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All diese Entwicklungen führen
dazu, dass der Druck auf die Unternehmen immer weiter zunimmt.2 Sie müssen, um langfristig zu überleben,
qualitativ hochwertige Produkte zu einem kostengünstigen Preis schneller als die Konkurrenz liefern.
Flexibilität und Reagibiltät werden aufgrund des zunehmenden Anpassungsdrucks zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren.
Doch wie bereits Darwin in seinem Gesetz des gegenseitigen Ausschlusses belegt, können
analog zur Evolutionstheorie nur die überleben, die mindestens eine Fähigkeit besser beherrschen als ihre
Konkurrenten. Dies sind realiter langfristig die Unternehmen, die mindestens einen komparativen Wettbewerbsvorteil
besitzen3. Um langfristig wettbewerbsfähig zu sein, konzentrieren sich deshalb immer mehr Unternehmen
auf ihre Kernkompetenzen und nutzen, indem sie Kooperationen eingehen, gleichzeitig die Kernkompetenzen
der anderen. Es entstehen Wertschöpfungspartnerschaften. Dadurch sind kleinere Unternehmen
häufig erst in der Lage, den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, während große Unternehmen auf diese
Weise ihre Effektivitäts- und Effizienzpotenziale verbessern. Doch um langfristig am Markt erfolgreich zu
agieren, müssen der Wertschöpfungsprozess, nun nicht mehr nur intrabetrieblich, sondern unternehmensübergreifend,
vom Zulieferer bis zum Endverbraucher, optimiert und sämtliche Potenziale der Kette ausgeschöpft
werden. Allerdings liefert das klassische Controlling keine Instrumente, die für eine Anwendung in
einem Unternehmensnetzwerk geeignet wären.
Diese Arbeit stellt verschiedene Ansätze vor, mit deren Hilfe ein Netzwerkcontrolling betrieben werden
kann. Zu diesem Zweck werden vorab die grundlegenden Begriffe Netzwerk, Supply Chain Management
und Controlling in Kapitel 2 erklärt, sowie daraus eine Definition für das Supply Chain Controlling entwickelt.
Kapitel 3 widmet sich dem Schwerpunkt dieser Arbeit; hier werden die verschiedenen Instrumente
vorgestellt und beschrieben, mit denen ein Supply Chain Controlling praktiziert werden kann. Hierbei wird
zudem untersucht, inwieweit die Instrumente in der Praxis umsetzbar sind.
2 Vgl. BOGASCHEWSKY, RONALD (1998): Zeitwettbewerb – eine wertkettenorientierte Betrachtung, in: Time to market:
mögliche Beiträge von Einkauf und Logistik, (Hrsg.) Koppelmann, Udo / Oertel, Horst Adolf, Stuttgart 1998, S. 1-19,
hier S. 2-3.
3 Vgl. KEUPER, FRANK (2001): Strategisches Management, München 2001, S.11
1 Aktuelle Entwicklung und praktische Relevanz von Netzwerkcontrolling
In der heutigen Zeit sehen sich Unternehmen ständig mit neuen Herausforderungen konfrontiert, welche zu einer verschärften Wettbewerbssituation führen, die es zu bewältigen gilt. Technischer Fortschritt ermöglicht eine immer schnellere Imitation von Produkten und führt zu einer Homogenisierung des Marktangebots. Gleichzeitig werden die Kundenbedürfnisse immer heterogener. Des weiteren steigt die Gefahr, dass Unternehmen aufgrund der immer kürzeren Produktlebenszyklen, des Rückgangs der Halbwertzeit des Wissens und der damit einhergehenden sinkenden Marktanwesenheitszeiten[1] nicht mehr in der Lage sind, die entstandenen Kosten zu amortisieren, und sie statt dessen sogar Verluste machen. Diese Effekte werden durch die Globalisierung und der damit verbundenen Zunahme der Konkurrenz verstärkt. All diese Entwicklungen führen dazu, dass der Druck auf die Unternehmen immer weiter zunimmt.