Seit ihrer Gründung Anfang der fünfziger Jahre hat die Europäische Union (EU) ständige Erweiterungsrunden erfahren.
Insgesamt vier Mal, mit dem Beitritt der DDR zur BRD fünf Mal, traten Staaten der EU bei, so dass sich heute 15 europäische Staaten an diesem Bündnis beteiligen.
1952 unterzeichneten die damalige BRD, Frankreich, Italien, Belgien, Niederlande und Luxemburg den Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). 1973 wurden Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft (EG). Griechenland trat 1981, Portugal und Spanien 1986 bei. 1990 wurde die DDR durch den Beitritt zur BRD automatisch in die EG eingegliedert. Mit der Unterzeichnung der Verträge von Maastricht im Jahre 1992 wurde die EG in die EU umgewandelt. 1995 wurden Österreich, Schweden und Finnland Mitglied der EU.
Die zukünftige Osterweiterung der EU ist mit diesen früheren Erweiterungsrunden jedoch kaum zu vergleichen. Hier geht es um die Aufnahme von Ländern, die über ein halbes Jahrhundert von Westeuropa getrennt, und über diesen langen historischen Zeitraum eine gänzlich andere Geschichte erfahren haben. Die früher in diesen Ländern herrschenden politischen und wirtschaftlichen Gesellschaftsordnungen hinterließen eine Menge von gesellschaftlichen Problemen, die nur durch eine Vielzahl von Reformen innerhalb dieser Länder gelöst wurden. So wurde für diese Länder ein eventueller Beitritt zur EU ermöglicht.
Auch die Dimension des Beitrittes ist mit den vorigen Erweiterungsrunden nicht vergleichbar, da sich durch den Beitritt von Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern zum 01.05.2004 die EU von bisher 15 Mitgliedsstaaten auf dann 25 Mitgliedsstaaten vergrößern wird.
Die Beitrittsverhandlungen mit diesen Ländern hat der Europäische Rat am 13.12.2002 in Kopenhagen abgeschlossen. Die Europäische Kommission (EK) stimmte den Beitrittsanträgen der Länder am 19.02.03 zu, genau wie das Europäische Parlament (EP). Daraufhin stimmte der Rat der Europäischen Union (REU) den Anträgen zu, so dass am 16.04.2003 der Beitrittsvertrag (VvA) von den Staats- und Regierungschefs der 15 Mitglieds- und 10 Beitrittsstaaten in Athen unterzeichnet wurde. Dieser Vertrag musste von allen 15 Mitgliedsstaaten und 10 Beitrittsstaaten ratifiziert werden, damit er in Kraft treten konnte.
Gliederung
1. Einleitung
2. Probleme und Reformen im Zusammenhang mit der Erweiterung
2.1 Die Institutionen
2.1.1 Das Europäische Parlament
2.1.2 Der Rat der Europäischen Union
2.1.3 Die Europäische Kommission
2.1.4 Die Europäische Zentralbank
2.1.5 Der Europäische Gerichtshof
2.1.6 Die Ausschüsse
2.1.6.1 Der Ausschuss der Regionen
2.1.6.2 Der Wirtschafts- und Sozialausschuss
2.2 Der Finanzhaushalt
2.2.1 Die Strukturförderung
2.2.2 Die Agrarförderung
2.3 Sicherheitspolitik im Rahmen des Schengen-Abkommens sowie Personenfreizügigkeit innerhalb der EU
3. Zusammenfassung
Anhang
Tabelle zur Stimmgewichtung
Übersichtskarte zu den Beitrittsrunden
Eidesstattliche Versicherung
Literaturverzeichnis:
Jopp, Mathias Das Vertragswerk von Nizza und die Zukunft der
Lippert, Barbara Europäischen Union
Schneider, Heinrich 1. Auflage, Bonn, 2001
Weidenfeld, Werner Europa von A – Z,
Wessels, Wolfgang - Taschenbuch der europäischen Integration -
8. Auflage, Bonn, 2002
Banse, Martin Reformbedarf bei den EU-Politiken im Zuge der
Bode, Wolfgang Osterweiterung der EU
Lippert, Barbara -Studie für das Bundesministerium der Finanzen-
Nölle, Ferdinand Göttingen und Berlin, 2001
Tangermann, Stefan
Weise, Christian
Deutscher Bundestag Gesetzentwurf der Bundesregierung
15. Wahlperiode Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 16.04.2003 über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union
Vertrag von Athen mit Denkschrift
Bundestagsdrucksache 15/1100 vom 02.06.2003
Berlin, 2003
Abkürzungsverzeichnis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung:
Seit ihrer Gründung Anfang der fünfziger Jahre hat die Europäische Union (EU) ständige Erweiterungsrunden erfahren.
