Untersuchungen zur Syntax und Semantik des deutschen Infinitivmorphems zu sind der Gegenstand der hier vorliegenden Arbeit, die eine empirische Untersuchung und Analyse des in Rede stehenden Elements darstellt. Den Ausgangspunkt unserer Überlegungen bildet erstens die Einsicht, dass obwohl zu überwiegend ein graphemisch unabhängiges Morphem ist, es sich aber doch als nur bedingt eigenständig erweist. Zweitens stellt sich die Frage seiner kategorialen Zugehörigkeit, die wir unter anderem anhand von Vergleichen mit dem englischen to und den italienischen di und a, zu bestimmen versuchen. Wenngleich zu in den traditionellen Grammatiken als Präposition oder Konjunktion gewertet wird, kommen wir nach einer ausführlichen Erörterung der Frage zu dem Schluss, dass es weder zu der einen noch zu der anderen Kategorie gehören kann. Unserer Arbeit liegt die Rektions-Bindungstheorie zugrunde, wenngleich wir uns verschiedener, zur traditionellen deskriptiven Grammatik gehörender Begriffe, wie Bechs Einteilung der infiniten Verbalformen und die Aufteilung des deutschen Satzes in sogenannte Felder und Satzklammern, bedient haben. Dieser Rückgriff auf die traditionelle Terminologie hat praktische Gründe und keine konzeptionellen. [...]
INHALTSVERZEICHNIS
Abkürzungen und Symbole
Einleitung
Kapitel 1 - Ein Grundriss der Rektions-Bindungs-Theorie
1.0 Einleitung
1.1 Die Generative Grammatik
1.1.1 Die Universalgrammatik
1.1.2 Der pro - drop -Parameter
1.1.3 Phrasenstrukturregeln
1.1.4 Die X-bar-Syntax
1.2 Die Theta-Theorie
1.3 Die Kasustheorie
1.3.1 Wortstellungstypologien
1.4 Transformationen
1.4.1 Die erweiterte Standard-Theorie
1.4.2 Bewegungsregeln
1.4.2.1 NP-Bewegung
1.4.2.2 wh -Bewegung
1.4.2.3 Kopf-zu-Kopf-Bewegung
1.4.3 Das Verb-zweit-Phänomen
1.5 Module der generativen Grammatik
1.5.1 Rektionstheorie
1.5.2 Bindungstheorie
1.5.3 Kontrolltheorie
1.6 Schlusswort
Kapitel 2 – Die infinitivische Form des Verbs und zu
2.0 Einleitung
2.1 Etwas aus der Geschichte von zu
2.2. Wie erkennt man die infinitivische Form des Verbs?
2.2.1 Bechs Status und Stufen des infiniten Verbs
2.2.2 Felder-Theorie/Die rechte Satzklammer
2.3 zu : Eigenständiges Wort oder Affix/Infix
2.3.1 Über die kategoriale Zugehörigkeit der Infinitiv- Morpheme zu , to , di , a
2.4 Schlusswort
Kapitel 3 - Die strukturelle Position des Infinitiv- morphems zu
3.0 Einleitung
3.1 Über die Struktur des deutschen Satzes: Eine S’-Analyse
3.1.1 S-Analyse der deutschen Infinitivsätze: Tappes Theorie
3.2 Exceptional Case Marking (ECM)
3.3 zu als Konjunktion: Wilders Theorie
3.4 Über die Unmöglichkeit von wh -Infinitiven mit zu
3.5 zu als Kopf von IP: Giustis INFL-Hypothese
3.5.1 Evidenz aus dem Dänischen und Norwegischen
3.6 Die Position des Infinitivmorphems im Deutschen und Englischen im Verhältnis zu dem Satzadverbial nicht/not
3.7 Beukemas und den Dikkens AGR-Hypothese
3.8 Schlusswort
Kapitel 4 - Das Matrixverb und zu
4.0 Einleitung
4.1 Autonomiethese der Syntax und die Rolle der Semantik
4.2 Subklassifizierung der Verben durch den zu -Infinitiv
4.2.1 Kontrollverben
4.2.2 raising -Verben
4.3 Vorläufige Bilanz der Erkenntnisse
4.4 Subklassifizierung der Verben durch den Infinitiv ohne zu
4.4.1 Modalverben
4.4.2 Bewegungsverben
4.4.3 Wahrnehmungsverben
4.4.4 Kausative/permissive Verben
4.5 Zusammenfassung
4.5.1 Bedingte Eigenständigkeit/Keine Kategorie
4.5.2 AGR° - Die strukturelle Position von zu
4.5.3 zu : Ein Chamäleon
Schlusswort
Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis der Texte aus der alt- mittel- und frühneuhochdeutschen Literatur
ABKÜRZUNGEN UND SYMBOLE
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
EINLEITUNG
Untersuchungen zur Syntax und Semantik des deutschen Infinitivmorphems zu sind der Gegenstand der hier vorliegenden Arbeit, die eine empirische Untersuchung und Analyse des in Rede stehenden Elements darstellt. Den Ausgangspunkt unserer Überlegungen bildet erstens die Einsicht, dass obwohl zu überwiegend ein graphemisch unabhängiges Morphem ist, es sich aber doch als nur bedingt eigenständig erweist. Zweitens stellt sich die Frage seiner kategorialen Zugehörigkeit, die wir unter anderem anhand von Vergleichen mit dem englischen to und den italienischen di und a , zu bestimmen versuchen. Wenngleich zu in den traditionellen Grammatiken als Präposition oder Konjunktion gewertet wird, kommen wir nach einer ausführlichen Erörterung der Frage zu dem Schluss, dass es weder zu der einen noch zu der anderen Kategorie gehören kann.
Unserer Arbeit liegt die Rektions-Bindungstheorie zugrunde, wenngleich wir uns verschiedener, zur traditionellen deskriptiven Grammatik gehörender Begriffe, wie Bechs Einteilung der infiniten Verbalformen und die Aufteilung des deutschen Satzes in sogenannte Felder und Satzklammern, bedient haben. Dieser Rückgriff auf die traditionelle Terminologie hat praktische Gründe und keine konzeptionellen.
Wir haben bei den in unserer Arbeit angeführten Beispielen darauf geachtet, dass sie aus der sprachlichen Alltäglichkeit stammen und es vermieden stilistisch markierte Ausnahmefälle anzuführen, die obwohl nicht ausgeschlossen, dennoch Einzelfälle darstellen würden.
Bezüglich der strukturellen Position von zu haben wir auf Arbeiten von Giusti (1985, 1991), Wilder (1989) und Beukema und den Dikken (1989) Bezug genommen und darauf unsere Hypothese der Positionierung im AGR-Knoten aufgebaut. Diesem Knoten, der eigentlich für die Kongruenzmerkmale des finiten Verbs mit seinem Subjekt reserviert ist, haben wir im letzten Kapitel zusätzliche, neue AGR(eement)-Eigenschaften zugeschrieben.
Unsere Untersuchung erstreckt sich auf vier Kapitel. Das erste ist eine Einleitung in die Theorie der Generativen Transformationsgrammatik, die als theoretischer Rahmen unserer Arbeit zu werten ist. Sie stellt die verschiedenen Theorien auf kurze, zusammenfassende Art und Weise dar und stellt deshalb keinen Anspruch auf Vollständigkeit. In Kapitel 2 stellen wir allgemeine Aspekte der infinitivischen Form des Verbs und des Infinitivmorphems vor und wenden hierbei Vergleiche mit den entsprechenden Morphemen der englischen und italienischen Sprache an. Kapitel 3 befasst sich mit dem Versuch der Bestimmung der strukturellen Position von zu und stellt zu diesem Zweck einige wichtige und interessante Hypothesen vor. In Kapitel 4 untersuchen wir die Beziehung zu /Matrixverb und liefern hierzu eine Übersicht über die Verschiedenheit der Aspekte, die anscheinend die Selektion von zu bestimmen. Sicherlich ist in diesem Bereich noch nicht das letzte Wort gesprochen und wir möchten unsere Arbeit als Denkanstoß für weitere Forschung auf diesem Gebiet verstanden wissen.
KAPITEL 1 EIN GRUNDRISS DER REKTIONS-BINDUNGS-THEORIE DER GENERATIVEN GRAMMATIK
1.0 Einleitung
Das erste Kapitel unserer Arbeit befasst sich mit der Beschreibung der grundlegenden Prinzipien der Rektions-Bindung-Theorie[1] (engl. Government & Binding Theory) der Generativen Transformationsgrammatik, die als theoretische Grundlage für unsere Untersuchungen zur Syntax und Semantik des deutschen Infinitivmorphems zu dienen werden und auch generell als terminologische und technische Einführung in den Wissenschaftszweig der Generativen Grammatik zu werten sind. In den einzelnen Abschnitten geht es um eine verständliche Exposition der genannten Theorie, die durch viele Beispiele und Diagramme möglichst klare Aussagen machen soll. Abschnitt 1.1 gibt uns wichtige Erkenntnisse über das natürliche Lernsystem des spracherwerbenden Kindes und des Begriffs der Universalgrammatik und ihrer Parameter. Die universalen Regeln über die Struktur der Phrasen und Sätze finden in den Phrasenstrukturregeln (1.1.3) und der X-bar-Syntax (1.1.4) ihren Ausdruck. In den Abschnitten 1.2 und 1.3 stellen wir sodann zwei Teiltheorien der Generativen Grammatik, auch Module genannt, vor, und zwar die Theta-Theorie, eine Theorie über die thematischen Selektionseigenschaften der Verben und die Kasustheorie, die bestimmt, dass jede lexikalisch realisierte Nominalphrase (NP) einen Kasus tragen muss. Abschnitt 1.4 erklärt verschiedene Bewegungsregeln und führt einen grundlegenden Begriff der Generativen Transformationsgrammatik, nämlich bewege α (engl. move α) ein. In 1.4.3 folgt die Beschreibung des sogenannten Verb-zweit-Phänomens, das die Frage nach der Position des finiten Verbs in verschiedenen germanischen Sprachen beantwortet. Der Abschnitt 1.5 liefert eine Übersicht über drei weitere Teiltheorien der Generativen Grammatik: die Rektionstheorie, die wesentliche Begriffe wie das C-Kommando und M-Kommando einführt, die Bindungstheorie, die eine bestimmte syntaktische Beziehung zwischen zwei Elementen darstellt und die Kontrolltheorie, die die Frage nach dem Subjektaktanten der Infinitivkonstruktionen stellt.
