Tucholsky schrieb zum Berlinischen: „Bevor ich berlinere, überlege ich es mir dreimal, und zweimal tue ichs nicht.“ Dafür, dass er hier einen eher zurückhaltenden Gebrauch andeutet, findet man doch verhältnismäßig viele und eindrucksvolle Dialektalgedichte resp. Passagen oder Einschübe, auch thematische Gedichte oder Essays zu Berlin und seinen Bewohnern.
Ausgangspunkt dieser Arbeit soll sein Gedicht Danach sein, dem – wie den meisten Mundartgedichten – das Prädikat der Unterhaltungslyrik oder auch Trivialität anhaftet. Diese Arbeit versteht sich nicht als Apologie von Dialektlyrik, wird aber ihre Konstruktions-mechanismen und Funktionsweisen näher untersuchen. Dafür sollen nach einer interpretatorischen Betrachtung von "Danach", die aufzeigt, dass dialektale Lyrik durchdachter konstruiert ist, als die Vorurteile attestieren, die Bedingungen für das erfolgreiche Funktionieren der Komik und die Ursachen für jene Vorurteile untersucht werden. Die zu prüfende These besteht in der Vermutung, dass Dialektlyrik diese allgemeinen Prädikate nutzt, ja geradezu provoziert, damit ein Spannungsfeld der Komik zwischen formal konstruierter E-Lyrik und inhaltlich/ sprachlich bewirkter Trivialität entsteht. Die Untersuchung weist damit zugleich aber auch auf Rezeptionsprozesse, die sprachwissenschaftlich analysiert werden sollen (Textsorten- und Funktionalstilwissen). Die dadurch gewonnenen Einsichten werden als These für die tucholskysche Dialektlyrik zusammengeführt und untersucht: Die Funktion des Berlinerischen weist durch ihren konnotativen und assoziativen sozial markierten Aspekt eine weitere Dimension auf der sprachlichen Seite auf. Vor diesem Hintergrund wird klar, was ein dialektallyrisches Ich als authentische Berliner Milieu-Figur neben
normalen Rezeptionsprozessen zusätzlich leistet. Am Schluss der Arbeit sollen daraus die Funktionen des Dialektgebrauchs für die tucholskysche Lyrik gewonnen werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Interpretatorische Annäherung
- Argumentationstheoretische Struktur, formal-inhaltliche Betrachtung
- Aufbau und Kernaussagen
- Dialektlyrik – Intention, Bedeutung, Wirkung
- Exkurs: Funktionsmechanismen der Verlach-Komik
- Funktionsweise komplexerer Dialektlyrik
- Textlinguistische Anbindung:
- Textsorten: Textsortenwissen, -erwartung und -brechung
- Funktionalstilistik: Norm und Abweichung
- Das Berlinische
- Funktion des Berlinischen in der tucholskyschen Dialektlyrik
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Konstruktionsmechanismen und Funktionsweisen der Dialektlyrik am Beispiel von Kurt Tucholskys Gedicht „Danach“. Sie strebt danach, die Durchdachtheit der Konstruktion dialektaler Lyrik aufzuzeigen und die Bedingungen für das erfolgreiche Funktionieren der Komik in diesem Genre zu beleuchten. Dabei wird die These vertreten, dass Dialektlyrik bewusst die Vorurteile gegenüber Trivialität nutzt, um ein Spannungsfeld zwischen formal konstruierter E-Lyrik und inhaltlich/sprachlich bewirkter Trivialität zu erzeugen.
- Analyse der argumentationstheoretischen Struktur von „Danach“
- Untersuchung der Funktionsweise der Komik in der Dialektlyrik
- Rezeptionsprozesse und ihre sprachwissenschaftliche Analyse
- Funktion des Berlinischen in der tucholskyschen Dialektlyrik
- Funktion des Dialektgebrauchs für die tucholskysche Lyrik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt das Gedicht „Danach“ als Ausgangspunkt der Untersuchung vor. Das zweite Kapitel widmet sich der interpretatorischen Annäherung an das Gedicht. Es analysiert die argumentationstheoretische Struktur von „Danach“ und untersucht, wie das Gedicht auf formal-inhaltlicher Ebene konstruiert ist. Darüber hinaus werden Aufbau und Kernaussagen des Gedichts näher betrachtet.
Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der Dialektlyrik im Allgemeinen und beleuchtet deren Intention, Bedeutung und Wirkung. Kapitel 4 widmet sich den Funktionsmechanismen der Verlach-Komik, während Kapitel 5 die Funktionsweise komplexerer Dialektlyrik untersucht. Das sechste Kapitel befasst sich mit der textlinguistischen Anbindung der Dialektlyrik und analysiert die Funktionsweisen der Dialektlyrik unter stilistischen Aspekten, insbesondere im Hinblick auf Textsorten und Funktionalstilistik.
Kapitel 7 und 8 befassen sich mit dem Berlinischen und seiner Funktion in der tucholskyschen Dialektlyrik. Das neunte Kapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen.
Schlüsselwörter
Dialektlyrik, Kurt Tucholsky, „Danach“, Komik, Argumentationstheorie, Textsorten, Funktionalstilistik, Berlinisch, sozialer Aspekt, authentische Berliner Milieu-Figur, Rezeptionsprozesse.
- Quote paper
- Johannes Key (Author), 2010, Tucholskys Dialektlyrik am Beispiel von „Danach“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/214591