Insgesamt vier Mal, mit dem Beitritt der DDR zur BRD fünf Mal, traten Staaten der EU bei, so dass sich heute 15 europäische Staaten an diesem Bündnis beteiligen.
1952 unterzeichneten die damalige BRD, Frankreich, Italien, Belgien, Niederlande und Luxemburg den Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS). 1973 wurden Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich Mitglieder der Europäischen Gemeinschaft (EG). Griechenland trat 1981, Portugal und Spanien 1986 bei. 1990 wurde die DDR durch den Beitritt zur BRD automatisch in die EG eingegliedert. Mit der Unterzeichnung der Verträge von Maastricht im Jahre 1992 wurde die EG in die EU umgewandelt. 1995 wurden Österreich, Schweden und Finnland Mitglied der EU.
Die zukünftige Osterweiterung der EU ist mit diesen früheren Erweiterungsrunden jedoch kaum zu vergleichen. Hier geht es um die Aufnahme von Ländern, die über ein halbes Jahrhundert von Westeuropa getrennt, und über diesen langen historischen Zeitraum eine gänzlich andere Geschichte erfahren haben. Die früher in diesen Ländern herrschenden politischen und wirtschaftlichen Gesellschaftsordnungen hinterließen eine Menge von gesellschaftlichen Problemen, die nur durch eine Vielzahl von Reformen innerhalb dieser Länder gelöst wurden. So wurde für diese Länder ein eventueller Beitritt zur EU ermöglicht.
Auch die Dimension des Beitrittes ist mit den vorigen Erweiterungsrunden nicht vergleichbar, da sich durch den Beitritt von Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn und Zypern zum 01.05.2004 die EU von bisher 15 Mitgliedsstaaten auf dann 25 Mitgliedsstaaten vergrößern wird.
Die Beitrittsverhandlungen mit diesen Ländern hat der Europäische Rat am 13.12.2002 in Kopenhagen abgeschlossen. Die Europäische Kommission (EK) stimmte den Beitrittsanträgen der Länder am 19.02.03 zu, genau wie das Europäische Parlament (EP). Daraufhin stimmte der Rat der Europäischen Union (REU) den Anträgen zu, so dass am 16.04.2003 der Beitrittsvertrag (VvA) von den Staats- und Regierungschefs der 15 Mitglieds- und 10 Beitrittsstaaten in Athen unterzeichnet wurde. Dieser Vertrag musste von allen 15 Mitgliedsstaaten und 10 Beitrittsstaaten ratifiziert werden, damit er in Kraft treten konnte. In allen Beitrittsländern, außer in Zypern, fanden Volksreferenden statt, die alle eine Mehrheit für den Beitritt gefunden haben.
Die Beitrittsverhandlungen mit Bulgarien und Rumänien dauern noch an. Der Beitrittsprozess mit diesen Ländern soll ohne Verzögerung fortgesetzt werden, so dass diese Länder bei ausreichenden Fortschritten 2007 der EU beitreten können.
Der Türkei, als einem weiteren Beitrittskandidaten, wurden durch die EK beachtliche Fortschritte bei der Annäherung an die Kriterien von Kopenhagen attestiert, so dass die EU die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei 2004 eröffnen wird, wenn der REU und die EK feststellen, dass die politischen Kriterien von Kopenhagen erfüllt sind.
Mit Beitritt der zehn neuen Länder steht die EU natürlich auch innerhalb der Staatengemeinschaft vor Problemen und Herausforderungen.
Die EU war bei ihrer Gründung Anfang der fünfziger Jahre nicht auf einen Staatenbund mit mehr als 10 oder sogar 25 Staaten ausgelegt. Durch eine Erweiterung auf 25 Mitglieder könnte die EU ihre eigene Lebensfähigkeit verlieren. In einer größeren Gemeinschaft könnten Institutionen funktionsunfähig werden und die EU finanziell überfordert sein.[1] Deshalb gab es durch den Vertrag von Maastricht 1992, die Agenda 2000, den Vertrag von Amsterdam aus dem Jahr 1997 und vor allem den Vertrag von Nizza (VvN) aus dem Jahr 2000 eine Reihe von Reformvorschlägen um die EU auf eine Erweiterung mit mehr als 25 Mitgliedsstaaten vorzubereiten und auch die Lebensfähigkeit der EU nach Beitritt der 10 mittel- und osteuropäischen Staaten weiterhin zu gewährleisten.
