Eine Einführung in das Recht und die Finanzen der Erwachsenenbildung.
Inhalt:
- Berufsbildungsgesetz und andere gesetzliche Grundlagen,
- Industriemeister für alle?,
- Anspruch auf Weiterbildung?,
- Was ist Wirtschaftlichkeit?,
- Kostenarten.
Inhaltsverzeichnis
Einsendeaufgabe 1 - Berufsbildungsgesetz
Einsendeaufgabe 2 - Industriemeister fur alle
Einsendeaufgabe 3 - Wirtschaftlichkeit
Einsendeaufgabe 4 - Kostenarten
Literaturverzeichnis
Einsendeaufgabe 1 - Berufsbildungsgesetz
Diskutieren Sie folgende These: Weiterbildung wird im Berufsbildungsgesetz im Hinblick auf ihre Ergebnisse reguliert!
Das Berufsbildungsgesetz[1](BBiG) dient nach § 1 BBiG den Zielen .Berufsausbildungs- vorbereitung", „Berufsausbildung“, „berufliche Fortbildung" und ,,berufliche Umschulung". Somit ist das Ergebnis jeweils die berufliche Anwendbarkeit und praktische Verwertbarkeit fur den Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Beruf.
,,Die Ziele des BBiG waren, die Anpassungsfahigkeit des Berufsbildungssystems an wirt- schaftliche und technologische Entwicklungen zu erleichtern sowie die Chancengleichheit der Arbeitnehmer bei der Arbeitsplatzvergabe zu erhohen" (Dobischat/Fischell/Rosendahl, 2009, S. 43).
Die Weiterbildung wird im BBiG alleine im Rahmen der beruflichen Fortbildung (§ 1 Abs. 4 BBiG) und beruflichen Umschulung (§ 1 Abs. 5 BBiG) gesehen. Insofern ist die Weiterbildung lediglich auf den beruflichen Kontext reduziert (politische Bildung, schongeistige Bildung, also humanistischer Bildungsanspruch) werden vom BBiG nicht gefordert oder abgedeckt. Das Ziel ist eindeutig und immer die berufliche Verwendbarkeit entweder in Fortbildungsprufungen (die in ,,bundeseinheitlichen Fortbildungsordnungen" oder den .Fortbildungsordnungen" der Handwerkskammern oder IHKen geregelt sind (Dobischat/Fischell/Rosendahl, 2009, S. 47)) oder Umschulungsprufungen (die in ,,bundesweit staatlich anerkannte Umschulungsordnungen durch das BMBF", bzw. ..regional begrenzte Umschulungsprufungen" geregelt sind (Dobischat/Fischell/Rosendahl, 2009, S. 51)) - und damit die Zertifizierung und Abschlussprufung.
In der betrieblichen Fortbildung sind ,,Ziel, Inhalt und Anforderungen" genau geregelt, in der betrieblichen Umschulung zusatzlich sogar .Ziele, Inhalte, Art und Dauer der Maftnahme" (Dobischat/Fischell/Rosendahl, 2009, S. 54).
Das Ziel der beruflichen Weiterbildung nach dem BBiG (der Abschluss, das Zertifikat) steht somit absolut im Focus - die betriebliche Weiterbildung wird somit nur vom Ergebnis her reguliert und gedacht. Die vorgenannte These ist somit zutreffend.
Die Weiterbildung nach dem BBiG wird der formalen Bildung zugerechnet (Dobischat/Fischell/Rosendahl, 2009, S. 113).
Abweichend hiervon ist der Berufsbildungsbegriff des BetrVG weiter gefasst und enthalt auch Maftnahmen, .die nicht zwingend zu anerkannten Abschlussen fuhren mussen" (Dobischat/- Fischell/Rosendahl, 2009, S. 113). Die Berufsbildung nach dem BetrVG wird sowohl der formalen Bildung als auch der informellen Bildung zugerechnet (Dobischat/Fischell/Rosendahl, 2009, S. 113).
Einsendeaufgabe 2 - Industriemeister fur alle
Sie werden als Betriebsratsmitglied vom Vorarbeiter der Fliesbandproduktionsabtei- lung ihres Betriebs, Herrn Muller, angesprochen: er und alle Kollegen seiner Abtei- lung wollen eine Fortbildung zum Industriemeister absolvieren.
1st der Betriebsrat zustandig? Welche Handlungsoptionen sind moglich?
Zunachst einmal sei vorab festgestellt, dass es in Deutschland kein ,,explizites, individuelles Recht auf Weiterbildung im Sinne von einklagbaren Rechtsanspruchen" gibt (Dobischat/- Fischell/Rosendahl, 2009, S. 2). Das kann auch der Betriebsrat nicht durchsetzen.
