Effizienz ist ein Modewort. Täglich berichten Zeitungen von neuen Herausforderungen, denen sich unser Land, Europa und die Welt – gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschaftskriese – ausgesetzt sehen. Von Staat, Regierungen und Parlamenten wird erwartet, dass sie Entscheidungen treffen und umsetzen. Staatliches Handeln muss gerade heute effizient sein. Dabei ist Effizienz in der Mikroökonomie ein fester, wenngleich gerade im Verfassungsrecht kein definierter Begriff. Auch das Recht ist ein Teil der Lebenswelt, der von ökonomischen Gesetzmäßigkeiten beeinflusst wird. Daher ist es denknotwendig, sich mit der ökonomischen Analyse des Rechts zu beschäftigen. Der Aspekt der Effizienz ist dabei eine Säule dieser Analyse.
Daher wird diese Untersuchung sich dem Begriff aus dem Blickwinkel des deutschen Verfassungsrechts nähern. Jüngst war das Bundesverfassungsgericht mehrfach gehalten die Vereinbarkeit von Maßnahmen zur Bewältigung der Wirtschaftskrise auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu überprüfen. Das zeigt, wie wesentlich es ist, ökonomische Fragestellungen gerade vor einen juristischen Hintergrund zu stellen. Lösungen werden gefunden, doch sie müssen auch mit unserer Verfassung konform sein. Gerade wenn unser Staat effizient arbeiten muss, ist zu Fragen, wie dies mit den grundgesetzlichen Vorgaben vereinbar ist. Das Verfassungsrecht ist unabhängig von modischen Wertungen und Politisierungen. Sei Krise oder nicht, es ist und bleibt eine feste Grundlage für das Wohl unseres Volkes und das Fundament unseres Gemeinwesens. Daher muss der Effizienzbegriff im Lichte des Grundgesetzes gesehen werden, das auch dessen Anwendungsgrenzen festlegt. Es gilt zu fragen, welchen Einfluss kann und soll die Ökonomie auf unser Rechtsverständnis haben?
Inhaltsverzeichnis
- A. Effizienz als Problemstellung im verfassungsrechtlichen Kontext
- B. Effizienz und Verfassung
- I. Definition des Effizienzbegriffs
- II. Effizienz im Grundgesetz
- 1. Normative Anknüpfungspunkte im Grundgesetz —Auslegung oder Rechtsgrundsatz
- a. Die Verpflichtung zur Mehrung des Nutzens im Amtseid des Bundespräsidenten und Bundeskanzlers, Art. 56 S. 1 und Art. 64 Abs. 2 GG
- b. Ableitung aus dem Rechtsstaatsprinzip
- c. Herleitung aus den Grundrechten
- d. Wirtschaftlichkeitsgebot und Abgabenrecht
- e. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
- 2. Im legislativen Bereich
- 3. Föderalismus und Selbstverwaltung
- 4. Wirksame Hoheitsgewalt
- a. Allgemeines
- b. Am Beispiel des EFSF-9er-Gremiums
- 1. Normative Anknüpfungspunkte im Grundgesetz —Auslegung oder Rechtsgrundsatz
- C. Ausblick — unter Berücksichtigung der Schuldenkrise
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Einfluss des Effizienzbegriffs auf das deutsche Verfassungsrecht. Ziel ist es, zu analysieren, ob und wie der Effizienzgedanke im Grundgesetz verankert ist und welche Auswirkungen er auf das staatliche Handeln hat. Die Arbeit befasst sich insbesondere mit der Frage, wie die ökonomische Analyse des Rechts mit den grundgesetzlichen Vorgaben vereinbar ist.
- Definition des Effizienzbegriffs im Kontext der Wohlfahrtsökonomik
- Analyse der normativen Anknüpfungspunkte des Effizienzgedankens im Grundgesetz
- Bedeutung des Effizienzgedankens im legislativen Bereich und im Rahmen der Hoheitsgewalt
- Die Rolle des Effizienzgedankens in der Bewältigung der Schuldenkrise
- Der Einfluss der Ökonomie auf die Rechtsanwendung im deutschen und europäischen Kontext
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel der Arbeit beleuchtet die Problemstellung des Effizienzbegriffs im verfassungsrechtlichen Kontext. Es wird gezeigt, dass Effizienz ein Modewort ist, das im Kontext der aktuellen Wirtschaftskrise eine zentrale Rolle spielt. Der Begriff der Effizienz wird in der Mikroökonomie zwar verwendet, im Verfassungsrecht jedoch nicht eindeutig definiert.
Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Verhältnis von Effizienz und Verfassung. Es werden verschiedene Ansätze zur Definition des Effizienzbegriffs vorgestellt, insbesondere im Kontext der Wohlfahrtsökonomik. Die Arbeit untersucht, ob und wie der Effizienzgedanke im Grundgesetz verankert ist. Es werden verschiedene normative Anknüpfungspunkte im Grundgesetz diskutiert, wie die Verpflichtung zur Mehrung des Nutzens im Amtseid des Bundespräsidenten und Bundeskanzlers, das Rechtsstaatsprinzip, die Grundrechte, das Wirtschaftlichkeitsgebot und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Darüber hinaus wird der Einfluss des Effizienzgedankens auf den legislativen Bereich, den Föderalismus, die Selbstverwaltung und die wirksame Hoheitsgewalt analysiert.
Im dritten Kapitel wird der Ausblick auf die Bewältigung der Schuldenkrise unter Berücksichtigung des Effizienzgedankens gegeben. Es wird deutlich, dass die ökonomischen Lehren und das System der Marktwirtschaft in der aktuellen Zeit verstärkt in Frage gestellt werden. Dennoch wird die Ökonomie als Hilfe zur Rechtsanwendung weiterhin relevant sein. Die Arbeit zeigt, dass die Europäische Union, im Gegensatz zu Deutschland, ein klares Bekenntnis zur Marktwirtschaft hat. Es wird argumentiert, dass das Prinzip der Effizienz bei Handlungen im Rahmen von Gesetzgebung und Rechtsanwendung ein Leitmotiv sein sollte.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Effizienz, Verfassungsrecht, Grundgesetz, Rechtsstaatsprinzip, Wirtschaftlichkeitsprinzip, Verhältnismäßigkeit, Schuldenkrise, Europäische Union, Marktwirtschaft, Rechtsanwendung.
- Quote paper
- Marc Nathmann (Author), 2011, Effizienz als Verfassungsprinzip aus dem Blickwinkel des deutschen Verfassungsrechts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/213587