Diese Arbeit soll insbesondere auf die rechtlichen Probleme und die Reformen innerhalb der EU hinarbeiten, die durch die Osterweiterung ab dem Jahr 2004 entstehen.
Zu den Beitrittsrunden vergleiche die Übersichtskarte im Anhang.[2]
2. Rechtliche Probleme und Reformen im Zusammenhang mit der Erweiterung:
2.1 Institutionen
Wie bereits in der Einleitung erläutert, ergeben sich durch die Osterweiterung der EU und der damit verbundenen Erhöhung der Anzahl der Mitgliedsstaaten eine Reihe von Problemen, die die Institutionen sowie den Verwaltungsapparat der EU betreffen.
Mit der Erweiterung der EU wird sich deren Bevölkerung um ca. 75 Mio. Menschen auf ca. 452 Mio. Menschen erhöhen. Um daher eine gerechte Vertretung der Mitgliedsstaaten und deren Bürger in der EU zu gewährleisten, müssen die Organe der EU, i.S.d. Art. 7 und 8 EGV, reformiert und verändert werden. Damit auch eine künftig erweiterte EU über einen funktionierenden Verwaltungsapparat verfügt, wurden beim EU-Gipfel in Nizza Ende 2000 mit dem Vertrag von Nizza eine Reihe von Reformen auf den Weg gebracht. Mit dem Vertrag von Athen vom 16.04.2003, durch den der Beitritt der ersten zehn mittel- und osteuropäischen Länder geregelt ist, wurde auch die Anpassung der Institutionen wie EP, REU, EK, EZB, EuGH und deren Ausschüsse geregelt. Der Vertrag von Nizza wurde hier mit einigen geringen Abweichungen übernommen.
Wichtig ist hier vor allem, dass den Beitrittsstaaten eine gleichberechtigte Mitwirkung in allen Organen und Ausschüssen gegeben wird. Mit der Erweiterung müssen also die bisher bestehenden Verträge und Gesetze, wie z.B. EUV und EGV, in denen Regelungen zu den Institutionen genannt sind, geändert werden. Der Vertrag von Athen nimmt im 2. Teil, Titel 1 die Anpassung der Verträge in Bezug auf die institutionellen Bestimmungen vor.
2.1.1 Das Europäische Parlament
Das EP mit Sitz in Straßburg ist das einzig direkt gewählte Organ der EU. Es repräsentiert die Völker der EU – Mitgliedsstaaten. Die generellen Regelungen zum EP sind in den Artikeln 4, 5, 21, 28, 39, 41 EUV; 7, 189, 190, 200, 201, 214, 251 EGV, im Artikel 2 des Protokolls zum Vertrag von Nizza und Nr. 20 der Erklärung zur Erweiterung der EU von Nizza niedergeschrieben.
In der Legislaturperiode 1999 – 2004 besteht das EP aus 626 direkt gewählten Abgeordneten.[3] Nach einer Osterweiterung der EU, müssen die Sitze im Parlament an die dann 25 Staaten umfassende EU angepasst werden. Durch den Vertrag von Nizza einigten sich die Regierungschefs der Mitgliedsstaaten die Anzahl der Abgeordneten im EP mit der Legislaturperiode 2004 – 2009 auf 732 zu erhöhen.[4] Der Artikel 190 EGV regelt die genaue Sitzverteilung der Sitze im EP. Bei Abschluss des Vertrages von Nizza ging man von einer Osterweiterung mit 12 Beitrittstaaten aus und ermittelte die Sitzverteilung für eine EU mit 27 Staaten.[5] Da Rumänien und Bulgarien nicht an der EU-Erweiterungsrunde 2004 teilnehmen werden, musste beim Vertrag über den Beitritt der mittel- und osteuropäischen Länder vom 16.04.2003 in Athen eine abweichende Regelung zum Vertrag von Nizza gefunden werden. Der Art. 11 des Vertrages von Athen regelt die Änderung des Art. 190 Abs.2 EGV über die genaue Sitzverteilung im EP für die Wahlperiode 2004 - 2009.
