Der Weg, den die Mädchen zur Schule zurückzulegen hatten, war um Jahrtausende weiter als der der Jungen. Heutzutage ist man im Allgemeinen davon überzeugt, dass Mädchen und Jungen die gleichen Chancen haben, Bildung zu erhalten, diese auszubauen und für ihre Zukunft nutzbar zu machen. Aber ist das wirklich gegeben?
Im Zuge verschiedener Studien, wie zum Beispiel der PISA-Studie, entstehen aktuell sogar gegensätzliche Disskussionen. Haben Mädchen die Jungen hinsichtlich der Schulbildung inzwischen nicht nur eingeholt, sondern überholt? Kann man von einer Benachteiligung der Jungen in unserem Schulwesen sprechen?
Diese Fragen möchte ich in der folgenden Arbeit untersuchen. Ich werde zunächst einen kurzen Überblick über die geschichtliche Entwicklung unseres Schulwesens in Deutschland geben und dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die Mädchenbildung legen, damit die folgenden Kapitel vor diesem Hintergrundwissen gelesen werden können.
Im 3. Kapitel untersuche ich zunächst die aktuelle Situation der Schülerinnen und Schüler in unserem heutigen Schulwesen. Ich werde dabei vor allem auf markante und auffällige Daten und Statistiken eingehen, diese darstellen und nach möglichen Ursachen fragen.
Im 4. Kapitel werde ich mich mit der Situation der Lehrerinnen und Lehrer beschäftigen und auch hier nach möglichen Ursachen für die Ergebnisse der Statistiken forschen.
Ich beziehe mich in meinen Ausführungen nur auf die Bildung im Schul- und Hochschulbereich, also Grund-, Haupt-, Sonder- und Realschule, sowie Gymnasium und Hochschule, nicht aber auf Berufsschulen und ähnliches.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Geschichtliche Entwicklungen des deutschen Schulwesens
2.1 Im Römischen Reich
2.2 Im Mittelalter
2.3 Im Zeitalter der Renaissance und Reformation
2.4 In der Aufklärungszeit
2.5 Im 19. Jahrhundert
2.6 Im 20. Jahrhundert
3. Zur aktuellen Situation von Schülerinnen und Schülern im Schulwesen
3.1 Mädchen sind in der Schule erfolgreicher
3.1.1 Darstellung der Statistik
3.1.2 Analyse einer möglichen Ursache: Zusammenhang zwischen Selbstwertgefühl und schulischer Leistung
3.2 Es gibt fachspezifische Leistungsunterschiede zwischen Mädchen und Jungen
3.2.2 Analyse möglicher Ursachen
3.2.2.1 Unterschiedliches fachbezogenes Selbstkonzept der Mädchen und Jungen
3.2.2.2 Unterschiedliche Erfahrungen
3.3.2 Analyse einer möglichen Ursache: Unterschiede in den Berufswünschen von Mädchen und Jungen
4. Zur aktuellen Situation der Lehrerinnen und Lehrer im Schulwesen
4.1 Mehr Frauen als Männer ergreifen den Lehrberuf
4.1.1 Darstellung der Statistik
4.1.2 Analyse einer möglichen Ursache: Der Lehrberuf ist frauenfreundlich
4.2 Es gibt eine horizontale Segregation
4.2.1 Darstellung der Statistik
4.2.2 Analyse einer möglichen Ursache: Interesse an unterschiedlichen Schwerpunkten des Lehrberufs
4.3 Männer besetzen häufiger Schulleitungspositionen
4.3.1 Darstellung der Statistiken
4.3.2 Analyse einer möglichen Ursache: Erschwerte Vereinbarkeit von Familie und Beruf
5. Fazit
6. Quellenverzeichnis
1. Einleitung
Der Weg, den die Mädchen zur Schule zurückzulegen hatten, war um Jahrtausende weiter als der der Jungen. Heutzutage ist man im Allgemeinen davon überzeugt, dass Mädchen und Jungen die gleichen Chancen haben, Bildung zu erhalten, diese auszubauen und für ihre Zukunft nutzbar zu machen. Aber ist das wirklich gegeben?
