Going Private: Motive, Gestaltungsformen und Rahmenbedingungen - Ein Überblick


Hausarbeit, 2003

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


1. Einleitung

Die Hausse an den internationalen Kapitalmärkten Ende der neunziger Jahre führte zu einem Anstieg der Eigenkapitalbeschaffung durch einen Börsengang in Europa. In Deutschland sah insbesondere der Neue Markt eine Vielzahl neuer Notierungen, so daß der Eindruck entstand, man versuche hierzulande, die Lethargie vergangener Jahrzehnte in wenigen Monaten zu egalisieren. Demgegenüber war der Rückzug von der Börse, das sogenannte Going Private in Deutschland kaum ein Thema. Going Private Transaktionen fanden im größeren Maße in den USA statt. In Europa stellte sich diese Entwicklung zeitverzögert ein, wobei inzwischen in Großbritannien Going Private-Transaktionen zur üblichen Praxis gehören.[1] In den USA wurden in den siebziger und achtziger Jahren Going Privates derart häufig durchgeführt, daß das Volumen der Transaktionen in manchen Jahren sogar das der Börsengänge übertraf.[2] Angesichts dauerhaft niedriger Aktienkurse seit März 2000 ist auch in Deutschland zu beobachten, dass zahlreiche Unternehmen den Rückzug von der Börse anstreben.[3]

In der folgenden Arbeit sollen die Motive und der Ablauf eines Going Privates bezogen auf den deutschen Markt näher untersucht werden, wobei auch auf die betriebswirtschaftlichen, rechtlichen und steuerlichen Auswirkungen eines Börsenrückzuges unter Berücksichtigung der Rolle der begleitenden Banken eingegangen wird.

2. Definition des Begriffes „Going Private“

Mit dem Begriff des Going Private (auch Public to Private oder P2P) wird die Überführung einer börsennotierten Aktiengesellschaft („Public Company“) in eine nicht an den öffentlichen Aktienmärkten gehandelte private Unternehmung („Private Company“) bezeichnet. Es werden auch solche Transaktionen unter den Begriff des Going Private gefaßt, bei denen Teilbereiche einer börsennotierten Gesellschaft aus dieser herausgelöst werden und in ein nicht börsennotiertes Unternehmen überführt werden.[4] Der Vorgang eines Going Privates kann auch unter dem Begriff Delisting erfaßt werden, wenn sich das Delisting, also das Beenden der Notierung an einer öffentlichen Börse, auf alle Börsenplätze bezieht.[5] Hierbei beschränkt sich der Begriff der Börsennotiz nicht auf den amtlichen Handel oder den geregelten Markt im Sinne des Aktiengesetzes (AktG), gemeint ist auch eine Notierung im privatrechtlich organisierten Freiverkehr.[6]

3. Motive eines Going Privates

Gründe für den Börsengang sind normalerweise eine leichtere Kapitalbeschaffung, die Erhöhung der Liquidität der Anteile für die Eigentümer und eine Verbesserung des Standings der Unternehmung.[7] Allerdings wurde in Deutschland in der Vergangenheit häufig darauf verzichtet, die Erreichung dieser Ziele auch zu überprüfen, weil die Börsennotiz als Wert an sich angesehen wurde.[8]. Ein Rückzug von der Börse erfolgt meist im Interesse der Unternehmung selbst, seines Vorstandes oder eines Mehrheitsaktionärs.[9] Neben den Unternehmen, die einen Börsenrückzug anstreben, um eine feindliche Übernahme zu erschweren, kann man Unternehmen, die sich vom Kapitalmarkt zurückziehen, in drei Gruppen differenzieren. Unternehmen mit funktionsloser Börsennotiz, Unternehmen mit unausgeschöpften Wertpotentialen und Unternehmen mit operativen Nachteilen durch die Börsennotierung.

