtschaftszweige und Teilbranchen einzubeziehen sind. So untersuchte Hamburg in seinem ersten Kulturwirtschaftsbericht 2006 den erwerbswirtschaftlichen, den gemeinnützigen sowie den öffentlichen Bereich kulturellen Treibens7. Wohingegen sich die meisten anderen Bundesländer mehrheitlich ausschließlich am erwerbsorientierten Kulturwirtschaftsbegriff orientierten. In der Folge empfahl die Enquete Kommission den Begriff „Kultur- und Kreativwirtschaft“ für den erwerbsorientierten Sektor zu verwenden. Zugleich sollte jedoch neben der wirtschaftlichen Erfassbarkeit und Anbindung an die europäische Sichtweise auch die zivilgesellschaftlichen und die öffentlichen Sektoren einbezogen werden. Deshalb sollte „unter Beachtung der Interdependenzen zu Staat und Zivilgesellschaft […] von dem Drei-Sektoren-Modell […] ausgegangen werden.“8
2.1. Begriffsabgrenzung und Herleitung des Drei-Sektoren-Modells
Das drei Sektoren-Modell wurde erstmalig im 1. Schweizer Kulturwirtschaftsbericht von 2003 vorgestellt9. In der Folge wurde es von zahlreichen Ländern adaptiert und ist inzwischen praktisch europaweit nachvollziehbar.
Marktwirtschaftliche und öffentlich finanzierte Kulturprodukte und Dienstleistungen werden in der Regel nach unterschiedlichen Maßstäben bewertet und politisch begründet. Das Drei-Sektoren-Modell unterteilt deshalb die drei relevanten Teilbereiche: Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft und grenzt diese voneinander ab. Zugleich ermöglicht es die Darstellung relevanter Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen den Teilbereichen. Vor allem werden so die „kapillaren Austauschbeziehungen“10 zwischen den Sektoren deutlich.
Abbildung 1: Das Drei-Sektoren-Modell des Kultur- und Kreativsektors:11
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Sektoren Wirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft werden „als Segmente eines Kreises gesehen, in dessen Zentrum die selbständigen Künstler und Kultur- schaffenden stehen.“12
Der Sektor Wirtschaft kann als gewinnorientierter, über den Markt finanzierter Bereich charakterisiert werden. Er wird auch als privater oder erster Sektor bezeichnet. In ihm finden sich die klassischen Unternehmen der Kulturwirtschaft wie Plattenfirmen, Buchverlage oder private Konzertveranstalter13.
Der Sektor Staat oder auch zweiter Sektor umfasst hingegen „das Handeln aller Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Kommunen). Er ist durch die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben sowie durch die „primäre Finanzierung über Steuern und Abgaben gekennzeichnet“.14 Es ist der öffentliche Sektor durch den Bund, Länder und Kommunen ihrem Auftrag zur kulturellen Grundversorgung gerecht werden. Hier finden sich beispielsweise Staatstheater, öffentliche Museen oder Opernhäuser wieder15.
Der dritte Sektor ist der Bereich der Zivilgesellschaft bzw. der intermediäre Sektor. Er hat in Deutschland keine eigene Forschungstradition, basiert aber auf verschiedenen internationalen Untersuchungen (unter anderem: „John Hopkins Non- Profit-Sector Comparative Project“ sowie „Centre International de Recherches et d'Information sur l'Economie Publique, Sociale et Coopérative“)16.
Im Ergebnis kann man ihn als einen Bereich definieren, der durch Staat, Markt und Gemeinschaft bzw. Familie abgegrenzt wird. „Organisationen des Dritten Sektors zeichnen sich durch ökonomische, politische sowie gesellschaftlich-integrative Funktionen aus.“17 Sie erbringen „gesellschaftliche Funktionsleistungen, die von den beiden anderen Sektoren nicht (angemessen) bereitgestellt werden.“18 Dabei zeichnen sie sich durch ein geringes Maß an Amtlichkeit aus. Zugleich besteht ihre Zielsetzung nicht in der Gewinnmaximierung19.
Die Künstler selbst bewegen sich „gerne und gezielt zwischen den einzelnen Branchen und Sektoren“20 und erhalten Aufträge aus allen drei Sektoren. Ebenso interagieren auch die Kulturorganisationen über Sektorengrenzen hinweg. So pflegen beispielsweise die Tonträgerindustrie und der öffentlich-rechtliche Rundfunk eine enge Austauschbeziehung, obwohl sie unterschiedlichen Sektoren angehören.
Zugleich gilt jedoch: Wenn „das Bewusstsein für die unterschiedlichen Formen von privatwirtschaftlichen, öffentlichen und gemeinnützigen Angeboten verloren geht, weil alles unter marktwirtschaftlichen Kriterien zu bewerten ist, wäre dies für die Zukunft des Kultursektors als Ganzes eine große Gefahr.“21 Denn dann könnten die charakterlichen Unterschiede der jeweiligen kulturellen Angebote, welche die kulturelle Vielfalt garantieren, mangels Unterscheidbarkeit verloren gehen. In diesem Sinne trägt das 3-Sektoren-Modell mit seinen Sektoren dazu bei, die einzelnen Bereiche mit ihren Anforderungen und Besonderheiten sichtbar zu machen.
2.2. Merkmale und Rechtsformen von Kulturorganisationen des 3. Sektors
Zur Mitte des 19. Jahrhunderts war das kulturelle Leben in Deutschland stark zivilgesellschaftlich geprägt, etwa durch Volksbühnen. Dies wurde jedoch vor allem während der Zeit des Nationalsozialismus im 3. Reich unterbrochen. Er stellte die Kultur in den Dienst der Staatspropaganda.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde Kultur zur öffentlichen Aufgabe, da sie „geeignet schien, dem Land der Dichter und Denker etwas vom verloren gegangenen Glanz wiederzugeben.“22 Somit erhielt die staatliche Kulturförderung einen hohen Stellenwert, so dass heute die Einrichtungen der sogenannten Hochkultur wie Museum, Ballett, Oper und Theater in Deutschland, anders als beispielsweise in den Niederlanden, überwiegend in öffentlicher Trägerschaft organisiert sind.
In den 1970er Jahren gewann der deutsche Kulturbetrieb die Bedeutung einer kritischen Öffentlichkeit zurück. Ergebnis war die Entstehung einer freien Kulturszene, bestehend aus soziokulturellen Zentren und freien Theatern. Sie bilden zusammen mit den traditionellen Kulturvereinen (wie den Sport-, und Freizeitvereinen) den 3. Sektor im Kulturbereich. Inzwischen gehört die Kultur zu den bedeutendsten Wachstumsbereichen im 3. Sektor23.
