Wer sich in der modernen, westlichen Gesellschaft positiv präsentieren will, kommt seit Jahren an dem Thema Nachhaltigkeit nicht mehr vorbei. Konsumenten als auch Unternehmen sollen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und sind zunehmend dazu bereit. Weltweit werden jährlich 80 Milliarden Kleidungsstücke produziert, was einen großen Markt repräsentiert. Aber oft handelt es sich um billige Rohprodukte die von billigen Arbeitskräften mit Hilfe von sehr viel Chemie zu Kleidungsstücken verarbeitet werden.
Gerade Kinderbekleidung ist so schön bunt, weich und farbenprächtig. Doch genau das Färben und Weichmachen ist ein Problem: beides ist ohne Chemie nicht zu haben. Auch die Wind- und Wasser- abweisende Freizeit- und Outdoor-Kleidung für die Kleinen, die sich doch bei Wind und Wetter an der gesunden, frischen Luft austoben sollen, ist laut einer neuen Studie des Umweltbundesamtes mit viel zu vielen kritischen Chemikalien behaftet.
Unternehmen tragen mit ihrer Social Corporate Responsibility dem Nachhaltigkeitsgedanken Rechnung: so zeichnet sich nachhaltiges Wirtschaften seit einiger Zeit in den verschiedensten Branchen ab. Auch in der Textilindustrie wurde der Wettbewerbsvorteil von „Grüner Mode“ erkannt und die Sortimente um Bio-Baumwolle erweitert. Dennoch ist der Anteil der Bio-Baumwolle am gesamten Baumwoll-Anbau derzeit nur ein Prozent.
Der Umsatz mit Biotextilien belief sich im Jahr 2010 auf weltweit 5,3 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2006 waren es noch 1,1 Milliarden US Dollar. Laut einer Studie der Universität Hohenheim liegt das Marktpotenzial für nachhaltige Produkte in der Textilbranche bei 25-30 Prozent. Jedoch gehört die Textilindustrie zu den größten industriellen Umweltverschmutzern. Kritisiert werden vor allem die starke Wasserverschmutzung, der hohe Wasserverbrauch und der immense Energieverbrauch.
Zusätzlich entfaltet jedes Bekleidungsstück in den verschiedenen Phasen der textilen Kette Auswirkungen - nicht nur auf die Umwelt: in der Herstellung werden Menschenrechte mitunter mit Füssen getreten, herrschen zum Teil katastrophale Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit ist an der Tagesordnung und Pestizide gelangen über Schädlingsbekämpfung und Ausrüstung in die Bekleidung. Gerade auf Kinderbekleidung als Produkt und auf Kinder als Kunden muss hier ein Augenmerk gerichtet sein. Kinder können sich nicht gegen belastete Textilien zur Wehr setzten. Außerdem sind die Kinder von heute die Entscheider, Konsumenten, Politiker und Eltern von morgen.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis:
Abbildungsverzeichnis:
Tabellenverzeichnis:
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen zur Nachhaltigkeit
2.1 Historische Betrachtung
2.2 Begriffe und Abgrenzung
2.3 Darstellungsformen von Nachhaltigkeit
2.3.1 Tripple Bottom Line
2.3.2 Drei-Säulen Modell
2.3.3 Stakeholder-Dialog
3 Textilwirtschaft
3.1 Überblick
3.2 Relevanz des Nachhaltigkeitsgedankens in der Textilwirtschaft
3.3 Herausforderungen in der textilen Kette
3.3.1 Produktion
3.3.2 Textilaufbereitung und Konfektionierung
3.3.3 Transport
3.3.4 Nachhaltiger Konsum und LOHAS
3.4 Gütesiegel
4 Kinderbekleidung
4.1 Kinderbekleidung in der Textilwirtschaft
4.2 Sortimente der Baby- und Kinderbekleidung
5 Rolle des Nachhaltigkeitsgedankens aus Kundensicht
5.1 Umfrage: Aufbau und Vorgehensweise
5.2 Darstellung der statistischen Ergebnisse der Online Umfrage:
5.3 Auswertung und Beurteilung der Umfrageergebnisse
5.4 Fazit
6 Rolle des Nachhaltigkeitsgedankens aus Unternehmenssicht
6.1 Das Unternehmen Marc O´Polo
6.2 Der Bereich Nachhaltigkeit
6.3 Nachhaltige Kinderbekleidung bei Marc O´Polo
6.4 Auswertung und Fazit
7 Zusammenfassung, Fazit und Ausblick
Anlage 1: Original-Fragebogen
Anlage 2: Original-Antworten und Häufigketen
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis:
Abbildung 1: Gewichtetes Säulenmodell
Abbildung 2: Textile Kette, eigene Darstellung
Abbildung 3: Prozentuale Verteilung der Geschlechter
Abbildung 4: Grafische Darstellung der %-Sätze der Antworten
Abbildung 5: Prozentuale Anteile der Antworten, Frage 3
Abbildung 6: Darstellung der %-Sätze der Antworten, Frage 4
Abbildung 7: Darstellung der %-Anteile der Antworten, Frage 5
Abbildung 8: Darstellung der prozentualen Häufigkeiten der Antworten, Frage 6
Abbildung 9: Darstellung der prozentualen Häufigkeiten der Antworten, Frage 7
Abbildung 10: Darstellung der prozentualen Häufigkeiten der Antworten, Frage 8
Abbildung 11: Darstellung der prozentualen Häufigkeiten der Antworten, Frage 9
Abbildung 12: Darstellung der prozentualen Häufigkeiten der Antworten, Frage 10
Abbildung 13: Darstellung der prozentualen Häufigkeiten der Antworten zu Aussagen 1-8, Frage 11
Abbildung 14: Darstellung der %-Sätze der Antworten, Frage 12
Abbildung 15: Häufigkeiten und %-Sätze der Antworten, Frage 13
Abbildung 16: Unternehmen Marc O´Polo, Quelle: Unternehmenshomepage
Abbildung 17: SBSC Marc O´Polo, eigene Darstellung
Abbildung 18: MARC O´POLO-Label aus: Nachhaltigkeitsbericht 2011 S.25
Tabellenverzeichnis:
Tabelle 1: Häufigkeiten und %-Sätze der Antworten, Frage 1
Tabelle 2: Häufigkeiten und %-Sätze der Antworten, Frage 2
Tabelle 3: Häufigkeiten und %-Sätze der Antworten, Frage 3
Tabelle 4: Häufigkeiten und %-Sätze der Antworten, Frage 4
Tabelle 5: Häufigkeiten und %-Sätze der Antworten, Frage 5
Tabelle 6: Häufigkeiten und Durchschnittswerte der Antworten, Frage 6
Tabelle 7: Häufigkeiten der Antworten, Frage 7
Tabelle 8: Häufigkeiten und %-Sätze der Antworten, Frage 8
Tabelle 9: Häufigkeiten und Durchschnittswerte der Antworten, Frage 9
Tabelle 10: Häufigkeiten und Durchschnittswerte der Antworten, Frage 10
Tabelle 11: Häufigkeiten der Antworten, Frage 11
Tabelle 12: Häufigkeiten und %-Sätze der Antworten, Frage 12
Tabelle 13: Häufigkeiten und Antworten, Frage 13
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Wer sich in der modernen, westlichen Gesellschaft positiv präsentieren will, kommt seit Jahren an dem Thema Nachhaltigkeit nicht mehr vorbei. Ob die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise oder die Klimakatastrophe: mangelnder Verantwortung der Akteure im Wirtschaftsprozess kommt eine zentrale Bedeutung zu. Konsumenten als auch Unternehmen sollen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen und sind zunehmend dazu bereit.
