Bei den Betrachtungen zu den Anfängen von Hitlers Außenpolitik stellt sich die Frage, warum ausgerechnet ihm das gelungen ist, was die Regierungen der Weimarer Republik vor ihm fast 15 Jahre vergeblich angestrebt hatten: Die Revision des Versailler Vertrages und die Wiedereingliederung Deutschlands in das System der internationalen Großmächte.
Dass auch ein Adolf Hitler die außenpolitischen Erfolge nicht von heute auf morgen erreichen konnte, soll im folgenden anhand des deutsch-britische Flottenabkommens vom 18. Juni 1935 näher erläutert werden. Dabei spielen neben den geopolitischen Aspekten natürlich auch militärische Überlegungen eine Rolle, obwohl die politische Wirkung ungleich größer war als die militärische.
Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt: Was motivierte die englische Regierung zur Unterzeichnung eines Vertrages mit Hitler? Und welche Überlegungen trieben Hitler dazu, sich einem potentiellen Feind gegenüber militärische Selbstbeschränkungen aufzulegen?
Politisch gesehen hoffte England, das NS-Regime mit der Ausklammerung des Versailler Vertrages in die internationale Staatengemeinschaft und besonders in die Abrüstungskonferenz von Genf zu reintegrieren und damit kontrollieren zu können. England wollte eine Isolationierung Deutschlands verhindern und eine Art Normalität durch Gleichberechtigung erreichen. Militärisch suchte England traditionell „Einverständnis über einen eng begrenzten Gegenstand“ und nicht ein Bündnis, wie Hitler hoffte, und das Ziel war die langfristige Verhinderung eines erneuten Flottenrüstens.
Für Hitler war das Flottenabkommen ein weiterer Test, wie weit er sich außenpolitisch aus dem Fenster lehnen durfte, ohne handfeste Konsequenzen durch die anderen Regierungsmächte befürchten zu müssen. Er brauchte außenpolitische Erfolge hinsichtlich der Revision des Versailler Vertrages für seine nationalsozialistische Propaganda.
Militärisch sollte das Abkommen, das eigentlich nur für die Marine galt, die gesamte deutsche Aufrüstung legalisieren, da der Artikel V des Versailler Vertrages durch einen seiner Unterzeichner stillschweigend außer Kraft gesetzt wurde. Für Hitler war es nur ein Mittel zum Zweck, seine außenpolitische Konzeption sah eine langfristige Bindung an Verträge gar nicht vor.
Neben der symbolisch bedeutsamen Quasi-Außerkraftsetzung wichtiger Teiler des Versailler Vertrages und einem vorübergehenden Zerfall der europäischen Solidarität war das Flottenabkommen ein großer Schritt in Richtung Krieg.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der politische Aspekt - die außenpolitischen Beziehungen beider Länder
- Hitlers England-Politik 1933-1935
- Das nationalsozialistische Deutschland im Weltbild Englands
- Der militärische Aspekt
- Das Scheitern der Abrüstungsverhandlungen
- Die deutsche und englische Aufrüstung und die Seekriegsfrage
- Das Zustandekommen des Flottenabkommens
- Schlußbemerkung und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die politischen und militärischen Hintergründe des deutsch-britischen Flottenabkommens von 1935. Dabei wird die Frage untersucht, wie es Hitler gelang, das Versailler System zu revidieren und Deutschland wieder in die internationale Staatengemeinschaft zu integrieren.
- Hitlers Englandpolitik
- Das Weltbild Englands gegenüber dem nationalsozialistischen Deutschland
- Das Scheitern der Abrüstungsverhandlungen
- Die deutsche und englische Aufrüstung
- Die Rolle des Flottenabkommens in der internationalen Politik
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Frage, warum Hitler im Gegensatz zu den Regierungen der Weimarer Republik die Revision des Versailler Vertrages und die Wiederherstellung der deutschen Gleichberechtigung erreichen konnte. Sie führt das Flottenabkommen als Beispiel für Hitlers außenpolitische Erfolge an und stellt zentrale Fragen zur Motivation der beteiligten Parteien.
Der politische Aspekt - die außenpolitischen Beziehungen beider Länder
Hitlers England-Politik 1933-1935
Dieses Kapitel beleuchtet Hitlers Strategie gegenüber England und seine Hoffnung auf ein deutsch-englisches Bündnis. Es wird dargelegt, wie Hitler durch bilaterale Abkommen und die Umgehung des Auswärtigen Amtes die Gleichberechtigung Deutschlands erreichen und Englands Unterstützung für seine Pläne gewinnen wollte.
Das nationalsozialistische Deutschland im Weltbild Englands
Dieses Kapitel untersucht das britische Weltbild in den 30er Jahren und wie es die außenpolitischen Entscheidungen Englands beeinflusste. Es wird dargestellt, dass England, anders als Deutschland, von mehreren freundlichen Nachbarstaaten umgeben war und eine andere Machtpolitik verfolgte.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen der außenpolitischen Beziehungen zwischen Deutschland und England in den 30er Jahren, das Flottenabkommen von 1935, die Revision des Versailler Vertrages, Hitlers Englandpolitik, die deutsche Aufrüstung, die britische Weltpolitik und das Konzept des „Appeasement".
- Quote paper
- Robert Rädel (Author), 2001, Der Weg zum Flottenabkommen. Politische und militärische Aspekte des Deutsch-Britischen Verhältnisses von der 'Machtergreifung' bis zum Seerüstungsabkommen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22725