[2] Sie müssen, um langfristig zu überleben, qualitativ hochwertige Produkte zu einem kostengünstigen Preis schneller als die Konkurrenz liefern. Flexibilität und Reagibiltät werden aufgrund des zunehmenden Anpassungsdrucks zu entscheidenden Wettbewerbsfaktoren. Doch wie bereits Darwin in seinem Gesetz des gegenseitigen Ausschlusses belegt, können analog zur Evolutionstheorie nur die überleben, die mindestens eine Fähigkeit besser beherrschen als ihre Konkurrenten. Dies sind realiter langfristig die Unternehmen, die mindestens einen komparativen Wettbewerbsvorteil besitzen[3]. Um langfristig wettbewerbsfähig zu sein, konzentrieren sich deshalb immer mehr Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen und nutzen, indem sie Kooperationen eingehen, gleichzeitig die Kernkompetenzen der anderen. Es entstehen Wertschöpfungspartnerschaften. Dadurch sind kleinere Unternehmen häufig erst in der Lage, den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, während große Unternehmen auf diese Weise ihre Effektivitäts- und Effizienzpotenziale verbessern. Doch um langfristig am Markt erfolgreich zu agieren, müssen der Wertschöpfungsprozess, nun nicht mehr nur intrabetrieblich, sondern unternehmensübergreifend, vom Zulieferer bis zum Endverbraucher, optimiert und sämtliche Potenziale der Kette ausgeschöpft werden. Allerdings liefert das klassische Controlling keine Instrumente, die für eine Anwendung in einem Unternehmensnetzwerk geeignet wären.
Diese Arbeit stellt verschiedene Ansätze vor, mit deren Hilfe ein Netzwerkcontrolling betrieben werden kann. Zu diesem Zweck werden vorab die grundlegenden Begriffe Netzwerk, Supply Chain Management und Controlling in Kapitel 2 erklärt, sowie daraus eine Definition für das Supply Chain Controlling entwickelt. Kapitel 3 widmet sich dem Schwerpunkt dieser Arbeit; hier werden die verschiedenen Instrumente vorgestellt und beschrieben, mit denen ein Supply Chain Controlling praktiziert werden kann. Hierbei wird zudem untersucht, inwieweit die Instrumente in der Praxis umsetzbar sind.
2 Grundlagen
2.1 Netzwerke
Allgemein betrachtet ist ein Netzwerk eine Menge von Punkten und deren Beziehungen zueinander. So lautet auch Grandori und Sodas Definition, die besagt, ein Netzwerk sei „...an abstract notion referring to a set of nodes and relationships which connect them”[4]. Auf Unternehmensebene übertragen stellt ein Netzwerk eine Kooperationsform dar, in welcher die Unternehmen die Punkte des Netzwerkes darstellen, während die Geschäftsbeziehungen durch die Verbindungen zwischen den Punkten abgebildet werden. Aus diesem Verständnis heraus lässt sich eine erste Definition für Unternehmensnetzwerke ableiten, die auf Sydow basiert. Ihm zufolge ist ein Unternehmungsnetzwerk „eine auf die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen zielende Organisationsform ökonomischer Aktivitäten, die sich durch komplex reziproke, eher kooperative denn kompetitive und relativ stabile Beziehungen zwischen rechtlich selbständigen, wirtschaftlich jedoch zumeist abhängigen Unternehmen auszeichnet”[5]. Die Hauptmotivation für Unternehmen, einem Netzwerk beizutreten, sieht Sydow in der Realisierung von Wettbewerbsvorteilen. Diese Motivation ist stärker als die Tatsache, dass eine Netzwerkteilnahme auch einen teilweisen Verlust ihrer wirtschaftlichen Selbständigkeit bedeutet. Ein Wettbewerbsvorteil besteht, wenn eine bestimmte Leistung, die eine hohe Relevanz bei der Kauentscheidung besitzt und beim Kunden auch als überlegene Leistung wahrgenommen wird, im Vergleich zur Konkurrenz besser erfüllt wird. Zudem sollte der Wettbewerbsvorteil dauerhaft und schwer imitierbar sein.
