Die praxisnahe wie auch die wissenschaftlich orientierte Literatur hat das Phänomen der Mehrfachbankverbindungen lange Zeit nahezu vollständig ignoriert. Die Autorin, selbst im Privatkundengeschäft eines süddeutschen Kreditinstitutes tätig, beobachtet seit einiger Zeit einen Trend zu Mehrfachbankverbindungen und ein vagabundierendes Verhalten ihrer Bankkunden. Dies ist für die Autorin die Motivation, in dieser Arbeit das Verhalten der privaten Bankkunden näher unter die Lupe zu nehmen und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Kreditinstitute abzuleiten. Der für den Kunden mit einem Bankwechsel verbundene Aufwand hat sich in den letzten Jahren infolge der steigenden Markttransparenz verringert, was ihm die Verlagerung seiner Geschäftsbeziehung von der Hauptbankverbindung zu einem der zahlreichen Mitbewerber stark erleichtert. Auf der anderen Seite sind die Banken aufgrund steigender Kosten für die Gewinnung und Pflege von Kundenbeziehungen daran interessiert, Kunden möglichst langfristig halten und bedienen zu können. Der nachfolgende Projektbericht bezieht sich auf das Privatkundengeschäft der Banken und setzt sich zum Ziel, Aussagen zur Wechselbereitschaft von Bankkunden aus scheinbar stabilen Haus- bzw. Hauptbankverbindungen zu treffen. Es sollen die Beweggründe für das vagabundierende Verhalten zahlreicher Bankkunden transparent gemacht werden. Hierbei werden möglichen Wechselgründe genauso betrachtet, wie die vorangegangenen Veränderungen in der Bankenlandschaft.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Einleitung
1 Problemstellung
1.1 Wettbewerbssituation und Wandel des Kundenverhaltens
1.2 Relevanz der Kundenloyalität für Banken
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Grundlagen der Kundenzufriedenheit
2.2 Der Begriff Bankloyalität
2.3 Zusammenhang von Kundenzufriedenheit und Kundenbindung auf wettbewerbsintensiven Märkten
3 Das Wechselverhalten
3.1 Veränderung des Entscheidungsverhalten von Bankkunde
3.2 Analyse des Wechselverhaltens
3.3 Ursachen des Wechselverhaltens
3.4 Konsequenzen
Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Einleitung
Die praxisnahe wie auch die wissenschaftlich orientierte Literatur hat das Phänomen der Mehrfachbankverbindungen lange Zeit nahezu vollständig ignoriert.
Die Autorin, selbst im Privatkundengeschäft eines süddeutschen Kreditinstitutes tätig, beobachtet seit einiger Zeit einen Trend zu Mehrfachbankverbindungen und ein vagabundierendes Verhalten ihrer Bankkunden. Dies ist für die Autorin die Motivation, in dieser Arbeit das Verhalten der privaten Bankkunden näher unter die Lupe zu nehmen und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Kreditinstitute abzuleiten.
Der für den Kunden mit einem Bankwechsel verbundene Aufwand hat sich in den letzten Jahren infolge der steigenden Markttransparenz verringert, was ihm die Verlagerung seiner Geschäftsbeziehung von der Hauptbankverbindung zu einem der zahlreichen Mitbewerber stark erleichtert. Auf der anderen Seite sind die Banken aufgrund steigender Kosten für die Gewinnung und Pflege von Kundenbeziehungen daran interessiert, Kunden möglichst langfristig halten und bedienen zu können.
Der nachfolgende Projektbericht bezieht sich auf das Privatkundengeschäft der Banken und setzt sich zum Ziel, Aussagen zur Wechselbereitschaft von Bankkunden aus scheinbar stabilen Haus- bzw. Hauptbankverbindungen zu treffen. Es sollen die Beweggründe für das vagabundierende Verhalten zahlreicher Bankkunden transparent gemacht werden.
Hierbei werden möglichen Wechselgründe genauso betrachtet, wie die vorangegangenen Veränderungen in der Bankenlandschaft.
1 Problemstellung
1.1 Wettbewerbssituation und Wandel des Kundenverhaltens
Zu Beginn des dritten Jahrtausends befindet sich der Markt für Finanzdienstleistungen in einer Phase des Umbruchs. Von großer Tragweite sind in diesem Zusammenhang die global einheitlicher werdenden ordnungspolitischen Rahmenbedingungen innerhalb der EU-Binnenmarktes[1], um nur ein Beispiel zu nennen.
