Es wird vom „ältesten Gewerbe der Welt“ oder einer „ahistorischen Konstante“ gesprochen,
wenn es um Prostitution geht. Jedoch handelt es sich hierbei nicht nur,
wie vielleicht zunächst angenommen, um die klassische Prostitution von Frauen,
sondern ebenso um die der Männer. Die Mann-männliche Prostitution ist keinesfalls
ein Phänomen der heutigen Zeit. Ganz im Gegenteil ist sie bis in die Antike, etwa bis
ins 7. Jahrhundert vor Christus, zurückzuverfolgen. Bereits zu dieser Zeit machte
die gleichgeschlechtliche Sexualität in Griechenland auf sich aufmerksam. Diese
Form der Sexualität war nicht nur anerkannt, sondern wurde als gesellschaftliche
Pflicht aufgefasst. Vor allem bei jungen Männern, die sich meist noch in der Pubertät
befanden, sollte eine gleichgeschlechtliche Liebe zu einer guten Erziehung beitragen.
Auch im antiken Rom war die Mann-männliche Prostitution ein fester Bestandteil
der Gesellschaft. In beiden Fällen waren meist Sklaven, Soldaten und Kriegsgefangene
männliche Prostituierte, freigeborenen Männern war es stets verboten ihren
Körper der käuflichen Liebe und Sexualität zur Verfügung zu stellen. Um 217 nach
Christus war die männliche Prostitution in Rom gesellschaftsfähig und anerkannt,
was auch unter wechselnder Herrschaft andauerte. Erst durch den Beginn der Feudalwirtschaft
und die Aufhebung der Sklaverei wurde die männliche Prostitution in
solchem Ausmaße diskreditiert, dass der oströmische Kaiser Justinian im Jahr 541
nach Christus mit der Todesstrafe für ihre Ausübung drohte. Obwohl die männliche
Prostitution seither offiziell verboten war, machte sie im 15. Jahrhundert wieder von sich Reden. Zwischenzeitlich galt sie gesellschaftlich sogar wieder als akzeptiert. Im deutschen Strafgesetzbuch wurde 1927 der §175 geschaffen (auch Schwulenparagraph genannt), welchen man damit begründete, dass die männliche Prostitution eine besondere Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dargestellt hätte. Gesellschaftliche Anerkennung wurde der Mann-männlichen Prostitution seither nicht mehr zuteil, bis die rechtlichen Aspekte der Homosexualität sich veränderten, indem der § 175 ersatzlos aus dem Strafgesetzbuch gestrichen wurde. Lediglich der Aspekt
des Jugendschutzes wurde weiterhin bedacht, so dass homo- sowie auch heterosexuelle Kontakte zu Kindern unter 14 Jahren und unter bestimmten Voraussetzungen zu Jugendlichen zwischen 14 und 16 Jahren strafbar sind. Hierauf wird im weiteren Verlauf der Arbeit noch explizit eingegangen.[...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Begrifflicher Rahmen
- 2.1 Mann-männliche Prostitution
- 2.2 Stricher
- 2.3 Freier
- 3. Profil der Stricher
- 3.1 (sexuelle-) Identität der Stricher
- 3.2 Motivation
- 4. Profil der Freier
- 4.1 Freiertypen
- 4.2 Bedeutung des Freiers für den Stricher
- 5. Soziale Lebenswelten der Stricher
- 5.1 Die Familie
- 5.2 Freundschaften
- 5.3 Partnerschaften
- 5.4 Arbeit
- 6. Lebenslagen der Stricher
- 6.1 Wohnungslosigkeit/Obdachlosigkeit
- 6.2 Wohnungsangebot durch den Freier
- 6.3 Reiseaktivität der Stricher
- 7. Orte der Prostitution
- 7.1 Die reale Stricherszene
- 7.1.1 Kneipen
- 7.1.2 Boy-Clubs/Escort
- 7.1.3 Apartments
- 7.1.4 Bahnhöfe
- 7.1.5 Parkanlagen
- 7.1.6 Raststätten
- 7.1.7 Saunen
- 7.1.8 Klappen
- 7.1.9 Pornokinos und Sexshops
- 7.1.10 Geheimclubs
- 7.2 Die virtuelle Stricherszene
- 7.1 Die reale Stricherszene
- 8. Problemlagen der Stricher
- 8.1 Körperliche Gesundheit
- 8.1.1 Geschlechtskrankheiten
- 8.1.2 Aids/HIV
- 8.2 Suchtverhalten
- 8.3 Psychische Belastung
- 8.3.1 Doppelte Stigmatisierung
- 8.3.2 Identitätsprobleme
- 8.4 Gewalt in der Stricherszene
- 8.4.1 Sexuelle Gewalt
- 8.4.2 Strukturelle Gewalt
- 8.4.3 Gewalt durch und gegen den Freier
- 8.4.4 Gewalt unter Strichern
- 8.1 Körperliche Gesundheit
- 9. Rechtliche Situation
- 9.1 Das Prostitutionsgesetz
- 9.2 Das Prostitutionsgesetz bezüglich der Situation männlicher Prostituierter
- 9.3 Das Infektionsschutzgesetz
- 10. Sozialarbeiterische Hilfeansätze
- 10.1 Aufsuchende Sozialarbeit
- 10.2 Anlaufstellen
- 10.3 Einzelfallhilfe und Beratung
- 10.4 Beziehungsarbeit
- 10.5 Medizinische Versorgung
- 10.6 Zukunftsperspektiven der sozialen Arbeit mit Strichern
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit verfolgt das Ziel, einen umfassenden Überblick über die Mann-männliche Prostitution zu geben. Sie beleuchtet die Thematik aus verschiedenen Perspektiven und analysiert die komplexen sozialen, rechtlichen und gesundheitlichen Aspekte. Der Fokus liegt auf der Darstellung der Lebensrealität männlicher Prostituierter und der Herausforderungen, denen sie gegenüberstehen.