Kulturorganisationen des 3. Sektors weisen in der Regel die Struktur einer Nonprofit- Organisation auf. Nun lässt sich der Begriff „Nonprofit-Organisation“ (hier: NPO) jedoch nicht trennscharf definieren, da sie in vielfältigen Formen auftritt. Dennoch gibt es einige Merkmale nach denen eine allgemeine Einordnung vorgenommen werden kann:24
- NPO sind nicht auf Gewinn ausgerichtet. „Sie verkaufen i.d.R. nicht individuell nutzbare Güter und/oder Dienstleistungen gegen mindestens kostendeckende Preise, um auf Konkurrenzmärkten Gewinne […] aus dem investierten Kapital zu erzielen (wie die Profit-Unternehmung)“25
- NPO dienen gemeinnützigen sozialen, kulturellen oder wissenschaftlichen Zielsetzungen ihrer Mitglieder und nehmen ergänzend zu Staat und Markt spezifische Zwecke der Bedarfsdeckung, Förderung oder Interessenvertretung wahr.
- NPO sind in der Regel private, also nicht-staatliche Organisationen.
- NPO zeichnen sich durch ein Mindestmaß an formaler Organisation aus.
- NPO dürfen keine Gewinne an Eigentümer oder Mitglieder ausschütten. Es ist ihnen aber nicht verwehrt Gewinne zu erwirtschaften. Diese müssen jedoch in der Organisation verbleiben und dem Unternehmenszweck dienen.
- NPO weisen ein Minimum an Selbstverwaltung und Entscheidungsautonomie auf.
- NPO sind stets durch ein Mindestmaß an Freiwilligkeit, wie ehrenamtliche Arbeit, gekennzeichnet. „Darüber hinaus bezieht sich das Kriterium der Freiwilligkeit auf freiwillige Übertragungen von Haushalten an NPO, also auf (Geld-)Spenden.“26
Nonprofit-Organisationen können verschiedene Organisationsformen aufweisen. Ihre konkrete Gestalt entsteht „aus der Kombination der organisatorischen Rechtsform im engeren Sinn mit dem steuerlichen Kriterium der Gemeinnützigkeit.“27 Kulturorganisationen des 3. Sektors sind jedoch stets in der Rechtsform des Privatrechts organisiert, meist in der juristischen Form von Vereinen, Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Stiftungen.
Ob eine Kulturorganisation in Deutschland nun als Nonproft-Organisation anerkannt wird und somit dem 3. Sektor zugerechnet werden kann, hängt wesentlich von ihrer Anerkennung auf Gemeinnützigkeit ab. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind „in Form von Generalklauseln (z.B. Gemeinwohlorientierung, Mildtätigkeit, Selbstlosigkeit), zum anderen als Aufzählung der steuerbegünstigten Zwecke (z.B. Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur, Religionsausübung, […]) und schließlich in Form von Verfahrensanforderungen hinsichtlich der Verfolgung der gemeinnützigen Zwecke (Selbstlos, ausschließlich, unmittelbar)“28 definiert.
2.3. Meritorische Güter, Stakeholder und die Herausforderungen an Kulturorganisationen des 3. Sektors
Wie bereits erwähnt, haben die Unternehmen der Kulturwirtschaft eine eindeutige Zielsetzung. Sie haben Produkte, die sie erstellen und/oder verwerten und sie bewegen sich auf Märkten, also an jenen Orten, wo Angebot und Nachfrage zusammentreffen und aufgrund dessen sich Preise bilden29.
Organisationen des 2. Sektors sind durch Bund, Ländern oder Kommunen beauftragt Kulturangebote im Sinne meritorischer Güter zur Verfügung zu stellen. Also jene Güter, deren Bereitstellung durch den Staat damit gerechtfertigt wird, dass aufgrund verzerrter Präferenzen der Konsumenten die am Markt geäußerten Nachfragewünsche zu einer, gemessen am gesellschaftlich wünschenswerten Versorgungsniveau, suboptimalen Allokation dieser Güter führen.30 Somit übernehmen sie eine ergänzende Aufgabe in der Bereitstellung von Kulturgütern. Kulturorganisationen des 2. Sektors können deshalb auf eine „gewisse finanzielle Sicherheit“31 vertrauen.
Kulturorganisationen des 3. Sektors geben sich ihre Legitimation zunächst einmal selbst. Aufgrund zivilgesellschaftlichen Engagements werden jene Organisationen gegründet. Sie verfolgen in der Regel keine vordergründigen wirtschaftlichen Ziele, sondern ideelle Interessen. Jedoch haben sie zunächst auch keinen öffentlichen Versorgungsauftrag, der ihre Existenz rechtfertigt und absichert. Ihre Finanzierung basiert in der Regel auf einer Mischkalkulation bestehend aus:
- Eigeneinnahmen aus Mitgliedsbeiträgen sowie aus Wirtschaft- und Zweckbetrieben
- Spenden und andere Zuwendungen im ideellen Bereich der Nonprofit-Organisation
- Leistungsbezügen durch staatliche Versorgungsaufträge
Kulturorganisationen des 3. Sektors stehen daher vor besonderen Herausforderungen die ein strategisches Management erforderlich machen. „Mit systematischen strategischen Überlegungen können sich Non-Profit-Organisationen Erfolgspotentiale schaffen, welche ihr Überleben langfristig sichern“32. Zwei Aspekte sollen in diesem Zusammenhang näher beleuchtet werden:
- Kulturorganisationen des 3. Sektors sind von zahlreichen höchst unterschiedlichen Anspruchsgruppen (im Folgenden: Stakeholder) umgeben. Dies sind alle
„internen und externen Personengruppen, die von den unternehmerischen Tätigkeiten gegenwärtig oder in Zukunft direkt oder indirekt betroffen sind.“33 Hierzu zählen u.a. Mitarbeiter, Ehrenamtliche, externe Gruppen wie Geld- und Gesetzgeber, Mitbewerber und Nutznießer der Angebote.34
Insofern gibt es auch für Kulturorganisationen des 3. Sektors nicht nur Kunden und Konkurrenten, sondern auch zahlreiche weitere Personengruppen an denen sie sich orientieren müssen, wollen sie erfolgreich sein.