Heutzutage sehen sich die Banken mit folgenden Veränderungen konfrontiert: eine immer älter werdende Gesellschaft in den Industrieländern[2], sich verändernde Lebensarbeitsbedingungen und rascher technologischer Fortschritt. Die Entwicklungen der modernen Informations- und Kommunikationstechnologien betreffen zwar sämtliche Stufen der Wertschöpfungskette der Banken und ermöglichen es einerseits, neue Produkte über virtuelle Distributionskanäle kostengünstiger anzubieten und Geschäftsprozesse zu automatisieren, doch hat diese Medaille auch eine Kehrseite: durch die zunehmend transparenten Märkte und sich nur noch unerheblich unterscheidende Bankprodukte, werden Finanzdienstleistungen immer vergleichbarer und der persönliche Kontakt zum Kunden wird stark minimiert. Der aus diesen Umständen gestärkte Wettbewerb heizt den Druck auf die Margen an und schlägt sich deutlich in den Ergebnissen der Banken nieder.
Doch nicht nur die Banken stecken aus Kostengesichtspunkten in einer Phase notwendiger Veränderungen, sondern auch die Privatkunden befinden sich im Wandel. Ausgestattet mit leistungsfähigen Vergleichsmöglichkeiten, jederzeitigem Zugang zu einem reichhaltigen Informationsangebot und einer gestiegenen Sensibilität in Bezug auf ihre finanziellen Entscheidungen, haben sie sich von passiven Abnehmern zu aktiven und kompetenten Geschäftspartnern emanzipiert.
So ist es heute möglich, innerhalb von Minuten über Finanzportale oder unabhängige Preisvergleicher Informationen über Vor- und Nachteile der Bankprodukte zu erlangen und das den individuellen Bedürfnissen am ehesten entsprechende Angebot auszuwählen und gegebenenfalls gleich online ohne einen persönlichen Kontakt zur Bank abzuschließen. Der ehemalige Verkäufermarkt hat sich in einen Käufermarkt verwandelt, auf dem der aufgeklärte Privatkunde das stimmige Preis-Leistungsverhältnis einer Bankleistung in den Mittelpunkt seines Entscheidungsverhaltens stellt.
Zusammenfassend müssen die Banken daher folgende Anforderungen in Einklang bringen: Auf der einen Seite sinken die Erlöse anhaltend, was für eine zunehmende Standardisierung der Produkte und effiziente Massenabwicklung sprechen würde. Dem gegenüber stehen allerdings die wachsenden Anforderungen der Privatkunden in Bezug auf für sie individuell zugeschnittene Problemlösungen. Der Kunde begnügt sich nicht mehr mit dem Kauf eines Finanzprodukts, sondern er erwartet von seiner Bank die Lösung seines persönlichen Finanzproblems. Die ständige Verfügbarkeit alternativer Anbieter, der zunehmende Einsatz des Mediums Internet und die daraus resultierende Emanzipierung des Bankkunden von heute führen einerseits zu einer steigenden Attraktivität von Mehrfachbankverbindungen und andererseits zur Abnahme der Bankloyalität.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Wettbewerbskräfte im Retailbanking[3]
Quelle: www.themanagement.de/Ressources/P5FDateien/image002.gif
Abb. 1 von Porter macht deutlich, dass sich die derzeitige Wettbewerbsintensität in fünf Wettbewerbskräften unterteilen lässt.
Unabhängig vom Ausmaß der Individualisierung der Leistungen für die Privatkunden ist vielfach bestätigt, dass durch langfristige Kundenbeziehungen auf der einen Seite Kosteneinsparungspotenziale erschlossen und auf der anderen Seite beim Kunden weitere Verkaufsansätze ausgeschöpft werden können. Damit sich die Aufwendungen für eine Kundenakquisition ausgleichen, bedarf es Methoden und Konzepte, um zukünftig ertragreiche Kunden in einem frühen Stadium der Geschäftsverbindung entlarven zu können. Dafür ist es notwendig jene Einflussfaktoren zu erkennen und zu verstehen, welche ertragreiche Kunden langfristig an eine Bank binden.
