Die technologische Errungenschaft des letzen Jahrtausends – der Computer – ist in der heutigen Zeit nicht nur auf unser Alltagsleben begrenzt, sondern bestimmt auch die Form von Wissensvermittlung und Wissensaneignung – sprich Lehren und Lernen. Der Medieneinsatz gewinnt in der Bildungslandschaft zunehmend an Bedeutung, nicht zuletzt aufgrund massiver Anstrengungen politischer und wirtschaftlicher Kräfte, welche sich gerne der Schlagwörter wie „e-fit“ und „e-learning“ bedienen.
Mit der Einführung und Nutzung der neuen Medien wird die Bildung auch unter den Aspekten der Ökonomie und Effizienz betrachtet und man erwartet daher Innovationen im Bildungsbereich.
Fraglich ist es, ob neue Medien, wie zum Beispiel das Internet, eine Änderung der Bildung herbeiführen oder ob die Erwartungen nicht erfüllt werden können.
Weiters stellt sich die Frage, wie die neuen Medien für Bildungszwecke effizient und pädagogisch sinnvoll Einsatz finden?
Für Lehrerinnen und Lehrer stellen die neuen Medien eine große Herausforderung dar. Insbesondere beim Versuch, einen qualitativen Unterricht vorzubereiten, treten bei der Planung des Medieneinsatzes meist folgende Fragen auf:
- Sind traditionelle Medien, wie Tafel und Overhead-Projektor noch zeitgemäß?
- Wird man durch den Trend, überall Computer einzusetzen, dazu verleitet, den PC im Unterricht mehr Bedeutung zu schenken als er eigentlich verdienen würde?
Es stellt sich die Frage, in welcher Form der Computer im fachtheoretischen Unterricht an oberösterreichischen gewerblichen Berufsschulen Verwendung findet?
Darüber hinaus war ist es interessant, im Rahmen dieser Diplomarbeit, im Studienfach „Aktuelle Humanwissenschaften mit berufsfeldbezogener Forschung“ zu erkennen, dass der Einsatz des Computers im Unterricht nicht nur PC-bezogene Fertigkeiten erfordert, sondern auch wesentlicher didaktischer Kenntnisse bedarf.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
A THEORETISCHER TEIL
1 Computer und Unterrichtsmethoden
1.1 Terminologie
1.1.1 Medium
1.1.2 Abkürzungen für Lehr- und Lernsysteme
1.2 Lernpsychologische Grundlagen
1.2.1 Didaktik und Methodik
1.2.1.1 Behavioristische Grundpositionen
1.2.1.2 Kognitionstheoretische Grundpositionen
1.2.1.3 Konstruktivistische Grundpositionen
1.2.2 Zusammenfassung
1.3 Kategorien von Programmen
1.3.1 Übungs- und Lernprogramme - tutorielle Systeme
1.3.2 Adaptive und intelligente tutorielle Systeme
1.3.3 Simulation, Modell und Modellbildung
1.3.3.1 Simulation
1.3.3.2 Modell
1.3.3.3 Modellbildung
1.3.4 Lernspiele
1.3.5 Planspiele
1.3.6 Mikrowelten
1.3.7 Offene Lernsysteme
1.3.8 Anwendungsprogramme „Werkzeuge“
1.3.9 Hypermedia und Internet
1.3.10 Kombinierte Ansätze
1.4 Geschichtliches zur Entwicklung von Lernsoftware
2 Ausgangslage in Österreich
3 Unterrichtsvorbereitung
3.1 Unterrichtsvorbereitung mit neuen Medien
4 Personelle und infrastrukturelle Voraussetzungen
4.1 Medienpädagogische Kompetenz der Lehrer/innen
4.2 Ausgangssituation der Schüler/innen
4.3 Infrastrukturelle Erfordernisse
4.3.1 Ausstattungskonzepte
4.3.2 Lernortebezogene Ausstattungen
4.3.3 Vernetzung
4.3.4 Administration
4.3.5 Infrastrukturvergleich Schule - Unternehmen
5 Projektplanung und Evaluation von Computerunterricht
5.1 Projektplanung
5.2 Evaluation
5.2.1 Evaluationsplanung
5.2.2 Formative Evaluation
5.2.3 Summative Evaluation
5.3 Beurteilung von Unterrichtssoftware durch Lehrkräfte
5.3.1 Programmtechnische Bewertung
5.3.2 Fachdidaktische Bewertung
5.3.3 Mediendidaktische Bewertung
6 Kritik am Computerunterricht
6.1 Soziale Isolation
6.2 Abhängigkeit von der Infrastruktur
6.3 Ergonomische Grenzen
6.4 Informationsüberfluss und Informationsqualität
6.5 Widerstände der Lehrer/innen
B EMPIRISCHER TEIL
7 Hypothesenmodell und Forschungsfragen
7.1 Forschungsfrage 1
7.2 Forschungsfrage 2
7.3 Forschungsfrage 3
7.4 Forschungsfrage 4
7.5 Forschungsfrage 5
8 Empirische Erhebung
8.1 Erhebungszeitraum
8.2 Adressatenkreis
8.3 Erhebungsform
8.4 Hinweis zur Auswertung der Daten
9 Interpretation der Ergebnisse zu den Forschungsfragen
9.1 Auswertung und Ergebnisse
9.1.1 Forschungsfrage 1
9.1.1.1 Hypothese 1.1
9.1.1.2 Hypothese 1.2
9.1.1.3 Hypothese 1.3
9.1.1.4 Hypothese 1.4
9.1.2 Forschungsfrage 2
9.1.2.1 Hypothese 2.1
9.1.2.2 Hypothese 2.2
9.1.2.3 Hypothese 2.3
9.1.3 Forschungsfrage 3
9.1.3.1 Hypothese 3.1
9.1.3.2 Hypothese 3.2
9.1.3.3 Hypothese 3.3
9.1.4 Forschungsfrage 4
9.1.4.1 Hypothese 4.1
9.1.4.2 Hypothese 4.2
9.1.4.3 Hypothese 4.3
9.1.5 Forschungsfrage 5
9.1.5.1 Hypothese 5.1
9.1.5.2 Hypothese 5.2
9.1.5.3 Hypothese 5.3
C Zusammenfassung und Schlusswort
Zusammenfassung und Schlusswort
Literaturverzeichnis
Anhang-A Fragebogen
Vorwort
Die technologische Errungenschaft des letzen Jahrtausends – der Computer – ist in der heutigen Zeit nicht nur auf unser Alltagsleben begrenzt, sondern bestimmt auch die Form von Wissensvermittlung und Wissensaneignung – sprich Lehren und Lernen. Der Medieneinsatz gewinnt in der Bildungslandschaft zunehmend an Bedeutung, nicht zuletzt aufgrund massiver Anstrengungen politischer und wirtschaftlicher Kräfte, welche sich gerne der Schlagwörter wie „e-fit“ und „e-learning“ bedienen.