Im Zuge verschiedener Studien, wie zum Beispiel der PISA-Studie, entstehen aktuell sogar gegensätzliche Disskussionen. Haben Mädchen die Jungen hinsichtlich der Schulbildung inzwischen nicht nur eingeholt, sondern überholt? Kann man von einer Benachteiligung der Jungen in unserem Schulwesen sprechen?
Diese Fragen möchte ich in der folgenden Arbeit untersuchen. Ich werde zunächst einen kurzen Überblick über die geschichtliche Entwicklung unseres Schulwesens in Deutschland geben und dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die Mädchenbildung legen, damit die folgenden Kapitel vor diesem Hintergrundwissen gelesen werden können.
Im 3. Kapitel untersuche ich zunächst die aktuelle Situation der Schülerinnen und Schüler in unserem heutigen Schulwesen. Ich werde dabei vor allem auf markante und auffällige Daten und Statistiken eingehen, diese darstellen und nach möglichen Ursachen fragen.
Im 4. Kapitel werde ich mich mit der Situation der Lehrerinnen und Lehrer beschäftigen und auch hier nach möglichen Ursachen für die Ergebnisse der Statistiken forschen.
Ich beziehe mich in meinen Ausführungen nur auf die Bildung im Schul- und Hochschulbereich, also Grund-, Haupt-, Sonder- und Realschule, sowie Gymnasium und Hochschule, nicht aber auf Berufsschulen und ähnliches.
2. Geschichtliche Entwicklungen des deutschen Schulwesens
Systematisch organisierte Lehr- und Lerninstitutionen gibt es in Deutschland schon seit langer Zeit. Die Vermittlung von Sprache, von Lesen und Schreiben spielte immer eine bedeutende Rolle.
Ich möchte im Folgenden die geschichtliche Entwicklung des Schulwesens zusammenfassen und dabei besonders die Situation der Mädchen, ihre Möglichkeiten Bildung zu erhalten und die Vorurteile und Grenzen, die sie lange Jahre einschränkten und ihnen die Erlangung von Bildung erschwerten, betrachten.
Die Anfänge der institutionalisierten Schule sind in der sumerischen und ägyptischen Hochkultur und auch im antiken Griechenland zu finden. Ich beginne mit meinen Ausführungen aber erst im Römischen Reich, da durch dessen Ausweitung auf heutige deutsche Gebiete auch dort die ersten schulähnlichen Strukturen entstanden.
2.1 Im Römischen Reich
Im römischen Reich erfolgte die Erziehung zunächst in den Familien. Die Jungen erlernten dort praktische alltägliche Dinge wie Ackerbau, Waffenkunde oder auch politisches Handeln, die Mädchen erlernten für die Haushaltsführung relevante Arbeiten wie Spinnen, Weben und Kochen.
Die Jungen konnten zudem eine Elementarschule besuchen, welche es im römischen Reich bereits vor dem 4. Jahrhundert vor Christus gab. Dort wurde Lesen, Schreiben und Rechnen gelehrt. (vgl. Hamann 1986, S.16)
„Die Hellenisierung Roms formte das römische Bildungswesen in den letzten 200 Jahren der römischen Republik (etwa 333-133 v. Chr., d. Verf.)“ (Hamann 1986, S.16).
Der Aufbau des durch die Hellenisierung beeinflussten römischen Schulwesens umfasste neben den Elementarschulen (für Lesen, Schreiben, besonders Rechnen, etwas Literatur) die Grammatikschulen als höhere Stufe (Schwerpunkt im Sprachlich-Literarischen; Doppelsprachlichkeit: Griechisch und Latein; … ). Als Abschlußschule der allgemeineren höheren Bildung entwickelte sich besonders im 1. Jahrhundert v. Chr. – entsprechend der wachsenden Bedeutung der Rhetorik im Staats- und Rechtsleben – die Rhetorikschule ... . (ebd.)
In der römischen Kaiserzeit weitete sich das Schulwesen weiter aus und durch staatliche Initiativen vor allem im Hochschul- und Fachhochschulbereich (Medizin-, Rechts-, Philosophen- und Rhetorikschulen.) entstand im 2. Jahrhundert n. Chr. ein Reichsschulwesen.
Im 4. und 5. Jahrhundert bröckelte das römische Schulsystem.