1.1 Die Generative Grammatik
Die Generative Grammatik kommt gegen Ende der fünfziger Jahre auf. Der amerikanische Linguist, Noam Chomsky, dessen Werk mit seiner berühmten Arbeit: „Syntactic Structures“ im Jahre 1957 seinen Anfang nimmt, wird allgemein als ihr Begründer angesehen. Er zeigte, dass natürliche Sprachen[2] Eigenschaften und Strukturphänomene besitzen, die ein Kind unter den üblichen Bedingungen[3] nur erwerben kann, wenn bestimmte diesen Eigenschaften zugrundeliegende Gesetzmäßigkeiten oder Prinzipien in irgendeiner Weise bereits angeboren d.h. von Natur aus in seinem Kognitionssystem präsent sind und nicht erst erlernt werden müssen. Chomsky spricht erstmals von einem sogenannten Language Acquisition Device (LAD), also einem Spracherwerbsmechanismus, einem System von abstrakten Prinzipien, das einem jeden Menschen angeboren sei und ihn in die Lage versetze, eine Sprache zu erwerben. Es sei sozusagen der kognitive initial state (Chomsky 1980a) des menschlichen Gehirns, der unentbehrliche Acker auf dem die Sprachsaat sprießen kann.
Wir können diese Metapher weiterführen und sagen, dass die Saat durch regelmäßiges Gießen (d.h. Berührung mit den sprachlichen Inputdaten) und gute Pflege (d.h. Anwendung und Übung der so erworbenen Sprachfertigkeit) aufgehen, gedeihen und wachsen kann. Dieser eingebaute Spracherwerbsmechanismus ist ein Regelapparat, der mit Prinzipien, die die allen natürlichen Sprachen gemeinsamen Struktureigenschaften spezifizieren, arbeitet. Diese gemeinsamen Eigenschaften sind unter dem Namen Universalgrammatik" (UG) zusammengefasst, die die Voraussetzung für den Spracherwerb bildet. Sie ist die menschliche Sprachfähigkeit schlechthin und gehört zu ihren genetisch festgelegten Eigenschaften.
Der Spracherwerb von seiten des Kindes, der in relativ kurzer Zeit und oftmals auch unter ungünstigen Umständen (z.B Kinder mit wenig oder qualitativ schlechter Ansprache) stattfindet, hat nichtsdestoweniger immer denselben Ausgang: Jedes Kind[4] beherrscht nach einer bestimmten Zeit, auch bei qualitativ und quantitativ unterschiedlicher Berührung mit den sprachlichen Inputdaten, seine Muttersprache inklusive aller ihrer Regeln. Mit anderen Worten, es hat die Grammatik seiner Sprache erlernt und ist somit imstande eine unendliche Anzahl von Sätzen zu bilden und zu verstehen.
1.1.1 Die Universalgrammatik
Die Universalgrammatik (UG), (engl. universal grammar) ist ein in unserem Kognitionssystem verankertes, selbständiges System von Regeln, oder entsprechend dem allgemeinen technischen Terminus: ein Modul. Diese These besagt, dass das menschliche Kognitionssystem aus eigenständigen Subsystemen besteht und jedes dieser Systeme einem eigenen spezifischen Aufgabenbereich zugedacht ist. Es sind wie gesagt autonome Systeme, deren Prinzipien nicht aus anderen Bereichen des menschlichen Leistungsvermögens, wie z.B. das Lautinventar natürlicher Sprachen, das von der Beschaffenheit der menschlichen Artikulationsorgane abhängt, abgeleitet werden können.
Der initial state oder Ausgangszustand unseres Gehirns, der uns in die Lage versetzt eine Sprache zu erwerben und folglich den wesentlichen Unterschied zwischen Mensch und Tier darstellt, ist also die Universalgrammatik. Da es ja nur eine Grammatik gibt, die universal für alle natürlichen Sprachen gültig ist, kommt man ganz automatisch zu der Frage, wie diese Grammatik nun so viele strukturell verschiedene Sprachen „generieren” kann. Zur Veranschaulichung kann man die Antwort wie folgt formulieren: man stelle sich die Universalgrammatik wie ein Schienennetz vor, auf dem ein Zug in eine bestimmte Richtung (Universalgrammatik) fahren muss. Wird es nun notwendig, dass der Zug eine andere als die vorgegebene Richtung (eine von der Universalgrammatik abweichende Besonderheit einer spezifischen Einzelsprache) einschlägt, wird eine Weiche gestellt, die ihm das ermöglicht. Wenn wir diesen Vergleich auf die zu erwerbende Sprache umsetzen, bedeutet dies, dass das spracherwerbende Kind, je nach Art der zu erlernenden Sprache, anhand der positiven Evidenz d.h. den wohlgeformten Sätzen einer Sprache, mit denen es in Berührung kommt, Parameter fixiert, oder mit anderen Worten, die Universalgrammatik adjustiert. Diese Einsicht bildet den Ausgangspunkt unserer Überlegungen.
1.1.2 Der pro-drop-Parameter
Zur Verdeutlichung dieser Erkenntnis nennen wir das Beispiel des pro-drop- Parameters . Es gibt Sprachen, wie z.B. Italienisch oder Spanisch, deren Verbmorphologie so reich ist, dass allein die Endung des Verbs das entsprechende Pronomen und somit Subjekt identifiziert. Nehmen wir z.B. das Verb: essen > mangiare>comer>manger>eat
Italienisch: Spanisch:
mangi o (io) com o (yo)
mang i (tu) com es (tu)
mangi a (lui, lei, esso) com e (él,ella, ello)
mangi amo (noi) com emos (nosotros)
mangi ate (voi) com éis (vosotros)
mangi ano (essi, esse) com en (ellos, ellas)
Aus diesem Grund ist es auch möglich Sätze zu bilden wie:
(1) Mangi adesso o più tardi? (2) Comes ahora o mas tarde?
Obwohl das Pronomen weggelassen wird, weiß man genau, dass die zweite Person Singular tu gemeint ist. Sprachen wie diese sind sogenannte pro-drop- Sprachen, d.h. sie sind durch das Merkmal [+pro-drop] gekennzeichnet. Das Einsetzen des Subjektpronomens ist nicht obligatorisch.
Im Gegensatz hierzu haben wir z.B. Deutsch, Französisch und Englisch, bei denen die Pronomen nur zum Teil durch die Verbmorphologie identifizierbar sind und deshalb zwar derselbe, aber mit einem negativen Wert versehener Parameter in Aktion treten muss: der [-pro-drop]-Parameter :
Deutsch: Französisch:
ess e (ich) mang e (je)
iss t (du) mang es (tu)
iss t (er, sie, es) mang e (il, elle)
ess en (wir) mange ons (nous)
ess t (ihr) mang ez (vous)
ess en (sie) mang ent (ils,elles)
Englisch:
eat (I)
eat (you)
eats (he, she, it)
eat (we)
eat (you)
eat (they)
Wie wir sehen, ist das Englische sogar noch ärmer an Verbendungen als das Deutsche. Da diese Sprachen durch das Merkmal [-pro-drop] gekennzeichnet sind, sind auch Sätze wie die nachfolgenden ausgeschlossen: *[5]
(3) * Isst jetzt oder später?
(4) *Est-ce-que manges tout de suite ou plus tard?
(5) * Do eat now or later?
Wir haben hier nur einen der vielen verschiedenen sprachspezifischen Parameter angesprochen. Tatsache ist, dass wenn das Kind einmal einen seiner Sprache eigenen Parameter erkannt und fixiert hat, wird es ihn von da ab automatisch, also ohne nachdenken zu müssen, auf alle relevanten Strukturen anwenden. Wenn es sämtliche Parameter fixiert hat, ergibt sich die Kerngrammatik (engl. core grammar) seiner Sprache.
Wir dürfen nie das Ziel der generativen Grammatiktheorie aus dem Auge lassen: Wir versuchen nicht eine einzelsprachliche Grammatik festzulegen, z.B. die des Deutschen, sondern wir sind auf der Suche nach sprachlichen Universalia, also nach Regeln, die für alle natürlichen Sprachen gelten und danach wie sie ein Kind auf der Grundlage des ihm angebotenen Sprachmaterials erwerben kann. Wir wollen hiernachfolgend in Abschnitt 1.1.3 die grundlegenden universellen Regeln unserer Theorie vorstellen.
1.1.3 Phrasenstrukturregeln
Natürliche Sprachen sind auf zwei Ebenen organisiert und zwar auf einer lexikalischen Ebene, d.h. der Ebene der Wörter und einer phrasalen Ebene, d.h. der Ebene der syntaktischen Phrasen. Auf den ersten Blick erscheint es uns, dass Sätze aus einer linearen Abfolge von Wörtern bestehen. Sie setzen sich jedoch aus Konstituenten oder syntaktischen Phrasen verschiedener Art zusammen. Es gibt verschiedene phrasale Kategorien, z.B. NP, VP, AP, P. Wir wollen für jede der obenangegeben Kategorien hiernachfolgend ein Beispiel anführen:
NP > Nominalphrase:
(6) Das Kind mit den roten Backen stand am Zaun und winkte.