Die geänderte Sitzverteilung orientiert sich jetzt mehr an der Bevölkerungsgröße der Mitgliedsstaaten. Deutschland als bevölkerungsreichstes Land der EU, hat weiterhin 99 Sitze, während alle anderen Länder weniger Abgeordnete stellen werden als in der vorigen Legislaturperiode. Die bevölkerungsreichen Mitgliedsstaaten verlieren aber im Verhältnis zu den kleineren Mitgliedsstaaten weniger Sitze. Indem die Sitze pro Mitgliedstaat stärker als bisher an die Bevölkerungsgröße der Mitgliedsländer angepasst werden, soll in einer erweiterten EU die demokratische Legitimation der Beschlüsse des EP gestärkt werden.[6]
Der Verfasser ist der Ansicht, dass eine Sitzverteilung im EP nach der Bevölkerungsgröße der Mitgliedsstaaten die günstigste Variante ist. So haben die Staaten mit einer größeren Bevölkerung mehr Einfluss im EP. Eine Benachteilung von Staaten kommt durch diese Lösung nicht in Betracht, da hierdurch ein klarer Einteilungsmaßstab vorhanden ist. Sicherlich gäbe es noch andere Möglichkeiten der Sitzverteilung z.B. nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Landes am EU-BSP, doch solche Varianten wären zu ungenau, dazu zu kompliziert und würden die Länder mit schwacher Wirtschaft und Infrastruktur, wie z.B. die Beitrittsländer benachteiligen. Trotzdem hätten die Sitze noch mehr an die jeweilige Bevölkerungsgröße angepasst werden müssen. So hat z.B. Deutschland eine zehnmal höhere Bevölkerung als Österreich und Schweden zusammen. Deutschland hat aber im EP nur fünfmal so viele Sitze wie diese beiden Länder zusammen. Deutschland, als größtes Mitgliedsland, hat zwar die meisten Stimmen im EP, trotzdem ist der Verfasser der Ansicht, dass hier eine Benachteiligung vorliegt, die durch eine entsprechende, genau an die Bevölkerungsgröße angepasste Verteilung der Sitze zu korrigieren wäre.
Das Protokoll über die Erweiterung der EU sah für Tschechien und Ungarn jeweils 2 Sitze weniger vor, als für die in der Bevölkerungsgröße vergleichbaren Länder Belgien, Portugal und Griechenland. Durch Artikel 11 des Vertrages von Athen wurde dieser Misstand angepasst. Ohne eine Anpassung hätte dies klare Nachteile für diese Staaten gebracht, denn die Grundsätze von Gleichheit und Demokratie wären innerhalb der EU nicht mehr erfüllt.[7]
Wie bereits oben erläutert ging man bei der Erklärung Nr. 20 zur Erweiterung der EU vom Vertrag von Nizza von 12 Beitrittstaaten aus, so dass die 732 Sitze auf 27 Mitgliedstaaten zu verteilen wären. Da Rumänien und Bulgarien nicht an der nächsten Erweiterungsrunde teilnehmen, wurden deren Sitze unter den anderen Mitgliedsstaaten aufgeteilt.[8] Wenn diese beiden Länder, wie geplant erst 2007 der EU beitreten, würde dann die Zahl der Abgeordneten für den Rest der Legislaturperiode die Obergrenze von 732 Abgeordneten, i.S.d. Art. 190 Abs. 2, übersteigen.[9]
Die Erweiterung der EU erfolgt zum 01.05.2004, die Legislaturperiode 2004 – 2009 wird jedoch erst vom 10. – 13.06.2004 gewählt. Für den Zeitraum vom Beitritt der neuen Mitgliedsstaaten bis zum Beginn der neuen Legislaturperiode regelt eine Übergangsvorschrift die Zahl der Sitze für die Beitrittsländer, die ebenfalls entsprechend des Art. 11 VvA erfolgt.[10] Die Abgeordneten der neuen Mitgliedsstaaten, werden während dieser Übergangszeit, von den nationalen Parlamenten durch entsprechend festgelegte nationale Verfahren bestimmt oder ernannt.[11]
Zur Sitzverteilung im EP der EU-25 siehe Tabelle im Anhang.[12]
2.1.2 Der Rat der Europäischen Union
Der REU stellt die Vertretung der Mitgliedsstaaten im politischen System der EU dar. Hier werden die Interessen der Mitgliedsstaaten auf EU – Ebene diskutiert, um EU-Gesetze zu beschließen. In ihm handeln die Fachminister der Regierungen der Mitgliedsstaaten[13] und suchen nach Kompromissen aus Wünschen der Mitgliedsstaaten und Zielen der EU. Je nach Sachbereich, der Mittelpunkt der Beratungen ist, kann der Rat in bis zu 9 Formationen zusammentreffen. Der Vorsitz des Rates wechselt alle 6 Monate.[14]
Die generellen Regelungen zum REU sind in den Artikeln 5 EUV und 7, 202 – 210 EGV, sowie im Bezug auf die Osterweiterung in der Erklärung Nr. 20 zum Vertrag von Nizza geregelt.