In Mittel- und Nordeuropa (in den nicht ehemals römisch besetzten Gebieten) gab es bisher kein Schulwesen. Die Menschen jener Region erzogen ihre Kinder zu Bauern, Kriegern bzw. zur Hausfrau und Mutter. (vgl. a.a.O. S.19)
2.2 Im Mittelalter
Seit dem 4. Jahrhundert n. Chr., verstärkt erst seit dem 6. Jahrhundert n. Chr. entstanden im Abendland Bildungseinrichtungen, deren Funktion darin bestand Mönche, Priester und Schreiber auszubilden, und die Teil des klösterlichen Lebens waren. Ab dem 8. Jahrhundert entstanden neben diesen Klosterschulen auch Dom- und Stiftsschulen. Auch sie dienten primär dem Priesternachwuchs, wurden aber vom 9. bis 12. Jahrhundert mehr und mehr öffentlich und auch für Laien zugänglich. (vgl. a.a.O. S.20f)
Mädchen aus vornehmeren Familien wurden damals von Nonnen erzogen. Sie hatten also in den Klosterschulen bereits Zugang zu Bildung, sofern sie sich für ein Klosterleben entschieden hatten. Die mittelalterlichen Frauenklöster waren Meilensteine in der Frauenbildung. Zugleich eröffneten sie für die Frau einen neuen Beruf, den der Lehrerin. „Es gibt überdies zahlreiche Hinweise, daß über die „Äußeren Schulen“, die vielen Klöstern neben den „Inneren Schulen“ angegliedert waren, auch Mädchen, die nicht ins Kloster gingen, unterrichtet wurden“ (Specht 1885 zit. n. Liedtke 1992 S.76).
„Zu den nicht-kirchlichen Institutionen des Frühmittelalters (rechnet man) … auch die sog. Hof- oder Palastschulen … “ (vgl. Hamann 1986, S.21f).
Laienschulen tauchten dann im Hochmittelalter etwa um 1200 auf. Es entstanden Stadt- und Ratsschulen und etwas später die Deutschen Schulen.
Im 12. Jahrhundert entstand neben der kirchlichen Schulbildung auch eine ritterlich-höfische Kultur, die mehr praktisch und lebensnah orientiert war. Die Jungen erhielten eine schulfreie körperliche, musische, ästhetische und gesellschaftliche Unterweisung in der Obhut von Rittern, Zuchtmeistern, Spielleuten oder ähnlichen. Sie lernten außerdem Lesen, Schreiben, Latein, oft auch Französisch.
Die Mädchenbildung war ethisch-musisch. Die adeligen Mädchen erhielten eine Zuchtmeisterin und lernten Lesen, Schreiben, frauliche Fertigkeiten, manchmal auch Latein und volkstümliche Heilkunst, ergänzt durch Musik und Anstandspflege. Mitunter besuchten sie auch eine Klosterschule. (vgl. a.a.O., S.25)
Ab dem 13. Jahrhundert wurden das Bürgertum und die Städte immer bedeutsamer. Durch das Aufblühen der Städte wurden mehr gebildete Fachkräfte für Handel, Rechtswesen und Verwaltung benötigt, und so begannen die Städte, selbst Schulen zu gründen.
Neben diesen Stadt- und Ratsschulen entstanden ab dem 14. Jahrhundert auch die Deutschen Schulen (auch „Deutsche Schreib- und Leseschulen).
Im Spätmittelalter wurden auch die Pfarrschulen immer häufiger, die vor allem der Ausbildung von Messdienern und Kirchensängern dienten. (vgl. a.a.O., S.26f)
Im 14. und 15. Jahrhundert kam es in Deutschland zu Gründungen von Universitäten, denn es fehlte an juristischen und medizinischen Studien. Die erste Universität auf dem heutigen deutschen Staatsgebiet wurde 1386 in Heidelberg gegründet. Im 17. Jahrhundert hatte dann Deutschland die meisten Universitäten in Europa. (vgl. Hamann 1986, S.29)
Am Ende des Mittelalters gab es also vor allem in den Städten bereits ein vielfältiges Schulwesen, mit Kloster-, Dom- und Stiftsschulen, Stadt- und Ratsschulen, den Deutschen Schulen und den Pfarrschulen. Außerdem gab es zahlreiche Universitäten.