Eine sorgfältige strategische Analyse des Stakeholder-Umfelds erlaubt es einer Kulturorganisation des 3. Sektors überhaupt erst zielgerichtet zu planen, zu agieren und letztlich Erfolg zu generieren.
- Kulturorganisationen des 3. Sektors bieten Dienstleistungen und Produkte in Form von Kulturangeboten an. Diese werden jedoch selten direkt und vollständig vom „Kunden“ bezahlt. Vielmehr werden sie in der Regel über Spenden, Förder- maßnahmen und Leistungsbezüge voll- oder teilfinanziert.
Der Erfolg einer Kulturorganisation des 3. Sektors wird deshalb nicht vorrangig an ihren Einnahmen gemessen, sondern vielmehr an ihren Kennzahlen. Dies sind jene Zahlen, die beispielsweise Auskunft darüber geben, wie viele Menschen die kulturellen Angebote einer Organisation genutzt haben.
Diese Kennzahlen sind ausschlaggebend dafür, ob eine Kulturorganisation des
3. Sektors eine Förderung, eine Spende oder Leistungsbezüge vom Staat erhält oder ihr Mitbewerber. Daher ist die strategische Wahl der Angebote und Märkte ein wichtiger Erfolgsfaktor für diese Organisation. „Jede Institution muss sich der unternehmerischen Verantwortung stellen und kann nicht gleichgültig bleiben, wenn ein Angebot nicht angenommen wird.“35
3. Strategisches Management
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, kann strategisches Management Orientierung bieten und helfen, die besonderen Herausforderungen vor denen Kulturorganisationen des 3. Sektors stehen, zu meistern. Im folgenden Kapitel werden daher zunächst einzelne Managementansätze und -modelle vorgestellt. Besonderes Augenmerk wird dabei auf das neue St. Galler Management-Modell gelegt. Im Anschluss werden die verschiedene Phasen der Strategieentwicklung theoretisch vorgestellt und erläutert.
3.1. Management-Modelle im Überblick
Die Frage, wie Management und hier strategisches Management betrieben wird, hängt maßgeblich von der Sichtweise des Managers auf die Organisation ab. In diesem Zusammenhang kann zwischen zwei grundlegenden Ansätzen der Organisations- theorie unterschieden werden:
- Der klassisch instrumentelle Theorieansatz basiert auf der Annahme, „dass sich bestimmte Merkmale der Organisation in einer objektiven Weise erfassen lassen.“36 Daraus resultiert die Forderung, dass es für jedes Problem einen logischen Lösungsansatz geben muss, den es zu finden gilt. Die bekanntesten Vertreter dieser Organisationstheorie waren der Begründer der wissenschaftlichen Betriebsführung Fr ederick W. T aylor (1856 - 1915) sowie der deutsche Soziologe Max Weber ( 1864 - 1920) welcher u. a. das Bürokratiemodell entwickelte.
Die klassisch-instrumentelle Organisationstheorie war Gegenstand zahlreicher kritischer Betrachtungen. Hauptkritikpunkt war die Annahme einer objektiven Realität sowie die Forderung nach einem „One-best-way“ zur Problemlösung. Inzwischen weiß man: „Ein Denkschema, das die organisationale Wirklichkeit durch einfach gebaute kausale und lineare Verknüpfungen widerspiegelt, wird der ‚alltäglichen‘ Wirklichkeit komplexer Systemzusammenhänge nicht mehr gerecht.“37
- Die systemisch-konstruktivistische Organisationstheorie basiert auf der Annahme, dass Wissen und Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Vielmehr ist Wissen das Ergebnis eines Interpretierens der Wirklichkeit. Wahr ist somit „was wahrgenommen wird“.38 Organisationen sind nach dem deutschen Soziologen Niklas Luhmann komplexe soziale Systeme die eine System-Umwelt-Differenz aufweisen und sich durch Kommunikation laufend selbst herstellen. Ihre Elemente stehen in einer dynamischen Beziehung zueinander und bilden einen ganzheitlichen Zusammenhang.39
Demnach sind sie nicht beschreibbar wenn man die Aufmerksamkeit lediglich auf ein Element richtet. „Vielmehr hat man das gesamte System mit seinen Schnittstellen zu berücksichtigen.“40 Organisationen reagieren zudem nicht immer logisch, sondern folgen eigenen, oft auch widersprüchlichen Regeln. Führung wird deshalb hier nicht als Steuerung und Kontrolle von Prozessen verstanden, sondern als zielorientierte Beeinflussung zahlreicher Faktoren.
Kritisch betrachten lässt sich diese Theorie aufgrund des hohen begrifflichen Abstraktionsniveaus und der Tatsache, dass es sich um eine „empirisch nicht prüfbare Begriffskombinatorik“41 handelt, die wenig eindeutige Handlungsleitlinien bietet. Dennoch scheint sie hier zielführend zu sein. Da sie eine ganzheitliche Betrachtung komplexer und dynamischer Einflussfaktoren erlaubt.
Basierend auf der Systemtheorie gibt es zahlreiche Management-Modelle, die im Organisationsalltag Orientierung und Struktur bieten. Hierzu zählen u. a.:
- Der Zürcher Ansatz von Prof. Dr. Edwin Rühli. Er dient dazu unterschiedliche Phänomene der Personalführung in seiner Gesamtheit zu erfassen und mit Hilfe eines integrierten Bezugsrahmens zu strukturieren. Führung bedeutet in diesem Zusammenhang die „Steuerung der multipersonalen Problemlösung“42 mit dem Ziel der Gesamtführung einer Unternehmung
- Das 7-S-Modell des Beratungsunternehmens McKinsey. Es wurde Anfang der 1980er Jahre entwickelt und ist ein umfassendes und systematisches Modell zur Analyse der eigenen Organisation. Es stellt sieben Kernvariablen dar, die für die Gestaltung einer Organisation wesentlich sind. Neben harten Einflussfaktoren (Strategie, Struktur und Prozesse) gehören hierzu weiche Größen (Zusammen- arbeitsstil, Fähigkeiten, Personal und Werte). Zudem werden die Wechselwirkungen und Abhängigkeiten zwischen den Faktoren fokussiert. Auf diese Weise lässt sich erkennen, wie sich das Gesamtbild einer Unternehmung verändert, wenn einzelne Faktoren modifiziert werden43.