Innerhalb des Rates erfordern Abstimmungen unterschiedliche Mehrheiten, je nach Vertragsgrundlage, Politikbereich und Entscheidungsverfahren.[15] Entweder entscheidet der Rat einstimmig, mit einfacher Mehrheit oder mit qualifizierender Mehrheit (QM). Die Mitgliedsstaaten stimmen in der heutigen Zeit kaum noch mit einfacher Mehrheit ab. Im Falle der Einstimmigkeit und der einfachen Mehrheit hat jedes Mitgliedsland das gleiche Gewicht, also eine Stimme. Bei Entscheidungen mit QM sind die Stimmen gem. Art. 205 Abs.2 EGV verschieden gewichtet. Für Entscheidungen mit QM müssen vor der Osterweiterung 62 der insgesamt 87 Stimmen (79%) und diese in gewissen Fällen von mindestens 10 Mitgliedsstaaten aufgebracht werden. Mit 26 Stimmen (29%) ist eine qualifizierte bzw. blockierende Minderheit erreicht.
Bereits durch den Vertrag von Nizza wurden Reformen des Rates auf den Weg gebracht.[16] Hier war vorgesehen, dass die Mitgliedsstaaten im Ministerrat bei Abstimmung mit QM, je nach Bevölkerungsgröße des Landes, zwischen 3 und 29 Stimmen haben. Für eine qualifizierende Mehrheit sollen etwa 75% der Stimmen erforderlich sein. Außerdem muss das Abstimmungsergebnis die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten und mit mindestens 62% die EU-Bevölkerung repräsentieren. Ein Mitgliedsstaat kann beantragen, dass eine Überprüfung erfolgt ob die Staaten, die eine QM bilden auch über 62% der Bevölkerung verfügen.
Der VvN, der auf eine EU-27 aufbaute setzte also die Schwelle für eine QM auf 255 Stimmen (74%) von insgesamt 345 Stimmen. Dies würde einem EU-Bevölkerungsanteil von 58% entsprechen, was kleiner als die geforderten 62% wäre und sogar von 13 Staaten aufgebracht werden könnte, was wiederum nicht die Mehrheit der EU-Staaten repräsentieren würde. Hier hätte jedoch die Mehrheit der Staaten einen solchen Beschluss tragen müssen.[17]
Im Vertrag von Athen wurde von dieser Regelung geringfügig abgewichen, da Rumänien und Bulgarien an der nächsten Erweiterungsrunde nicht teilnehmen werden. Die Stimmen die diese Länder erhalten hätten, werden nicht berücksichtigt, so dass eine QM mit 232 von 321 Stimmen erreicht ist. Diese Handlung ergibt sich aus der Erklärung Nr. 21 zum VvN.
Artikel 12 des VvA regelt die Anpassung der Stimmgewichtung im REU einer erweiterten EU.
Insbesondere die Änderung des Art. 205 Abs. 2 EGV, der die Grundlage der Stimmgewichtung bei Entscheidungen mit QM bildet, ist hier von Bedeutung. Zur Stimmverteilung im REU der EU-25 vergleiche Tabelle im Anhang.
Ebenfalls wird Art. 205 Abs. 2 EGV so geändert, dass die QM bei 232 Stimmen liegt und eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten für die Entscheidung stimmen muss. Die Überprüfung, die ein Mitgliedsstaat beantragen kann, ob die Staaten, die eine QM bilden auch 62% der Bevölkerung wiederspiegelt, wird in Art. 205 Abs. 4 EGV geregelt. Weiterhin werden die Art. 23 Abs.2 und 34 Abs.3 EUV an die QM von 232 Stimmen angepasst. Diese Regelungen gelten ab 01.11.2004.
In der Übergangszeit bis zum 31.10.2004 erhalten die Beitrittsstaaten im REU, für einen Beschluss mit qualifizierender Mehrheit, nach dem alten System, angepasste Stimmen.[18] Ein Beschluss, für den QM erforderlich ist, kommt mit 88 Stimmen zustande, wobei die Zustimmung 2/3 der Länder umfassen muss.[19] Der Artikel 26 VvA regelt insbesondere die Änderung des Artikel 205 Abs. 2 EUV für diese Übergangszeit.