Eine andere Definition für Unternehmensnetzwerke stammt von Thomas Hess. Er spricht von Unternehmensnetzwerken, wenn sowohl Aufnahme als auch Durchführung der Zusammenarbeit durch mindestens drei rechtlich und wirtschaftlich selbstständige Unternehmen erfolgen, wobei die wirtschaftliche Selbständigkeit nach Beginn der Kooperation nicht bestehen bleiben muss. Des Weiteren müssen betriebliche Funktionen zwischen den Kooperationspartnern abgestimmt aber nicht zusammengeführt werden. Demzufolge bleiben die Unternehmen rechtlich unabhängig. Netzwerke sind in ihrem Bestehen unbefristet und somit auftragsübergreifend zu sehen. Ziel der Zusammenarbeit ist die Bereitstellung von am Markt verwertbaren Produkten bzw. Dienstleistungen.[6]
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die beiden Definitionen in weiten Punkten einig sind. Abweichungen sind jedoch bei der Zieldefinition festzustellen. Während Sydow das Ziel einer Kooperation in der Generierung von komparativen Wettbewerbsvorteilen sieht, ist nach Hess das Ziel eines Netzwerkes nur die Bereitstellung von Produkten und Dienstleistungen. Einen erfolgsfördernden Aspekt erwähnt Hess nicht explizit.
Eine konkrete Definition von Unternehmensnetzwerken wird durch die Vielzahl von unterschiedlichen Ausprägungen, die in der Praxis vorliegen, erschwert. Um einen Überblick über die verschiedenen Netzwerkformen zu gewinnen, ist es notwendig, Netzwerke anhand verschiedener Kriterien einzuordnen. Das folgende Kapitel stellt dazu verschiedene Möglichkeiten vor.
2.1.1 Klassifizierung von Unternehmensnetzwerken
Unternehmensnetzwerke lassen sich nach verschiedenen Kriterien klassifizieren: die Inhalte der Zusammenarbeit, die Größe bzw. Anzahl der beteiligten Unternehmen, die Struktur (z.B. Stern, Nabe-Speiche), die Steuerungsform, die Häufigkeit der Transaktionen pro Zeiteinheit oder die Stabilität der Netzwerkbeziehungen. Ein Ansatz um Netzwerke zu typologisieren stammt ursprünglich von Sydow[7] und wurde von Hess[8] modifiziert. Nachfolgend wird der Einteilung von Hess gefolgt. Er bezieht sich auf die Kriterien Steuerungsform und Stabilität. Bei den Steuerungsformen wird zwischen polyzentrischen und fokalen Netzwerken, bei der Stabilität zwischen stabilen und instabilen Netzwerken unterschieden.
In polyzentrischen Netzwerken sind bei strategisch langfristigen Entscheidungen, die das gesamte Netzwerk betreffen, alle Netzwerkteilnehmer gleichberechtigt. Wohingegen in fokalen Netzwerken nur ein oder einige wenige dominierende Unternehmen ein Mitspracherecht besitzen.[9] Daraus folgt, dass in polyzentrischen Netzwerken die Ziele des Netzwerkes von allen Partnern gleichberechtigt definiert werden, während in fokalen Netzen die Netzwerkziele ausschließlich an den Zielen des fokalen Partners ausgerichtet sind.
Die Stabilität lässt sich in die Ausprägungen stabil und instabil einteilen, wobei unter stabilen Netzwerken Unternehmenspartnerschaften verstanden werden, deren Produkte stets anhand der gleichen Prozesse produziert werden. Die Reihenfolge, in der das Produkt die Netzwerkunternehmen durchläuft, ist dabei immer gleich. Eine typische Ausprägung eines stabilen Netzwerkes findet sich in der Automobilindustrie. Hier werden die PKWs immer auf die gleiche Art und Weise gefertigt. Instabile Netzwerke bezeichnen Netzwerke, die jeden Auftrag anhand unterschiedlicher Prozesse abwickeln. Zwar gibt es ein festes Netzwerk von Partnern, jedoch ist nicht jeder Partner an jedem Auftrag beteiligt. Typisch hierfür sind Netzwerke in der Bauindustrie. Da es sich hierbei meist um Einzelfertigungen handelt, werden bei jedem neuen Auftragseingang nur die benötigten Partner in die Prozessgestaltung mit einbezogen.