Mit der Einführung und Nutzung der neuen Medien wird die Bildung auch unter den Aspekten der Ökonomie und Effizienz betrachtet und man erwartet daher Innovationen im Bildungsbereich.
Fraglich ist es, ob neue Medien, wie zum Beispiel das Internet, eine Änderung der Bildung herbeiführen oder ob die Erwartungen nicht erfüllt werden können.
Weiters stellt sich die Frage, wie die neuen Medien für Bildungszwecke effizient und pädagogisch sinnvoll Einsatz finden?
Für Lehrerinnen und Lehrer stellen die neuen Medien eine große Herausforderung dar. Insbesondere beim Versuch, einen qualitativen Unterricht vorzubereiten, treten bei der Planung des Medieneinsatzes meist folgende Fragen auf:
- Sind traditionelle Medien, wie Tafel und Overhead-Projektor noch zeitgemäß?
- Wird man durch den Trend, überall Computer einzusetzen, dazu verleitet, den PC im Unterricht mehr Bedeutung zu schenken als er eigentlich verdienen würde?
Fragen wie diese, am Anfang meiner Lehrerkarriere, waren insbesondere der Auslöser für die Wahl des Themas „Computer im fachtheoretischen Unterricht an gewerblichen Berufsschulen in Oberösterreich“ zur Diplomarbeit.
Trotz meiner vorherigen beruflichen Laufbahn, die im Wesentlichen durch die Verwendung des Computers bestimmt war, setze ich im Unterricht überwiegend die Tafel, den Overhead-Projektor und das Video und nur zu einem geringen Anteil den PC ein. Wesentlicher Grund dafür sind die noch immer infrastrukturellen Mängel der Klassenräume und das Nichtvorhandensein von geeigneter Lernsoftware, sowie die Fortführung der für mich bis vor Akademiebeginn bekannten behavioristischen Unterrichtsweise. Die neuen Paradigmen des Lehrens und Lernens - wie der selbstständige Wissenserwerb - wurden mir erstmals eingehender im Zuge der Ausbildung an der Berufspädagogischen Akademie in Linz in den Studienfächern „Unterrichtswissenschaft“, „Erziehungswissenschaft“ sowie „Pädagogische Psychologie“ von Herrn Prof. Dr. Haiböck, Herrn Prof. Dr. Königslehner und Herrn Prof. Mag. Stark näher gebracht.
Aufgrund meines neuen Wissens, stellte sich für mich die Frage, in welcher Form der Computer im fachtheoretischen Unterricht an oberösterreichischen gewerblichen Berufsschulen Verwendung findet?
Darüber hinaus war es für mich auch interessant, im Rahmen dieser Diplomarbeit, im Studienfach „Aktuelle Humanwissenschaften mit berufsfeldbezogener Forschung“ unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Haiböck, zu erkennen, dass der Einsatz des Computers im Unterricht nicht nur PC-bezogene Fertigkeiten erfordert, sondern auch wesentlicher didaktischer Kenntnisse bedarf.
Der zeitliche Rahmen für die Diplomarbeit, war der Beginn des zweiten Studienabschnittes im September 2003 und der am 7.Mai 2004 fixierte Abgabetermin. Dabei standen mir im fünften und sechsten Semester drei Wochenstunden zur Verfügung.
Zur Person
Ing. Robert Murauer, geb. 28.7.1966
beschäftigt an der Berufsschule Attnang
seit September 2000
Berufsgruppen: Maschinenbautechniker
Produktionstechniker
Schlosserberufe
Fachgruppe II: Angewandte Mathematik
Mechanische Technologie
Laborunterricht
Fachzeichnunterricht
Das Vorwort möchte ich mit einer im Jahr 1971 abgegebenen Prognose von H. Frank für die Verwendung von neuen Medien im Unterricht abschließen:
„Das Lernen des Schülers wird auf verschiedene Medien verteilt sein. Von 25 Unterrichtsstunden pro Woche wird ein Schüler in einer um 1980 modernen Schule sieben durch Lehrprogrammtexte oder einfache Darbietungsgeräte, fünf durch Lehrautomaten und drei durch andere objektivierte Systeme vermittelt erhalten. Vier Unterrichtsstunden werden auf das „Lehren durch Auskunftserteilung“ fallen, insbesondere auf gezielte, selbständige, aber vom Lehrer kontrollierte Bibliotheksarbeit, sowie auf andere selbständige Übungen mit vorgegebenem Ziel, zum Beispiel auf das Arbeiten an Simulatoren. Die verbleibenden sechs Unterrichtsstunden sind für die Objektivierung ungeeignet.“
A THEORETISCHER TEIL
1 Computer und Unterrichtsmethoden
1.1 Terminologie
1.1.1 Medium
Der Begriff „Medium“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Mitte“. Im Allgemeinen wird darunter ein vermittelndes Element oder ein Kommunikationsträger verstanden (vgl. DER BROCKHAUS 2002).
Die zu wissenschaftlichen Zwecken eingegrenzte Definition des Begriffes „Medium“ versteht die Vermittlung, Speicherung, Wiedergabe oder Verarbeitung von potenziellen Zeichen mit technischer Unterstützung in kommunikativen Zusammenhängen, die in bildhafter oder symbolischer Form präsentiert werden. Im Kommunikationsvorgang werden diesen potenziellen Zeichen von den an der Kommunikation beteiligten Personen entsprechende Bedeutung zugewiesen (vgl. TULODZIECKI & HERZIG 2002, S. 64).
Im bildungssprachlichen Gebrauch versteht man unter „Medium“ ein vermittelndes Element. Die Definition „neue Medien“ ist seit den 90-iger Jahren eine Sammelbezeichnung für neue Technologien, wie Computer, CD-ROM und Internet.
1.1.2 Abkürzungen für Lehr- und Lernsysteme
Computergestützte Lehr- und Lernsysteme werden in der Literatur wahlweise mit deutsch- oder englischsprachigen Begriffen bezeichnet. Eine genaue Abgrenzung kann jedoch in der Regel nicht getroffen werden. In der Praxis werden viele der hier angegebenen Begriffe synonym verwendet, zudem ist die Terminologie zeitlichen Trends unterworfen.