Der Verfasser denkt, dass die durch den VvN verbesserte Stimmverteilung im REU Vorteile für eine erweiterte EU hat. Die Verteilung der Stimmen richtet sich jetzt mehr an der Bevölkerungsgröße der Mitgliedsstaaten, so dass größere Staaten ihren Einfluss im REU ausweiten können. Jedoch ist trotz Anpassung noch ein großes Ungleichgewicht zwischen Bevölkerungsanteil und Stimmen im Rat vorhanden, so dass sich hier der Verfasser der Meinung von Hartwig/Umbach anschließt, dass noch weitere Änderungen im System erfolgen müssen um eine gerechte Stimmverteilung im REU einer EU-25 zu gewährleisten.[20]
So hat z.B. Deutschland mit 83 Mio. Einwohnern 29 Stimmen im REU. Länder wie Österreich und Schweden, mit jeweils 8 Mio. Einwohnern, haben 10 Stimmen. Deutschland hat im Vergleich zu diesen Ländern eine zehnmal höhere Bevölkerung aber nur eine dreimal höhere Stimmenanzahl mit Rat. In dieser Konstellation könnten z.B. 4 kleine Staaten mit je 10 Mio. Einwohnern Deutschland überstimmen, obwohl diese 4 kleinen Staaten insgesamt nur über 40 Mio. Einwohner verfügen. Diese Abstimmungsverhältnisse müssen noch mehr an die Bevölkerung der jeweiligen Mitgliedsstaaten angepasst werden, um wirklich eine Gleichberechtigung aller Staaten untereinander zu erzielen.
2.1.3 Die Europäische Kommission
Die EK ist eines der Hauptorgane der EU. Sie besteht im Moment aus einem Kollegium von 20 Mitgliedern, die vertragsrechtlich auf das Wohl der Gemeinschaft verpflichtet sind und dazu unabhängig von den Nationalen Regierungen handeln.[21] Die EK hat die Aufgabe EU Gesetze vorzubereiten, auszuführen, die Einhaltung der Europäischen Verträge zu überwachen und EU – Gelder des Haushalts zu verwalten.
Die generellen Regelungen zur EK befinden sich in Art. 5 EUV und Art. 202, 211 – 219, 249 – 250 EGV.
Im Hinblick auf die Osterweiterung der EU muss auch die EK reformiert werden. Bereits durch den Vertrag von Nizza sind die Zusammensetzung und Ernennung der EK geändert worden. Bisher wurden durch die großen EU-Staaten Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien jeweils 2 Mitglieder der EK gestellt; die übrigen Länder stellten jeweils ein Kommissionsmitglied (KM).
Der VvN sieht Änderungen bezüglich der Zahl der KM, dem Verfahren zur Ernennung der KM und der Rolle des Präsidenten der Europäischen Kommission (PEK) vor. Artikel 4 des Protokolls über die Erweiterung der EU legt die zahlenmäßige Zusammensetzung der EK fest. Ab 01.01.2005, nach Ablauf der Amtszeit der jetzigen EK unter Präsident Romano Prodi, erhalten alle Staaten nur noch ein KM. Mit der Erweiterung auf 27 Staaten wird Art. 213 Abs. 1 EGV so geändert, dass die Zahl der KM unter der Zahl der Mitgliedsstaaten liegt. Die Mitglieder der EK werden dann nach einem gleichberechtigten Rotationsprinzip ausgewählt, das der Rat vorher einstimmig festlegen muss.[22] Über die Verkleinerung der EK wird erst nach Beitritt des 27. Staates entschieden.
Da die EK nun langfristig mit mehr KM auskommen muss, wurden im EGV die Bestimmungen zum Ernennungsverfahren und die Arbeitsstruktur der EK reformiert. Die Rolle des PEK wurde durch Art. 217 EGV-N gestärkt, denn er kann dann über die einzelnen Verantwortungsbereiche der einzelnen KM entscheiden[23] und den Vizepräsidenten der EK mit von ihm bestimmten Aufgaben vorschlagen und ernennen[24].
Zukünftig muss ein KM nach Aufforderung durch den PEK und mit Billigung der gesamten EK zurücktreten.[25]
Nach Ansicht des Verfassers ist durch diese Reform jetzt die Rolle des PEK hervorgehoben. Er kann jetzt entscheiden welches KM welche Aufgaben erfüllt und kann KM bei entsprechenden Pflichtverletzungen entlassen. Der Verfasser schließt sich hier der Meinung Monars an, das der PEK durch seine gestärkte Rolle mehr die Kohärenz und Effizienz des Handelns der KM sowie die Kollegialität als Ziel verfolgen kann, als bisher.[26] Ein stärkerer Präsident könnte der EK nützen, um noch mehr Einfluss auf Entscheidungen des REU nehmen zu können. Dies ist sicherlich von der Person des PEK abhängig. Der PEK ist dadurch Ansprechpartner der EK für andere Organe.