- Das EFQM-Modell ist ein Qualitätsmanagementsystem der European Foundation for Quality Management. Es erlaubt eine ganzheitliche Sicht auf Organisation. Dazu gliedert es Organisationen nach fünf Voraussetzungskriterien (Führung, Politik & Strategie, Mitarbeiter, Partnerschaften & Ressourcen und Prozesse) sowie vier Ergebniskriterien (mitarbeiter- und kundenbezogene Ergebnisse sowie gesellschaftsbezogene- und Schlüsselergebnisse). Das EFQM-Model stellt dabei die Kundenbeziehungen der Organisation in den Fokus der Betrachtungen und zielt auf die Einführung einer umfassenden, systematischen und regelmäßigen Selbstbewertung der Tätigkeiten und Ergebnisse von der Organisation.
Für die Zielsetzung einer Strategieentwicklung für Kulturorganisationen des 3. Sektors scheint jedoch keines der vorgestellten Modelle passgenau zu sein. Der Zürcher Ansatz konzentriert sich zu sehr auf den Aspekt der Führung. Das 7-S- Modell ist zwar ein umfassendes Managementmodell, jedoch hat es vor allem die interne Organisationsanalyse im Blick und weniger die externen Stakeholder, die für eine Strategieentwicklung von enormer Bedeutung sind. Das EFQM-Modell fokussiert hingegen vor allem das Qualitätsmanagement einer Organisation und weniger deren strategische Planung.
Diese Arbeit wird sich deshalb auf das Neue St.Galler Management-Modell als Basis für die Strategieentwicklung stützen. Es ist ein sehr umfassendes, integrativ- ganzheitliches Management-Modell, welches sich in der Praxis als „Landkarte durch den Managementdschungel“44 bewährt hat und eine unmittelbare Anwendbarkeit in der Praxis erlaubt.
3.2. Das neue St.Galler Management Modell
Das St.Galler Management-Modell ist ein in den 1960er Jahren an der Universität St.Gallen entwickelter systemorientierter Management-Bezugsrahmen. Das Modell wurde 2002 zum Neuen St.Galler Management-Modell weiter entwickelt. Es bildet nun „einen Ordnungsrahmen, der logische Verbindungen und bestimmte Wirkungszusammenhänge zwischen Wichtigem aufzeigt und damit in Situationen hoher Ungewissheit und Mehrdeutigkeit einer raschen Orientierung (im Sinne des ‚sense-making‘) dient.“45
Das Modell begreift Organisationen als komplexe Systeme und betrachtet die Bereiche Normatives, Strategisches und Operatives Management als Aufgaben ganzheitlicher Unternehmensführung.
Abbildung 2: Das neue St.Galler Management-Modell46:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Modell unterteilt die Außenwelt der Organisation nach:
- Stakeholder, also Personen oder Gruppen die ein irgendwie geartetes Interesse an der Organisation haben. Bei einem strategischen Anspruchsgruppenkonzept liegt der Fokus vor allem auf jenen Anspruchsgruppen, die einen großen Einfluss auf die Organisation ausüben können.
- Umweltsphären sind wichtige Bezugsräume im Umfeld der Organisation, mit denen diese in Wechselbeziehungen steht. Hierzu gehören:
- Gesellschaft, die mit ihren Diskursen maßgeblich bestimmt, wie Umwelt wahrgenommen und welche Trends von der Organisation aufgegriffen werden.
- Natur als variable Größe, welche laufend durch gesellschaftliche Diskurse verändert wird.
- Technologie, welche ebenfalls stark von gesellschaftlichen Diskursen geprägt aber auch eng mit der ökonomischen Dynamik verbunden ist.
- Wirtschaft, als „ureigener Nährboden einer Unternehmung, mit dem wann immer möglich eine nachhaltig tragfähige symbiotische Beziehung einzugehen ist.“47
- Interaktionsthemen sind die Gegenstände der Austauschbeziehungen zwischen den Stakeholdern und der Organisation. Hierzu zählen Ressourcen, Normen und Werte sowie Anliegen und Interessen. Eine Organisation muss sich deshalb laufend mit ihren generellen Zielen, Prinzipien, Normen sowie den Spielregeln nach denen sie interagieren möchte auseinandersetzen.
Für die Innensicht der Organisation benennt das Modell folgende zentrale Begriffe:
- Prozesse als Rahmen in dem die Wertschöpfungsaktivitäten und die dafür notwendige Führungsarbeit erbracht werden. Unterschieden wird dabei zwischen:
- Managementprozessen wie normative, strategische und operative Führung,
- Geschäftsprozessen im Sinne marktbezogener Kernaktivitäten,
- Unterstützungsprozessen zur Bereitstellung und Sicherung der Infrastruktur.
- Ordnungsmomente als Instrument um das „Alltagsgeschehen auf die Erzielung bestimmter Wirkungen und Ergebnisse auszurichten.“48 Die Teilbereiche sind
- Strategie im Sinne der langfristigen Orientierung,
- Struktur im Sinne der Koordination der Geschäftsprozesse,
- Kultur als gemeinsamer Sinnhorizont.
- Entwicklungsmodi als die unterschiedlichen Arten der Weiterentwicklung von Organisationen. Durch ständige Optimierung und Erneuerung wird sichergestellt, dass die Organisation laufend auf die hohe Umweltdynamik reagieren kann.
Diese Grundkategorien beziehen sich auf zentrale Dimensionen des Managements. Management wird hier als ein „Gestalten, Lenken (Steuern) und Weiterentwickeln zweckorientierter soziotechnischer Organisationen“49 zusammengefasst. Das neue St.Galler Management-Modell bietet der Führungskraft dabei ein „umfassendes Analyseraster“50 um die eigene Organisation und deren Rahmenbedingungen ganzheitlich zu erkennen und Probleme zu identifizieren und zu lösen.
3.3. Der Strategiebegriff, eine Begriffsdefinition
Strategie ist ursprünglich ein militärischer Begriff, der aus dem alten Griechenland stammt. Er bezeichnete die „Lehre von der Kriegsführung, die den Plan zur Erreichung eines Ziels entwickelt und die Bedingungen dafür analysiert, im Unterschied zur operativen Führung und zur Taktik“51
Die Betriebswirtschaftslehre definiert Strategie als die „grundsätzliche, langfristige Verhaltensweise […] der Unternehmung […] gegenüber ihrer Umwelt zur Verwirklichung der langfristigen Ziele.“52
Ende der 1960er Jahre gewann der Strategiebegriff als Folge eines sich verschärfenden Wettbewerbs an Bedeutung. Nonprofit-Organisationen übernahmen die Idee des strategischen Managements hingegen erst in den 1990er Jahren, als „Subventionen selektiver und insgesamt spärlicher zu fließen begannen, sodass neue Positionierungen im vorhandenen Umfeld gesucht werden mussten.“53
Strategie wird jedoch nicht als ein restriktives Korsett definiert. Vielmehr bildet sie eine Art von Wegweisern oder Leitplanken, welche die grundlegende Entwicklungsrichtung einer Organisation vorgeben und zugleich Bewegungsspielräume ermöglichen54.