Weltweit werden jährlich 80 Milliarden Kleidungsstücke produziert, „ein riesen Markt“ wie Volker Angres aus der ZDF Umweltredaktion in der Sendung Planet-e am 16.09.2012 meint.[1] Aber oft handelt es sich um billige Rohprodukte die von billigen Arbeitskräften mit Hilfe von sehr viel Chemie zu Kleidungsstücken verarbeitet werden.
Die Autorin begleitet das Thema Kinderbekleidung beruflich und privat seit mehr als 25 Jahren. Dieses Thema ist im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit in der deutschen Literatur wenig erforscht und damit für sie von besonderem Interesse.
Gerade Kinderbekleidung ist so schön bunt, weich und farbenprächtig. Doch genau das Färben und Weichmachen ist ein Problem: beides ist ohne Chemie nicht zu haben wie im Kapitel 3.3.2 beschrieben werden wird.
Auch die Wind- und Wasser- abweisende Freizeit- und Outdoor-Kleidung für die Kleinen, die sich doch bei Wind und Wetter an der gesunden, frischen Luft austoben sollen, ist laut einer neuen Studie des Umweltbundesamtes mit viel zu vielen kritischen Chemikalien behaftet.[2]
Ein Wertewandel lässt sich in vielen Bereichen des täglichen Lebens erkennen. Nachdem der Inhalt des Kühlschranks „Bio“ und die Energieversorgung „grün“ ist, das Hybrid-Auto in der Garage steht und die Kosmetik tierversuchsfrei ist, wenden sich die Konsumenten seit einigen Jahren „Grüner Mode“, auch „Grüner Kindermode“, zu.
Unternehmen tragen mit ihrer Social Corporate Responsibility dem Nachhaltigkeitsgedanken Rechnung: so zeichnet sich nachhaltiges Wirtschaften seit einiger Zeit in den verschiedensten Branchen ab. Auch in der Textilindustrie wurde der Wettbewerbsvorteil von „Grüner Mode“ erkannt und die Sortimente um „Bio-“, Öko-“ oder „Grüne-“ Textilien, vor allem bei Baumwolle, erweitert. Dennoch ist der Anteil der Bio-Baumwolle am gesamten Baumwoll-Anbau derzeit nur ein Prozent.[3]
Der Umsatz mit Biotextilien belief sich im Jahr 2010 auf weltweit 5,3 Milliarden US-Dollar. Im Jahr 2006 waren es noch 1,1 Milliarden US Dollar.[4] Laut einer Studie der Universität Hohenheim liegt das Marktpotenzial für nachhaltige Produkte in der Textilbranche bei 25-30 Prozent.[5]
Jedoch gehört die Textilindustrie zu den größten industriellen Umweltverschmutzern. Kritisiert werden vor allem die starke Wasserverschmutzung, der hohe Wasserverbrauch und der immense Energieverbrauch.[6]
Zusätzlich entfaltet jedes Bekleidungsstück in den verschiedenen Phasen der textilen Kette Auswirkungen - nicht nur auf die Umwelt: in der Herstellung werden Menschenrechte mitunter mit Füssen getreten, herrschen zum Teil katastrophale Arbeitsbedingungen, Kinderarbeit ist an der Tagesordnung und Pestizide gelangen über Schädlingsbekämpfung und Ausrüstung (Veredelung von Textilien) , beispielsweise bei Baumwolle, in die Bekleidung. Gerade auf Kinderbekleidung als Produkt und auf Kinder als Kunden muss hier ein Augenmerk gerichtet sein. Kinder können sich nicht gegen belastete Textilien zur Wehr setzten; liegt doch die Entscheidung über die Sortimente, aus denen Eltern, Freunde und Omas und Opas die Bekleidung ihrer Schützlinge aussuchen, nicht bei ihnen selbst. Außerdem sind die Kinder von heute die Entscheider, Konsumenten, Politiker und Eltern von morgen.
Der Umsatz im deutschen Baby- und Kinderbekleidungsmarkt ist im vergangenen Jahr um ein Prozent auf 2,95 Milliarden Euro gesunken. Im Zusammenhang mit einem Rekordtief von nur noch gut 662.000 Geburten im Jahr 2011 müssen sich die Entscheider der Textilgeschäfte im Baby- und Kinderbekleidungssegment überlegen, wie sie sich vor Umsatzverlust und drohenden Schließungen schützen. In den vergangenen fünf Jahren ist nach dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands des Deutschen Textileinzelhandels (BTE) Jürgen Dax die Zahl der Textilgeschäfte und Kaufhäuser mit Baby- und Kinderbekleidung um 14 Prozent (350) auf noch 2.150 gesunken.[7]
Dennoch stehen den weniger werdenden Kindern immer mehr, zum Teil sehr kaufkräftige Großeltern gegenüber.