Die Vielfalt an Begrifflichkeiten aus dem Bereich Computerlernen, wie „Programmierter Unterricht“, „Computer Unterstützer Unterricht“ (CUU), „Computer Based Training“ (CBT), „Computer Assisted Learning“ (CAL), „Hypermedia“ u.a., lassen auf den ersten Blick eine große Bandbreite an Bedeutungszusammenhängen und Begriffsbestimmungen vermuten, die Unterschiede sind aber verschwommen und teilweise nicht mehr abgrenzbar.
Im Folgenden werden die häufigsten Bezeichnungen nach BLUMSTENGEL aufgeführt (vgl. BLUMSTENGEL):
- CBT: Computer Based Training
- CBI: Computer Based Instruction
- CAT: Computer Aided Teaching
- CAI: Computer Aided Instruction bzw. Computer Assisted Instruction
- CAL: Computer Aided Learning bzw. Computer Assisted Learning
- CUL: Computer Unterstütztes Lernen
- CUU: Computer Unterstützter Unterricht
- CBL: Computer Based Learning/Computer Basiertes Lernen
Signifikant ist bei allen genannten Begriffen, dass der Terminus Computer als technische Basis vorangestellt wird. Es sollte aber darauf hingewiesen werden, dass korrekterweise die Software als Plattform zu nennen wäre, da sie das eigentliche Instrument darstellt (vgl. BLUMSTENGEL).
1.2 Lernpsychologische Grundlagen
1.2.1 Didaktik und Methodik
Der Begriff „Didaktik“ kommt aus dem Griechischen („didaskein“) und bedeutet ursprünglich „Lehrkunst“. Heutzutage ist die Didaktik allgemein als die Wissenschaft vom Lehren und Lernen (Unterrichtslehre) zu verstehen oder als die Theorie der Bildungsinhalte und des Lehrplans (Was wird unterrichtet?).
Das Verhältnis von Didaktik (Ziel und Inhalt) zur Methode - früher als Primat der Didaktik verstanden - wird als „Implikationszusammenhang“ beschrieben, der von „methodischen Leitfragen“ strukturiert wird. Der Begriff der „Methodik“ leitet sich aus dem Griechischen („methodus“) ab und stellt im wesentlichen Sinn nur einen Teilbereich der Didaktik dar. Die Methodik ist demnach „die Lehre von den Unterrichts- und Lehrverfahren“ (vgl. DER BROCKHAUS 2002). Sie zeigt die Art und Weise auf, wie in der Unterrichtstätigkeit verfahren werden kann, wenn das zu erreichende Ziel vorausgesetzt wird (vgl. STÖCKER 1970, S. 22).
Die allgemeine Didaktik versucht die innere Gliederung des Bildungsvorgangs sowie die Struktur des Lehrgefüges („Bildungskanon“) zu erfassen und allgemeine Unterrichtsprinzipien herauszuarbeiten. Daneben stehen verschiedene spezielle Didaktiken, wie die Fachdidaktik (Begründung und Zielsetzung des jeweiligen Fachs), die Bereichsdidaktik (Gemeinsamkeiten inhaltlich ähnlich strukturierter Fächer oder Lernbereiche) oder die Mediendidaktik (vgl. DER BROCKHAUS 2002).
Medien allgemein waren schon seit jeher ein Teil der Didaktik. Mit dem Aufkommen des Computers in der Arbeitswelt der 50er Jahre wurden jedoch immer wieder theoretische Ansätze entworfen, die dem Computer eine Sonderstellung einzuräumen versuchten, bis hin zum Computer als Ersatz für den Lehrenden.
Die Paradigmen des Lehrens und des Lernens haben zwei Extreme, nämlich den Objektivismus und den Subjektivismus.
Der Objektivismus geht von einem, zu einer bestimmten Zeit, allgemeingültigen (objektiven) Wissen aus, welches in den meisten Bereichen eine relativ hohe Stabilität aufweist. Das Wissen wird mittels Lernmaterialien oder durch Lehrende vom Lernenden übernommen (Wissenstransfer) und wird von beiden gleich verstanden.
Der Subjektivismus hingegen geht von einem Wissen aus, welches sich jeder Mensch aufgrund seiner eigenen Erfahrung aneignet und die ihm erfasste Bedeutung zuordnet („z.B. sieht ein Architekt ein Haus anders als eine Diebin“ (zit. DUBS 1995, S. 23)). Ein Wissenstransfer vom Lehrer auf den Schüler wird abgelehnt (vgl. HAIBÖCK 2003, S. 5f).
Der klassische Frontalunterricht in Form des Lehrervortrages - bei dem der Lehrer im Mittelpunkt des Unterrichtes steht – wird dem Objektivismus (Behaviorismus) zugeordnet und der selbstständige Wissenserwerb dem Subjektivismus (Konstruktivismus).
Nach Rolf DUBS können zwischen diesen beiden Strömungen Differenzierungen nach folgender Abbildung getroffen werden:
Paradigmen des Lehrens und Lernens
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1.1 Paradigmen des Lehrens und Lernens, R. DUBS S. 22
Für den Einsatz von Medien lassen sich im Wesentlichen drei verschiedene lehr- und lerntheoretische Paradigmen unterscheiden. Solche Grundorientierungen können behavioristischer, kognitionstheoretischer oder konstruktivistischer Art sein (vgl. TULODZIECKI & HERZIG 2002, S. 80ff).
1.2.1.1 Behavioristische Grundpositionen
Der dem Objektivismus zuzuordnende Behaviorismus, zurückgehend auf die beiden amerikanischen Psychologen Edward Lee Thorndike (1932) und Burrhus Frederic Skinner („Futurum zwei“ 1948), ist von dem Gedanken bestimmt, dass sich das Lernverhalten durch Hinweisreize und Verstärkung steuern lässt.
Die vorgegebenen Lehrziele sollen dadurch erreicht werden, dass komplexe Lernvorgänge dem Lernenden in einer sinnvollen Reihe von einfachen Lernschritten unterbreitet werden, die ein gewünschtes Lernverhalten nahe legen. Darüber hinaus wird richtiges Verhalten verstärkt (Thorndike’sches Effektgesetz) und Fehlverhalten durch Kontrolle des Lernprozesses korrigiert (vgl. DER BROCKHAUS 2002).
Die behavioristische Lerntheorie wird vor allem bei Übungsprogrammen und auch zum Teil in Lehrprogrammen in eine entsprechende Lernstrategie umgesetzt. Jedoch kann der Behaviorismus keine kognitiv anspruchsvollen Lernprozesse erklären, weil das Aneinanderreihen von kleinen Lernschritten kein Verständnis für Gesamtzusammenhänge zu schaffen vermag. Insbesondere wird der Bereich der Metakognition (Bewusstsein und Wissen über die eigenen Denkprozesse) vernachlässigt (vgl. HAIBÖCK 2003, S. 6f).