3.1. Funktionslosigkeit des Börsenlistings

Zu den Unternehmen, bei denen eine Börsennotiz funktionslos geworden ist, zählen solche, welche die beim Börsengang angestrebten Vorteile nicht mehr nutzen können. Hier ist insbesondere die „Nutzung“ der Kapitalbeschaffungs-, Liquiditäts-, und Bewertungsfunktion der Börse zu nennen.[10]

3.1.1. Kapitalbeschaffungsfunktion

Eine der Kernfunktionen der Börse ist die Kapitalbeschaffung. Befinden sich Unternehmungen jedoch in einer anderen fundamentalen Situation als zum Zeitpunkt des Börsenganges, kann diese Funktion verloren gehen, beispielsweise wenn die Unternehmung kein Wachstum mehr ausweist oder das Wachstum aus dem eigenen Cash-Flow finanziert wird. Die Kapitalbeschaffungsfunktion geht auch dann verloren, wenn Kapitalerhöhungen nicht mehr platzierbar sind, weil die entsprechende Nachfrage fehlt oder wenn wegen eines zu niedrigen Aktienkurses eine Kapitalerhöhung wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll ist, weil sie zu teuer wäre.[11]

3.1.2. Liquiditätsfunktion

Bei vielen börsennotierten Unternehmen ist ein Wegfall der Liquidität der Aktien zu verzeichnen. Kurse können nur noch taxiert werden, ein Handel dieser Aktien findet nicht mehr statt. Somit geht die ursprünglich gewünschte Fungibilität für die Aktionäre verloren, die Börse kann die Liquiditätsfunktion nicht mehr erfüllen.[12]

3.1.3. Bewertungsfunktion

Eine Folge der mangelnden Liquidität der Aktien ist der Verlust der Bewertungsfunktion. Wenn nur geringe Ordervolumina erreicht werden, spiegelt der eventuell zudem nur taxierte Kurs kaum mehr den inneren Wert der Unternehmung wieder. Die Börse ist nicht mehr fähig, die Unternehmung zu bewerten.

3.2. Unausgeschöpfte Wertpotentiale

Für Unternehmen mit unausgeschöpften Wertpotentialen kann ein Going Private ökonomische Vorteile bieten. Solche Wertpotentiale entstehen dann, wenn die Unternehmung durch den Börsengang keine adäquaten Kontroll- bzw. Anreizstrukturen mehr besitzt.[13] Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn das Aktienkapital stark gestreut ist und deshalb kein Kleinaktionär Kontrolle über die Unternehmung ausüben kann, weil es für ihn zu kostenintensiv wäre. Zudem hat er meist gar kein Interesse an einer Kontrolle, da er meist Papiere mehrerer Gesellschaften hält und sich durch diese Diversifizierung gegen Risiken aus der einzelnen Unternehmung absichert. Man kann hier von einem passiven Anteilseigner sprechen, eine Rolle, die auch von den immer mehr an Bedeutung gewinnenden Indexfonds ausgefüllt wird. Auch hier erübrigt sich eine Kontrolle, da das Fondsmanagement streng den jeweiligen Index abbildet und somit eine schlechte Unternehmensperformance nicht durch Verkäufe sanktionieren kann.

[...]


[1] Vgl. Hohn, Going Private, S. 8

[2] Vgl. Eisele/Götz/Walter, Motive und Ablauf eines Going Private, Finanz Betrieb 7-8/2003, S. 479

[3] Vgl. Holzborn/Schlößer, Systemwechsel beim going private, BKR 11/2002, S. 486

[4] Vgl. Richard-Handbuch Going Private, S. 25

[5] Vgl. Eisele/Götz/Walter, Motive und Ablauf eines Going Private, Finanz Betrieb 7-8/2003, S.479

[6] Vgl. Richard-Handbuch Going Private, S.25

[7] Vgl. Ebenda, S. 25

[8] Vgl. Ebenda, S. 26

[9] Vgl. de Vries, Delisting, S. 13

[10] Vgl. Richard-Handbuch Going Private, S. 26

[11] Vgl. Richard-Handbuch Going Private, S.26

[12] Vgl. Ebenda, S 27

[13] Vgl. Ebenda, S. 27

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Going Private: Motive, Gestaltungsformen und Rahmenbedingungen - Ein Überblick
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg  (Wirtschaftsrecht)
Note
1,7
Autor
Jahr
2003
Seiten
21
Katalognummer
V22320
ISBN (eBook)
9783638256971
Dateigröße
792 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Going, Private
Arbeit zitieren
Christian Rupp (Autor:in), 2003, Going Private: Motive, Gestaltungsformen und Rahmenbedingungen - Ein Überblick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22320

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