Unternehmen müssen sich darüber klar sein, wie sie sich im Wettbewerb positionieren wollen und die Chance und den Wettbewerbsvorteil, den Nachhaltige Kinderbekleidung bietet, nutzen. Die Großen unter den Handelsunternehmen wie C&A, Hennes und Mauritz, Kaufhof und Karstadt führen seit Jahren Waren mit Umwelt-Labeln in ihren Baby- und Kleinkind-Sortimenten. Dabei ist grundsätzlich festzustellen, je kleiner desto nachhaltiger: also je jünger die Babys und Kinder sind, die die Waren tragen sollen, desto „Bio“ ist die Baumwolle. Auch Drogerie-Unternehmen wie dm oder Rossmann führen eine Bio-Linie in ihren Basis-Kinderbekleidungs-Segmenten.
„Ökomode ist keine Nische. Der Markt ist im Wandel und macht riesige Fortschritte“[8] so Frans Prins, Mitveranstalter der Berliner Modemesse theKey.to, die sich auf grüne Mode spezialisiert hat.
Unternehmen wie Kik, die im Jahr 2010 wegen Lohndumping und den Zuständen bei Zulieferfirmen in Bangladesch mit negativen Schlagzeilen in die Medien gerieten, werden zunehmend von ihren Kunden abgestraft. Auch die schwedische Modekette H&M hatte schon vor einigen Jahren Bio-Baumwoll-Shirts ins Angebot aufgenommen. Nachdem bekannt wurde, dass das Unternehmen, ebenso wie Tchibo oder C&A von seinem Zulieferer betrogen worden war und gentechnisch veränderte Baumwolle erstanden hatte, musste die Ware schnell aus dem Bestand genommen werden.[9]
Zeitweise versuchen Unternehmen sich „grüner“, also nachhaltiger zu präsentieren als sie es sind. „Greenwashing“ ist eine kritische Bezeichnung für den Versuch der Vertuschung von skandalösem Verhalten von Unternehmen durch skrupellose Public-Relation.[10] Jedoch ist diese Vorgehensweise, der Gesellschaft und Umwelt gegenüber verantwortungslos zu agieren, aber Verantwortlichkeit zu kommunizieren, nicht immer zu erkennen.
1.2 Ziel und Aufbau der Arbeit
Das Ziel dieser Untersuchung ist es, aufzuzeigen, welche Rolle der Nachhaltigkeitsgedanke bei Kinderbekleidung spielt und wo die Handlungsfelder und Herausforderungen nachhaltiger Kinderbekleidung aus Konsumentensicht und aus Unternehmenssicht liegen. Wie können und müssen sich Unternehmen und Konsumenten an die neuen Werte und Umweltanforderungen anpassen und ihr Handeln darauf ausrichten, nachhaltig, werthaltig zu agieren.
Dazu wurde hauptsächlich auf Basis vorhandener Literatur und auch auf einschlägigen Internetseiten aus dem Themenbereichen Nachhaltigkeit, Handel und Bekleidung recherchiert. Zum Thema der nachhaltigen Kinderbekleidung existiert keine Literatur. So musste zum Teil von der Damen- oder Herrenoberbekleidung auf Kinderbekleidung geschlossen werden.
Der theoretische Teil wurde in der Methode der logischen Deduktion verfasst. Im praktischen Teil wurde eine nicht repräsentative empirische Recherche in Form einer Online-Umfrage zur Einstellung von Konsumenten zu nachhaltiger Kinderbekleidung vorgenommen, sowie das Unternehmen Marc O´Polo (MOP) auf Nachhaltigkeit untersucht. Eine ausführliche Vorstellung des methodischen Vorgehens der Umfrage erfolgt zu Beginn des Kapitels 5.1.
Zunächst werden in den Grundlagen die Geschichte des Nachhaltigkeitsgedankens und Definitionen, sowie Begriffe und Darstellungsformen der Nachhaltigkeit und der damit im Zusammenhang stehenden Corporate Social Responsibility erörtert. Außerdem werden drei in der Literatur führende Darstellungsformen von Nachhaltigkeit vorgestellt.
Im Kapitel der Textilwirtschaft wird ein Überblick über die deutsche Textil- und Modeindustrie sowie den Herausforderungen in der textilen Kette bezüglich Nachhaltigkeit gegeben. Außerdem wird den wichtigsten Initiativen, Gütesiegeln und den sogenannten LOHAS, also Menschen deren Ausrichtung ihrer Lebensweise auf Gesundheit und Nachhaltigkeit beruht, Raum gegeben.
Im vierten Kapitel wird die Kinderbekleidung in der Textilwirtschaft betrachtet und Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit den Sortimenten der Kinderbekleidung thematisiert.
Im Praxisteil werden anhand der Darstellung, Auswertung und Beurteilung der Online-Umfrage zu Nachhaltiger Kinderbekleidung im Kapitel 5 und des Unternehmensanalyse in Kapitel 6 Rückschlüsse (und Implikationen) der Rolle des Nachhaltigkeitsgedankens bei Kinderbekleidung aufgezeigt.
Die Rolle des Nachhaltigkeitsgedankens bei Kinderbekleidung wird in den drei Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Soziales analysiert.
In dieser Untersuchung wird auf Grund des Umfangs nur auf die deutsche Kinder-Textilindustrie eingegangen. Die Online-Umfrage in Kapitel 5 ist nicht repräsentativ. Die Thesis endet mit einer Zusammenfassung, einem Fazit und einem Ausblick. Der besseren Lesbarkeit halber wird im gesamten Text auf die Verwendung beider Geschlechtsformen verzichtet.