1.2.1.2 Kognitionstheoretische Grundpositionen
Unterscheidungskriterium der kognitionstheoretischen Grundposition gegenüber dem behavioristischen Modell ist, dass der Lernende als ein Individuum angesehen wird, das äußere Reize aktiv und selbstständig verarbeitet und daher nicht steuerbar ist. Daher wird der Lernende als interaktiv agierender Empfänger von medialen Botschaften betrachtet (vgl. TULODZIECKI & HERZIG 2002, S. 80).
Die erforderlichen geistigen Prozesse für die Erarbeitung neuen Wissens sind daher:
- Identifizieren, Analysieren und Systematisieren von Reizen
- Wiederaufrufen von bereits Gelerntem
- Lösung von Problemstellungen
- Entwicklung, Formulierung und Organisation von neuen Ideen
Kennzeichnend für den (traditionellen) Kognitivismus ist es, dem Lernenden ein Umfeld zu schaffen, welches ihm ermöglicht, die reale Welt (objektives Wissen) besser zu erfassen und Denkprozesse fortlaufend aufrechterhalten zu können.
Diese Denkprozesse sollen durch Vorgabe komplexer Lernarrangements gestartet werden, darüber hinaus sind Lernstrategien für das eigene Lernen zweckmäßig (vgl. HAIBÖCK 2003, S. 8).
1.2.1.3 Konstruktivistische Grundpositionen
Die individuelle Wahrnehmung und Verarbeitung von Erlebnissen wird bei der konstruktivistischen Lerntheorie gegenüber der Kongnitionstheoretischen noch mehr betont. Im konstruktivistischen Verständnis strukturiert der Lernende Situationen selber und gestaltet zugleich die Situation in Wahrnehmung und Handeln mit. Erkenntnisse sind daher individuelle Konstruktionen von Wirklichkeit, basierend auf subjektiven Erfahrungen.
Für den Medieneinsatz hat dies zur Folge, dass Medien im Wesentlichen als Informationsangebote und Werkzeuge für selbst gestaltete Lernprozesse einzusetzen sind und keineswegs als Mittel zur Steuerung von Lernprozessen. Konstruktivisten lehnen jede Form des Wissenstransfers als objektivistisch ab (vgl. TULODZIECKI & HERZIG 2002, S. 83).
1.2.2 Zusammenfassung
Zusammenfassend lässt sich für die oben angeführten drei Grundpositionen nach SALMHOFER folgende Tabelle darstellen (vgl. SALMHOFER):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1.2 Grundpositionen des Lernens und Lehrens
Die verschiedenen Lernkonzepte haben den gemeinsamen Anspruch, dass sie Lehr- und Lernprozesse mit Hilfe von Computerlernprogrammen unterstützen wollten. Der Einsatz des Computers im Unterricht sollte daher individuell auf die Lernmöglichkeiten und Lernschwierigkeiten der Lernenden abgestimmt sein.
Folgende Tabelle, nach SCHAUMBURG & ISSING, versucht die Programme nach den Grundpositionen, beginnend beim Behaviorismus (Computerbasiertes Übungsprogramm) und endend bei Konstruktivismus (Microworld), in Abhängigkeit verschiedenster Faktoren, dem Einsatzzweck zuzuordnen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1.3 Einsatzformen von Multimediasoftware im Unterricht, SCHAUMBERG & ISSING 2000, S. 107
1.3 Kategorien von Programmen
Eine eindeutige Einteilung der Programme ist in der Literatur nicht erkennbar, anlehnend an TULODZIECKI (vgl. TULODZIECKI & HERZIG 2002, S. 18) kann aber folgende Kategorisierung getroffen werden:
- Übungs- und Lernprogramme - tutorielle Systeme
- Adaptive und intelligente tutorielle Systeme
- Simulation, Modell und Modellbildung
- Lernspiele
- Planspiele
- Mikrowelten
- Offene Lernsysteme
- Anwendungsprogramme „Werkzeuge“
1.3.1 Übungs- und Lernprogramme - tutorielle Systeme
Übungs- und Lernprogramme, auch Courseware oder Teachware genannt, dienen der Festigung eines bereits vorhandenen Wissens und sollen noch existente Fehler beseitigen, sowie die Geschwindigkeit der Reproduktion erhöhen (vgl. HERRMANN 1994, S. 57).
Der Amerikaner N.A. Crowder nahm an, dass auch Fehler im Lernprozess einen positiven Stellenwert haben können, wozu Verzweigungen (Schleifen) in Übungs- und Lernprogrammen anregen sollen, die den Lernenden bei falschen Antworten mit Zusatzinformationen bedienen und die aufgetretenen Lernschwierigkeiten überwinden helfen sollen. Die Konzeption für den Aufbau von Lernprogrammen, die diesen Erkenntnissen folgt, wird als Crowder-System bezeichnet (vgl. DER BROCKHAUS 2002).
Die behavioristische Lehrmethode, basierend auf dem Transfer von Wissen vom Lernmedium zum Lernenden, schrieb dem Computer eine hohe Behaltensleistung und Behaltensquote zu. Anspruchsvolle kognitive Lerninhalte konnten jedoch mit dieser Methode nicht vermittelt werden, aber für das Erlernen einfacher kognitiver Vorgänge und einfacher psychomotorischer Tätigkeiten („drill & practice“) wurde die Wirksamkeit dieser Art der Wissensvermittlung nachgewiesen (vgl. DUBS 1995, S. 24).
Verbunden damit war die Hoffnung, die Lehrenden zu ersetzen und im Computer und der dafür entwickelten Software einen gerechteren Informationsvermittler zu finden, der individuell auf die Probleme der Lernenden eingeht, Lernabschnitte in angemessenen Schritten prüft, das Lerntempo frei bestimmen lässt und emotional ausgeglichen beliebig oft Inhalte wiederholt.
Die starke Systemsteuerung von tutoriellen Systemen und die Unzulänglichkeit multiple Kontexte und Perspektiven sowie authentische Problemlösungen zu fördern, stößt heutzutage überwiegend auf Kritik. Dennoch sind sie im Praxisgeschehen weit verbreitet, teilweise bedingt durch die Tatsache, dass der Entwicklungsaufwand und die technischen Anforderungen für diesen Programmtyp relativ gering sind. So berichtet TULODZIECKI, dass von rund 2.400 untersuchten Software-Einheiten für den schulischen Unterricht, die Anfang 1995 am Markt verfügbar waren, rund 57 Prozent in die Kategorie Übungs- und Lernprogramme einzuordnen waren (vgl. BLUMSTENGEL).