Mithilfe einer Strategie soll aufgezeigt werden, wie sich eigene Stärken bewahren und weiterentwickeln lassen, wie sich neue Fähigkeiten aufbauen lassen und wo Chancen bestehen, die es mit diesen Stärken zu nutzen gilt. Auf diese Weise werden die Ressourcen der Organisation auf ein strategisches Ziel hin gebündelt.
Der kanadische Managementwissenschaftler Henry Mintzberg hat fünf Grundmuster des Strategieverständnisses erkannt55.
- Strategie als Plan: Ziele und Strategien werden systematisch analysiert und entworfen. Sie beschreiben einen Weg mit dem ein Ziel erreicht werden soll.
- Strategie als Muster: Strategien basieren auf charakteristischen Mustern und Werten innerhalb der Organisation. Kernthemen sind Kultur und Lernfähigkeit.
- Strategie als Position: Strategien zielen auf eine Positionierung der eigenen Leistungen in Bezug auf bestimmte Märkte, Produkte oder Kundensegmente.
- Strategie als Perspektive: Strategien implizieren eine bestimmte Art sich und die Umwelt zu sehen. Dies kann in einer Vision oder einem Leitbild artikuliert sein.
- Strategie als Spielzug: Strategie ist auf antizipierte Aktionen und Reaktionen der Stakeholder abgestimmt.
Demnach kann Strategie abhängig vom jeweiligen Blickwinkel unterschiedlich begriffen werden. Strategisches Denken ist daher vor allem eine Art ganzheitlichen Sehens. Dabei geht es darum den strategischen Blick nicht nur in die Zukunft und Vergangenheit zu richten. Im Sinne der ganzheitlichen Betrachtung soll der Blick vielmehr auch über die Dinge hinaus, unter die Oberfläche sowie zu den Seiten auf der Suche nach Alternativen gerichtet werden.56
3.4. Was zeichnet strategisches Management aus?
Strategisches Sehen allein reicht nicht aus um nachhaltig erfolgreich zu sein. Vielmehr ist eine systematische Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Zukunftssicherung notwendig. Strategisches Management erfolgt hierbei auf drei Ebenen57:
- Normative Ebene: Definition der Werte und Ziele der Organisation
- Strategische Ebene: Festlegung wie die normativen Ziele langfristig erreicht werden sollen und welche Voraussetzungen hierfür geschaffen werden müssen.
- Operative Ebene: Formulierung operativer Maßnahmen zur Zielerreichung
In einem komplexen Entscheidungsprozess bei dem vor allem die Bedürfnisse, Interessen und Werthaltungen betroffener Stakeholder berücksichtigt werden, wird eine Strategie erarbeitet. Hierzu muss zunächst die grundlegende Entwicklungs- richtung der Organisation anhand folgender Fragestellung bestimmt werden.
Abbildung 3: Inhaltliche Fragestellung einer Strategie58
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
- Anspruchsgruppen: Was wünschen die Stakeholder und wie soll mit ihnen kommuniziert werden?
- Leistungsangebot: Welche Leistungen sollen zukünftig angeboten werden?
- Fokus der Wertschöpfung: Welcher Teil der Gesamtwertschöpfung soll selbst erbracht werden? Welche Teilleistungen werden anderen überlassen?
- Kooperationsfelder: In welchen Bereichen und mit welchen Partnern können Kooperationen vereinbart werden?
- Kernkompetenzen: Welche Fähigkeiten sind in der Organisation vorhanden und welche müssen erst entwickelt werden?
Die Ergebnisse dieser fünf Fragestellungen liefern eine strategische Orientierung und bilden damit die Grundlagen für die Strategieentwicklung. Wichtig dabei: Eine tragfähige Strategie darf sich „keinesfalls auf die blosse Formulierung inhaltlicher Unternehmensziele beschränken, sondern muss stets auch konkrete Wege zur Realisierung der erarbeiteten Ziele aufzeigen.“59
Henry Mintzberg unterscheidet nun zehn verschiedene Denkschulen der Strategie- entwicklung60, welche sich nach Glatz und Graf-Götz zu vier Grundrichtungen zusammenfassen lassen 61. Sie werden hier verkürzt dargestellt:
- Der intuitive Ansatz betrachtet die Strategieentwicklung primär erfahrungs- und intuitionsgestützt als Aufgabe der Organisationsspitze. Zentrale Figur ist der allwissende Unternehmer, welcher die strategische Ausrichtung subjektiv vorgibt.
- Der expertenorientierte Ansatz basiert auf rationaler Analyse externer Fachleute. Diese erarbeiten Konzepte, Modelle und Expertisen und beraten das Management bei der Entscheidungsfindung.
- Der evolutionäre Lernansatz basiert auf der Annahme, dass erfolgreiche Strategien zufällig aus dem alltäglichen Handeln entstehen. Der Ansatz stellt das Lernen sowie hierarchieübergreifende Interaktion in den Vordergrund, da auf dieser Basis emergente, also aus konkretem Handeln abgeleitete Strategien entstehen.
- Der systemorientierte Ansatz basiert auf der in Kapitel 3.1. beschriebenen systemisch-konstruktivistischen Organisationstheorie und begreift Strategie- entwicklung als einen permanenten und ganzheitlichen Prozess.
Hierzu findet eine periodische Reflexion der Unternehmenszukunft durch die Führungskräfte einer Organisation statt. Diese hat das Ziel das bisherige Handeln zu reflektieren und zu bewerten, die aktuellen und zukünftigen Umwelt- entwicklungen und Rahmenbedingungen zu analysieren sowie eine strategische Neuausrichtung zu erarbeiten. Dieser Ansatz basiert vor allem auf dem Dialog und der Auseinandersetzung der unterschiedlichen Führungskräfte. Externe Experten können hier beratend unterstützen.
Beim systemorientierten Ansatz werden je nach Bedarf die verschiedenen Strategieschulen und Ansätze genutzt und „ein vielfältiges, pragmatisches Handlungsrepertoire wird aktiviert“. Auch unterschiedliche Methoden und Werkzeuge finden je nach Bedarf und Zweck Verwendung.