2 Grundlagen zur Nachhaltigkeit
2.1 Historische Betrachtung
Die Geschichte der Nachhaltigkeit geht bis auf die Bibel zurück. Die Schöpfungsgeschichte stellt dar, dass dem Menschen der Auftrag zur Unterwerfung und Bewahrung der Erde erteilt wird. Demnach ist die Idee von der langfristigen Bewahrung unserer Lebensgrundlagen nichts Neues. Auch in den anderen Weltreligionen wie Buddhismus und Islam wird über nachhaltige Entwicklung nachgedacht.[11]
Der Ursprung der Nachhaltigkeitsidee in der heute gebräuchlichen Bedeutung stammt von dem sächsischen Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645-1714) aus Freiberg, der 1713 das erste forstwissenschaftliche Werk mit dem Titel „Sylivicultura Oeconomica“, oder „Die naturgemäße Anweisung zur wilden Baumzucht“ verfasste. Hier führte Carlowitz den Begriff der Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit der Forstwirtschaft ein. Sie beruht auf dem Grundprinzip, dass in einem bestimmten Zeitraum nur so viel Holz geschlagen werden darf, wie durch Neupflanzungen nachwachsen kann.[12] Er spricht von „nachhaltender Nutzung der Wälder“ und plädiert dafür „einen Anbau des Holzes anzustellen, dass es eine kontinuierliche beständige und nachhaltige Nutzung gebe.“
Die weitere Entwicklung der Nachhaltigkeitsdebatte ist durch einige globale, europäische und nationale Meilensteine geprägt:
1969 wird in der Bundesrepublik Deutschland eine Abteilung Umweltschutz im Bundesinnenministerium gebildet. Zwei Jahre später wird das erste Umweltprogramm der BRD vor dem Hintergrund einer teilweise bedenklichen Umweltsituation verabschiedet. Erst 17 Jahre nach der Bildung der Abteilung Umweltschutz wird als ad-hoc-Reaktion auf die Tschernobyl-Katastrophe ein eigenes Bundesministerium, das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) gebildet.[13]
1972 erscheint der Bericht des Club of Rome „Die Grenzen des Wachstums“ (engl. Originaltitel: The Limits to Growth), in welchem diese Grenzen des Wachstums und der gesamten weiteren menschlichen Entwicklung, insbesondere in der Erschöpfung der Ressourcen, gleichbedeutend mit der Erschöpfung der Versorgungsfunktion der natürlichen Umwelt beschrieben werden.[14] Der Bericht gab den entscheidenden Impuls für die Diskussion einer global zukunftsfähigen Entwicklung.[15]
Ebenfalls 1972 wurde in Stockholm von den Teilnehmern der „United Nations Conference on the Human Environment“ (UNCED) die Frage der weltweiten ökologischen Politik debattiert. Dies kann als Start einer internationalen Umweltpolitik gesehen werden. 1976 wurden dann von den OECD- Mitgliedstaaten die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen verabschiedet.
1983 wurde von der United Nations-Vollversammlung die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung eingerichtet[16], die 1987 unter dem Vorsitz von Gro Harlem Brundtland den Bericht „Our Common Future“, oftmals Brundtland-Bericht genannt, veröffentlicht. Er kann als Meilenstein der Nachhaltigkeitsdebatte angesehen werden. Erstmals wurde eine Nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development) zum Leitbild erhoben und definiert[17] und kann als bis heute weitgehend gültig angenommen werden.[18] 1987 kann somit als „Geburtsjahr“ des Begriffs der nachhaltigen Entwicklung im heutigen Verständnis gelten.[19] Zu den Ergebnissen der Brundtland-Kommission gehört auch der Beschluss der UNO-Vollversammlung im Dezember 1989, im Jahre 1992 in Rio de Janeiro eine Konferenz mit dem Titel „United Nations Conference on Environment and Development“ auszurichten (UNCED).[20]
In den 1990er Jahren kam aufgrund der voranschreitenden Globalisierung in den Industrieländern eine von öffentlichem Interesse getriebene Diskussion in Gang, die das Verhalten multinationaler Unternehmen gegenüber ihren Beschäftigten in Entwicklungsländern kritisierte. In dieser Zeit fällt die Kampagne für saubere Kleidung: die „Clean Clothes Campaign“ (CCC). Gerade im Bereich Textile Bekleidung sollten die Arbeitsbedingungen in der Produktion verbessert werden. 1997 gelang es der International Labour Organization (ILO) acht so genannte Kernarbeitsnormen als grundlegende Prinzipien und Rechte bei der Arbeit zu verabschieden.[21]
1992 fand in Rio de Janeiro die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung (UNCED) statt. An dieser Konferenz nahmen 178 der damals insgesamt 200 Staaten der Erde teil. Sie gilt als Meilenstein für die Integration von Umwelt- und Entwicklungsbestrebungen und war seit der Konferenz der Vereinten Nationen über die Umwelt des Menschen in Stockholm (1972) die erste größere internationale Konferenz, die Umweltfragen in einem globalen Rahmen diskutierte. Seit der Konferenz in Rio de Janeiro hat sich das Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung allmählich zu einer allgemein und international anerkannten gesellschaftlichen Zielsetzung entwickelt.
Die 1997 in New York stattfindende UN-Konferenz „Earth Summit+5“ zog ein Fazit der Ziele von 1992.
In der Folge einer thematischen Fokussierung auf den Aspekt der nachhaltigen Entwicklung auf internationaler Ebene prägte vor allem die Initiierung des Global Compact (GC) 1999 durch den UN-Generalsekretär Kofi Anan.[22] Der Global Compact der Vereinten Nationen ruft Unternehmen weltweit dazu auf, zehn Prinzipien aus den Bereichen Menschenrechten, Arbeitsnormen, Umweltschutz und Korruptionsbekämpfung umzusetzen. Er versteht sich dabei als freiwilliges Lern- und Diskussionsforum.[23] Im Jahr 2000 startete die operative Phase des GC. Bei der 55. Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York wurden die am GC orientierten „Millenniumsziele für eine sozial gerechte und nachhaltige globale Entwicklung“ verabschiedet.
In Europa und Deutschland steht die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung durch Unternehmen, die Corporate Social Responsibility (CSR) erst seit wenigen Jahren im Mittelpunkt der Diskussionen. In Europa und Deutschland sind zahlreiche gemeinwohlbezogene Aktivitäten schon durch die Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verwurzelt.[24] Die erste grundlegende Publikation der EU zum Themenkomplex CSR erschien 2001 mit dem Grünbuch: „Promoting a European Framework for Corporate Social Responsibility“[25] Die Rahmenbedingungen im Grünbuch unterteilen sich inhaltlich in die Definition von CSR, eine interne und externe Dimension der sozialen Verantwortung von Unternehmen und in eine ganzheitliche Sicht.[26]
2002 startet in Johannesburg auf der „Rio plus 10-Konferenz“ die „Initiative für erneuerbare Energien“ der EU und der lateinamerikanischen Länder. Kanada, China, Russland und Indien sagen zu, das Kyoto-Protokoll zum Klimaschutz zu ratifizieren.