Diese Bildungseinrichtungen waren allerdings nur einer Minderheit von Adeligen und reichen Schülern aus angesehenen Familien vorbehalten.
2.3 Im Zeitalter der Renaissance und Reformation
Im Reformationszeitalter wurden immer häufiger Forderungen nach einer Schulpflicht laut. So forderte Luther „die allerbesten Schulen … für Knaben und Maidlein an allen Orten aufzurichten“ (Luther 1524, zitiert nach 1957, 77).
Und Comenius schrieb: „Nicht nur die Kinder der Reichen oder Vornehmen müssen zur Schule gehalten werden, sondern alle insgemein, Vornehme und Geringe, Reiche und Arme, Knaben und Mädchen, in allen Städten, Flecken, Dörfern und Landhäusern“ (Comenius, Didacta magna 1632, 52). (vgl. Liedtke 1992, S.79f)
Diese Forderungen hatten die Wirkung, dass eine elementare Bildung der Mädchen wenigstens als Forderung nicht mehr in Frage gestellt wurde und dass sich das elementare Schulwesen in katholischen und protestantischen Gegenden zukünftig an beide richtete. Höhere Bildung war für Mädchen allerdings weiterhin kaum zu erreichen und Universitäten blieben ihnen verschlossen. (vgl. a.a.O., S.80)
2.4 In der Aufklärungszeit
Viele Pädagogen der Aufklärungszeit waren ebenfalls von einer großen Bedeutung der Bildung überzeugt und forderten die allgemeine Schulpflicht. Die Mädchen waren in diese Forderung allerdings nicht miteinbezogen. Sie hielten an der traditionellen Rollenverteilung fest und gingen davon aus, dass es für die Frau genüge, in ihrem Elternhaus all das zu lernen, was sie brauche um später einen eigenen Haushalt zu führen. (vgl. Liedtke 1992, S.84)
2.5 Im 19. Jahrhundert
Anfang des 19. Jahrhunderts leitete Wilhelm von Humboldt eine Bildungsreform ein, die darauf abzielte, jedem Kind, unabhängig von Herkunft und Stand, eine allgemeine Bildung zu sichern. (vgl. Hamann 1986, S.99)
In Preußen wurde, ähnlich wie in den anderen deutschen Staaten, die allgemeine Schulpflicht im Verlauf des 18. Jahrhunderts wiederholt proklamiert … . Durchgesetzt werden konnte die Schulpflicht jedoch erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts: Während zu Beginn kaum mehr als die Hälfte der Jugendlichen eine Schule besuchten, taten dies gegen Ende des 19. Jahrhunderts nahezu alle Jugendlichen.
Innerhalb dieses Prozesses der Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht entwickelten sich … das höhere, das mittlere und das niedere Schulwesen jedoch nach jeweils eigenen Gesetzmäßigkeiten.
(Arbeitsgruppe Bildungsplanung/Bildungsforschung der Universität Duisburg Essen 2004, S.5)
Im 19. Jahrhundert wurde das Elementar- bzw. Volksschulwesen erheblich ausgebaut. Es entstand der neue Schultyp der Realschule bzw. Mittelschule und in der zweiten Jahrhunderthälfte kam viel Bewegung in das höhere Bildungswesen.
Die Lehrerbildung wurde umgestaltet, so dass es eine Trennung zwischen Lehramt und geistlichem Amt gab. (vgl. Hamann 1986, S.136ff)
Im 19. Jahrhundert wurde die Grundlage des modernen Schulwesens geschaffen. Die Schulaufsicht ging von der Kirche auf den Staat über und fast alle Aufgaben und Bereiche wurden nun staatlich geregelt, z.B. Schulpflicht, Lehrpläne oder Lehrstellenbesetzung. (vgl. a.a.O., S.140)
Das zuvor vernachlässigte Mädchenschulwesen erlebte im 19. Jahrhundert einen respektablen Aufschwung. Jetzt mehrten sich die Schulgründungen. In der zweiten Jahrhunderthälfte kam es zur Errichtung von Mädchenmittelschulen und gegen Ende des Jahrhunderts entstand ein öffentliches höheres Mädchenschulwesen, das dann nach 1900 eine feste Organisation erhielt. (Hamann 1986, S.139)
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- Julia Burkhart (Author), 2008, Gender im Schulwesen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/214389
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