Ein moglicher Anspruch eines Einzelnen auf eine finanzielle Forderung konnte sich aus dem Aufstiegsfortbildungsforderungsgesetz[2](AFBG) ergeben.
Allerdings gibt es sachliche Voraussetzungen (§§ 1-7 AFBG) und personliche Voraussetz- ungen (§§ 8-9 AFBG). Das AFBG ist ,,auch unter dem Begriff 'Meister-BAfoG' bekannt" (Dobischat/Fischell/Rosendahl, 2009, S. 2).
Die Zustandigkeit des Betriebsrates richtet sich nach dem Betriebsverfassungsgesetz[3](BetrVG). Der Betriebsrat fur die in § 80 BetrVG aufgelisteten Themen zustandig. Insbes. § 80 Abs. 2a BetrVG beinhaltet die Aufgabe, die berufliche Fortbildung zu fordern:
,2a. die Durchsetzung der tatsachlichen Gleichstellung von Frauen und Mannern, insbeson- dere bei der Einstellung, Beschaftigung, Aus-, Fort- und Weiterbildung und dem beruf- lichen Aufstieg, zu fordern" (so der Gesetzeswortlaut).
Der Betriebsrat hat sieben verschiedene Rechte (Dobischat/Fischell/Rosendahl, 2009, S. 109 f.):
- Informations- und Unterrichtungsrecht,
- Anhorungsrecht,
- Beratungsrecht,
- Widerspruchsrecht,
- Zustimmungserfordernisse,
- Mitbestimmungsrecht,
- Initiativrecht.
Die fur die Klarung der aufgeworfenen Frage erforderlichen Vorschriften sind in den §§ 90 ff. BetrVG, insbes. den §§ 96-98 BetrVG geregelt und sind Mitbestimmungsrechte (Dobischat/- Fischell/Rosendahl, 2009, S. 112).
§ 92 BetrVG (Personalplanung) verpflichtet den Arbeitgeber ,,den Betriebsrat uber die Per- sonalplanung [...] sowie uber die sich daraus ergebenen personellen Maftnahmen und
Maftnahmen der Berufsbildung [...] rechtzeitig und umfassend zu unterrichten" (so der Gesetzeswortlaut).
Grundsatzlich ist in § 96 I S. 1 BetrVG festgelegt, dass „Arbeitgeber und Betriebsrat [...] [haben] im Rahmen der betrieblichen Personalplanung und in Zusammenarbeit mit den fur die Berufsbildung und den fur die Forderung der Berufsbildung zustandigen Stellen die Berufsbildung derArbeitnehmerzu fordern [haben]" (so derGesetzeswortlaut).
§ 96 I S. 2, 3 BetrVG: ,,Der Arbeitgeber hat auf Verlangen des Betriebsrats den Berufs- bildungsbedarf zu ermitteln und mit ihm Fragen der Berufsbildung der Arbeitnehmer des Betriebs zu beraten. Hierzu kann der Betriebsrat Vorschlage machen" (so der Gesetzeswortlaut). Allerdings kann der Arbeitgeber nach § 96 BetrVG ,,nicht zur Durchfuhrung von Weiterbildungsmaftnahmen gezwungen werden" (Dobischat/Fischell/Rosendahl, 2009, S. 116). Ziel ist zunachst die Ermittlung des verbindlichen Bedarfs.
Nach § 97 Abs. 2 BetrVG kann der Betriebsrat ..Weiterbildungsmaftnahmen initiieren und uber die Einigungsstelle durchsetzen" (Dobischat/Fischell/Rosendahl, 2009, S. 117). Hier konnte im vorliegenden Beispiel der Betriebsrat eine Meisterschulung fur alle Mitarbeiter der Fliesbandproduktionsabteilung anregen und initiieren. Allerdings muss immer realistisch betrachtet werden, ob die Maximalforderung der Mitarbeiter durchzusetzen und sinnvoll ist. Eine Meisterschulung hat bestimmte personliche Voraussetzungen - ob die bei jedem Mitarbeiter vorliegen darf bezweifelt werden. Auch musste eine Umorganisation in den betrieblichen Ablaufen vorliegen, damit ein Berufsbildungsbedarf nach § 96 BetrVG vorliegt - dieses ist lt. Sachverhalt (SV) nicht der Fall. Schlieftlich hatte der Betriebsrat zwar die Moglichkeit, eine Bildungsveranstaltung zu initiieren, aber er hat nicht die Macht, die einzelnen Teilnehmer an dieser Veranstaltung zu benennen und durchzusetzen (Dobischat/- Fischell/Rosendahl, 2009, S. 120). Zwar ware uber eine Einigungsstelle nach § 98 Abs. 3 BetrVG ein bindendes Urteil zu erreichen; wenn der Arbeitgeber sich bereit erklart, eine Bil- dungsmaftnahme durchzufuhren ,,besteht die Moglichkeit, dass der Arbeitgeber die Maft- nahme abbricht und somit den Eingriff unterbindet" (Dobischat/Fischell/Rosendahl, 2009, S. 121).