VP > Verbalphrase:
(7) den Ball in der Luft aufgefangen hat Hans
AP > Adjektivphrase:
(8) rot am Horizont leuchtete die Abendsonne
PP > Präpositionalphrase
(9) in der Schule lernt man am meisten
Jede syntaktische Phrase ist nicht nur Strukturelement innerhalb eines Satzes, sondern hat wiederum selbst eine interne Struktur. Die interne Struktur der NP (6) setzt sich wie folgt zusammen:
(10) NP (DET) (AP) N (PP)
Dies bedeutet, daß eine NP aus einem obligatorischen N besteht und fakultativ (in runde Klammern gesetzte Elemente)[6] einen Artikel (DET),
eine Adjektivphrase (AP) oder eine Präpositionalphrase (PP) enthalten kann. So besteht z.B. die VP (7) aus folgenden Kategorien:
(11) VP V (NP) (PP)
Diese Strukturregel besagt, dass eine Verbalphrase aus einem obligatorischen Verb bestehen muss und fakultativ aus einer NP oder PP.
Die AP (8) kann wie folgt formuliert werden:
(12) AP (Adv) A (PP)
Wir beobachten auch hier das obligatorische Vorkommen eines Elements, des sogenannten Kopfes (engl. head) der Konstruktion AP d.h. A und eventueller zusätzlicher fakultativer Elemente wie Adverb (Adv) oder Präpositionalphrase (PP).
Die PP wie in (9) hat als obligatorische Bestandteile eine Präposition (P) und eine Nominalphrase (NP):
(13) PP P NP
Obige Regeln nennen wir Phrasenstrukturregeln[7].
Die Struktur eines einfachen Aussagesatzes wie in (14) hingegen kann durch nachfolgende Regel ausgedrückt werden
(14) Hans liebt Greta
S NP VP
Eine weitere Kategorie, die wir bisher unerwähnt gelassen haben, tritt insbesondere in Nebensätzen auf, wie in den folgenden Beispielen:
(15) Maria weiß, dass Hans Greta liebt
(16) Hans liebt Greta, weil sie so nett ist
Obige Nebensätze werden durch Konjunktionen wie dass oder weil eingeleitet. Konjunktionen heißen im Englischen complementizer und werden mit dem Kategoriensymbol COMP bezeichnet. Es wird allgemein angenommen, dass COMP keine Konstituente von S, des einfachen Aussagesatzes, ist, sondern vielmehr zusammen mit S von einer Kategorie dominiert wird, die als S-bar bezeichnet und mit dem Symbol ¯ oder S’ dargestellt wird.
Mit sogenannten lexikalischen Einsetzungsregeln ersetzen wir die lexikalischen Kategorien wie N oder V etc. durch spezifische Lexeme der jeweiligen Sprache wie z.B.
(17) N Kind, Backe, Zaun etc.
DET das, ein etc. V stehen, auffangen, leuchten etc.
A rot, gut, schön etc.
Adv sehr, ebenfalls, außerordentlich etc.
P mit, in, an etc.
Die Symbole der obigen Beispielsätze können durch lexikalische Kategorien ausgetauscht werden. Wir verdeutlichen diesen Vorgang an nachfolgender VP (7) wiederholt als (18):
(18) VP V (aufgefangen) NP (den Ball) PP (in der Luft) hat Hans
Unter Anwendung dieser beiden Regeln, d.h. Phrasenstrukturregeln und lexikalischen Einsetzungsregeln generieren wir die Sätze einer Sprache.
In der generativen Theorie werden die strukturellen Beziehungen der Konstituenten durch ein sogenanntes Baumdiagramm (engl. tree structure) dargestellt. Wir nehmen zum Beispiel nachfolgenden Satz:
(19) Greta aß einen feuerroten Apfel
und stellen ihn mit folgendem Baumdiagram dar:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Greta aß einen feuerroten Apfel
Ein Baumdiagramm entsteht dadurch, dass man die Symbole auf der rechten Seite der Phrasenstrukturregel unter das Symbol auf der linken Seite setzt und sie dann mit Linien, sogenannten Zweigen (engl. branches) miteinander verbindet. Das Pfeilsymbol liest man als ersetze durch (oder engl. re-write).
Den Schnittpunkt zweier Zweige im Baumdiagramm nennen wir Knoten (engl. node). In (18) haben wir also einen S-Knoten, einen VP-Knoten und zwei NP-Knoten. Jeder dieser Knoten dominiert sämtliche Kategorien, die unter ihm hängen. Der VP-Knoten z.B. dominiert V, NP, DET, A und N aber nicht die NP Greta. Eine Kategorie dominiert unmittelbar eine andere Kategorie, wenn es keine weiteren Kategorien zwischen beiden gibt. Dies bedeutet, dass in (19) V und NP von VP unmittelbar dominiert werden. Diese Beziehung wird in folgender Regel festgelegt:
(20) dominiert unmittelbar, genau dann wenn
a) dominiert
b) es keine Kategorie gibt , die dominiert und von dominiert wird.
Als Schwestern bezeichnen wir zwei oder mehr Knoten, die von dem gleichen Knoten unmittelbar dominiert werden. Der dominierende Knoten heißt Mutter.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In unserem Beispiel (19) ist also di VP die Mutter der beiden Schwestern V und NP. Elemente wie z.B. N, V, DET, A, N in unserem Diagramm, also solche, die keine weiteren Elemente dominieren, werden Terminalsymbole (engl. terminal symbols) genannt. Sie werden entsprechend den lexikalischen Einsetzungsregeln von den lexikalischen Angaben substituiert. Die Darstellung der Satzstruktur mittels eines Baumdiagramms ist zwar sehr anschaulich, nimmt jedoch sehr viel Platz ein und wird deshalb oft, auch aus Gründen der Hervorhebung bestimmter Satzteile, durch das sogenannte labeled bracketing, d.h. das Einsetzen von eckigen Klammern, ersetzt. Bei Eröffnung der Klammer erhält diese die Kategorienbezeichnung als Subskript. Unser Beispielsatz (19) kann folglich auch durch (21) dargestellt werden:
(21) [S [NP[N Greta]][ VP[V aß][N[DET einen][A feuerroten][N Apfel]]]]
Die Phrasenstrukturregeln (PS-Regeln) natürlicher Sprachen zeichnen sich durch ein Phänomen aus, das als Rekursivität bezeichnet wird. Dieser Mechanismus kann beliebig erweiterbare Strukturen erzeugen wie z.B.:
(22) das Kind der Frau des Nachbarn des Freundes des Mannes deiner Tante
Konstruktionen dieser Art werden als selbsteinbettend oder rekursiv bezeichnet. Das charakteristische Merkmal solcher Konstruktionen ist die unbegrenzte Hinzufügbarkeit eines Ausdrucks einer bestimmten Struktur. Hieraus folgern wir, dass es technisch möglich ist, einen Satz unbegrenzt lang zu formulieren, ohne Ungrammatikalität hervorzurufen. Mit der zunehmenden Länge eines Satzes, nimmt jedoch seine Verständlichkeit graduell ab. Chomsky, in seinen „Aspects of the Theory of Syntax“ (1965), unterstreicht, dass dieses Phänomen der formale Ausdruck des „kreativen Aspekts“ der Syntax natürlicher Sprachen sei.
PS-Regeln und lexikalische Einsetzungsregeln werden benötigt, um wohlgeformte Sätze in einer Sprache zu generieren. Doch dies allein reicht nicht. Wir stellen fest, dass Verben nicht generell in den gleichen syntaktischen Strukturen auftreten können. Als dritte Komponente unserer Grammatik benötigen wir daher ein Lexikon, das den jeweiligen Subkategorisierungsrahmen (engl. subcategorization frame) der Verben d.h. in welcher syntaktischen Umgebung sie auftreten können, spezifiziert, z.B.: das Verb: glauben
Es kann in folgenden verschiedenen Umgebungen auftreten:
(23a) Hans glaubt mir nicht
(23b) Christen glauben an Gott
(23c) Ich glaube, dass es morgen regnet
(24) glauben V [ ____ NP]
[ ____ PP]
[ ____ S']
1.1.4 Die X-bar Syntax
Wir haben in 1.1.3 festgestellt, dass syntaktische Phrasen jeweils aus einem obligatorischen Kopf und einem Komplement sowie aus fakultativen Adjunkten[8] (engl. adjuncts) bestehen.
Wenn wir dieses Verhältnis der Dinge hierarchisch ordnen, so bezeichnen wir die einzelnen Ebenen als Projektionen des Kopfes der Konstruktion. Wir weisen dem Kopf die niedrigste Position zu, die notationell allgemein mit dem Symbol ° (Null) angegeben wird. Im Falle einer VP ergibt sich als Kopf die Notation V°, einfach auch nur mit V bezeichnet. Die nächst höhere Position der VP oder einer anderen syntaktischen Phrase ergibt sich aus der Verbindung des Kopfes mit seinem Komplement und erhält die Notation V oder V', sprich: V quer (engl. bar). Kommen nun Adjunkte dazu, deren Anzahl sich prinzipiell beliebig erweitern lässt und die, wie schon gesagt, fakultativ sind, wird jeweils ein weiterer V'-Knoten gebildet, d.h. das Adjunkt befindet sich auf der gleichen Ebene des Komplements.
Wir müssen hier kurz auf eine Regel aufmerksam machen, die mit EPP (engl. Extended Projection Principle) bezeichnet wird. Dieses Prinzip besagt, dass jeder Satz ein Subjekt haben muss. Das Subjekt erscheint im Spec (engl. specifier) der Kategorie IP. Nachfolgendes Baumdiagramm soll die verschiedenen Projektionsebenen veranschaulichen. Wir bedienen uns hierzu des Englischen, da sich dessen Satzstruktur am besten zu diesem Zweck eignet:
(25)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Notationell können wir die Struktur der VP wie folgt darstellen:
VP Spec; V'
V' V';
V' V°.