Im Herbst 2010 beschließt die Bundesregierung die „Nationale Strategie zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen“. In Anlehnung daran entwickeln das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), sowie das CSR-Forum den „Aktionsplan CSR“ zusammen mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik, Gewerkschaften, Wissenschaft, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und internationalen Organisationen[27]. „Dieser Aktionsplan hat zum Ziel, dass mehr Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung erkennen und nutzen, um ihre Geschäftsstrategie nachhaltig zu gestalten.“[28] Wobei der Fokus hier klar beim Mittelstand, den KMUs liegt, die mit über 99% der Unternehmen und über 60 Prozent der Beschäftigten das Rückgrat der deutschen Wirtschaft bilden.[29]
Der Weltgipfel in Rio plus 20 in diesem Jahr (2012) wird allgemein kritisch gesehen. Hier sollte ein bedeutender Schritt in Richtung Nachhaltigkeit getan und unter dem Stichwort "Green Economy" für ein für die Umwelt verträgliches und Ressourcen sparendes Produktions- und Konsummodell geworben werden. Also für ein Modell, welches Deutschland, Frankreich und einige andere europäische Länder ja bereits seit langem praktizierten. Da dieser Schritt viel Geld kostet, kam der Gipfel in Rio 2012 wohl zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Während viele Schwellenländer Geld für den Paradigmenwechsel von den "historisch verantwortlichen" Industrienationen verlangten, kämpfen genau diese um das Fortbestehen ihrer Währung und, in manchen Fällen, ihrer Volkswirtschaft. Finanzielle Verpflichtungen waren da nicht zu erwarten. So hoffte man zumindest auf klare Verpflichtungen darüber, welche Ziele man bei der Nachhaltigkeit erreichen will, in welchem Zeitrahmen und was jedes einzelne Land dazu tun müsse. Außer "leeren Worthülsen" (so die NGOs) kam da aber nicht viel.[30] Sowohl die EU, als auch Deutschland kritisierten vor allem die Erhebung des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, UNEP, zu einer vollwertigen UN-Agentur, sowie den Plan zum Meeresschutz in dem auf hoher See Schutzgebiete eingerichtet werden sollen. Auch die USA und Venezuela waren gegen solche Pläne, da vor allem die USA eine Einschränkung der Mobilität ihrer Kriegsflotte befürchtete. Auch Umweltorganisationen sahen die Ergebnisse als mangelhaft an, da kaum konkrete Regelungen geschaffen wurden.[31]
2.2 Begriffe und Abgrenzung
Selten hat sich ein Begriff so schnell und tiefgreifend in den allgemeinen Sprachgebrauch gedrängt wie der Begriff der „Nachhaltigkeit“.
Der deutsche Begriff „Nachhalten“ kann nach Kluge „andauern, wirken, anhalten“[32] bedeuten. In dieser Verwendung beschreibt das Wort „Nachhaltigkeit“ lediglich die Fortdauer oder Konstanz von Zuständen, Prozessen und Wirkungen.[33]. Nach dem englischen Begriff „to sustain: to provide enough of what sb/sth needs in order to live or exist“ und „to make sth continue for some time without becoming less“[34] steht es als etwas aktives, wie einen erwünschten Zustand zu stützen oder in Gang zu halten. Das Nomen, Sustainability, leitet sich aus dem Adverb „sustainable“ ab. Hier findet sich im Wörterbuch folgende Bedeutung: „involving the use of neutral products and energy in a way that does not harm the environment“.[35]
Auch Grunwald und Kopfmüller unterscheiden zwischen „Nachhaltiger Entwicklung“ als einem Prozess gesellschaftlicher Veränderung, während der Begriff der „Nachhaltigkeit“ (Sustainability) das Ende eines solchen Prozesses, also einen Zustand beschreibt.[36]
Der Begriff "Nachhaltigkeit", "Nachhaltige Entwicklung" oder auch "Sustainable development" wird heute in vielen Bereichen genutzt. Bis zur Mitte der 1990er Jahre war das Thema mehr in der wissenschaftlichen Diskussion, danach vor allem im politischen Kontext genutzt und findet heute immer mehr auch in zivilgesellschaftlichen Zusammenhängen Verwendung. Der von der Bundesregierung berufene "Rat für Nachhaltige Entwicklung" fasst die Grundideen für nachhaltiges Handeln so zusammen:
"Nachhaltige Entwicklung heißt, Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen. Zukunftsfähig wirtschaften bedeutet also: Wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben."[37]
Diese Dreidimensionallität: Ökologie, Ökonomie und Soziales wurde auch zum Motiv des häufig anzutreffenden „Drei-Säulen-Modells“ der Nachhaltigkeit, wie es unter Punkt 2.3.2 beschrieben wird.