Diese Diplomarbeit wird sich im Folgenden, entsprechend des ganzheitlichen Ansatzes des neuen St.Galler Management-Modells, vor allem an den systemorientierten Ansätzen der Strategieentwicklung orientieren und pragmatisch jene Instrumente nutzen, welche zweckdienlich für die relevanten Fragestellungen erscheinen.
3.5. Phasen der Strategieentwicklung
Ein Strategieentwicklungsprozess folgt in der Regel unterschiedlichen Phasen. Allerdings gibt es auch hier unterschiedliche Konzepte und Abgrenzungen. So unterscheiden zum Beispiel Glatz und Graf-Götz die Phasen: Strategische Analyse, Zukunft erfinden sowie Ziele und Strategien formulieren 62. Diese Diplomarbeit bezieht sich bei der Phasenbeschreibung vor allem auf das Konzept von Gudrun Sander und Elisabeth Bauer63, da ihr Ansatz sowohl das St. Galler Management- Modell als auch die Anforderungen für Nonprofit-Organisationen berücksichtigt.
3.5.1. Initiierungsphase
Zahlreiche Strategieentwicklungsprojekte gehen vom Modell der strategischen Planung aus. Sie folgen der Vorstellung, dass Entwicklung, Umsetzung und Wirkung von Strategien mit dem richtigen methodischen Wissen kontrollierbar sind. Die strategische Planung findet somit auf der Management-Ebene statt und wird Top-down in die Organisation implementiert.
Henry Mintzberg konnte jedoch nachweisen, dass nur ein Teil dieser Strategien vollständig realisiert wird.64 So gibt es Strategien, die sich in der Praxis als nicht durchführbar erweisen. Zeitgleich entstehen spontane Ideen, die zu erfolgreichen Strategien reifen. Diese emergenten Strategien werden oftmals von der Basis, also Bottom-up entwickelt. Daraus resultiert, dass zu Beginn eines Strategie- entwicklungsprozesses ermittelt werden muss, wo in der Organisation strategische Initiativen entstehen und wie mit ihnen umgegangen werden soll.
Als Instrument kann hierzu ein Bezugsrahmen nach Müller-Stewens und Lechner dienen65. Mit dessen Hilfe werden folgende Fragestellungen betrachtet:
- Wo bzw. auf welchen Ebenen der Organisation entstehen strategische Initiativen?
- Wer wird in den Strategieprozess einbezogen?
- Wie häufig und wie ausführlich soll die Strategieentwicklung erfolgen?
- Welche finanziellen, personellen und zeitlichen Ressourcen stehen zur Verfügung?
- Welche Methoden und Arbeitsweisen werden verwendet?
- Wie werden Beschlüsse gefällt (Top-down oder partizipativ)?
- In welcher Form und Häufigkeit werden die Ergebnisse evaluiert?
Zudem bietet es sich an, den Strategieentwicklungsprozess nach den Regeln des Projektmanagements zu betrachten und entsprechend zu planen.66 Hierzu müssen Ziele und Meilensteine definiert und zeitlich fixiert werden. Zudem muss die Projektstruktur mit Verantwortlichen festgelegt werden, eine Ressourcenplanung erfolgen sowie Ablauf und Art der Projektsteuerung geplant werden.
3.5.2. Analysenphase
Nachdem die Strategieentwicklung geplant und initiiert wurde, folgt die Standort- bestimmung. Hierzu werden in einer Analysenphase sowohl der interne Status Quo der Organisation als auch die externen Rahmenbedingungen untersucht. Ziel ist es, die Wechselwirkungen der Einflusskräfte der Umwelt und der Organisation zu erkennen und strategische Optionen abzuleiten. Diese Analyse kann in vier Abschnitte unterteilt werden:
- Analyse der Wertvorstellungen: Werte und Normen bilden eine wichtige Grundlage für das Handeln einer Organisation. Für die strategische Ausrichtung ist es deshalb von enormer Bedeutung, die jeweiligen Wertvorstellungen sowie die Rolle der Organisation in der Gesellschaft zu klären. Die normative Positionierung bildet die Grundlage für die Zielausrichtung der Organisation. Als Instrument dient hier zum Beispiel ein: Wertvorstellungsprofil,67 mit dem die Werte und Ideale einzelner Mitarbeiter und gesamter Abteilungen sichtbar werden.
- Umweltanalyse: Die Umweltanalyse richtet den Blick nach Außen auf die Umwelt der Organisation. Zunächst wird das weitere Umfeld betrachtet und nach allgemeinen Trends und Entwicklungen gefragt, die für die Organisation von Bedeutung sind. Als Instrumente dienen hier zum Beispiel:
- die Szenariotechnik als Mittel um mögliche Zukunftsbilder in Form von Extrem- szenarien (best-case / worst-case) zu erstellen und miteinander zu vergleichen.68
- die STEP-Analyse als Mittel zur Untersuchung von Einflussfaktoren, die die Organisation beeinflussen. Dabei wird zwischen sozialen, technischen, ökonomischen und politischen Bereichen unterschieden.69
In einem zweiten Schritt wird das nahe Umfeld der Organisation untersucht. Dieses wird gebildet durch die Stakeholder. Eine besondere Betrachtung erhält dabei die Branche mit ihren Mitbewerbern sowie die Markt mit seinen Kunden und Nutzern. Als Instrumente dienen hier unter anderem:
- die Stakeholder-Analyse, mit deren Hilfe die Nähe, Bedeutung und Haltung der Anspruchsgruppen zur Organisation grafisch dargestellt wird70.
- das Konzept der strategischen Gruppen welches hilft, die aktuelle Positionierung einer Organisation innerhalb einer heterogen geprägten Branche zu überprüfen und mögliche zukünftige Positionierungen zu lokalisieren.71
- das Konzept der Marktsegmentierung, welches den Gesamtmarkt nach klar abgegrenzten Kunden- und Nutzergruppen unterteilt und so eine differenzierte Bearbeitung der einzelnen Kundengruppe ermöglicht72.
- Organisationsanalyse: Sie richtet den Blick ins Innere der Organisation. Hier werden vor allem ihre Stärken und Schwächen betrachtet. Dazu werden sowohl die Wertschöpfung als auch die zur Verfügung stehenden Ressourcen der Organisation untersucht. Hierfür stehen u.a. folgende Instrumente zur Verfügung:
- Die Analyse der Wertkette zerlegt die Organisation in strategisch wichtige Wertschöpfungsprozesse und analysiert sie bezüglich Effektivität und Effizienz73.