Wir gehen davon aus, dass obige drei Ebenen, also V°, V' und VP in jeder VP vorhanden sind, auch wenn es Konstruktionen (z.B. Infinitivkonstruktionen) gibt, in denen das Subjekt nicht lexikalisch realisiert (engl. overt) ist.
Einstweilen fällt uns auf, dass auf der rechten Seite jeder Regel jeweils immer das Kategoriensymbol V mit einem Querstrich weniger als auf der linken Seite steht. Da nun alle syntaktischen Phrasen die gleiche Struktur wie VP aufweisen, d.h. sie bestehen alle aus drei Projektionsebenen, nehmen wir das Symbol X, um einen beliebigen lexikalischen Kopf einer Phrase zu bezeichnen, X' für die Verbindung von X + Komplement und XP für die maximale Projektion X + Komplement + Spec. Wir können diese Regel also generalisieren und wie folgt formulieren:
(26) Xn ...Xn -1
Wir haben hier für die Zahl der Querstriche die Variable n eingesetzt.
Die Abfolge der Elemente kann je nach Sprache sehr verschieden sein. Das X-bar Schema bringt dies durch die Punkte zum Ausdruck, die besagen, dass ein bestimmtes Strukturelement links oder rechts vom lexikalischen Kopf auftreten kann. Dies ist ein Parameter der UG und jedes Kind muss den für seine Sprache relevanten Parameter hinsichtlich der Abfolge der Elemente wählen.
Beispiele sprachspezifischer Reihenfolge der Wörter:
(27) a) die schönen Blumen
b) i fiori belli
c) i bei fiori
a) NP (DET) (A) N Deutsch
b) NP (DET) N (A) Italienisch
c) NP (DET) (A) N Italienisch
1.2 Die Theta-Theorie
Der Subkategorisierungsrahmen eines Verbs legt fest in welcher syntaktischen Umgebung es auftreten muss. Die Theta -Theorie (auch -Theorie) besagt nun, dass die subkategorisierten phrasalen Kategorien stets durch Argumente (A-Ausdrücke), die auch -markiert sein müssen, besetzt sein müssen. Argumente ohne -Rolle und -Rollen ohne Argumente ergeben die Ungrammatikalität eines Satzes. Wir wollen obiges anhand folgenden Beispiels illustrieren:
(28) Hans liebt Greta
Lieben ist ein zweistelliges Verb, d.h. es hat zwei obligatorische Argumente und zwar Hans und Greta. Fehlt eines dieser Argumente, wird der Satz ungrammatisch:
* Hans liebt
* liebt Greta
Die semantische Beziehung der Argumente Hans und Greta zum Prädikat sind verschiedener Natur. Hans ist der Agens und Maria der Patiens. Innerhalb eines Satzes darf eine -Rolle nur einem Argument zugewiesen werden. Es steht daher fest, dass ein Satz wie der nachfolgende ungrammatisch sein muss, weil hier die -Rolle „Quelle“ an mehrere Argumente (von Goethe, von Schiller) vergeben wurde:
(29) *Hans liest das Buch von Goethe von Schiller
Die ob en dargestellte Gesetzmäßigkeit wird von folgendem Wohlgeformtheitsprinzip (Theta-Kriterium) erfasst:
(30) Jede -Rolle muss genau einem Argument zugewiesen
werden, und jedes Argument muss genau eine -Rolle
erhalten.
Die thematischen Selektionseigenschaften eines Elements bleiben auf allen syntaktischen Strukturebenen erhalten.
Burzio (1986) klassifiziert die Verben und gibt uns eine Übersicht der drei möglichen Argumentstrukturen:
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Ein Verb, bei dem das thematische Selektionsschema wie in (31a) aussieht, wird als transitiv bezeichnet. Es ist ein Verb mit zwei Argumenten und es vergibt zwei θ-Rollen, z.B. lieben ( Rollen des AGENS und des PATIENS).
Ein Verb wie in (31b) ist ein intransitives Verb, das nur ein äußeres[9] Argument hat wie z.B. arbeiten. Es vergibt die äußere Rolle des AGENS.
Die Verben der Klasse (31c) sind solche, die nur ein internes Argument haben. Auf der Hand liegen ergative Verben, deren Subjekt ein internes Argument ist, also wie das Objekt eines transitiven Verbs: Das Unternehmen ist missglückt (vgl. 62a, b)
Wie aus Burzios Generalisierung (vgl. 4.2.2) hervorgeht, können Verben, die kein äußeres Argument haben, ihrer Komplement-NP nicht den Kasus des Akkusativ zuweisen. Zu dieser Klasse gehören allerdings auch passive Verben.[10] Wir gehen hiernachfolgend zur Darstellung der Kasustheorie über, weil Theta-Theorie und Kasustheorie eng miteinander verbunden sind und auf ganz spezifische Art und Weise interagieren.
1.3 Die Kasustheorie
Diese Theorie besagt, dass jede Nominalphrase (NP) einen Kasus tragen muss. Der Kasus der NP hängt von dem Verb des Satzes ab und dies besagt also, dass das Verb der NP einen Kasus zuweist:
(32) ich habe den Pudding gegessen Akkusativ
(33) ich habe der Gefallenen gedacht Genitiv
(34) ich habe dem Mann geschrieben Dativ
Das jeweilige Verb bestimmt welchen Kasus die NP tragen soll und weist diesen im Deutschen nur nach links zu. Dies ist im Englischen nicht der Fall. In dieser Sprache wird der Kasus nach rechts zugewiesen und dies nur unter Adjazenz des Verbs und der NP.
(35) She married him the next day Akkusativ
Obiges legt die Annahme nahe, dass Sätze in denen Nominalphrasen ohne Kasus auftreten, ungrammatisch sein müssen, was wir an nachfolgendem Beispiel überprüfen können:
(36) * Ich hoffe, dass ich schreiben werde den Brief
Da die NP im deutschen Nebensatz immer in präverbaler Stellung stehen muss, um dann den Kasus vom Verb zugewiesen zu bekommen, kann obiger Satz nicht grammatisch sein. Dieser Sachverhalt wird durch ein Prinzip zum Ausdruck gebracht, das als Kasusfilter (engl. case filter) bezeichnet wird
(37) Kasusfilter:
*NP, wenn NP keinen Kasus zugewiesen bekommt
Der Kasus, den das Verb seinem Komplement zuweist, wird als Akkusativ bezeichnet und es scheint, dass alle Sprachen zumindest diesen Kasus kennen, der auch als struktureller Kasus bezeichnet wird. Es gibt nun in Sprachen wie dem Deutschen Verben, die ihrem Komplement den Dativ oder den Genitiv zuweisen, z.B. geben (Dativ), gedenken (Genitiv). Da dies eine Besonderheit dieser Verben ist und die Regel jedoch besagt, dass ein Verb seinem Komplement den Akkusativ (auch Objektiv genannt) zuweist, muss der betreffende Kasus im Lexikon vermerkt sein. Einen im Lexikon vermerkten Kasus nennt man obliquen Kasus.
Im Gegensatz zum Deutschen gibt es viele Sprachen, in denen der Kasus nicht morphologisch realisiert wird. Wir geben ein Beispiel aus dem Englischen:
(38) The man is in the house Nominativ
(Der Mann ist im Haus)
(39) I saw the man yesterday Akkusativ
(Ich sah den Mann gestern)
Bei solchen nicht morphologisch realisierten Kasus spricht man von abstrakten Kasus. Mit anderen Worten, der Kasus ist wohl vorhanden, aber die Schreibweise des Wortes erfährt, im Vergleich zum Nominativ, keine Änderung. Im Deutschen haben wir die morphologische Realisierung des Kasus bei der NP, den Artikeln und den Adjektiven:
(40) Ich habe des guten Mannes gedacht
5 5 5
Art. A NP
Wir haben bislang von dem strukturellen Kasus Akkusativ, den ein Verb seinem Komplement zuweist, gesprochen. Es gibt einen weiteren strukturellen Kasus und zwar den Nominativ, d.h. der Kasus des Subjekts der meisten indoeuropäischen Sprachen. Für den Akkusativ haben wir das Verb verantwortlich gemacht und stellen uns nun die berechtigte Frage, von welchem Element das Subjekt seinen Kasus zugewiesen bekommt. Es fällt uns sofort auf, dass das Subjekt von der finiten Flexionsform des Verbs abhängt. Die finite Flexionsform nennen wir INFL (engl. inflection). Bei infiniter Verbform können keine nominativischen Subjekte auftreten:
(41) Ich glaube dir, dass sie gewinnt
*Ich glaube dir sie zu gewinnen
Die Kasuszuweisung ist nicht ausschließlich Aufgabe des Verbs. Auch Präpositionen haben die Fähigkeit der Kasuszuweisung, z.B. Präpositionen wie dtsch. mit und von erfordern den Dativ, gegen und für den Akkusativ:
(42) Wir fahren mit dem Auto Dativ
(43) Ich habe nichts von ihm gehört Dativ (44) Ich habe nichts gegen dich Akkusativ
(45) Ich schreibe ein Gedicht für dich Akkusativ
Auch für das Englische gilt, dass Präpositionen Kasus zuweisen:
(46) He painted a picture for her Akkusativ
(47) He painted a picture of him Akkusativ
Im Gegensatz zum Englischen, können im Deutschen auch N und A Kasus zuweisen:
(48) der Verrat des Geheimnisses Genitiv
(49) Maria ist ihrer Freundin dankbar Dativ
1.3.1 Wortstellungstypologien
Aus 1.3 geht hervor, dass das Verb in manchen Sprachen Kasus nach rechts (Englisch) und in anderen nach links (Deutsch) zuweist. Die Richtung der Kasuszuweisung scheint also parametrisiert zu sein:
(50) X° weist Kasus sprachspezifisch nach links oder rechts zu
Aus diesem Parameter erklären sich die Wortstellungstypologien der natürlichen Sprachen. In Sprachen wie dem Englischen oder Französischen wird Kasus nach rechts zugewiesen und es zeigt sich eine Subjekt-Verb-Objekt (SVO) Stellung:
(51) I saw F the man yesterday
S V O
(52) J’ ai vu F l’homme hier
S V O
Im Deutschen wird Kasus nach links zugewiesen, woraus eine Subjekt-Objekt-Verb (SOV) – Stellung resultiert:
(53) Ich habe den Pudding E gegessen
Das X-bar Schema lässt die lineare Abfolge von Kopf und Komplement unspezifiziert. Erst aus dem obigen Parameter gehen die für die jeweilige Sprache gültigen Restriktionen hervor. Sprachen in denen Kasus nach links zugewiesen wird, werden als kopffinal (engl. head-final) bezeichnet. Solche mit Kasuszuweisung nach rechts sind kopfinitial (engl. head-initial).