Die bekannteste und in der Literatur um Nachhaltigkeit am häufigsten anzutreffende ist die im sogenannten „Brundtland-Bericht“ der UN Kommission für Umwelt und Entwicklung von 1987. Hier wird eine Entwicklung als nachhaltig erklärt: „wenn sie die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können.“[38]
Diese Definition enthält zwei Elemente: die aktive Übernahme von Verantwortung für zukünftige Generationen als „Zukunftsverantwortung“ und gleichrangig Gerechtigkeitsüberlegungen unter den heute Lebenden (klassische Verteilungsgerechtigkeit).[39] Durch diese Ausrichtung des Nachhaltigkeitsgedankens an Gerechtigkeit geht es nicht mehr nur um die Ausrichtung der gesellschaftlichen Produktionsweise und Konsummuster an „objektiven“ Grenzen wie der Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen, sondern um die Frage der internen Organisation der Gesellschaft unter der selbst gesetzten Idee der Gerechtigkeit. Die intragenerative Gerechtigkeit setzt einen gerechten Zugang zum gemeinsamen Erbe für alle voraus und beinhaltet die Reduzierung der vorherrschenden extremen globalen Ungleichverteilung an Vermögen, Einkommen, wirtschaftlichen Chancen und Umweltnutzungsmöglichkeiten.[40]
Der Bericht der Kommission bleibt auf einem geringen Konkretisierungsgrad mit weiten Interpretationsspielräumen, musste er doch zwischen stark polarisierenden Positionen vermitteln: zwischen der jeweiligen Fokussierung auf ökologische, ökonomische oder soziale Entwicklungsaspekte, zwischen verschiedenen entwicklungstheoretischen Ansätzen, zwischen verschiedenen Einschätzungen der Rolle des Wirtschaftswachstums und des technischen Fortschritts oder zwischen verschiedenen Konzepten der weltwirtschaftlichen Ordnung. Auch die optimistischen Annahmen über Wirtschaftswachstum und technischen Fortschritt mussten gemacht werden, um überhaupt einvernehmliche Handlungsempfehlungen geben zu können.[41]
In den Unternehmen hat Nachhaltigkeit vielfach Einzug in die Leitlinien und in die Unternehmensstrategie gehalten. Immer mehr Konsumenten sind bereit, nachhaltiges Verhalten von Unternehmen zu honorieren. Die Begriffe „Nachhaltige Entwicklung“ und CSR, werden oft synonym verwendet. Zusammen mit Corporate Citizenship und der Wirtschafts- und Unternehmensethik bilden sie die vier Konzepte der Debatte um gesellschaftliche Verantwortung durch Unternehmen.[42]
Die vollständige Abgrenzung aller Begriffe würde den Rahmen dieser Studie übersteigen. An dieser Stelle sei angemerkt, dass sich Corporate Citizenship auf ein bürgerschaftliches Engagement in und von Unternehmen außerhalb ihres Kerngeschäfts bezieht, beispielsweise durch Spenden oder Sponsoring.[43] Wirtschafts- und Unternehmensethik betrifft den Bereich der angewandten Ethik. Die Wirtschaftsethik adressiert moralische Erwartungen an alle Akteure des Wirtschaftssystems. Der Fokus der Unternehmensethik liegt in erster Linie auf den Unternehmensführern und Entscheidern in Organisationen.[44]
„Corporate Social Responsibility (CSR) wird in der deutschen Literatur allgemein mit gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen übersetzt.“… “Eine einheitliche Definition des CSR-Begriffs ist jedoch bis heute nicht existent.“[45] So kann die wörtliche Übersetzung von „social“ nur die soziale Verantwortung meinen, während die Übersetzung mit „gesellschaftlich“ die soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung mit einschließt.[46]
Die Europäische Kommission hat CSR in ihrem Grünbuch definiert als: „Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern zu integrieren.“ und: “Sozial verantwortlich handeln heißt nicht nur, die gesetzlichen Bestimmungen einhalten, sondern über die bloße Gesetzeskonformität hinaus „mehr" investieren in Humankapital, in die Umwelt und in die Beziehungen zu anderen Stakeholdern. Die Erfahrung mit Investitionen in umweltverträgliche Technologien und Unternehmenspraktiken hat legt nahe, dass es der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens zuträglich sein kann, wenn man über die bloße Gesetzeskonformität hinausgeht.“[47]
Das in dieser Definition der Europäischen Kommission mit eingeschlossene Freiwilligkeitsprinzip ist sowohl in einschlägiger Literatur, als auch auf der internationalen CSR-Konferenz, die am 15./16.12 2011 in Berlin stattgefunden hat, als Kernaussage festzuhalten und wurde an vielen Stellen in Podiumsdiskussionen und Vorträgen betont.[48]
Meffert und Münstermann fassen CSR zusammen als: „ein integrierendes Unternehmenskonzept, das ausgehend vom Wertegerüst und den Zielen des Unternehmens dessen Rolle in der Gesellschaft und der damit einhergehenden Verantwortung konkretisiert. Es umfasst die Gesamtheit aller sozialen, ökologischen und ökonomischen Beiträge eines Unternehmens zur freiwilligen Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung, die über die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen hinausgehen. Die Integration dieses Engagements in inhaltlicher, zeitlicher und kommunikativer Hinsicht und die strukturell-prozessuale Implementierung in die Unternehmenstätigkeit, sowie die Sicherstellung langfristiger Wechselbeziehungen mit den relevanten Anspruchsgruppen (Stakeholdern) sind zentrale Bestandteile des CSR-Konzepts.“[49]
Zusammengefasst ist zu sagen, dass die Begrifflichkeiten um Nachhaltigkeit mehr den in der Gesellschaft angestrebten Gleichgewichtszustand auf Basis der drei Säulen Soziales, Ökologie und Ökonomie beschreiben, während CSR die Verantwortung der Unternehmen innerhalb ihrer eigentlichen Geschäftstätigkeit meinen. In der Praxis werden allerdings diese beiden Begriffe oft synonym verwendet.
Diese Thesis folgt der Definition der Bundesregierung.
2.3 Darstellungsformen von Nachhaltigkeit
Bei den ersten grafischen Darstellungen wurden „Ein- und Mehr-Säulen-Modelle“ entwickelt. Letztlich gilt der Fokus weitgehend den drei Zielen Ökologie, Ökonomie und Soziales.
2.3.1 Tripple Bottom Line
Den Schlüsselbegriff für die Diskussion prägte 1994 der britische Berater und Buchautor John Elkington in einem Artikel: „Triple Bottom Line.“ Im Englischen ist die Bottom Line der Schlussstrich unter der Gewinn-und-Verlust-Rechnung - dort steht der Profit. Elkington hat diesen bekannten Begriff um die Dimensionen Umwelt und Gesellschaft erweitert. Die Triple Bottom Line soll den Mehrwert beziffern, den ein Unternehmen ökonomisch, ökologisch und sozial schafft.[50]
Im Grünbuch der europäischen Kommission wird das Drei-Säulen Modell als „Konzept, das davon ausgeht, dass die Gesamtperformance eines Unternehmens daran gemessen werden sollte, in welchen Maße sie beiträgt zu wirtschaftlichem Wohlstand, Umweltqualität und Sozialkapital.“[51] definiert.
Mit „Wirtschaftlicher Wohlstand“ ist Finanzkapital gemeint. Es ist die einzige Kapitalform, die in das heutige System des Rechnungswesens eingeht.