- Soziale Lebenswelten männlicher Prostituierter
- Rechtliche Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen
- Gesundheitsrisiken und psychische Belastungen
- Gewalt in der Stricherszene
- Sozialarbeiterische Hilfeansätze
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung führt in die Thematik der Mann-männlichen Prostitution ein und widerlegt die Annahme, es handele sich um ein rein modernes Phänomen. Sie beleuchtet kurz die historische Entwicklung, beginnend von der Antike bis zur Gegenwart, und zeigt die wechselnde gesellschaftliche Akzeptanz und die damit verbundenen rechtlichen Konsequenzen auf. Die Einleitung betont den noch immer bestehenden Tabu-Charakter des Themas und die Notwendigkeit einer umfassenderen Betrachtung in Medien und Wissenschaft.
2. Begrifflicher Rahmen: Dieses Kapitel klärt grundlegende Begriffe wie Mann-männliche Prostitution, Stricher und Freier. Es legt die semantische Grundlage für die weiteren Kapitel und definiert die zentralen Akteure und ihre Rollen innerhalb des Kontextes der männlichen Prostitution.
3. Profil der Stricher: Dieses Kapitel analysiert das Profil männlicher Prostituierter. Es untersucht die sexuelle Identität der Stricher und deren Motivationen für die Ausübung der Prostitution. Es wird auf die vielschichtigen individuellen Hintergründe eingegangen, um ein umfassendes Bild der Betroffenen zu zeichnen.
4. Profil der Freier: Das Kapitel beleuchtet die Perspektiven der Freier. Es analysiert verschiedene Typen von Freiern und deren Bedeutung für die Stricher. Der Fokus liegt auf der Beziehung zwischen Stricher und Freier und deren wechselseitigen Abhängigkeiten.
5. Soziale Lebenswelten der Stricher: Hier werden die sozialen Beziehungen und Lebensumstände männlicher Prostituierter im Detail untersucht. Die Kapitelteile zu Familie, Freundschaften, Partnerschaften und Arbeit geben Einblicke in das soziale Umfeld und die Herausforderungen des Alltags.
6. Lebenslagen der Stricher: Dieses Kapitel behandelt die Lebensbedingungen der Stricher, unter anderem die Problematik der Wohnungslosigkeit und die Rolle des Freiers bei der Wohnungsbeschaffung. Es analysiert die Mobilität der Stricher und deren Auswirkungen auf ihr Leben.
7. Orte der Prostitution: Das Kapitel beschreibt die verschiedenen Orte, an denen männliche Prostitution stattfindet. Es unterscheidet dabei zwischen der realen Stricherszene (Kneipen, Boy-Clubs, Apartments usw.) und der virtuellen Stricherszene, wobei die spezifischen Gegebenheiten und Risiken jedes Ortes beleuchtet werden.
8. Problemlagen der Stricher: Hier werden die gesundheitlichen, psychischen und sozialen Problemlagen von männlichen Prostituierten ausführlich behandelt. Die Kapitelteile zu Geschlechtskrankheiten, Aids/HIV, Suchtverhalten, psychischer Belastung und Gewalt verdeutlichen die Risiken der Prostitution.