1.4 Transformationen
Die dieser Arbeit zugrundeliegende Theorie der Generativen Grammatik besagt, dass Sätze unter Anwendung bestimmter Regeln und Wohlgeformtheitsbedingungen generiert werden. Die Generierung eines Satzes, ganz gleich in welcher Sprache, erfolgt zunächst dadurch, dass durch das Lexikon und das X-bar-Schema eine Tiefenrepräsentation (D-Struktur, engl. deep structure), die für die Bedeutung des Satzes steht, hergestellt wird. Die Tiefenrepräsentation wird umgeformt, bis man den gewünschten Satz erhält, d.h. seine syntaktische Oberflächenrepräsentation (S-Struktur, engl. surface structure). Die Umformung oder Transformation der verschiedenen Ebenen erfolgt durch die Anwendung der Regel bewege (engl. move) und kann wie folgt dargestellt werden:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(54) Lexikon + X-bar-Schema
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die hier beschriebene Grammatiktheorie enthält also zwei Strukturebenen, nämlich die D-Struktur und die S-Struktur. Diese Theorie ist auch als sogenannte Standard-Theorie bekannt und stammt aus den fünfziger und sechziger Jahren. Diese beiden Strukturebenen werden von drei Teiltheorien der Generativen Grammatik, nämlich der Kasustheorie, Theta-Theorie und Bindungstheorie, auf ihre Wohlgeformtheit überprüft. Der Kasusfilter appliziert nur auf der S-Struktur, wo er etwa dazu dient zu verhindern, dass eine lexikalische NP in einer nicht-kasusmarkierten Position in der D-Struktur verweilt. Durch Anwendung von move, bewegt er die NP auf der S-Struktur in eine kasusmarkierte Position. Die so erzeugte S-Struktur wird weiter umgeformt bis zur endgültigen Satzgestalt. Offenkundig hat jeder Satz auch eine lautliche Dimension, d.h. die Wörter des Satzes bestehen aus einer Abfolge von Lauten, auf die eine Vielzahl phonologischer Regeln angewendet wird. Daraus resultiert dann der Satz in der Form, in der wir ihn hören.
1.4.1 Die Erweiterte Standard-Theorie
Auf die oben beschriebene Standard-Theorie folgt in den siebziger Jahren die Erweiterte Standard-Theorie (engl. Extended Standard Theory), die die S-Struktur einer weiteren Strukturierung unterzieht, indem sie sagt, dass die S-Struktur Spuren (engl. traces) von Elementen enthält, die durch bewege , aus ihrer kasus-unmarkierten Position in der D-Struktur in eine kasusmarkierte Position auf der S-Struktur, bewegt wurden, um den Kasusfilter nicht zu verletzen. Eine Spur ist also ein phonetisch nicht realisiertes Element, das anzeigt, wo das auf der S-Struktur bewegte Element auf der D-Struktur ursprünglich positioniert war. Diese Spur wird auch als leere Kategorie (engl. empty category) bezeichnet. Im folgenden Beispiel
(55) Was isst der Affe?
wird was in der Position interpretiert, in der sich Bananen im nachfolgenden Beispiel befindet:
(56) Der Affe isst Bananen (Der Affe ist was?)
Zwischen den beiden Strukturen besteht eine enge Beziehung in dem Sinne, dass das Akkusativ-Objekt Bananen und das akkusativische Fragewort was komplementär verteilt sind.
Wie schon vorher gesagt, ist eine Spur ein leeres Element, das aber semantisch und syntaktisch aktiv ist :
(57) Wasi isst der Affe t i?
Die von dem Verb essen zugewiesene thematische Rolle, wird hier von der Spur t i übernommen.
Die Erweiterte Standardtheorie besagt, dass die S-Struktur Spuren oder leere Elemente enthalten kann, und dass die phonologischen Regeln der sogenannten phonologischen Komponente der Grammatik der S-Struktur eine phonetische Form (engl. phonetical form: PF) zuordnen. Die Ebene der phonetischen Form, die die für die jeweilige Sprache gültige Abfolge der Elemente wiedergibt, ist der Input für die phonologischen Regeln.
Neben D-Struktur und S-Struktur muss noch eine weitere Repräsentationsebene angesetzt werden, die dem ECP (engl. Empty Category Principle) unterliegt und auf der die Skopusverhältnisse von Operatoren wie wh -Phrasen und somit die interpretative Struktur der Aussage bestimmt werden.
Die generative Grammatik unterscheidet folglich drei verschiedenene Repräsentationsebenen: D-Struktur, S-Struktur, Logische Form und Phonetische Form. Die beiden letzteren befinden sich auf gleicher Ebene.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
PF LF
1.4.2 Bewegungsregeln
1.4.2.1 NP-Bewegung
Die Bewegung der maximalen Projektion NP kann in verschiedenen Fällen erforderlich werden. Strukturen in denen NP-Bewegung erfolgt, sind passive Sätze und Sätze mit ergativen oder mit raising -Verben:
a) passive Sätze
Ein passivisches Verb verliert die Fähigkeit dem Objekt strukturellen Kasus zuzuweisen. Man bezeichnet dieses Phänomen als Kasusabsorption (engl. case absorption):
Kasusabsorption:
Passivische Morphologie absorbiert den strukturellen Kasus, den ein Verb zuweist:
(59) Greta isst den Apfel
Der Apfel wird von Greta gegessen
* Den Apfel wird von Greta gegessen
Die entsprechende NP muss von einem anderen Element des Satzes Kasus erhalten, weil sonst der Kasusfilter verletzt würde. Wie obiges Beispiel zeigt, erscheint die fragliche NP der Apfel im Nominativ. Das einzige Element im Deutschen, das Nominativ zuweist, ist INFL und deshalb muss diese NP ihren Kasus von INFL erhalten. Wir sehen, dass das Objekt des transitiven Verbs essen in die Subjekt-Position bewegt wurde:
(60) Der Apfeli wird von Greta t i gegessen
Es wird also angenommen, dass die Bewegung der NP eine Spur t hinterlässt, der eine einzige θ-Rolle zugewiesen wird. t ist hier die Spur von der Apfel.
Durch die Bewegung der NP werden nicht Phrasenstrukturen erzeugt, wie durch das X-bar-Schema, sondern es wird eine bereits erzeugte Struktur verändert.
b) Sätze mit ergativen Verben:
Ergative Verben, die sich praktisch wie passivische Verbformen verhalten, selegieren eine Objekt-NP, aber weisen der Subjektposition keine θ-Rolle zu:
(61a) [NP e] das Mädchen a uffällt D-Struktur
(61b) Das Mädcheni fälltk t i auf t k S-Struktur
Das D-strukturelle Objekt wird über NP-Bewegung zum S-strukturellen Subjekt. Ergative Verben weisen dem Objekt keinen Kasus zu und deshalb muss die entsprechende NP in Objekt- oder Subjektposition von INFL kasusmarkiert werden. Im Deutschen zeichnen sich ergative Verben auch dadurch aus, dass sie ihr Perfekt meistens mit sein und nicht mit haben bilden:
(62a) [NP e] das Unternehmen missglückt D-Struktur
(62b) Das Unternehmeni missglücktk t i t k S-Struktur
(62c) Das Unternehmen ist missglückt sein -Perfekt
Man kann also sagen, dass obwohl ergative Verben S-strukturell allein ein Subjekt aufweisen, sich dieses Subjekt syntaktisch wie ein Objekt verhält – ähnlich der Passivkonstruktion.
c) Sätze mit raising -Verben
Dass NP-Bewegung keineswegs nur ein passivspezifischer Prozess ist, haben wir bereits gezeigt. Das gleiche Phänomen finden wir bei bestimmten aktivischen Verben, den sogenannten raising -Verben wie z.B. scheinen. Sie weisen ihrem Subjekt keine θ-Rolle zu, was sich daran zeigt, dass in der Subjekt-Position auch das Expletivum es auftreten kann:
(63) Es scheint, dass Greta gerne Äpfel isst
In nachfolgendem Beispiel:
(64a) e scheint [Greta gerne Äpfel zu essen] D-Struktur
(64b) Gretai scheint [ t i gerne Äpfel zu essen] S-Struktur
ist der eingebettete Satz infinit und das Subjekt erhält deshalb keinen Kasus von INFL. Wenn eine NP in nicht-kasusmarkierter Position generiert wird, wird die NP-Bewegung durch den Kasusfilter erzwungen. Andererseits wird diese Bewegung durch das Theta-Kriterium ermöglicht, weil eine leere Kategorie als Landeplatz für die Bewegung zur Verfügung steht.