Sozialkapital ist auf der einen Seite Humankapital, das von Menschen (Angestellten, Lieferanten, Beratern) direkt in Unternehmen investiert wird und andererseits sind Investments des Sozialsystems gemeint, das den Rahmen bildet, in dem Unternehmen prosperieren und wachsen können. Umweltqualität betrifft die Produktivität von Ressourcen, Abfall und Emissionen. Unser „Naturkapital“ ist eine Kombination aus erneuerbaren und nicht-erneuerbaren Ressourcen, deren Einsatz ebenso in die Berechnung des Unternehmenserfolges eingehen muss.[52]
Der Einsatz der Führungskräfte, der zu einer positiven Triple Bottom Line führt, wird häufig in Nachhaltigkeitsberichten dokumentiert. Kritiker sehen dabei aber auch die Grenzen von Elkingtons Idee, denn der Nutzen gesellschaftlichen Engagements lasse sich nie so genau berechnen wie die klassische Bottom Line, der Gewinn. Dennoch ist der Begriff heute fester Bestandteil der Nachhaltigkeitsdiskussion. Die EU-Kommission hat börsennotierte Unternehmen sogar aufgefordert, eine Triple Bottom Line in ihren Geschäftsberichten zu veröffentlichen.[53] Weitaus wichtiger ist jedoch die freiwillige Verankerung von Werten und Prozessen innerhalb des Unternehmens, die dazu dient, die Ansprüche aller Stakeholder bezüglich der drei Dimensionen zu berücksichtigen.[54]
2.3.2 Drei-Säulen Modell
In mancher Literatur wird das Drei-Säulen Modell mit dem Tripple Bottom Line–Ansatz gleichgesetzt, der jedoch weniger in der Politik, sondern vorrangig in Unternehmen und Finanzwelt verwendet wird.
Im Drei-Säulen-Modell stehen Ökologie, Ökonomie und Soziales als Stützpfeiler der Nachhaltigkeit gleichrangig nebeneinander. Dieses Modell soll motivieren, einen Ausgleich zwischen den Interessen zu schaffen und das Ziel einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne der Brundtland-Definition zu erreichen.[55] Es beruht auf der Definition der Enquete-Kommission aus dem Jahr 1998: „Nachhaltigkeit ist die Konzeption einer dauerhaft zukunftsfähigen Entwicklung der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension menschlicher Existenz. Diese drei Säulen der Nachhaltigkeit stehen miteinander in Wechselwirkung und bedürfen langfristig einer ausgewogenen Koordination.“[56] Dem Konzept der Nachhaltigkeit werden in der Regel drei unterschiedliche Problemdimensionen zugeschrieben, die es bei der Verfolgung des Ziels einer nachhaltigen Entwicklung zu berücksichtigen gilt. Es sind dies die ökonomische, ökologische und soziale Dimension von Nachhaltigkeit:[57]
- Die ökonomische Dimension von Nachhaltigkeit konzentriert sich im Sinne der Kapitalerhaltung auf langfristige Erträge, die aus der Nutzung vorhandener Ressourcen erwachsen. Dennoch bleibt quantitatives Wachstum erforderlich, um der chronischen Unterversorgung in den ärmeren Ländern im Sinne einer aufholenden Entwicklung entgegenzuwirken.
- Die ökologische Dimension von Nachhaltigkeit betont demgegenüber den mit materiellen Maßstäben schwer fassbaren Wert der Natur an sich, sowie die nachweisbare Begrenztheit der natürlichen Ressourcen. Bestehendes Naturkapital sollte infolgedessen weitestgehend erhalten werden, um die ökologischen Bedingungen des menschlichen Überlebens zu sichern. Im Sinne eines qualitativen Verständnisses wirtschaftlicher Entwicklung sind demnach die ökologischen Kosten von Produktion und Konsum in den Bilanzen der Weltwirtschaft mit zu berücksichtigen.
- Im Mittelpunkt der sozialen Dimension steht die Frage nach der Verteilungsgerechtigkeit. Diese bezieht sich auf den Zugang zu Chancen und Ressourcen sowohl innerhalb einzelner Länder und Gesellschaften, als auch im globalen Verteilungskonflikt zwischen den reichen Industrieländern und den armen und hochverschuldeten Schwellen- und Entwicklungsländern. Neben dem Ziel der Grundbedürfnisbefriedigung für heutige und folgende Generationen berührt die soziale Dimension dabei ausdrücklich auch Fragen der Geschlechterverhältnisse im Sinne der Schaffung gerechterer Lebenswelten für Frauen und Männer.
In neuerer Literatur kommt zusätzlich eine vierte Dimension hinzu: Die Integrationsdimension. Diese Herausforderung nach Integration leitet sich aus zwei Ansprüchen ab. Einerseits besteht hierbei die Aufgabe, die drei vorgenannten Dimensionen gleichzeitig zu erfüllen und andererseits das Umwelt- und Sozialmanagement mit ihren Managementansätzen in das konventionelle ökonomisch ausgerichtete Management methodisch einzubetten.[58]
Die Weiterentwicklung des Modells zu einem „gewichteten Säulenmodell“[59] stellt einen Fortschritt für das Verständnis von Nachhaltigkeit dar. Damit wird deutlich, auf welchem Fundament die nachhaltige Entwicklung basiert, wer sie trägt und wie sie abgesichert ist. In dem Gebäude bildet die Ökologie das Fundament auf dem soziale, kulturelle und ökonomische Säulen aufbauen. Darauf stützt sich das Dach der nachhaltigen Entwicklung:
[...]
[1] Vgl.: ZDF-Film der Reihe: „Planet e, Gefahr aus dem Kleiderschrank“. 16.09.2012. Gedächtnisprotokoll der Verfasserin.