Aufgrund oben angeführter didaktischer Mängel wird nur jene Software Erfolg aufweisen, die die Lehrenden dahingehend unterstützt, dass sie ihre methodisch-didaktischen Vorstellungen ohne Programmierkenntnisse realisieren können. Solche Entwicklungswerkzeuge sind bereits derzeit in Form von Autoren-Systeme verfügbar (vgl. SESNIK 1991, S. 115).
1.3.2 Adaptive und intelligente tutorielle Systeme
Unter Adaptierbarkeit versteht man, inwieweit ein System auf der Grundlage einer vorgenommenen externen Diagnose durch externe Eingriffe so verändert werden kann, dass es dem Unterstützungsbedarf der Lernenden möglichst gut entspricht. Man spricht bei solch einer Form von Anpassung auch von Makro-Adaptation. Demgegenüber beschreibt der Begriff der Adaptivität, inwieweit das System selbst in der Lage ist, den Unterstützungsbedarf der Lernenden zu diagnostizieren und das Ergebnis der Diagnose in geeignete angepasste Lehrtätigkeiten umzusetzen (vgl. BLUMSTENGEL).
Beispiele für potentielle adaptive Größen in Lernsystemen sind:
- Instruktionsumfang und Lerndauer (die Informationspräsentation und das Training erfolgt bis zur Zielerreichung)
- Instruktionssequenz (Lernweg)
- Aufgaben-Präsentationszeit und Antwortzeitbegrenzung
- Schwierigkeitsgrad der Aufgaben
- Hilfe beim entdeckenden Lernen (Hinweis auf Informationen, die im gegebenen Kontext wichtig sind und vom Lernenden noch nicht wahrgenommen wurden)
- Hilfestellung zum Umgang mit dem System (kontextsensitive Hilfen)
- flexible Form der Definitionen (diese bauen nur auf bereits vorher gelernten Begriffen auf)
- Angebot an Links in einem Hypermedia-System (in Abhängigkeit vom augenblicklich festgestellten Interessenprofil des Lernenden)
Intelligente Tutorielle Systeme (ITS) sind hochgradige adaptive Systeme, die Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) verwenden. Damit wird eine Ergänzung und Flexibilisierung des traditionellen tutoriellen Ansatzes angestrebt. Das Programm soll in der Lage sein, unterschiedliche Anforderungen der Lernenden an den Grad der Schwierigkeit und Unterstützung zu erfüllen. Weiters ändern sich auch die Bedürfnisse eines einzelnen Lernenden im Laufe der Zeit oder mit den jeweiligen Themengebieten. Eine selbständige Anpassung des Lernsystems an den Lernenden ist im Idealfall mit dem Einsatz individualisierter Strategien durch einen Lehrer vergleichbar.
Zur Realisierung eines solchen Anspruchs ist die Auswertung einer Kombination von Informationen über Fachinhalte, pädagogische Strategien und den Lernenden notwendig (vgl. BLUMSTENGEL). Intelligente tutorielle Systeme sind daher komplexe Computerprogramme, die in verschiedene Komponenten unterteilt werden können. Als wesentliche Komponente gelten die Wissensbasis, welche den Expertenteil darstellt sowie das Lernermodell, in dem Informationen über den jeweiligen Wissensstand des Lernenden repräsentiert sind. Weiters ist die tutorielle Komponente enthalten, welche aufzeigt, wie der Lernende von dem System unterrichtet werden soll (vgl. DER BROCKHAUS 2002).
1.3.3 Simulation, Modell und Modellbildung
1.3.3.1 Simulation
Der Begriff Simulation hat im alltäglichen Leben die Bedeutung von Vortäuschen oder Nachahmen. Neben dieser alltäglichen Definition hat sich der Begriff Computersimulation als Bezeichnung für eine wissenschaftliche Methode etabliert (vgl. LEUTNER 1990, S. 23).
Computersimulationen ermöglichen komplexe Zusammenhänge durch Manipulation von Systemvariablen zu erkennen. Dabei wird die Auswirkung dieser Variablenveränderung sofort ersichtlich und der Lernende erhält direkte Rückmeldung über die Auswirkung seines Handelns (vgl. TEWS 2000, S.172). Eine Computersimulation kann im Unterricht zu neuen Erkenntnissen beim Lernenden führen oder bereits bekannte Ergebnisse durch Reproduktion bestätigen. (vgl. LEUTNER 1990, S.25).
Simulationen können in vielen Bereichen erfolgreich zu Lernzwecken eingesetzt werden, da sie eine aktive entdeckende und selbstgesteuerte Vorgehensweise unterstützen und bei guter Gestaltung motivierend wirken können. Ein zu hoher Grad an Komplexität kann sich jedoch gegenteilig auswirken, wenn das Vorwissen nicht ausreicht, um begründete Hypothesen zu treffen. Deshalb werden Simulationsumgebungen oft um hypermediale bzw. tutorielle Komponenten ergänzt oder erst dann verwendet, wenn ein gewisses Grundwissen vorliegt (vgl. BLUMSTENGEL).
1.3.3.2 Modell
Modelle präsentieren die, für den angestrebten Zweck, wesentlichen Eigenschaften, wobei darauf geachtet werden sollte, dass aufgrund der modifizierten Darstellung es zu keiner unzutreffenden Schlussfolgerung kommt (vgl. LEUTNER 1990, S.24).
1.3.3.3 Modellbildung
Im Gegensatz zum oben angeführten Modell ist die Modellbildung ein komplexer Prozess, welche die Analyse eines Systems bedingt. Bei der Modellbildung bestimmen die als bedeutsam angesehene Eigenschaften von Objekten die Disposition der erzeugten Struktur. Anschließend an die Systemanalyse wird die Modellbeziehung zu anderen Strukturen definiert. Die Modellvalidierung untersucht abschließend, ob das Modell den angestrebten Zweck erfüllt (vgl. LEUTNER 1990, S. 24).
1.3.4 Lernspiele
Das wichtigste Kriterium von Lernspielen, die didaktische Ziele verfolgen, liegt in ihrem Unterhaltungswert im Vergleich zu anderen computerunterstützten Lernformen. Dieser Unterhaltungswert wird durch die Darstellung einer spezifischen herausfordernden Situation erreicht. Sie kann beispielsweise in einem Wettbewerb gegen andere Lernende oder dem System selbst oder dem Lösen eines Denkspiels bestehen, häufig auch durch Integration von Zufallskomponenten. Lernspiele werden meist eingesetzt, wenn Kinder oder Jugendliche als Zielgruppe betrachtet werden.