Um frühzeitig sich abzeichnende Veränderungen in der Erwartungshaltung und damit auch in der Kundenzufriedenheit zu erkennen, ist es auch nützlich einen Blick auf die Erkenntnisse der Trendforschung zu werfen. In der Erwartungshaltung der Verbraucher zeichnen sich derzeit die folgenden siebzehn fundamentalen Trends ab: Cocooning; Clanning; Fantasy-Abenteuer; Genießen?; Jetzt erst recht!; Kleine Belohnungen; Halt und Sinn; Ichbezogene Wirtschaft (sog. Egonomics); Weibliches Denken; Mannizipation; 99 Leben auf einmal; Dosierter Ausstieg; Gesundes und langes Leben; Länger jung bleiben; Der wehrhafte Verbraucher; Gegen die Großen; Rettet unsere Gesellschaft (S.O.S. – Save our Souls); AtmosFear.[4]
Nicht alle dieser vorgestellten Trends betreffen die Banken. Der Trend Cocooning beinhaltet jedoch beispielsweise, dass Verbraucher aktuell dazu neigen, sich auf ihr eigenes vertrautes Gebiet zurückzuziehen, um sich auf diese Weise vor von außen drohenden Gefahren zu schützen. Zu diesen Sicherheitszonen zählen die eigenen vier Wände, aber auch das Auto. Die aus diesem Trend entstehenden Bedürfnisse beim Bankkunden bieten Ansatzpunkte für ein darauf abgestimmtes Konzept zur Steigerung des Produktabsatzes. Denn die Praxis macht deutlich, dass der Immobilienerwerb ein bedeutender Zeitpunkt für die Nachfrage nach Bankprodukten ist.
Aus diesen Beobachtungen heraus, sollten sich Manager frühzeitig mit einem ausgewählten Kreis von Mitarbeitern mit den zentralen Veränderungen im Verhalten ihrer Kunden auseinandersetzen, um so den Kunden von morgen halten und zufrieden stellen zu können.
1.2 Relevanz der Kundenloyalität für Banken
Die Akquisitionskosten im Bankenbereich liegen bei mehreren hundert Euro. Bei der Landesbank Baden-Württemberg veranschlagt man circa € 1.400 pro Neukunde.[5] Gleichzeitig sind Beratungsgebühren am deutschen Finanzdienstleistungsmarkt – außer im Bereich der sehr vermögenden Privatkunden – bisher kaum durchsetzbar. In der Anfangsphase einer Kundenbeziehung müssen einerseits aus gesetzlichen Gründen wie auch zur späteren, zielgerichteten Erlösgenerierung (Customer Relationship Management) zahlreiche Daten über den Kunden erhoben werden, was mit hohen Kosten verbunden ist. Dieser Erhebungsaufwand gleicht sich allerdings selten aus den Produktprovisionen der in einer frühen Phase der Kundenbeziehung abgeschlossenen Verträge aus. Nur im Fall einer langfristigen Kundenbindung, können die erhobenen Daten für weitere Produktverkäufe im Verlauf des Kunden-Lebenszyklus[6] genutzt werden. Folglich haben Marketingkosten für Neukundenakquisition, erste Beratungs- und Verkaufsgespräche eher Investitionscharakter und es kann längere Zeit dauern, bis die Kundenbeziehung profitabel wird.[7]
An dieser Stelle sei ein aktuelles Forschungsergebnis erwähnt, welches eine gegenteilige Stellung zur soeben oben ausgeführten Annahme einnimmt, nämlich dass eine Kundenbeziehung erst über einen längeren Zeitrum profitabel wird. Zwei Marketing-Professoren, nämlich Werner Reinartz von der Insead in Fontainebleau und France V. Kumar von der University of Conneticut’s School of Buisness Administrations in Storrs hinterfragten in ihrer Studie näher, ob die loyalen Kunden tatsächlich auch die profitablen Kunden sind. Überraschend ist das Ergebnis, wonach zwischen treuen Kunden und Profit nur ein schwacher Zusammenhang zu erkennen ist. Loyale Kunden sind in der Betreuung auf Dauer gesehen kostenintensiver. Auch die Annahme über die höhere Zahlungsbereitschaft treuer Kunden wird in dieser Studie widerlegt, denn Kunden, die häufiger auf die Leistung eines Anbieters zurückgreifen, erwarten eher Preisnachlässe, bessere Konditionen und Treueprämien.[8] Der Zusammenhang zwischen Loyalität und Profit ist damit schwächer als vermutet. Zwar hebt die Untersuchung diesen Zusammenhang nicht auf, aber Kundenanalysen müssen sehr viel mehr in die Tiefe gehen, um differenzieren zu können, welche Wiederholungskäufer tatsächlich wünschenswert für eine Bank sind.
Nachdem die Problemstellung in den vorangegangen Seiten detailliert beschrieben worden ist, wird in dem nächsten Kapitel das dafür notwendige theoretische Grundlagenwissen erörtert.