[2] Vgl.: http://www.umweltbundesamt.de/uba-info-presse/2012/pdf/pd12-031_reach_umweltbundesamt_sieht_weitere_stoffe_als_besonders_besorgniserregend_an.pdf. Zugriff und Ausdruck: 14.09.2012
[3] Vgl.: Diekamp, Kirsten; Koch, Werner; 2010, S.55
[4] Vgl.: http://de.statista.com/statistik/daten/studie/75830/umfrage/weltweiter-umsatz-mit-biotextilien-seit-2006/ 4.09.2012
[5] Vgl.: Hofmann, Melanie; 2011, S.14
[6] Vgl.: Diekamp, Kirsten; Koch, Werner; 2010, S. 92
[7] Vgl.: Rhein Main Presse: Kleine Kunden fehlen. 08.09.2012, S.8
[8] Diekamp, Kirsten; Koch, Werner; 2010, S.114
[9] Vgl.: Hofmann, Melanie; 2011, S.14
[10] Vgl.: Bentele, Günther; Nothhaft, Howard; 2011, S.67 f
[11] Vgl.: Grunwald, Armin; Kopfmüller, Jürgen; 2012, S.227 f.
[12] Vgl.: Loew, Thomas; Ankele, Kathrin; Braun, Sabine; Clausen, Jens; 2004, S.56.
[13] Vgl. Günther, Edeltraud; 2008, S.42 f.
[14] Vgl.: Günther, Edeltraud; 2008, S.42
[15] Vgl.: Carnau, Peter, 2011 S.18
[16] Anmerkung der Verfasserin: World Commission on Environment and Development oder “Brundtland–Kommission”
[17] Vgl.: Jonker, Jan; Stark, Wolfgang; Tewes, Stefan; 2012, S.7.
[18] Vgl.: Jonker, Jan; Stark, Wolfgang; Tewes, Stefan; 2012, S. 13.
[19] Vgl.: Grunwald, Armin; Kopfmüller, Jürgen; 2012, S.18
[20] Vgl.: Spindler, Edmund A. pdf: 28.08.2012
[21] Vgl.: Bruns, Michalela: 2011, S. 11.
[22] Vgl.: http://www.unglobalcompact.org/ letztmaliger Zugriff am 27.1.2012 Ausdruck am 27.1.2012 S.4.
[23] Vgl.: http://www.unglobalcompact.org/ letztmaliger Zugriff am 27.1.2012 Ausdruck am 27.1.2012 S.4 f..
[24] Vgl.: Meffert, Heribert; Münstermann, Matthias; 2005, S.6.
[25] Vgl.: Green Paper (Grünbuch), 2001b.
[26] Vgl.: Green Paper (Grünbuch), 2001 (366 endg.) S. 2.
[27] Vgl.: BMAS, 2010, S. 5.
[28] BMAS, 2010, S. 12.
[29] Gedächtnisprotokoll der Verfasserin: Rede Dr. Ralf Bösinger, BMAS, am 15.12.2011 CSR-Konferenz in Berlin.
[30] Vgl.: http://www.manager-magazin.de/politik/weltwirtschaft/0,2828,840579-3,00.html, Ausdruck und Zugriff: 29.08.2012
[31] Vgl.: http://www.nachhaltigkeit.info/artikel/weltgipfel_rio_20_rio_de_janeiro_2012_1419.htm Ausdruck und Zugriff: 15.08.2012
[32] Kluge, Friedrich; 2002, S.642
[33] Vgl.: Günther, Edeltraut; 2008, S.45
[34] Oxford ALD, 2008, S.1548
[35] Oxford ALD, 2008, S.1548
[36] Vgl.: Grunwald, Armin; Kopfmüller, Jürgen; 2012, S.11
[37] Vgl.: http://www.nachhaltigkeitsrat.de/nachhaltigkeit/ Ausdruck und Zugriff: 29.08.2012
[38] Hauff, Volker; 1987, S.46
[39] Vgl.: Grunwald, Armin; Kopfmüller, Jürgen; 2012, S.11
[40] Vgl.: Loew, Thomas; Ankele, Kathrin; Braun, Sabine; Clausen, Jens; 2004, S.59.
[41] Vgl.: Grunwald, Armin; Kopfmüller, Jürgen; 2012, S.23 f.
[42] Vgl.: Jonker, Jan; Stark, Wolfgang; Tewes, Stefan: 2012, S.4.
[43] Vgl.: Jonker, Jan; Stark, Wolfgang; Tewes, Stefan; 2012, S.79.
[44] Vgl.: Jonker, Jan; Stark, Wolfgang; Tewes, Stefan; 2012, S.8.
[45] Jonker, Jan; Stark, Wolfgang; Tewes, Stefan; 2012, S.86.
[46] Vgl.: Jonker, Jan; Stark, Wolfgang; Tewes, Stefan; 2012, S.86.
[47] Grünbuch, Europäische Kommission. 2001, S.7.
[48] Gedächtnisprotokoll: Internationale CSR-Konferenz, Hans Joachim Otto, Parlamentarischer Staatssekretär des BMWi in einem Vortrag am 16.12.2011.
[49] Meffert, Heribert; Münstermann, Matthias; 2005, S.22.
[50] Vgl.: http://www.harvardbusinessmanager.de/heft/artikel/a-622721.html Ausdruck am 31.1.2012, letztmaliger Zugriff am 31.1.2012.
[51] Grünbuch, Europäische Kommission. 2001, S. 30.
[52] Vgl.: http://www.perspektive-blau.de/artikel/0304c/print.htm, S. 2, Ausdruck am 1.2.2012 letztmaliger Zugriff am 1.2.2012.
[53] Vgl.: http://www.harvardbusinessmanager.de/heft/artikel/a-622721.html Ausdruck am 31.1.2012, letztmaliger Zugriff am 31.1.2012.
[54] Vgl.: Bruns, Michaela; 2011, S. 196.
[55] Vgl.: http://www.nachhaltigkeit.info/artikel/1_3_a_drei_saeulen_modell_1531.htm, Zugriff und Ausdruck: 16.08.12
[56] Vgl.: Enquete-Kommission. 1998, S.16
[57] Vgl.: http://www.bpb.de/izpb/8983/leitbild-der-nachhaltigen-entwicklung?p=1, Zugriff und Ausdruck: 16.08.21012
[58] Schaltegger, Stefan et al. 2007, S.12
[59] Vgl.: Stahlmann, Volker; 2008, S. 61
- Quote paper
- Sigrun Gindorff (Author), 2012, Untersuchung der Rolle des Nachhaltigkeitgedankens bei Kinderbekleidung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/215678
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