Durch Abgabe des 2. Kommissars der bevölkerungsreichen Länder entsteht für diese wieder ein Nachteil im Bezug auf den Einfluss innerhalb der Organe. Kleine Länder haben genauso wie große Länder, den gleichen Einfluss innerhalb der EK. Es wurde versucht diesen Nachteil durch entsprechende Anpassungen bei der Stimmerverteilung im REU auszugleichen, jedoch sind bei diesen Anpassungen, wie oben bereits erläutert, trotzdem große Unterschiede zwischen Stimmverteilung und Bevölkerungsgröße vorhanden. Der Verfasser ist der Ansicht, dass für Zwecke der Gleichbehandlung der Mitgliedsstaaten innerhalb der EU, der Verzicht auf den 2. Kommissar eine gerechte Lösung ist und schließt sich der Meinung Monars weiterhin an. Die EK hat als Hauptaufgabe Kontrollfunktion. Hier ist es mehr als gerecht, wenn jedes Land den gleichen Einfluss innerhalb des Organs hat. So könnten alle nationalen Besonderheiten der EU-Mitgliedstaaten durch die entsprechenden KM vorgebracht werden.[27] Dies ist natürlich nur solange möglich, wie jedes Mitgliedsland ein KM in der EK stellt.
2.1.4 Die Europäische Zentralbank
Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt bildet zusammen mit den Nationalen Zentralbanken der Mitgliedsstaaten das Europäische System der Zentralbanken (ESZB).
Die Beschlussorgane der EZB sind das EZB-Direktorium, der EZB-Rat und der Erweiterte EZB-Rat.
Die generellen Regelungen zur EZB befinden sich in den Artikeln 8, 105 – 124 EGV und im Protokoll zum EGV der ESZB und der EZB.
Ziele der EZB sind die Gewährleistung der Preisstabilität sowie die Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft.
Nach Art. 17 VvA wird Art. 49 Prot. zum EGV der ESZB und der EZB geändert werden, so dass es nach der Erweiterung nicht zu einer Rückzahlung von Kapital- und Währungsreserven an die Staaten kommt, die bereits Mitglieder im ESZB sind. Die Neuregelung in Art. 49 Abs. 3 EGV sieht also vor, dass beim Beitritt der zehn neuen Mitgliedsstaaten und der daraus resultierenden Aufnahme der jeweiligen nationalen Notenbanken in das ESZB, das gekennzeichnete Kapital der EZB und der Höchstbetrag der Währungsreserven, die der EZB übertragen wurden, automatisch erhöht werden. So können die bisherigen Mitgliedsstaaten nicht entsprechende Anteile des bisher gekennzeichneten Kapitals zurückfordern, welches durch die neuen Staaten aufgebracht wird.
2.1.5 Der Europäische Gerichtshof
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat als Aufgabe die Kontrolle der Wahrung bei der Anwendung und Ausübung des Gemeinschaftsrechts. Er besteht aus 15 Richtern, jeweils einer aus jedem Mitgliedsstaat und aus 8 Generalanwälten. Zum EuGH gehört weiterhin das Gericht erster Instanz (GeI). Beide zusammen bilden die Gerichtsbarkeit der EU. Die generellen Regelungen zum EuGH befinden sich in Art. 46 EUV, Art. 220 – 245 EGV und im Protokoll über die Satzung des EuGH.
Der EuGH besteht aus mindestens einem Richter je Mitgliedsstaat.[28] Durch den Beitritt der zehn neuen Länder erhöht sich die Zahl der Richter auf 25.[29] Der Verfasser findet diese Lösung gerechtfertigt, da durch den Beitritt der neuen Staaten ein steigendes Arbeitspensum zu erwarten ist und dafür auch eine Erhöhung der Richterstellen notwendig ist. Zur Gleichbehandlung der Mitgliedsstaaten untereinander wurde jedem Mitgliedsland eine Richterstelle zugewiesen.
Nach Art. 224 EGV besteht das Gericht erster Instanz auch aus einem Richter je Mitgliedsstaat, muss also auch auf 25 Richterstellen erhöht werden. Hier wird durch Art. 13 VvA eine Änderung des Art. 48 des Prot. über die Satzung des Gerichtshofs erreicht.
Auch der Art. 9 des Prot. über die Satzung des Gerichtshofes, der die Besetzung von Richterstellen regelt, wird durch Art. 13 VvA geändert.
Die alle drei Jahre stattfindende Neubesetzung der Richterstellen betrifft abwechselnd je 13 und 12 Richter. Die Zahl der Generalstaatsanwälte bleibt dagegen stabil, kann aber auf Antrag von EuGH nach Art 222 EGV vom Rat durch einstimmigen Beschluss erhöht werden.