1.4.2.2 wh-Bewegung
Diese Bewegung ist ein grammatischer Prozess durch den eine Interrogativphrase, von ihrer basisgenerierten X-bar-Position, an den Satzanfang bewegt wird:
(65) Ich frage mich, Greta liebt wen D-Struktur
Ich frage mich, weni Greta liebt t i S-Struktur
Sie betrifft die durch Fragewörter markierten Interrogativausdrücke, ist aber nicht nur auf die Bildung von Fragesätzen beschränkt, sondern tritt auch in Relativkonstruktionen auf:
(66) die Zutaten, mit deneni Maria t i eine Suppe kocht
Anhand obiger Beispiele sehen wir, dass genau wie bei der NP-Bewegung, die bewegte Phrase bei der wh -Bewegung, in ihrer D-strukturellen Position, eine koindizierte Spur t hinterlässt. Die Notwendigkeit dieser Spur ergibt sich aus dem Projektionsprinzip, das besagt, dass die thematische Struktur eines Verbs auf allen Strukturebenen erhalten sein muss.
Es wurde bereits oben erwähnt, dass wh -Phrasen stets am Satzanfang erscheinen. In 1.1.3 haben wir auch gezeigt, dass eine syntaktische Kategorie COMP in der Position vor IP anzusetzen ist, unter der Konjunktionen wie etwa dass, weil, etc. auftreten. Die Phrasenstrukturregel, die COMP generiert, ist:
(67) S’ → COMP IP
Genau diese COMP-Position ist als Landeplatz für die wh -Bewegung anzusehen, sodass wir für obigen Satz folgende Struktur erhalten:
(68) Ich frage mich [s’[COMP weni] [IP Greta [VP liebt t i]]]
1.4.2.3 Kopf-zu-Kopf-Bewegung
Betrachten wir folgende Beispiele:
(69) Greta wird nach dem Essen einen Apfel essen
(70) Wird Greta nach dem Essen einen Apfel essen?
(71) Wann wird Greta einen Apfel essen?
(69) ist ein Aussagesatz und hat nachfolgende Struktur:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(70) ist ein direkter Fragesatz, der durch die Inversion von Subjekt und Auxiliar charakterisiert wird. Wie kann man diese Wortabfolge derivieren? Eine Möglichkeit ist, dass das Auxiliar wird aus seiner Position unter I° zu der Position C° bewegt wird. Das bedeutet, dass (70) zwei syntaktische Repräsentationen hat: In der tiefenstrukturellen Position besetzt das Auxiliar wird die Position unter I°, wie in dem Beispiel (69). In der abgeleiteten Struktur wird das Auxiliar aus seiner Position unter I° heraus und in die Position unter C° bewegt. Diese Bewegung, d.h. von einer Kopf-Position zu einer anderen nennt sich Kopf-zu-Kopf-Bewegung:
(70)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(71) ist eine Konstituentenfrage oder wh -Frage und das Auxiliar steht vor dem Subjekt. Wir nehmen auch hier wieder an, dass es aus I° heraus und unter C° positioniert worden ist. Wir nehmen ferner an, dass die Fragekonstituente wann, die dem Adjunkt nach dem Essen in (69) und (70) entspricht, aus der satzinternen, von Adjunkten besetzten Position in (69)
(71)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
und (70) heraus, in eine Position vor C° und zwar unter den Specifier -Knoten von CP d.h. [Spec, CP] bewegt wird. Diese Position ist in dem Beispielsatz (70) unbesetzt: Bei den Kopf-zu-Kopf-Bewegungen handelt es sich um einen zyklischen Prozess, d.h. das finite Verb wird nicht in einem Schub in die Position unter C° bewegt, sondern es wandert aus seiner Position unter V° heraus, gelangt dann in die Position unter I°, überquert einen einzigen Grenzknoten, nämlich NP und kommt unter C° an. Die hier implizierte Regel besagt, dass ein Kopf niemals mehr als einen Grenzknoten auf einmal überqueren darf, da dies zur Ungrammatikalität des Satzes führen würde. Dieser zyklische Verlauf der Kopf-zu-Kopf-Bewegung wird Kopf-Bewegungs-Beschränkung (engl. head movement constraint) genannt (vgl. 3.6).
1.4.3 Das Verb-zweit-Phänomen
Für die Beantwortung der Frage bezüglich der Position für die finite Verbform scheinen zwei Beobachtungen wichtig zu sein. Wir sehen an nachfolgendem Beispiel, dass die finite Verbform nur hinter der Phrase in SpecComp auftreten kann. Dies bedeutet, dass wenn ein verbaler Komplex aus mehreren Formen besteht, immer nur die finite Form unter COMP erscheinen kann und dass alle übrigen Elemente ihren Platz am Satzende finden müssen:
(72a) aus dem Korb wird Greta den Apfel genommen haben
(72b) *aus dem Korb wird haben Greta den Apfel genommen
(72c) *aus dem Korb wird haben genommen Greta den Apfel
In (72a) steht die finite Verbform wird zwischen SpecCOMP und dem Subjekt Greta und es liegt auf der Hand anzunehmen, dass es sich bei dieser Position um C° handelt. Die Folgerung ist, dass die finite Verbform im deutschen Hauptsatz von ihrer Basisposition nach C° bewegt wird. Der Beweis hierfür ist nicht zuletzt darin zu suchen, dass diese Bewegung nicht möglich ist, wenn C° bereits durch ein anderes Element besetzt ist, wie z.B. durch eine Konjunktion wie dass:
(73a) ich vermute, dass Greta den Apfel aus dem Korb genommen hat
(73b)*ich vermute, dass den Apfel hat Greta aus dem Korb genommen
Im deutschen Hauptsatz kann demnach eine beliebige Phrase in der SpecCOMP-Position erscheinen, auf die die finite Verbform in C° folgt. Diese Position befindet sich in der zweiten Strukturposition des Satzes und man spricht deshalb auch vom Verb-zweit - Phänomen (engl. verb-second). Jene Sprachen, in denen diese Strukturen regelmäßig auftreten, werden als Verb-zweit-Sprachen bezeichnet. Zu diesen Sprachen gehören das Deutsche, das Holländische und vor allem skandinavische Sprachen, wobei bemerkt werden muss, dass auch im Englischen Verb-zweit-Phänomene auftreten, z.B. bei der Fragebildung oder nach bestimmten Satzadverbien:
(74) what will Greta eat?
(75) rarely did she refuse buying apples
Obiges deutet darauf hin, dass das Verb im Deutschen in satzfinaler Position basisgeneriert wird, wobei im Hauptsatz die finite Verbform nach C° und eine beliebige maximale Projektion nach SpecCOMP bewegt wird.
1.5 Module der generativen Grammatik
Es wird angenommen, dass die Universalgrammatik aus verschiedenen Modulen besteht, deren Anwendung und Zusammenwirken für die Wohlgeformtheit der von uns produzierten Sätze verantwortlich sind. Diese Module werden von nachfolgenden Theorien dargestellt, von denen wir a) und b) bereits vorhergehend beschrieben haben:
a) Theta-Theorie
b) Kasustheorie
c) Rektionstheorie
d) Bindungstheorie
e) Kontrolltheorie
Wir gehen nun zur Beschreibung von c), d) und e) über
1.5.1 Rektionstheorie
Zur Beschreibung der Rektionstheorie ist es unumgänglich zwei fundamentale Begriffe zu explizieren und zwar a) den Begriff des C-Kommandos (engl. c-command) und b) des M-Kommandos (engl. m-command):
a) C-Kommando
Dieser Ausdruck bezeichnet eine strukturkonfigurationelle Beziehung zwischen zwei Kategorien. Die intuitive Idee ist die, dass es für bestimmte grammatische Prozesse ausschlaggebend ist, ob von den zwei Kategorien die eine höher im Strukturbaum hängt als die andere. Mit anderen Worten ausgedrückt, bedeutet dies, dass eine Kategorie a alle diejenigen Kategorien c-kommandiert, die unter dem gleichen Knoten hängen, der a unmittelbar dominiert, aber von a selbst nicht dominiert werden:
(76) C-Kommando
a c-kommandiert β, genau dann, wenn
a) jeder verzweigende Knoten у, der a dominiert auch β dominiert,
b) a β nicht dominiert
Zur Illustration:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Hier c-kommandiert z.B. Y die Kategorien Z, C, D und E, da Y nur von einem einzigen Knoten X dominiert wird, der auch die anderen Kategorien dominiert. Auch A und B c-kommandieren sich gegenseitig, da sowohl X und Y beide dominieren. A und B c-kommandieren jedoch keine anderen Knoten (Z, C,D oder E), weil es Y gibt, der zwar A und B aber jedoch nicht Z, C, D, E dominiert. Auch C und D c-kommandieren sich gegenseitig und C c-kommandiert auch E, aber D c-kommandiert E nicht, weil Dominanz C-Kommando ausschließt. Soviel zum Begriff des C-Kommandos.
Zwischen einem Verb und demjenigen Element, dem es Kasus zuweist, besteht offensichtlich eine C-Kommando-Beziehung. Wir können daher supponieren, dass C-Kommando eine Voraussetzung für die Kasuszuweisung ist. Im Hinblick auf obige Definition des C-Kommandos ergibt sich hier jedoch ein Problem und zwar, die Beziehung zwischen INFL und der Subjektposition, da bekanntlich INFL dem Subjekt den Kasus des Nominativ zuweist. Laut obiger Definition kann ein Kopf X° nicht eine höher als er selbst im Strukturbaum liegende Position, hier die Specifier-Position, c-kommandieren. Offensichtlich ist obiges Prinzip zu restriktiv und wird deshalb durch den Begriff des M-Kommandos erweitert:
(77)
M-Kommando:
a m-kommandiert β genau dann, wenn
a) jede maximale Projektion у, die a dominiert, auch β dominiert,
b) weder a β noch β a dominiert
Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass bei M-Kommando β höher als a hängen kann, solange sich beide innerhalb derselben maximalen Projektion befinden. Das heißt, dass die M-Kommando-Beziehung aufwärts bis zur Specifier-Position, aber nicht darüber hinaus gehen darf.