Die Einteilung der Netzwerke kann anhand dieser Dimensionen in einem Portfolio dargestellt werden (siehe Abb.1).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Grundtypen von Unternehmensnetzwerken nach Hess
Aus dem Portfolio ergeben sich vier Grundtypen von Unternehmensnetzwerken. Neben den in der Literatur eher unbekannten Bezeichnungen Verbundnetzwerk und Projektmanagement treten auch die verbreiteten Begriffe des Virtuellen Unternehmens und des Strategischen Netzwerkes auf. Diese Arbeit beschränkt sich aufgrund der praktischen Relevanz ausschließlich auf Supply Chain Management (SCM) Systeme in Form von Strategischen Netzwerken. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass in den folgenden Kapiteln die Begriffe Netzwerke, Strategisches Netzwerk und SCM synonym verwendet werden.
2.1.2 Supply Chain Management als fokal-stabiles Unternehmensnetzwerk
Seinen Ursprung findet das Supply Chain Management in den USA. Dort wurde es Anfang der 80er Jahre von angloamerikanischen Consulting-Gesellschaften eingeführt[10] [11]. Erst in den späten 80er Jahren taucht das Supply Chain Management in der US-amerikanischen wissenschaftlichen Literatur auf. Mitte der 90er Jahre fand der Begriff des Supply Chain Management schließlich in Deutschland sowohl Eingang in die Literatur als auch in die praktische Umsetzung.[12]
Eine gängige Definition der Begriffe des Supply Chain und des Supply Chain Management findet sich bei Handfield und Nichols, die besagt: “The supply chain encompasses all activities associated with the flow and transformation of goods from raw materials stage (extraction), through to the end user, as well as the associated information flows. Material and information flow both up and down the supply chain. Supply chain management is the integration of these activities through improved supply chain relationships, to achieve a sustainable competitive advantage.”[13] Im Deutschen gibt es keine exakte Übersetzung des Begriffes Supply Chain. Laut Born gehören zu einer Supply Chain “alle Geschäftsprozesse einer Wertschöpfungs- bzw. Lieferkette, die zur Erstellung und Lieferung von Produkten sowie Serviceleistungen erforderlich sind“[14]. Folglich darf ein Supply Chain Management nicht mit Logistik gleichgesetzt werden, da es noch viele andere Aufgaben umfasst, und im Extremfall zur Integration aller Geschäftsprozesse entlang der Supply Chain führt[15].
Im Sinne der Definition von Handfield und Nichols ist die Supply Chain eher als Wertschöpfungskette zu verstehen, die bei den Rohstoffen beginnt und bis zur Auslieferung an den Kunden mit Hilfe des SCM konsequent optimiert wird. Vorraussetzung dafür ist, dass sich alle Unternehmen als Teil des Netzwerkes verstehen. Dies bedeutet zum einen, dass nicht jeder Teilnehmer eines Netzwerkes seine eigene Produktion optimiert und zum anderen, dass im Sinne eines Gesamtoptimums auf Netzwerkebene in den einzelnen Partnerunternehmen auch suboptimale Lösungen akzeptiert werden. Problematisch erscheint dabei die fokale Eigenschaft eines SCM-Netzwerkes. Wie schon in 2.1 erklärt, bedeutet fokal, dass ein einziges Unternehmen, bzw. eine kleine Gruppe, die langfristigen Entscheidungen für das Netzwerk trifft. Dies kann leicht dazu führen, dass ein fokales Unternehmen nur seine eigenen Ziele verfolgt, und die nicht-fokalen Partner mit suboptimalen Produktionsbedingungen zwar ihre Kosten decken, aber keine Gewinne erwirtschaften können. Für eine langfristig erfolgreiche Partnerschaft ist es jedoch wichtig, dass alle Netzwerkteilnehmer einen Teil des Gewinns erhalten, um die Möglichkeit zu haben, stets auf dem aktuellen Stand der Technik zu sein. Dies ist nur gewährleistet, wenn jeder Teilnehmer so viel Gewinn erwirtschaftet, dass er in der Lage ist, die dafür erforderlichen Investitionen zu tätigen. Aus diesen Gründen ist es auch im Sinne des fokalen Unternehmens, nicht nach kurzfristiger Gewinnmaximierung zu streben, sondern für die Generierung eines langfristigen Wettbewerbsvorteils gegenüber Konkurrenten, die Ziele der nicht-fokalen Partner in der Definition eines Zielsystems zu berücksichtigen. Langfristig entsteht so eine Win-Win-Situation. Alle Partner sind besser gestellt, als wenn sie durch opportunistisches Verhalten den Zusammenhalt des Netzwerkes gefährden.