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Grundlagen der Kundenzufriedenheit
Im Alltag kann man beobachten, dass der Gebrauch des Begriffes Kundenzufriedenheit selten zu Verständnisschwierigkeiten führt. Ein Großteil der Menschheit hat eine mehr oder weniger genaue, wenn auch unterschiedliche Vorstellung von Kundenzufriedenheit.[9] Vielfach wird der Begriff der Zufriedenheit als etwas positives empfunden und beschreibt ein angenehmes Gefühl. Assoziiert werden Sinnesempfindungen wie des Sichwohlfühlen, befriedigt, freudig oder glücklich sein. Innerhalb des wissenschaftlichen Arbeitens, insbesondere im Hinblick auf eine theoretische Abbildung des Konstrukts Kundenzufriedenheit, mangelt es solchen Beschreibungen jedoch an notwendiger Genauigkeit. Was auf den ersten Blick eindeutig erscheint, erweist sich allerdings bei näherer Betrachtung als mehrdeutig.
Das Thema Kundenzufriedenheit ist seit Ende der 70er Jahre ein Feld der Marketingforschung, das überaus intensiv bearbeitet wird.[10] Die Problematik liegt darin, dass sich Kundenzufriedenheit nicht direkt beobachten lässt, sondern aus Beobachtungen erschlossen werden muss. Denn Leistung im Verständnis von Kundenzufriedenheit ist nichts Objektives, sondern das, was jeder einzelne Kunde subjektiv wahrnimmt.
Bei der Suche nach einer allgemein gültigen und exakten Definition des Begriffs Kundenzufriedenheit stößt man auf eine Vielzahl existierender unterschiedlicher Abgrenzungen.
Die Tendenz geht in die Richtung, das Confirmation/Disconfirmation-Paradigma (C/D-Paradigma) als vorherrschenden Erklärungsansatz anzuerkennen. „Das C/D-Paradigma geht davon aus, dass der Bankkunde die tatsächliche Erfahrung bei der Produktnutzung (Ist-Leistung) mit einer bestimmten Soll-Leistung vergleicht. Entspricht die wahrgenommene Leistung den Leistungserwartungen, spricht man von Konfirmation (Bestätigung). Übertrifft die Ist-Leistung die Soll-Leistung (positive Diskonfirmation), entsteht ebenfalls Zufriedenheit. Das Nichterfüllen der Erwartungen (negative Diskonfirmation) führt hingegen zu Unzufriedenheit.[11]
[...]
[1] Vgl. Buhl, Hans Ulrich., Kundisch, Dennis, Steck, Werner: Sophistication Banking als erfolgreiche Strategie im Informationszeitalter. In: Zeitschrift für Betriebswirtschaftslehre, Heft 2, Wiesbaden 2002, S. 1-12
[2] Vgl. Statistisches Bundesamt: Bevölkerung Deutschlands bis 2050, Ergebnisse der 10. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung - Pressebroschüre, Wiesbaden 2003, Abruf am 02.11.2003: http://www.destatis.de/themen/d/thm_bevoelk.htm
[3] Vgl. Porter, Michael: Wettbewerbsvorteile – Spitzenleistungen erreichen und behaupten. 5. Auflage, Frankfurt 2000: Campus Verlag
[4] Schneider, Willy: Kundenzufriedenheit – Strategie, Messung, Management. Landsberg/Lech 2000: verlag moderne industrie
[5] Quelle: Landesbank Baden-Württemberg – Abteilung. Database Marketing
[6] Vgl. Hofmann, Markus und Mertiens, Markus: Customer-Lifetime-Value-Management. Wiesbaden 2003: Gabler
[7] Kunz, Hannes: Beziehungsmanagement: Kunden binden, nicht nur finden. Zürich 1996, Orell Füssli Verlag, S. 17
[8] Reinartz, Werner und Kumar, France: The Mismanagement oft Customers Loyality. In: Harward Business Review. July 2002 o.O.
[9] Vgl. Runow, Herbert: Zur Theorie und Messung der Verbraucherzufriedenheit, Wiesbaden 1982: Gabler, S.72
[10] Stauss, Bernd/Seidel, Wolfgang: Beschwerdemanagement – Fehler vermeiden, Leistung verbessern, Kunden binden. Hanser Verlag
[11] Homburg, Cristian/Bruhn Manfred (Hrsg.): Handbuch Kundenbindungsmanagement, 4. Aufl., Wiesbaden 2002, S. 76
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- Isabel Stein (Author), 2004, Analyse des Verhaltens privater Bankkunden und die Konsequenzen für die Kreditinstitute, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/22037
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