Lernspiele sind ein interessantes Forschungsgebiet aufgrund des oft besonders hohen Grades an Motivation, der bei den Lernenden zu beobachten ist. Dieser hohe Grad an Motivation ist ein interessantes Phänomen, wenn man berücksichtigt, dass die Informationsgewinnung oft nicht gefördert, sondern behindert wird. So ist die kognitive Überforderung häufig besonders hoch. Als Beispiel seien hier Abenteuerspiele (Adventure Games) genannt, bei denen der Benutzer auf eine Vielzahl von Barrieren stößt und viele Optionen und Interaktionsangebote versteckt werden. Die Notwendigkeit der aktiven Entdeckung scheint - durchaus im Einklang mit konstruktivistischen Lerntheorien - einen besonderen Reiz auszuüben.
Es stellt sich jedoch die Frage, wie das Verhältnis von Zeitaufwand zum Lerneffekt zu bewerten ist. Lernspiele mit anspruchsvolleren Themengebieten sind oft erst sinnvoll, wenn bereits Grundlagenwissen vorliegt, um komplexe Zusammenhänge verstehen und steuern zu können. Eine durch mangelndes Vorwissen bedingte unsystematische Vorgehensweise kann bei umfangreicheren Themengebieten zu zeitaufwendig und demotivierend sein (vgl. BLUMSTENGEL).
1.3.5 Planspiele
Planspiele sind eine besondere Form der Simulation, die auch Spielkomponenten beinhaltet. Planspiele, als Gegensatz zu naturwissenschaftlichen Experimenten, präsentieren Situationen, in denen die Lernenden in definierten Handlungsspielräumen in einem bestimmten Rahmen agieren können und dabei Situationen beeinflussen (vgl. TULODZIECKI & HERZIG 2002, S.18). Dies kann beispielsweise die Erhaltung eines (simulierten) Ökosystems, die langfristige Profitmaximierung in einem (simulierten) Unternehmen oder die - in mehreren Zielkategorien - erfolgreiche Verwaltung einer (simulierten) Stadt sein. Dadurch wird der Lernende in eine gewisse Wettbewerbssituation gegen andere Personen oder das System gesetzt. Beispiele für solche Simulationsspiele sind SimCity, bei dem eine Stadt entwickelt und verwaltet werden soll und CABS (Computer Aided Business Simulation), ein Planspiel zur Unternehmensführung (vgl. BLUMSTENGEL).
Da der Verlauf eines Planspiels stark von den Interaktionen der Lernenden bestimmt wird, ist die Lehr- und Lernsituation für den Lehrenden dynamisch und intransparent. Computergestützte Planspiele bieten hingegen dem Lehrenden eine Unterrichtssituation, die in einem bestimmten Rahmen vorhersehbar ist, da die Lernenden eine Rolle des simulierten Systems übernehmen. Die bei einem Planspiel gesetzten Aktionen und Reaktionen können nicht rückgängig gemacht werden, sodass diese Systemeingriffe bei weiteren Planungsschritten Berücksichtigung finden müssen (vgl. LEUTNER 1990, S. 26f).
1.3.6 Mikrowelten
Mikrowelten erweitern gegenüber computergestützten Planspielen die Manipulationsmöglichkeit, in Richtung offener Lernumgebung. Mikrowelten ermöglichen den Lernenden eigene Annahmen zu treffen und darüber hinaus eigene Gesetzmäßigkeiten zu definieren und Alternativen zu schaffen. Abgrenzendes Merkmal einer Mikrowelt zum Planspiel sind reversible Systemeingriffe, die Aktionen und Reaktionen rückgängig machen können (vgl. LEUTNER 1990, S.27).
Mikrowelten sind gut vereinbar mit Konzepten wie selbstgesteuertes Lernen. Dabei kann besonders der Konstruktionsprozess hervorgehoben werden, auf der anderen Seite ist die Authentizität der Lernsituation in Mikrowelten häufig beschränkt.
1.3.7 Offene Lernsysteme
Offene Lernsysteme bereiten ein spezifisches Themengebiet didaktisch und hypermedial auf (vgl. TULODZIECKI & HERZIG 2002, S. 18). Der Verzicht einer konsequenten Ablaufsteuerung und Kontrolle des Lernprozesses via Software ist die Voraussetzung für ein zieloffenes Konzept. Der Computer unterstützt die Lernenden in ihrer Selbstkontrolle und überträgt ihnen Verantwortung für ihren Wissenserwerb (vgl. SESNIK 1991, S. 115). Diese Unterrichtsform bedingt jedoch seitens des Lehrers eine intensivere Vorbereitungsphase und erfordert unter Umständen eine Auflösung des traditionellen Stundenplans (vgl. STANGL 2000, S. 136).
1.3.8 Anwendungsprogramme „Werkzeuge“
Der Begriff „Werkzeug“ beschreibt themenunabhängige Softwarelösungen, so genannte Anwendungsprogramme, wie Textverarbeitung (z.B. Microsoft Word) und Tabellenkalkulationen (z.B. Microsoft Excel), die zur Gestaltung, Erzeugung sowie Bearbeitung visueller, auditive oder audiovisueller Inhalte dienen (vgl. TULODZIECKI & HERZIG 2002, S. 18).
Textverarbeitung, Datenbanken und Programmiersprachen haben schon seit längerem ihren Platz im Bildungskontext. In jüngerer Zeit ist aufgrund ihrer zunehmend einfachen Bedienbarkeit eine Fülle weiterer Programme hinzugekommen, wie Präsentationssoftware, Tabellenkalkulation, Bildverarbeitung, HTML-Editorenprogramme, Autorensoftware usw. Aber auch Internetanwendungen, - wie Kommunikationssoftware und Web-Browser - werden inzwischen häufig im Unterricht verwendet.
Werkzeuge verlangen zu den zu lernenden Inhalten auch Kenntnisse über ihre Bedienung und Funktionalität. Sie verstärken bereits vorhandene Kenntnisse und Fähigkeiten und gleichen zudem Schwächen und Unzulänglichkeiten aus. Werkzeuge dienen aber nicht dem Lernprozess und dem Lernergebnis (vgl. KRAUTHAUSEN 1994, S. 107).
Bei der Nutzung von Anwendungssoftware im Rahmen eines lehrergeleiteten und eines konstruktivistischen Unterrichtskonzepts ergeben sich ähnliche Unterschiede wie bei Simulationen und Mikrowelten sowie hypermedialen Programmen. Im lehrergeleiteten Unterricht können Anwendungsprogramme vor allem in Übungsphasen zur Lösung einfacher Aufgaben eingesetzt werden, wobei die Nutzung durch den Lehrer vorstrukturiert und gelenkt wird. Im konstruktivistischen Konzept wird dagegen das Potenzial von Werkzeugen darin gesehen, dass die Schüler komplexe Aufgaben in Lerngruppen eigenständig erarbeiten können, z.B. im Rahmen von Projektarbeitsphasen.