- Die Eskalationstreppe zur Prüfung von Fähigkeiten hilft bei der Analyse der Kernfähigkeiten einer Organisation. Gefragt wird hier nach Wert und Alleinstellung der charakteristischen Fähigkeiten einer Organisation74.
- Die Stärken-Schwächen-Analyse ist ein flexibles Instrument zur Untersuchung der eigenen Organisation. Hierzu werden ausgewählte Bewertungskriterien hinsichtlich ihrer Ausprägung innerhalb der Organisation und im Vergleich zu ausgewählte Konkurrenzorganisationen betrachtet75.
- Integrierte Betrachtung der Einflusskräfte: Nun werden die durchgeführten Umwelt- und Organisationsanalysen zusammengeführt und auf ihre Wechsel- wirkungen hin untersucht. So ist es zum Beispiel wichtig, eigene Stärken und Schwächen mit einer gewünschten Marktpositionierung abzugleichen. Auch hierfür stehen zahlreiche Instrumente zur Verfügung u.a.:
- Die Analyse der Schlüsselfaktoren betrachtet das Leistungsangebot der Organisation aus Kundensicht. Untersucht wird hier inwieweit die Organisation die relevanten Schlüsselfaktoren im Vergleich zu den Mitbewerbern erfüllt76.
- Die Portfolio-Analyse ist „ein analytisches Hilfsinstrument zur Ableitung von Standard-Marktstrategien.“77 Ziel ist es attraktive und weniger attraktive Geschäftsfelder zu identifizieren um zu einer ausgewogenen Ressourcen- verteilung zu gelangen. Geschäftsfelder sind „möglichst isoliert funktionierende Ausschnitte aus dem gesamten Betätigungsfeld einer Organisation“78, die eine eigene Strategie erfordern.
- Die SWOT-Analyse ist ein Analyseninstrument zur Diagnose von Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren einer Organisation. Durch die wechsel- seitige Gegenüberstellung können mithilfe dieser Methode bereits erste Handlungsfelder erkannt und strategische Optionen entwickelt werden.79
3.5.3. Konzeptionsphase
Die Konzeptionsphase folgt nun dem Ziel, die strategischen Optionen mit der Vision und dem Leitbild der Organisation in Einklang zu bringen. Eine Vision ist die
„richtungsweisende normative Vorstellung eines zentralen Zieles.“80 Das Leitbild formuliert hingegen den Auftrag und die wesentliche Orientierung für die Art und Weise der Zielerreichung. Mit seiner Hilfe werden die „allgemeinen Grundsätze einer Organisation schriftlich ausformuliert und damit kommunizierbar gemacht“81. Beide sollen sinnstiftend, motivierend und handlungsleitend wirken.
Bestehen relevante Differenzen zwischen strategischem Ziel und normativen Grundsätzen, müssen die strategischen Optionen überprüft werden oder Vision und Leitbild neu formuliert werden. Im zweiten Fall empfehlen Sander und Bauer ein zweistufiges Verfahren 82 aus:
- Analyse und Zielfindung, bei der das Selbstbild der Organisation sowie die Art und Weise wie die Organisation von außen wahrgenommen wird, geklärt werden.
- schriftlicher Leitbilderstellung die auf den Ergebnissen der 1. Stufe aufbaut.
Auf die Leitbildentwicklung für Organisationen wird in Kapitel 6.2. näher eingegangen.
Sind strategische Zielausrichtung und normative Grundsätze in Einklang gebracht, folgt die Formulierung konkreter Strategien. Zunächst geht es um die Entwicklung einer Dachstrategie für die Gesamtorganisation. Dabei werden die strategischen Optionen zu strategischen Alternativen konkretisiert. Aus diesen wird die passendste Alternative ausgewählt und ausformuliert. Hierfür stehen zahlreiche Instrumente zur Verfügung. Für Nonprofit-Organisationen bieten sich folgende an:
- Konzept der Generischen Strategietypen nach Michael E. Porter.83 Es fragt, ob sich eine Organisation über die Qualität/Leistung (im Sinne der Differenzierung) oder über den Preis (im Sinne der Kostenführerschaft) positionieren soll.
- Konzept der Veränderung der Regeln des Wettbewerbs 84 stellt die Frage ob die Organisation innovative Ideen umsetzen und damit die Marktregeln brechen und neue Regeln aufstellen soll oder ob es den dominierenden Organisationen und damit den Branchenregeln folgt.
- Das Konzept der Diversifikationsentscheidungen 85 fragt, ob eine Organisation in unterschiedlichen Geschäftsfeldern im Sinne der Diversifikation tätig sein soll oder ob sie sich besser auf ein strategisches Geschäftsfeld konzentriert.
Zur eigentlichen Formulierung der Dachstrategie empfiehlt sich eine Orientierung an der inhaltlichen Fragestellung einer Strategie nach Rüegg-Stürm.86
Im Anschluss lassen sich Einzelstrategien für die jeweiligen Geschäftsfelder ableiten. Ziel ist die passgenaue Bearbeitung, eine Reduzierung der internen Komplexität sowie eine größere Flexibilität. Hierfür bietet sich eine Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff an. Diese stellt ein „systematisches Denkraster potenzieller Wachstumsstrategien dar.“87 Hierbei werden vier Grundstrategien betrachtet: Marktdurchdringung, Markt- entwicklung, Produktentwicklung, Diversifikation.
3.5.4. Umsetzungsphase
Mit Abschluss der Konzeptionsphase beginnt die Implementierung der Strategien in das operative Tagesgeschäft der Organisation. Dies kann unter Umständen die Durchführung verschiedener grundlegender Veränderungsprozesse in der Organisation erfordern. So genanntes Change-Management, also die „laufende Anpassung von Unternehmensstrategien und -strukturen an veränderte Rahmenbedingungen“88, ist jedoch eine sehr zeit- und arbeitsintensive Aufgabe. Eine angemessene Betrachtung solcher Prozesse würde den Rahmen dieser Diplomarbeit sprengen. Deshalb soll hier nur der Übergang in die operative Planung beschrieben werden.