Wir kommen nun zurück zur Rektion, die Chomsky (1986b) wie folgt definiert:
(78) a regiert β genau dann, wenn
a) a β m-kommandiert,
b) a ein X° ist,
c) es kein Xmax у gibt, das von a m-kommandiert wird und β dominiert und β ¹ Specifier oder Kopf von у
Wie schon vorher angedeutet, ist Rektion für die Kasuszuweisung bedeutend: a kann β nur Kasus zuweisen, wenn a β regiert. Die Rektion spielt auch für die Festlegung der bindungsrelevanten Domäne eine entscheidende Rolle, die wir hier nachfolgend erläutern werden.
1.5.2 Bindungstheorie (engl. binding theory)
Unter dem Terminus Bindung versteht man eine syntaktische Beziehung zwischen zwei Elementen: NPs, die koreferent sein müssen. Koreferent bedeutet, dass der Sprecher für zwei NPs den gleichen Bezug intendiert. Technisch wird diese Beziehung dadurch ausgedrückt, dass der NP ein sogenannter referentieller Index zugewiesen wird. Koreferenz = gleicher Index.
(79a) Gretai behauptet, dass siei die Äpfel auf dem Markt kauft
(79b) *Siei behauptet, dass Mariai die Äpfel auf dem Markt kauft
Die Kategorie der NPs lässt sich anhand dieser Koreferenz-Beziehung in drei verschiedene Arten einteilen:
Anaphern (Reflexiv-und Reziprokpronomina): sich, einander
Pronomina : ich, du, er, ihm, mir, sein, ihr, etc.
Referentielle Ausdrücke (R-Ausdrücke): nicht pronominale NPs wie etwa Greta, Maria in den obigen Beispielsätzen.
Welche Domäne für die Bindung ausschlaggebend ist, wird von der Position des Regens im CFC[11] (engl. complete functional complex) festgelegt. Chomsky hat (1986a) diesen Begriff für die Festlegung der bindungsrelevanten Domäne wie folgt definiert:
(80) Eine Kategorie a ist ein CFC, wenn a einen Kopf β und alle mit β verträglichen grammatischen Funktionen enthält.
Dies bedeutet, dass nur solche Kategorien ein CFC sind oder sein können, bei denen ein Subjekt in der Specifier-Position auftritt. Der für die Bindung entscheidende CFC ist der kleinste CFC, der neben dem Pronomen bzw. der Anapher auch deren Regens enthält. Der CFC, der diese Bedingungen erfüllt, wird als Rektionskategorie (engl. governing category) bezeichnet und wie folgt definiert:
(81) Rektionskategorie:
a ist die Rektionskategorie für β genau dann, wenn
a) a ein CFC ist,
b) a β und das Regens von β enthält,
c) es kein y gibt, das a) und b) erfüllt und von a dominiert
wird.
Die Bindungstheorie hat drei verschiedene Prinzipien und zwar:
Prinzip A: Anaphern müssen in ihrer Rektionskategorie gebunden sein.
Prinzip B: Pronomina müssen in ihrer Rektionskategorie frei sein.
Prinzip C: R-Ausdrücke müssen frei sein.
Der Begriff der Bindung wird wie folgt definiert:
(82) a bindet β genau dann, wenn
a) a mit β koindiziert ist (= den gleichen Index trägt)
b) a β c-kommandiert
Nun einige Beispiele, die die verschiedenen Prinzipien der Bindungstheorie verdeutlichen sollen:
Prinzip A: Anaphern müssen in ihrer Rektionskategorie gebunden sein.
Wir wollen den Ausdruck, mit dem eine Anapher koindiziert ist, als Antezedens bezeichnen. Für die Beziehung zwischen Anapher und Antezedens ist der Begriff des C-Kommandos einschlägig, d.h. das Antezedens muss die Anapher c-kommandieren:
(83a) Der Manni schlug sichi
(83b) *Des Mannesi Mutter schlug sichi
(83c) Die Mädcheni schauten einanderi an
Da die Subjektposition eines Satzes stets die Objektposition c-kommandiert, sind (83a) und (83c) grammatisch. In (83b) hingegen c-kommandiert die NP des Mannes die Anapher sich nicht, da diese NP nicht Subjekt des Satzes ist, sondern innerhalb der Subjektposition tiefer eingebettet ist.
Prinzip B: Pronomina müssen in ihrer Rektionskategorie frei sein
Nachfolgende Beispiele zeigen die komplementäre Verteilung von Anaphern und Pronomina, d.h. in Positionen, in denen Anaphern erscheinen können, sind koreferente Pronomina nicht zugelassen, und umgekehrt, Positionen, die koreferente Pronomina gestatten, verbieten das Auftreten von Anaphern. Hieraus geht hervor, dass Anaphern in dem kleinsten, sie enthaltenden CFC gebunden, während Pronomina genau in dieser Domäne frei sein müssen:
(84a) Mariai wird sichi entschuldigen
(84b) * Mariai wird siei entschuldigen
(84c) Mariai verlangt, dass Greta siei entschuldigen wird
(84d)[12] *Mariai demands, that John will excuse herselfi
Prinzip C: R-Ausdrücke müssen frei sein
Referentielle oder R-Ausdrücke, wie etwa Greta oder Maria oder der Mann, sind Ausdrücke, die kein Antezedens benötigen, weil sie unabhängig referentiell sind. Sie vertragen es nicht von einem anderen Element gebunden zu sein:
(85a) Mariai überredet siej/*i
(85b) Mariai sagt, dass siei/j verreist.
(85c) Siei sagt, dass Gretaj/*i verreist.
(85d) Ihrei Mutterk mag Gretai/j* sehr.
1.5.3 Die Kontrolltheorie
Wir haben vorhergehend bei den Transformationen (vgl. S.33) schon von leeren Kategorien gesprochen, den sogenannten Spuren, die von bewegten Elementen hinterlassen werden. Es stellt sich nun die Frage, ob es auch in der Syntax leere Kategorien gibt, die nicht erst durch Bewegung entstehen, sondern direkt durch das X-bar-Schema erzeugt werden. Betrachten wir folgende Beispiele:
(86a) Er versprach mir [viele Gäste einzuladen]
Wir sehen hier, dass das Subjekt des Matrixsatzes er thematisch gleichzeitig Subjekt des Infinitivs ist, oder mit anderen Worten, dass er sowohl Agens von versprechen als auch Agens von einladen ist. Dass (86a) nicht durch Bewegung entstanden sein kann, folgt schon daraus, dass NP-Bewegung nur von einer q-markierten in eine nicht q-markierte Position führen (vgl. 1.4.2.1 NP-Bewegung) und (86a) deshalb nicht die Struktur (86b) haben kann:
(86b)* Eri versprach mir [ti viele Gäste einzuladen]
Das Verb versprechen weist seinem Subjekt offensichtlich eine q-Rolle zu und folglich kann die Landeposition der Bewegung nicht thematisch unmarkiert sein. Der entscheidende Punkt ist, dass das Beispiel (86b) das Theta-Kriterium verletzt, woraus folgt, dass die betreffende Infinitivkonstruktion nicht über NP-Bewegung entstanden sein kann. Wir können daher annehmen, dass der Infinitivsatz (86a) ein basisgeneriertes Subjekt enthält, das sich auf das Subjekt des Matrixsatzes bezieht. Man sagt, dass dieses Subjekt das leere Subjekt des Infinitivsatzes kontrolliert.
Der Terminus Kontrolle bezieht sich auf ein Verhältnis der referentiellen Abhängigkeit zwischen einem unausgesprochenen Subjekt (das kontrollierte Element) und einer ausgesprochenen oder unausgesprochenen Konstituente (das kontrollierende Element). Die referentiellen Eigenschaften des kontrollierten Elements.werden von jenen des kontrollierenden Elements bestimmt. (Bresnan, 1982:372)[13]
Diese leere Subjektkategorie wird als PRO (engl. big PRO) bezeichnet. Das obenangeführte Beispiel (86a) können wir also wie folgt mit (87) wiedergeben:
(87) Eri versprach mir, [PROi viele Gäste einzuladen]
Welche Eigenschaften dieses PRO im Verhältnis zu anderen leeren Kategorien hat, ist nun die Frage. PRO ist offenbar basisgeneriert. Dass es kein R-Ausdruck (vgl. Prinzip C 1.5.2) ist, sehen wir daran, dass es mit einem c-kommandierenden Element koindiziert werden kann:
(88) Ich riet ihmi [PROi sichi zu beherrschen]
PRO hat also wie Anaphern keine selbständige Referenz. Seine Referenz wird von seinem Antezedens bestimmt. PRO ist pronominal und anaphorisch. Es ist eine NP, eine pronominale Anapher, mit den Merkmalen [+anaphorisch, +pronominal]. In seiner Eigenschaft als Pronomen unterliegt es dem Prinzip B der Bindungstheorie (vgl. 1.5.2), als Anapher dem Prinzip A. Diese beiden Prinzipien stehen im Widerspruch zueinander und deshalb muss diese Aussage falsch sein. Hieraus resultiert das sogenannte PRO-THEOREM, das besagt, dass PRO nur in nicht regierten Positionen auftreten darf.