Das SCM beruht auf langfristigen Kooperationspartnerschaften, die nicht aufgrund kurzfristiger Preisvorteile bei alternativen Zulieferern beendet werden. Diese langfristigen Partnerschaften sind notwendig, um aufwendige Logistikprozesse, wie beispielsweise ein Just-in-Time-Liefersystem, zu implementieren. Da hierbei die Aufbau- und Einrichtungskosten extrem hoch sind, ist es ökonomisch betrachtet nicht ratsam, den Zulieferer alle 2-3 Jahre zu wechseln. Ein weiterer Vorteil von langfristigen Partnerschaften sind Synergieeffekte, die innerhalb eines Netzwerkes realisiert werden können, wie beispielsweise Einsparpotenziale im Bereich der Marktforschung sowie der F&E Abteilungen.
Aus diesen Überlegungen kann ein Zielsystem für das SCM definiert werden. Das strategische Oberziel ist die Gewinnmaximierung der gesamten Wertschöpfungskette. Operative Subziele sind u. a. die Reduzierung der Bestände entlang der gesamten Wertschöpfungskette, Verkürzung der Durchlaufzeiten, Erhöhung der Lieferfähigkeit und Liefertreue, Verbesserung der Kapazitätsauslastung, schnellere Markteinführungen und Erhöhung der Flexibilität[16], aber auch eine Erhöhung der Kundenzufriedenheit.
2.2 Controlling
Der Begriff des Controlling ist viele Jahre nach seiner Einführung in Deutschland immer noch nicht durch eine einheitliche Definition geprägt. Derzeit ergibt sich die Situation, dass jeder Autor den Begriff des Controlling unterschiedlich definiert, wobei Controlling häufig mit dem Begriff des Kontrolleurs gleichgesetzt wird. Diese Bezeichnung trifft jedoch nicht den Kern, sondern enthält nur einen Teilbereich. Vielmehr ist Controlling als unternehmensumfassendes Führungssubsystem zu verstehen, und hat die Aufgabe die Unternehmensführung zu unterstützen.[17] Dabei gibt das Controlling Hilfestellungen im Bereich der Zielplanung, in dem es die relevanten Daten bereitstellt. Wie das Controlling die Unternehmensprozesse unterstützt, ist in Abb.2 dargestellt.
Aus den definierten Zielen werden Planvorgaben erstellt, die während des Einsatzes der Controllinginstrumente ständig mit den Ist-Zahlen abgeglichen werden. Das Controlling stellt also einen so genannten Soll-Ist Vergleich an. Gibt es signifikante Abweichungen, werden geeignete Gegenmaßnahmen vorgeschlagen. Das Controlling wird somit in den Bereichen Planung, Durchführung und Steuerung eingesetzt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Controlling-Regelkreis[18]
Nach dem zeitlichen Horizont wird zwischen dem strategischen und dem operativen Controlling unterschieden. Das operative Controlling betrachtet dabei die kurzfristige Perspektive, während das strategische Controlling zukunftsbezogen die nächsten 5-10 Jahre betrachtet und somit das operative Controlling sinnvoll ergänzt. Sowohl das operative, als auch das strategische Controlling besitzen spezifische Instrumente, die ihre Aufgaben und Ziele unterstützen. Auch die Instrumente des Supply Chain Controlling sind aus diesem Grund in operative und strategische Instrumente unterteilt. Klassische Instrumente des operativen Controllings sind u.a. das Target Costing und die Prozesskostenrechnung. Im strategischen Controlling ist beispielsweise die Business Scorecard weit verbreitet. Ob und mit welchen Änderungen diese klassischen Instrumente auch für das Controlling von Supply Chain Management Systemen geeignet sind, wird ausführlich in Kapitel 3 erläutert.