1.3.9 Hypermedia und Internet
Bei Hypermedia können innere sowie äußere Verbindungen zu externen Programmen oder dem Internet aufgebaut werden - äußere Verbindungen werden mit dem Fachterminus „Hyperlink“ belegt. Diese externen Angebote können somit in das Lernangebot eingebunden werden, auch wenn sie produkt- oder firmenspezifisch ausgerichtet und mediendidaktisch nicht optimal gestaltet sind. Der Vorzug solcher Hypermedialen-Software ist der hohe Grad an Aktualität und Realitätsbezogenheit (vgl. TEWS 2000, S. 173).
Der Siegeszug des Internets wurde durch die Entwicklung des World-Wide-Web (WWW oder W3) und der grafischen Benutzeroberfläche (Browser) eingeleitet. Die Grundlage des Internets ist die dynamische Vernetzung von zahllosen miteinander verbundenen (verlinkten) Dokumenten, welche Texte, Bilder, Tonteile und Filmsequenzen beinhalten können (vgl. TULODZIECKI & HERZIG 2002, S. 22).
Die Nachteile des Internets - wie unbeständige Verbindungen (Links), gezielte Falschmeldungen (Hoaxes), Informationsüberfluss – müssen bei der Einbindung in den Unterricht berücksichtigt werden (vgl. STANGL 2000, S. 211).
1.3.10 Kombinierte Ansätze
Eine Kombination der oben angegebenen Grundmethoden ist in vielfacher Form möglich, reine Typen kommen in moderneren Programmen nur selten vor. Typische Kombinationen zum Beispiel mit Hypermedia sind laut BLUMSTENGEL (vgl. BLUMSTENGEL):
- Hypermedia und Simulation
Dabei kann der Fokus auf der Simulation liegen, d.h. eine Simulationsumgebung wird um eine hypermediale Informationskomponente erweitert, die im Wesentlichen dem Nachschlagen von Begriffen und Konzepten dient. Andererseits können auch meist kleinere Simulationen Bestandteile von Hypermedia sein.
- Hypermedia und tutorielle Komponenten
Grundsätzlich können tutorielle Systeme durch hypermediale Elemente (z.B. ein Glossar oder einige Querverweise) ergänzt werden. Auf der anderen Seite kann auch beim Lernen mit Hypermedia für bestimmte Zwecke eine zusätzlich angebotene didaktische Führung sinnvoll sein.
- Hypermedia und wissensbasierte/intelligente Komponenten
Darin versteht man die Kopplung von Hypertext- mit Expertensystemen zur Wissensdiagnose. Gegenstände werden dabei hypermedial präsentiert und der Benutzer kann auf die, mit einer mit Expertensystem-Oberfläche, Wissensbasis zugreifen.
- Intelligente Komponenten in Hypermedia
Ein Beispiel für den Einsatz intelligenter Komponenten in Hypermedia-Systemen wäre ein Angebot sinnvoller Lernwege aufgrund der über das Benutzerverhalten gesammelten Daten, das dem Lernenden als Vorschlag unterbreitet wird. Auch in diesem Fall ist jedoch kritisch zu prüfen, in welchem Verhältnis der Entwicklungsaufwand zum tatsächlich erreichten Zusatznutzen steht. Eine Integration intelligenter Komponenten in Hypermedia ist nur in Teilbereichen sinnvoll.
1.4 Geschichtliches zur Entwicklung von Lernsoftware
Die Intention technische Medien in den Unterricht zu implementieren lässt sich rund 40 Jahre zurückverfolgen, einhergehend mit dem Versuch die Pädagogik auf eine wissenschaftliche Basis zu stellen. Der Behaviorismus als lerntheoretische Grundlage einerseits und die kybernetische Pädagogik als methodische und didaktische Basis andererseits versuchten durch kleinschrittiges Vorgehen bei der Wissensvermittlung und dem Ausblenden nicht messbarer Faktoren das Lernen und Lehren neu auszurichten.
Hilfestellung erwartete man sich durch den Einsatz von technischen Geräten und Lernprogrammen, welche den Lehrer ersetzen oder als subjektiven Störfaktor eliminieren sollten. Das kybernetische Lernen versteht unter dem Begriff „Programmieren“ nicht die Erstellung eines Computerprogramms, sondern die Festlegung eines Lernalgorithmus, der sich an einen definierten Ablauf orientiert. Die Aufgabe des Lehrers innerhalb dieses Konzeptes blieb umstritten (vgl. MITSCHIAN 2000, S. 16 ff).
Parallel zu den Entwicklungen in der Pädagogik-Wissenschaft befasste sich die Industrie mit der Erstellung von speziellen Programmiersprachen für Lehrende. 1958 begann die Firma IBM die Autorensprache COURSEWRITER zu entwickeln. Auslöser für diese Bemühungen war der so genannte Sputnik-Schock, der die westliche Hemisphäre erschütterte. Der vermeintliche Technologierückstand initiierte einen Forschungsschub auch im Bildungsbereich, um das vermutete Wissensdefizit zur Sowjetunion zu kompensieren.
Das von IBM entwickelte System, sowie spezielle Hardware (System 1500) ermöglichte das Adressieren bzw. Ansprechen von Tonbändern und Diaprojektoren.
Ein Jahr später -1959 – wurde an der Universität von Illinois am „Computer-based Education Research Laboratory (CERL)“ das Forschungsprojekt „PLATO“ („Programmed Logic for Automated Teaching Operations“) ins Leben gerufen. Die Entwicklung, dieses sich einst auf das behavioristische Lernmodell stützende System, wird bis dato fortgesetzt (vgl. WEDEKIND 1990, S. 10).
Die Programmiersprache „LOGO“ wurde für Unterrichtszwecke (zur Einführung für den Umgang mit Computern) am „Massachusetts Institute of Technology“ (MIT) entwickelt und enthält zum Teil Konzepte von „LISP“ („list processing language“ ist wiederum eine Programmiersprache, welche Ende 1950 von J. McCarth, vor allem für künstliche Intelligenz, entworfen wurde). LOGO ist eine interaktive Sprache (der Benutzer kann schnell eingreifen) mit einem benutzerfreundlichen Grafikprogramm, bei der sich außerdem größere Programme aus einfacheren Bausteinen zusammenfügen lassen (vgl. DER BROCKHAUS 2002). LOGO in Verbindung mit dem programmatischen Buch von Seymour PAPERT (1985) lieferte jedoch widersprüchliche wissenschaftliche Ergebnisse und lies keinen positiven kognitiven Effekt erkennen (vgl. HERRMANN 1994, S. 55).