Es gibt auch Sätze in denen PRO offenkundig ohne Referenz zu einer NP im Matrixsatz auftritt:
(89) es ist lächerlich [PROi sichi zur Schau zu stellen]
In diesem Falle ist PRO mit dem unbestimmten Pronomen „man“ identisch, das in Sätzen mit finitem Verb vorkommt. Man spricht hier von arbiträrem PRO, das als PROarb abgekürzt wird. PROarb ist offensichtlich nicht kontrolliert und seine Interpretation ist arbiträr.
Es gibt zwei Arten der Kontrolle: Subjektkontrolle und Objektkontrolle. Die Kontrolle des zu -Infinitivs hängt vom Matrixverb ab. Wenn das Matrixverb zweistellig ist, liegt Subjektkontrolle (90a) vor. Ist das Matrixverb dreistellig, dann haben wir meistens Objektkontrolle (90b), aber es gibt bestimmte Verben dieser Klasse bei denen Subjektkontrolle auftritt (90c):
(90a) Greta verlangt Äpfel zu essen
GretaI verlangt [PROI Äpfel zu essen]
(90b) Maria bittet Greta ihr auch Äpfel zu kaufen
Mariai bittet Gretaj[PROj ihri auch Äpfel zu kaufen]
(90c) Greta verspricht Maria ihr auch Äpfel zu kaufen
Gretai verspricht Mariaj [PROi ihrj auch Äpfel zu kaufen]
Diese Regularität wurde schon von Bech (1983: 31ff.) als fundamental für die Kontrollbeziehung im Deutschen angesehen. Es wird dabei vorausgesetzt, dass das Matrixverb die Regelung der Kontrollbeziehung entscheidet (Chomsky 1984: 74 ff.). Dass die Kontrollverhältnisse jedoch nicht allein am Matrixverb festgemacht werden dürfen, sehen wir schon daran, dass sich die Kontrollbeziehungen ändern, wenn im Komplement das Aktiv durch das Passiv ersetzt wird. Man betrachte folgende Beispiele:
(91a) Maria bittet Greta, ihr auch Äpfel zu kaufen
(91b) Greta wird von Maria gebeten, ihr auch Äpfel zu kaufen
Aus obigen Beispielen ist nun ersichtlich, dass mit Subjekt-und Objektkontrolle nicht einfach S-strukturelle syntaktische Funktionen gemeint sein können, da bei der Umformung in das Passiv bei dem obigen transitiven Verb bitten, die Kontrolle in (91b) auf das grammatische Subjekt (vorher in Satz (91a) das Objekt) Greta übergeht. Es liegt daher auf der Hand zu behaupten, dass die Kontrollbeziehungen von semantischen Kriterien geregelt werden. Dieses Argument werden wir in Kapitel 4 eingehend diskutieren.
1.6 Schlusswort
Kapitel 1 ist als Einleitungskapitel zur Generativen Grammatik, ihrer Denkweise und ihren Formalismen, zu verstehen. Es ist die theoretische Grundlage unserer Untersuchungen, wobei wir darauf hinweisen, dass diese Theorie hier nur in ihren Grundbegriffen Berücksichtigung finden konnte und nur soweit expliziert wurde, wie es zum Verständnis des Folgenden notwendig erschien. Obwohl jede der vorgestellten Einzeltheorien für unsere Arbeit ihre Bedeutung hat und zum allgemeinen Verständnis beiträgt, sind Theta-Theorie, Transformationsregeln und Kontrolltheorie, im Hinblick auf unsere Untersuchung, von besonderer Wichtigkeit.
Die Theta-Theorie befasst sich mit den thematischen Selektionseigenschaften der Verben und ihrer Argumentstruktur. Wir werden sie in Kapitel 4 für die Beschreibung und Klassifizierung der zu -selegierenden Verben anwenden und dann anhand dieser Klassifizierung deren syntaktische und semantische Eigenschaften untersuchen, um herauszufinden, ob sich eine einheitliche Eigenschaft finden lässt, die die Selektion von zu auslöst.
In Kapitel 3 stellen wir verschiedene Hypothesen über die strukturelle Position des Infinitivmorphems zu vor. Hierbei kommen Transformationsregeln, insbesondere wh- Bewegung und Kopf-zu-Kopf- Bewegung zur Anwendung, die wir in unserem Einleitungskapitel ausführlich dargestellt haben.
Die Kontrolltheorie, d.h. die Beziehung zwischen dem Subjekt des Matrixsatzes und dem leeren Subjekt PRO der Infinitivkonstruktionen mit zu , steht in Kapitel 3 und hauptsächlich in Kapitel 4 zur Debatte. Wir werden diese Theorie zur Analyse der sogenannten Kontrollverben einsetzen und dabei auch bestimmte semantische Aspekte hervorheben, die gerade in von manchen Kontrollverben selegierten Infinitivkonstruktionen massive Änderungen der Kontrollverhältnisse hervorrufen. Wir nehmen diesen Sachverhalt zum Anlass, um hervorzuheben, dass Kontrolle kein syntaktischer Vorgang sein kann, sondern hauptsächlich von semantischen Kriterien geregelt wird.
KAPITEL 2 DIE INFINITIVISCHE FORM DES VERBS UND zu
2.0 Einleitung
Dieses Kapitel soll dazu dienen die infinitivische Form des Verbs und das Infinitivmorphem zu unter die Lupe zu nehmen und vorab diesbezüglich einige ganz allgemeine Informationen zu geben, die auf den ersten Blick überflüssig erscheinen könnten, für unsere Untersuchung jedoch von wesentlicher Bedeutung sind. In 2.1 machen wir eine Rückblende in die Geschichte von zu und untersuchen zu diesem Zweck Texte aus verschiedenen Jahrhunderten, um annähernd festzustellen, wann zu seinen Einzug in die deutsche Sprache hält. In 2.2 versuchen wir zunächst zu bestimmen, was für die Identifikation der infinitivischen Form eigentlich charakteristisch ist und dies auch im Vergleich mit dem engen Verwandten des Deutschen, dem Englischen, und einem Stellvertreter der romanischen Sprachen, nämlich dem Italienischen. Wenn man vom Verbum infinitum spricht, darf Bechs berühmte Einteilung in Stufen des infinitivischen Verbs und die Zuschreibung der verschiedenen Status nicht unerwähnt bleiben. In 2.2.1 stellen wir deshalb diese, bis heute gültig gebliebene Theorie vor, da wir der Meinung sind, dass sie auch für die hiervorliegende generativistische Untersuchung von Bedeutung ist. In 2.2.2 befassen wir uns dann mit der sogenannten Felder-Theorie, die den deutschen Satz in topologische Felder und Satzklammern aufteilt. Vor allem werden wir uns mit der Abfolge in der rechten Satzklammer befassen. Diese Theorie ist für uns das, was die Landkarte für den Strategen darstellt, nämlich ein unabdingliches Instrument, dessen Aussagekraft uns dabei helfen wird dem Leser das Mitzuteilende explizit zu machen. 2.3 liefert dann eine Übersicht über die Eigenständigkeit bzw. Uneigenständigkeit von zu , das graphemisch wohl seine Eigenständigkeit bekundet, seine obligatorische Adjazenz zum infinitivischen Verb und die Zusammenschreibung mit dem Verb im Fall von zusammengesetzten Verben doch Platz für andere Argumente übriglässt. In 2.3.1 stellen wir uns dann die Frage der kategorialen Zugehörigkeit von zu und ziehen Vergleiche mit den Infinitivmorphemen des Englischen und Italienischen. Diese Frage hat für das Deutsche einen unerwarteten Ausgang, da die Zugehörigkeit zur Kategorie der Präpositionen oder Konjunktionen anhand konkreter Überlegungen in dieser Arbeit ausgeschlossen wird.
[...]
[1] Für eine ausführliche Darstellung der Generativen Grammatiktheorie verweisen wir auf die Werke Noam Chomskys (1957, 1965, 1981, 1982a, b, 1986a).
[2] Dieser Ausdruck umfasst alle natürlichen Sprachen inklusive etwa ausgestorbener oder aus historischen Gründen nicht mehr existierender Sprachen.
[3] d.h. es kommt während der Zeit des Spracherwerbs mit einer relativ geringfügigen Menge von sprachlichen Inputdaten in Berührung.
[4] Mit Ausnahme von pathologischen Fällen.
[5] Gemäß allgemeinem linguistischem Gebrauch markieren wir ungrammatische Sätze mit dem Zeichen:*.
[6] Eine syntaktische Phrase kann eines, mehrere oder alle ihrer fakultativen Elemente enthalten.
[7] Vgl. Chomsky, Syntactic Structures 1957 (26-48).
[8] Adjunkte sind fakultative Elemente, die unabhängig von den Subkategorisierungseigenschaften des Verbs sind.
[9] Ein Argument in Subjektposition.
[10] Für eine detaillierte Diskussion verweisen wir auf Burzios Arbeit (1986:184).
[11] Vollständiger funktionaler Komplex.
[12] Wir müssen hier ein englisches Beispiel angeben, weil das Deutsche sich in diesem Fall nicht eignet: Die deutsche Anapher „sich“ kann sich sowohl auf Feminina als auf Masculina beziehen und das deutsche Gegenstück zu dem obigen englischen Satz: „Maria verlangt, dass John sich entschuldigen soll“ ist deshalb nicht geeignet zu zeigen, dass hier das Auftreten der Anapher nicht möglich ist, weil sich „sich“ auf John beziehen kann, was bei „herself“ ausgeschlossen ist.
[13] Text übersetzt aus dem Englischen aus „Introduction to Government & Binding Theory“, Liliane Haegeman, 1994, Second Edition, S. 263.
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- Vera Schladitz del Campo (Author), 2001, Untersuchungen zur Syntax und Semantik des deutschen Infinitivmorphems "zu", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22280
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