2.1.6 Die Ausschüsse
Die Ausschüsse stellen Nebenorgane der EU dar. Sie haben vor allem beratende Funktion für REU, EK, und EP und sind nach ihrem jeweiligen Aufgabengebiet gegliedert.[30] Die wichtigsten Ausschüsse der EU sind hier insbesondere der Ausschuss der Regionen, der Wirtschafts- und Sozialausschuss, sowie der Ausschuss für Wissenschaft und Technik.
Zur Verteilung der Sitze in den Ausschüssen vergleiche Tabelle.
2.1.6.1 Der Ausschuss der Regionen
Der Ausschuss der Regionen (AdR) ist eine der jüngsten Institutionen der EU. Dieses Nebenorgan der EU wurde 1993 mit dem Vertrag von Maastricht geschaffen.
[...]
[1] vgl. Denkschrift zum Gesetzentwurf zum Vertrag von Athen Tz. B III
[2] Quelle: Zahlenbilder 715295 aus Erich Schmidt-Verlag
[3] vgl. Art. 189 EGV i.V.m. Art. 190 Abs. 2 EGV
[4] vgl. Art. 189 EGV-N; Art. 2 Protokoll über die Erweiterung der EU und Nr. 20 der
Erklärung zur Erweiterung der EU
[5] vgl. Nr. 20 der Erklärung zur Erweiterung der EU
[6] vgl. Gunter Pleuger, Der Vertrag von Nizza: Gesamtbewertungen der Ergebnisse,
S.12 in: Das Vertragswerk von Nizza und die Zukunft der EU, S. 9-15
[7] vgl. Elmar Brook, Die Ergebnisse von Nizza: Eine Sichtweise aus dem EP, S.18 in:
Das Vertragswerk von Nizza und die Zukunft der EU, S. 16-23
[8] vgl. Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Protokoll über die Erweiterung der EU
[9] vgl. Denkschrift zum Gesetzentwurf zum Vertrag von Athen, 2. Teil – Anpassung der
Verträge, Titel 1, Kapitel 1, Artikel 11
[10] vgl. Art. 25 Abs. 1 Vertrag von Athen
[11] vgl. Art. 25 Abs. 2 Vertrag von Athen
[12] Tabelle 1 wurde vom Verfasser selbst erarbeitet
[13] vgl. Art. 203 EGV
[14] vgl. Art. 203 S.2 EGV
[15] vgl. Hartwich/Umbach, Rat der EU, Abstimmungsmodi, in Europa von A-Z S. 318
[16] vgl. hierzu 20. Erklärung zur Erweiterung der Europäischen Union, in der Schlussakte zum
Vertrag von Nizza
[17] vgl. Hartwich/Umbach, Rat der EU, Reformbedarf mit Blick auf die Erweiterung, S. 320 in
Europa von A-Z, S. 315 - 320
[18] vgl. Artikel 26 Abs. 1a Vertrag von Athen
[19] vgl. Artikel 26 Abs. 1b-c Vertrag von Athen
[20] vgl. Hartwig/Umbach, Rat der EU, Reformbedarf mit Blick auf die Erweiterung, S. 320 in
Europa von A-Z, S. 315 - 320
[21] vgl. Art. 213 Abs. 1 und 2 EGV
[22] zu den Änderungen vgl. Art. 4 Abs. 2 Protokoll über die Erweiterung der EU
[23] vgl. Art 217 Abs. 2 EGV
[24] vgl. Art. 217 Abs. 3 EGV
[25] vgl. Art. 217 Abs. 4 EGV
[26] vgl. Jörg Monar, Die Kommission nach dem Vertrag von Nizza: ein gestärkter Präsident und
ein geschwächtes Organ; S. 98 in: Das Vertragswerk von Nizza und die Zukunft der EU,
S. 92-101
[27] vgl. Jörg Monar, Die Kommission nach dem Vertrag von Nizza: ein gestärkter Präsident und
ein geschwächtes Organ; S. 94-95 in: Das Vertragswerk von Nizza und die Zukunft der EU,
S. 92-101
[28] vgl. Art. 221 EGV
[29] vgl. Art. 13 Vertrag von Athen
[30] vgl. Art. 7 EGV
- Quote paper
- Diplom-Finanzwirt (FH) Matthias Zengerling (Author), 2003, Die EU-Osterweiterung - Rechtliche Probleme und Reformen im Zusammenhang mit der Erweiterung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22158
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