Mit Hilfe einer strategischen Ziellandkarte werden die Interdependenzen und Wechselwirkungen zwischen den strategischen Zielen sichtbar gemacht.89
Im Anschluss werden die Ziele so ausformuliert, dass sie mess- und überprüfbar sind. Dies kann nach dem SMA R T -Prinzi p 90 erfolgen. Demnach muss ein Ziel spezifiziert, messbar, aktionsorientiert, r ealisitsch und terminiert sein. Solche Ziele schaffen „eine gemeinsame Verständigungsgrundlage für zukunftsorientiertes Handeln“91 und erlauben die Überprüfung von Erfolg und Qualität.
[...]
1 vgl. Deutscher Bundestag (2008), S.115
2 Söndermann, Backes, Arndt, Brünink (2009), S. 12
3 Sander, Bauer (2006), S.5
4 vgl. dtv-Brockhaus (1988), [10] S. 182
5 vgl.: Cordes, Schneider (2005), S. 7
6 vgl.: Deutscher Bundestag (2008), S. 514 ff.
7 vgl. Hamburger Kulturwirtschaftsbericht (2006), S.13
8 Deutscher Bundestag (2008), S. 522
9 vgl.: Held, Kruse, Söndermann, Weckerle, (2005), S. 7 ff.
10 Held, Kruse, Söndermann, Weckerle (2005), S.8
11 vgl.: Deutscher Bundestag (2008), S. 516
12 Deutscher Bundestag (Hrsg.), 2008, S. 515
13 Eine detailierte Auflistung findet sich bei Söndermann, Backes, Arndt, Brünink (2009), S. 20
14 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/dritter-sektor.html [Stand: 08.03.2011]
15 Eine detailierte Auflistung findet sich bei Söndermann, Backes, Arndt, Brünink (2009), S. 20
16 vgl. Birkhölzer (2003), S.3 ff.
17 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/dritter-sektor.html [Stand: 08.03.2011]
18 Badelt (Hrsg.), 1997, S.66
19 ebd., S.2
20 Held, Kruse, Söndermann, Weckerle (2005), S.8
21 Sönerdmann, Backes, Arndt, Brünink (2009), S. 16
22 Zimmer, Priller (2007), S. 119
23 ebd. S.120
24 vgl. hierzu auch: Badelt (1997), S.8 ff.
25 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/nonprofit-organisation-npo.html [Stand: 14.03.2011]
26 Badelt (1997), S.9
27 Badelt (1997), S.22
28 ebd., S.22
29 vgl.: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/markt.html [10.03.2011]
30 vgl.: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/meritorische-gueter.html [Stand: 10.03.2011]
31 Lewinski, Samii (2009), S. 102
32 Sander, Bauer (2006), S. 12
33 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/1202/anspruchsgruppen-v6.html [Stand: 28.03.2011]
34 vgl. Badelt (1997), S. 92
35 Conta Gromberg [2006], S. 20
36 Wimmer, Meissner, Wolf (2009), S.21
37 ebd. S.67
38 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/konstruktivismus.html [Stand: 15.12.2010]
39 vgl.: Wimmer, Meissner, Wolf (2009), S.48 ff.
40 Kohlhoff, 2000, S.16
41 Kunczik, Zipfel (2005), S.84
42 Hentze, Graf, Kammel, Lindert (2005), S. 564
43 vgl. Sander, Bauer (2006), S.107 ff.
44 Sander, Bauer (2006), S. 49
45 Rüegg-Stürm (2003), S.13
46 vgl.: Rüegg-Stürm (2003), S.22
47 Rüegg-Stürm (2003), S.26
48 Rüegg-Stürm (2003), S.23
49 Rüegg-Stürm (2003), S.22
50 Sander, Bauer (2006), S.51
51 dtv-Brockhaus (1988), Band 17, S. 308
52 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/strategie.html [Stand: 23.03.2011]
53 Glatz, Graf-Götz (2007), S. 138
54 vgl.: Sander, Bauer (2006), S.15
55 vgl.: Mintzberg, Ahlstrand, Lampel (2004), S. 22 ff.
56 vgl.: Sander, Bauer (2006), S.17
57 vgl.: Glatz, Graf-Götz (2007), S. 141
58 vg.: Rüegg-Stürm (2003), S.40
59 ebd. S. 42
60 vgl.: Mintzberg, Henry / Ahlstrand, Bruce / Lampel, Joseph (2004)
61 Eine ausführliche Beschreibung findet sich bei Glatz, Graf-Götz (2007), S. 144 ff.
62 vgl. Glatz, Graf-Götz (2007), S. 148 ff.
63 vgl. Sander, Bauer (2006), S.19 ff.
64 vgl.: Mintzberg, Ahlstrand, Lampel (2004), S. 63 ff.
65 vgl. Müller-Stewens und Lechner (2005), S.79 ff
66 siehe hierzu: Sander, Bauer (2006), S.38 ff. und Bemmé (2008)
67 vgl.: Sander, Bauer (2006), S.57 ff.
68 Eine genauere Betrachtung und Anwendung der Szenariotechnik folgt in Kapitel 5.2. dieser Arbeit
69 vgl.: Sander, Bauer (2006), S. 65 ff.
70 vgl.: Glatz, Graf-Götz (2007), S. 152 ff.
71 vgl.: Sander, Bauer (2006), S. 79 ff.
72 vgl.: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/marktsegmentierung.html [25.03.2011]
73 vgl.: Sander, Bauer (2006), S. 98 ff.
74 vgl.: Sander, Bauer (2006), S. 109 ff.
75 vgl.: Sander, Bauer (2006), S. 111 ff
76 vgl.: Glatz, Graf-Götz (2007), S. 158 ff.
77 Seidl (2000), S. 21
78 Sander, Bauer (2006), S. 156
79 vgl.: Reinbacher, Paul (2009)
80 Sander, Bauer (2006), S. 132
81 Badelt (1997), S. 149
82 vgl. Sander, Bauer (2006), S. 136 ff.
83 vgl. hierzu: Porter (1999)
84 vgl. Sander, Bauer (2006), S. 144 ff.
85 vgl. ebd.
86 vgl. hierzu: Rüegg-Stürm (2003)S. 40 ff. sowie Kapitel 3.4. dieser Arbeit
87 http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/ansoff-matrix/ansoff-matrix.htm [Stand: 18.03.2011]
88 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/change-management.html [Stand: 20.03.2011]
89 vgl.: Glatz, Graf-Götz (2007), S. 195 ff.
90 vgl. http://projektmagazin.de/glossar/gl-0731.html, [Stand 18.03.2011]
91 Sander, Bauer (2006), S. 166
- Quote paper
- Suntke Garbe (Author), 2011, Strategieentwicklung für Kulturorganisationen des 3. Sektors, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/230174