Das heute am häufigsten mit dem Bildungsbereich in Verbindung gebrachte Schlagwort „Internet“ entwickelte sich in den 60-iger Jahren zunächst aus militärischen Überlegungen heraus, ein dezentrales Kommunikationsnetz zu schaffen, welches im Kriegsfall – insbesondere im Atomaren – nicht außer Kraft gesetzt werden kann. Die anfängliche Bezeichnung dieses Netzwerkes lautete „ARPAnet“. Der Durchbruch des Internets erfolgte mit der Verfügbarkeit des „ World Wide Web“(„WWW“ oder „W3“), welches aus einer fast unendlichen Anzahl untereinander verbundener Dokumente besteht. Die grafische Benutzeroberfläche, der so genannte Browser, erleichtert dem Benutzer die Handhabung des Internets (vgl. TULODZIECKI & HERZIG 2002, S. 21f).
Die rasante Entwicklung der neuen Technologien, sprich Computer und Internet, bietet immer breitere Einsatzmöglichkeiten im Unterricht, die bis dato noch nicht ausgeschöpft sind. Diesen technischen Fortschritt beschreibt SEEGER 1985 wie folgt:
„Ein tragbarer PC für ca. 3000 DM hat heute mehr Kapazität als eine Maschine, die vor 30 Jahren 30 Millionen Dollar gekostet hätte und so groß wie ein Wohnzimmer gewesen wäre. (…) Wenn die Entwicklung von Effektivität in der Automobil-Industrie erfolgt wäre, dann würde ein Rolls-Royce heute ca. 8 DM kosten, er würde mehr als eine Million Kilometer mit einem Liter Benzin fahren und genügend PS/KW besitzen, um einen Flugzeugträger zu bewegen.“
Die permanente Innovationen am Hardware-Sektor und die verschiedenen Softwareplattformen – wie Windows, Apple oder Unix und deren Derivate – führen jedoch die Softwarehersteller in ein Dilemma, da einerseits die Entwicklung von Lernprogrammen zeitaufwändig und fehleranfällig und andererseits kein großer Markt gegeben ist.
Daher werden über Modifikationen und Erweiterungen an der Standardsoftware versucht, diese für den Unterricht zu adaptieren, jedoch erfordert die Didaktifizierung einen erheblichen Aufwand bei nicht gesichertem Erfolg (vgl. HENDRICKS & SCHULZ-ZANDER 2000, S. 41).
2 Ausgangslage in Österreich
In der Presseaussendung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur (kurz BMBWK) - vom 13. August 2002 – wird die Ausgangssituation skizziert, dass 92% aller Schulen in Österreich und 100% aller Bundesschulen die notwendigen technischen Einrichtungen vorweisen und an das Internet angebunden sind. Weiters stehen mehr als hundertdreißigtausend Computer zur Verfügung und rund hundert Klassen sind so genannte „Notebook“-Klassen. Darüber hinaus wurden im Bildungsmonitoring folgende Zahlen erhoben:
„Ingesamt 91% der Befragten sind der Meinung, dass Schule technische Fertigkeiten im Umgang mit den neuen Technologien vermitteln muss. Fast 90% sind für den Einsatz von Computern im Unterricht und ebenso viele vertreten die Meinung, dass der sinnvolle und verantwortungsbewusste Umgang mit den neuen Technologien in der Schule gelehrt werden muss. Praktisch niemand erachtet die Vermittlung von Kompetenzen im Umgang mit den neuen Technologien für eher vernachlässigbar. Auch ältere Personen und Personen ohne höheren Abschluss liegen bei ihren Wichtigkeitseinschätzungen im Gesamtschnitt. Das ergab eine im Rahmen des Bildungsmonitorings 2002 durchgeführte Befragung unter 2000 Österreicherinnen und Österreichern.“(zit. Bildungsmonitoring 2002)
Im Rahmen der „eFit“-Initiative wird die technische Ausstattung kontinuierlich verbessert und auch im inhaltlichen Bereich werden Akzente gesetzt. Ziel ist es, laut Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer, dass die neuen Technologien selbstverständlich im Unterricht eingebunden werden.
Solchen euphorischen Zahlen steht der Wissenschafter Prof. Dr. Werner Stangl der Johannes Kepler Universität Linz jedoch kritisch gegenüber. In seinem Buch „Internet @ Schule“ verweist er auf eine Untersuchung des Jahres 1997, bei der die damals vom Ministerium genannten Zahlen über den realen Werten lagen.
„ Der Autor führte von 1996 bis Ende 1997 eine Liste österreichischer Schulen im net (Stangl 1997a), wobei nur solche Schulen aufgenommen wurden, die eine eigene homepage führten. Zum Zeitpunkt der Erhebung (Mitte Oktober 1997) waren etwas mehr als 260 Schulen vertreten, wobei diese Zahl vermutlich den Bestand knapp unterschätzt, da aktuell einige Aktionen laufen, Schulen ins internet zu bringen bzw. ihnen einen Zugang zu ermöglichen. Die Statistik des Ministeriums nennt etwa 300 Schulen.
Eine der aktuellen Aktionen ist z.B. die Zusammenführung bereits bestehender Netze im Austrian School Network. Schon die Dezemberstatistik des Ministeriums zeigte einen eklatanten Zuwachs an „internet-Schulen“, wobei sich die behauptete Internet-Präsenz tatsächlich als das Vorhandensein einer e-mail-Anbindung entpuppte, die nach persönlichen Erfahrungen des Autors bei der Durchführung der Untersuchung oft noch ungenützt war bzw. tagelang nicht funktionierte.“(zit. STANGL 2000, S. 125)
Die gewinnbringende Einbindung der Informations- und Kommunikationstechnologie im Unterricht erfordert daher Änderungen der Rahmenbedingungen und einen Strukturwandels des schulischen Lehrens und Lernen. Damit die Technik unterstützend wirken kann, muss jedoch die Lernsituation und Lernorientierung stimmen. Die neuen Medien sind daher nachrangig zu betrachten, entscheidender Faktor ist die soziale und kognitive Gestaltung des Lernens (vgl. BRUCK & GESER 2000, S. 21).
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- Arbeit zitieren
- BEd Robert Murauer (Autor:in), 2004, Computer im fachtheoretischen Unterricht an gewerblichen Berufsschulen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/229451
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