2.3. Supply Chain Controlling
Nachdem die Begriffe des Supply Chain Management und des Controlling definiert sind, wird nun der Begriff des Supply Chain Controlling als Kombination der beiden formuliert. Das Supply Chain Controlling ist in der Literatur noch weitgehend unerforscht. Es gibt erste Konzepte, die einen Überblick über mögliche Herangehensweisen geben. Thomas Hess hat ein allgemeines Konzept zum Netzwerkcontrolling erstellt, das jedoch wenig greifbare Instrumente bietet, sondern vielmehr den methodischen Rahmen beschreibt, in welchen konkrete Instrumente eingebettet werden. Seuring hat sich schwerpunktmäßig mit der Kostenrechnung im SCM beschäftigt, während Jürgen Weber einzelne Instrumente für das SCC vorstellt.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist, “dass Supply Chain Controlling (SCC) nicht als Logistik-Controlling in einer neuen Verpackung verstanden werden darf - SCC stellt eine eigene, neuartige Teildisziplin des Controlling dar.[19] “ Weber sieht die Hauptaufgabe des SCC darin, rechtlich und wirtschaftlich selbständige Unternehmen bei dem Zustandekommen einer Kooperation zu unterstützen und eine erfolgreiche Zusammenarbeit langfristig zu gewährleisten. Das SCC ist also ein Hilfsmittel, das eine effektive[20] und effiziente[21] Zusammenarbeit zwischen Unternehmen ermöglichen soll.
3 Instrumente des Supply Chain-Controlling
Im folgenden Kapitel wird auf die verschiedenen Instrumente, die für ein Controlling des Supply Chain Management geeignet sind, eingegangen. Zum einen stammen die betrachteten Instrumente aus dem klassischen Controlling, wie das Target Costing, oder die Prozesskostenrechnung, die dann für den Einsatz in einem SCM angepasst werden. Zum anderen gibt es auch Instrumentarien, die speziell für das Supply Chain Controlling entwickelt wurden. Dazu gehören insbesondere die Darstellungsinstrumente Supply Chain Maps, das Beanspruchungs- und Belastbarkeitsportfolio (BBP) sowie das Supply Chain Operations Reference Model (SCOR).
Die vorgestellten Instrumente sind in drei Kategorien gegliedert:
1. Basisinstrumente:
Hier werden Instrumente vorgestellt, die sich hauptsächlich mit der Darstellung der Supply Chain beschäftigen und somit die Basis für alle weiteren Untersuchungen bilden.
2. Strategische Instrumente:
Hierbei wird verstärkt auf Instrumente eingegangen, die sich mit der Struktur des Netzwerkes oder der Umsetzung der Netzwerkziele befassen. Diese Entscheidungen, die auf dieser Basis getroffen werden, sind von langfristiger Natur.
3. Operative Instrumente:
Unter operativen Instrumenten sind Controllingverfahren zu verstehen, die sich mit kurzfristigen Entscheidungen, wie beispielsweise der Bildung von internen Preisen in der Produktentwicklung beim Target Costing, oder der Analyse von Produktions- und Logistikprozessen bei der Prozesskostenrechnung befassen.