9. Rechtliche Situation: Dieses Kapitel beschreibt die rechtliche Situation männlicher Prostituierter im Kontext des Prostitutionsgesetzes und des Infektionsschutzgesetzes. Es analysiert die rechtlichen Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen auf die Lebensrealität der Betroffenen.
10. Sozialarbeiterische Hilfeansätze: Das Kapitel beschreibt verschiedene Ansätze sozialarbeiterischer Hilfe für männliche Prostituierte, wie aufsuchende Sozialarbeit, Anlaufstellen, Einzelfallhilfe und medizinische Versorgung. Es beleuchtet die Zukunftsperspektiven der sozialen Arbeit in diesem Bereich.
Schlüsselwörter
Mann-männliche Prostitution, Stricher, Freier, soziale Lebenswelten, Rechtliche Situation, Gesundheitsrisiken, psychische Belastung, Gewalt, Sozialarbeit, Identität, Motivation, Wohnungslosigkeit, Suchtverhalten, Aids/HIV, Prostitutionsgesetz, Infektionsschutzgesetz.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Mann-männliche Prostitution"
Was ist der Inhalt dieser Arbeit?
Diese Arbeit bietet einen umfassenden Überblick über die Mann-männliche Prostitution. Sie beleuchtet soziale, rechtliche und gesundheitliche Aspekte aus verschiedenen Perspektiven und konzentriert sich auf die Lebensrealität männlicher Prostituierter und die damit verbundenen Herausforderungen.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt Themen wie die sozialen Lebenswelten männlicher Prostituierter, die rechtlichen Rahmenbedingungen und deren Auswirkungen, Gesundheitsrisiken und psychische Belastungen, Gewalt in der Stricherszene und sozialarbeiterische Hilfeansätze. Es werden Profile von Strichern und Freiern erstellt und die Orte der Prostitution (reale und virtuelle Szenen) beschrieben.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit ist in zehn Kapitel gegliedert, beginnend mit einer Einleitung und einem begrifflichen Rahmen. Es folgen Kapitel zu den Profilen von Strichern und Freiern, ihren sozialen Lebenswelten und Lebenslagen, den Orten der Prostitution, den Problemlagen der Stricher (Gesundheit, psychische Belastung, Gewalt), der rechtlichen Situation und schließlich sozialarbeiterischen Hilfeansätzen. Ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Zusammenfassungen der Kapitel und Schlüsselwörter sind ebenfalls enthalten.
Welche Begriffe werden definiert?
Die Arbeit definiert zentrale Begriffe wie Mann-männliche Prostitution, Stricher und Freier und klärt deren semantische Bedeutung im Kontext der männlichen Prostitution.
Wer ist die Zielgruppe?
Die Zielgruppe umfasst Wissenschaftler, Studenten, Sozialarbeiter und alle, die sich umfassend mit dem Thema Mann-männliche Prostitution auseinandersetzen möchten.
Welche Perspektiven werden eingenommen?
Die Arbeit nimmt verschiedene Perspektiven ein, indem sie die Lebensrealität der männlichen Prostituierten, die Rolle der Freier und die rechtlichen und sozialen Rahmenbedingungen beleuchtet.
Welche Problemlagen werden angesprochen?
Die Arbeit thematisiert verschiedene Problemlagen männlicher Prostituierter, darunter gesundheitliche Risiken (Geschlechtskrankheiten, Aids/HIV), Suchtverhalten, psychische Belastungen (Identitätsprobleme, Stigmatisierung), und Gewalt (sexuelle, strukturelle Gewalt, Gewalt durch und gegen den Freier, Gewalt unter Strichern).
Welche sozialarbeiterischen Hilfeansätze werden vorgestellt?
Die Arbeit beschreibt verschiedene sozialarbeiterische Hilfeansätze, einschließlich aufsuchender Sozialarbeit, Anlaufstellen, Einzelfallhilfe und Beratung, Beziehungsarbeit und medizinische Versorgung. Zukunftsperspektiven der sozialen Arbeit mit Strichern werden ebenfalls diskutiert.
Wie wird die rechtliche Situation dargestellt?
Die Arbeit beschreibt die rechtliche Situation männlicher Prostituierter im Kontext des Prostitutionsgesetzes und des Infektionsschutzgesetzes und analysiert deren Auswirkungen auf die Lebensrealität der Betroffenen.
Gibt es eine Zusammenfassung der Kapitel?
Ja, die Arbeit enthält eine Zusammenfassung jedes einzelnen Kapitels, die die wichtigsten Punkte und Erkenntnisse jedes Abschnitts zusammenfasst.
- Arbeit zitieren
- Stephanie Angenendt (Autor:in), 2012, Ursachen, Formen und Risiken mann-männlicher Prostitution, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/214020