Zusammenfassend lasst sich festhalten, dass der Betriebsrat verschiedene Rechte, insbes. Mitwirkungsrechte bei der Berufsbildung gegenuber dem Arbeitgeber besitzt, aber im vorliegenden SV die Maximalforderung der Mitarbeiter auf Grund fehlender personlicher Voraussetzungen und nicht vorhandener Umstrukturierungsmaftnahmen im Betrieb keine Aussicht auf Erfolg haben.
[...]
[1]Berufsbildungsgesetz vom 23. Marz 2005 (BGBl. I S. 931), das zuletzt durch Artikel 24 des Gesetzes vom 20. Dezember2011 (BGBl. I S. 2854) geandertworden ist.
[2] Aufstiegsfortbildungsforderungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Juni 2009 (BGBl. I S. 1322, (1794), das zuletzt durch Artikel 32 des Gesetzes vom 20. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2854) geandert worden ist.
Häufig gestellte Fragen
Was ist das Berufsbildungsgesetz (BBiG)?
Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) regelt die Ziele der Berufsausbildungsvorbereitung, Berufsausbildung, beruflichen Fortbildung und beruflichen Umschulung. Es dient der beruflichen Anwendbarkeit und praktischen Verwertbarkeit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber.
Wie wird Weiterbildung im BBiG behandelt?
Im BBiG wird Weiterbildung im Rahmen der beruflichen Fortbildung und Umschulung betrachtet. Der Fokus liegt auf der beruflichen Verwendbarkeit und der Erlangung von Zertifikaten und Abschlüssen durch Fortbildungs- oder Umschulungsprüfungen.
Wie werden die Ziele, Inhalte und Anforderungen der Weiterbildung nach BBiG geregelt?
In der betrieblichen Fortbildung sind Ziel, Inhalt und Anforderungen genau geregelt, während in der betrieblichen Umschulung zusätzlich die Ziele, Inhalte, Art und Dauer der Maßnahme festgelegt sind.
Wie unterscheidet sich der Berufsbildungsbegriff im BetrVG vom BBiG?
Der Berufsbildungsbegriff im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ist weiter gefasst als im BBiG und umfasst auch Maßnahmen, die nicht zwingend zu anerkannten Abschlüssen führen müssen. Die Berufsbildung nach dem BetrVG wird sowohl der formalen als auch der informellen Bildung zugerechnet.
Was ist das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG)?
Das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG), auch bekannt als "Meister-BAföG", bietet finanzielle Förderung für die Aufstiegsfortbildung, wobei sachliche und persönliche Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei der beruflichen Fortbildung?
Der Betriebsrat hat die Aufgabe, die berufliche Fortbildung zu fördern (§ 80 Abs. 2a BetrVG). Er hat verschiedene Rechte, darunter Informations-, Anhörungs-, Beratungs-, Widerspruchs-, Zustimmungs-, Mitbestimmungs- und Initiativrecht. Insbesondere die §§ 90 ff. BetrVG, insbes. den §§ 96-98 BetrVG regeln die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Berufsbildung.
Welche Pflichten hat der Arbeitgeber gegenüber dem Betriebsrat bezüglich der Personalplanung und Berufsbildung?
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Betriebsrat über die Personalplanung sowie über die sich daraus ergebenen personellen Maßnahmen und Maßnahmen der Berufsbildung rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (§ 92 BetrVG).
Kann der Betriebsrat die Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen erzwingen?
Der Arbeitgeber kann nach § 96 BetrVG nicht zur Durchführung von Weiterbildungsmaßnahmen gezwungen werden. Ziel ist zunächst die Ermittlung des verbindlichen Bedarfs.
Wie kann der Betriebsrat Weiterbildungsmaßnahmen initiieren?
Nach § 97 Abs. 2 BetrVG kann der Betriebsrat Weiterbildungsmaßnahmen initiieren und über die Einigungsstelle durchsetzen.
Was sind die Grenzen der Einflussnahme des Betriebsrats auf Weiterbildungsmaßnahmen?
Der Betriebsrat hat nicht die Macht, die einzelnen Teilnehmer an einer Bildungsveranstaltung zu benennen und durchzusetzen. Auch wenn über eine Einigungsstelle ein bindendes Urteil erreicht werden kann, besteht die Möglichkeit, dass der Arbeitgeber die Maßnahme abbricht.
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- Dr. Carsten Weerth (Author), 2012, Recht und Finanzen in der Erwachsenenbildung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/212937