3.1 Basisinstrumente
3.1.1 Supply Chain Map
Die Supply Chain Map ist ein Darstellungsinstrument für das SCM, welches Managern in erster Linie entscheidungsrelevante Informationen liefern und Aufschluss darüber geben soll, welche Teile der Wertschöpfungskette überwacht und dynamisch angepasst werden müssen. Sie verdeutlicht, inwiefern das eigene Unternehmen in die Supply Chain eingebunden ist, indem die Beziehungen zu Unternehmen vor- und / oder nachgelagerter Wertschöpfungsstufen dargestellt werden und ermöglicht so eine Bewertung und Kategorisierung. Daraus lässt sich die Wichtigkeit der einzelnen Wertschöpfungspartner ableiten. Zudem gibt die Supply Chain Map Hinweise darauf, welche Wertschöpfungsaktivitäten mit welchen Unternehmen von besonderem Belang sind, so dass diesen künftig Aufmerksamkeit gewidmet werden kann.
Allerdings werden hierbei nicht alle Wertschöpfungsstufen in gleichem Umfang erfasst, da dies mit zunehmender Unternehmensgröße, Beschaffungstiefe und Anzahl der Netzwerkteilteilnehmer mit einem sehr hohen Aufwand verbunden wäre, der in keinem Verhältnis zu dem daraus resultierenden Nutzen stünde. „Ziel der Supply Chain Map“ ist es, „nur Autobahnen“ und große „Bundesstraßen“ abzubilden.“[22] Aus diesem Grund wird empfohlen, erst eine Clusterung der Lieferanten nach Produkten / Produktgruppen oder Materialien / Materialgruppen durchzuführen, so dass bereits zu Anfang bestimmte unkritische Gruppen ausgeschlossen werden können.
Das eigene Unternehmen wird als Ebene 0 bezeichnet und den Partnerunternehmen, abhängig von ihrer jeweiligen Wertschöpfungsstufe, ein Wert zugewiesen werden. Hierbei sind vorgelagerte Stufen zum Zweck der Übersichtlichkeit mit negativem Vorzeichen (-1, -2,...), nachgelagerte mit einem positiven Vorzeichen (+1, +2,...) versehen.
Zu Anfang der Analyse werden nur die direkten Lieferanten, also die Ebene -1, untersucht. Es werden u. a. je Materialgruppe wichtige Informationen gesammelt. Dabei sind die Lieferantenanzahl, die vertraglichen Bindungen je Lieferant sowie deren Ausgestaltung, der Individualitätsgrad des jeweiligen Produkts, als auch dessen Bedeutung für das Endprodukt bzw. die Kundenzufriedenheit von besonderem Interesse. Diese Daten könnten rein theoretisch aus dem normalen Beschaffungsmanagement übernommen werden. Problematisch ist jedoch, diese häufig sehr ausführlichen Informationen auf ein angemessenes Aggregationsniveau zu transformieren.
Für die Ebenen (-2, -3, etc.) werden in der Praxis häufig Workshops eingesetzt. In diesen Workshops beantworten Mitarbeiter verschiedener Unternehmensbereiche Fragen über nachgelagerte Wertschöpfungsstufen, die bereits für das eigene Unternehmen untersucht wurden. An dieser Stelle wird empfohlen, zugleich auch die Belange über die unternehmenseigenen Unternehmensstrategien oder die IT-Infrastruktur zu klären.
Wie tief eine Supply Chain Map Analyse im Unternehmen durchgeführt werden sollte, muss für jedes Unternehmen individuell entschieden werden. Hierfür existieren keine Vorgaben. Allerdings sollte dabei immer der Kosten-Nutzen-Aspekt im Auge behalten werden. Alternativ können in Ausnahmefällen zusätzliche fragebogengestützte Interviews durchgeführt werden, um Informationslücken zu schließen. Allerdings ist die Bereitschaft dafür häufig sehr beschränkt.
Um die gewonnen Informationen richtig interpretieren zu können, sollten ebenfalls Rahmenbedingungen in die Analyse miteinbezogen werden. Besonderes Augenmerk gilt hierbei den technischen, juristischen, politischen und makroökonomischen Entwicklungen. Dies ist insbesondere bei Unternehmen, die international tätig sind, von Relevanz. Hier empfehlen sich ggf. zusätzliche Länderanalysen.
[...]
[1] Vgl. Keuper, Frank (2001): Strategisches Management, München 2001, S. 6
[2] Vgl. Bogaschewsky, Ronald (1998): Zeitwettbewerb – eine wertkettenorientierte Betrachtung, in: Time to market: mögliche Beiträge von Einkauf und Logistik, (Hrsg.) Koppelmann, Udo / Oertel, Horst Adolf, Stuttgart 1998, S. 1-19, hier S. 2-3.
[3] Vgl. Keuper, Frank (2001): Strategisches Management, München 2001, S.11
[4] Grandori, A. & Soda, G. (1995): Interfirm Networks: Antecedents, Mechanisms and Forms. Organization Studies, 1995, S. 184
[5] Sydow, Jörg (1992): Strategische Netzwerke - Vision oder neue Realität der Unternehmensführung? In: Zeitschrift für wirtschaftliche Fertigung, Vol. 87, Nr. 11, S. 684-686.
[6] Vgl. Hess, Thomas (2002): Netzwerkcontrolling: Instrumente und ihre Werkzeugunterstützung, Wiesbaden 2002, S. 12
[7] Vgl. Sydow, Jörg (1999): Management von Netzwerkorganisationen – zum Stand der Forschung, in: Sydow. Jörg (Hrsg.) Management von Netzwerkorganisationen, Wiesbaden 1999, S. 286-289
[8] Vgl. Hess, Thomas (2002): Netzwerkcontrolling: Instrumente und ihre Werkzeugunterstützung, Wiesbaden 2002, S. 16
[9] Vgl. Hess, Thomas (2002): Netzwerkcontrolling: Instrumente und ihre Werkzeugunterstützung, Wiesbaden 2002, S. 14
[10] Vgl. Houlihan, J. B. (1985): International Supply Chain Management. In: International Journal of Physical Distribution and Materials Management, Nr. 01, 1985, S. 22-38
[11] Vgl. Jones, T. C. / Riley D. W. (1985): Using Inventory for Competitive Advantage through Supply Chain Management. In: International Journal of Physical Distribution and Materials Management, Nr. 05, 1985, S. 16-26
[12] Vgl. Werner, Hartmut (2002): Supply Chain Management : Grundlagen, Strategien, Instrumente und Controlling, Wiesbaden 2002, S. 4
[13] Vgl. Handfield, R. B., Nichols E. L. (1999): Introduction to Supply Chain Management, New Jersey 1999, S. 2
[14] Vgl. Born, Achim (1998): Kettenspiele, in: ix - Magazin für professionelle Informationstechnik, Vol. 11. Jahrgang, Nr. 9, 1998, S.68-71, hier S. 68
[15] Vgl. Cooper, M.C. Lambert, M.L. Pagh, J. D. (1997): Supply Chain Management: More Than a New Name for Logistics, in: The International Journal of LogisticsManagement, Vol. 8 , Nr. 1 1997, S. 1 ff.
[16] Vgl. TU-Chemnitz (2003): Skript: Management von Netzwerken, online: http://www.tu-chemnitz.de/wirtschaft/bwl5/gm/gm5_2002.pdf, Stand: 30.06.2003
[17] Vgl. Fiedler, Rudolf (2001), Einführung in das Controlling, München 2001, S. 4
[18] Vgl. Fiedler, Rudolf (2001), Einführung in das Controlling, München 2001, S. 6
[19] Vgl. Fischer, M., Fischer, A. (2001): Neue Konzepte für das Controlling der Zukunft, in: Kostenrechnungspraxis, Vol. 45, Nr. 1 2001, S. 30
[20] Vgl. Keuper, Frank (2001): Strategisches Management, München 2001, S. 7
[21] Vgl. Keuper, Frank (2001): Strategisches Management, München 2001, S. 7
[22] Vgl. Kaufmann, L., Germer, T.: Controlling internationaler Supply Chains: Positionierung - Instrumente – Perspektiven, S.182
- Quote paper
- Jan Vosshage (Author), 2003, Netzwerkcontrolling - Supply Chain Management, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21892
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