Das Thema dieser Diplomarbeit lautet Financial Planning und Portfolio Management Theorie. Zunächst erfolgt ein kurzer Überblick über den Aufbau und den Inhalt der Arbeit. Sie ist in sechs Kapitel untergliedert. Als erstes soll das Thema eingegrenzt und Financial Planning definiert werden. Außerdem befasst sich das erste Kapitel mit sozial- und finanzpolitischen Fragen in Verbindung mit dem privaten Vermögensaufbau der Bevölkerung in Deutschland. Zudem soll der Vermögensverwaltungsmarkt in Deutschland im Vergleich zu den USA dargestellt werden. Im Anschluss begibt sich das zweite Kapitel auf die Ebene der Marktteil-nehmer, den Anlegern, Anbietern und Überwachungsgremien. Im Einzelnen beschäftigt es sich u. a. mit den Nutzen, den Zielen, dem Angebot, den verschiedenen Typen und den Funktionen der Markteilnehmer. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der eigentlichen Dienstleistung „Financial Planning“, es beschreibt den Prozess der Beratung, den Aufbau und Inhalt des Beratungsergebnisses. Im folgenden Teil wird der Inhalt des im vorherigen dritten Teils aufgezeigten Finanzkonzeptes mit der modernen Portfoliomanagement-Theorie in Verbindung gebracht und untersucht, in wie weit die Theorie in der Praxis angewendet wird. Das vorletzte Kapitel wirft einen kurzen Blick auf den Financial Planning Angebotsmarkt. Es sollen wesentliche qualitative Unterschiede in der Beratung der drei Hauptanbietergruppen (Banken, private Finanzdienstleister, Versicherungen) des Financial Planning angesprochen werden und hervor gehoben werden, welche Sparte am ehesten in der Lage ist, ein sauberes Financial Planning im Sinne dieser Arbeit anzubieten. Zuletzt erfolgt noch ein kurzer Ausblick in die Zukunft des Financial Planning.
Inhaltsverzeichnis
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
1. EINLEITUNG
1.1 Aufgabenstellung
1.1.1 Inhalt der Arbeit
1.1.2 Abgrenzung und Definition des Financial Planning
1.2 Der Vermögensverwaltungsmarkt in USA und Europa
1.2.1 Finanz- und sozialpolitische Rahmenbedingungen
1.2.2 Das Marktpotential in Deutschland
2. DIE SPIELER AUF DEM VERMÖGENSVERWALTUNGSMARKT
2.1 Die Nachfrageseite des Financial Planning
2.1.1 Anlegerkategorien
2.1.2 Ziele und Nutzen der Anleger
2.2 Die Angebotsseite des Financial Planning
2.2.1 Das Angebotsspektrum
2.2.2 Warum Financial Planning?
2.2.3 Qualitätsanforderungen an Financial Planner
2.2.3.1 Aus- u. Weiterbildung zum Financial Planner
2.2.3.2 Die neue EU-Vermittler-Richtlinie
2.2.3.3 Haftung und gesetzlicher Rahmen für Financial Planner
2.2.4 Entlohnungsformen
2.3 Wer sorgt für die Einhaltung der Spielregeln?
3. PROZESS UND INHALT DES FINANCIAL PLANNING
3.1 Der Beratungsprozess im Überblick
3.2 Datenaufnahme
3.3 Analyse des Status quo
3.3.1 Die Private Bilanz
3.3.2 Die Private Gewinn- und Verlustrechnung
3.3.3 Chancen- und Risikoanalyse
3.4 Das individuelle Finanzkonzept
3.4.1 Grundlegendes zum Finanzkonzept
3.4.2 Optimierung des Vermögens
3.4.3 Optimierung der Risikovorsorge
3.4.4 Optimierung des Cash Flows
3.5 Konzeptumsetzung und regelmäßiges Update
4. PORTFOLIO MANAGEMENT THEORIE IM FINANCIAL PLANNING
4.1 Was ist ein Portfolio?
4.2 Investmentphilosophien und -stile
4.3 Performance
4.3.1 Die Rendite
4.3.2 Risiko
4.3.3 Liquidität
4.3.4 Zeithorizont
4.3.5 Inflation
4.4 Asset Allocation und effiziente Portfolios
4.5 Portfolio-Insurance
4.6 Portfolio Management Theorie im Berateralltag
5. BERATUNGSQUALITÄT DER FINANZDIENSTLEISTER
5.1 Beurteilungskriterien
5.2 Beratungsqualität bei Banken
5.3 Beratungsqualität bei privaten Finanzdienstleistern
5.4 Beratungsqualität bei Versicherungen
5.5 Für jeden Kunden der richtige Finanzdienstleister
6. DIE ZUKUNFT DES FINANCIAL PLANNING
ANHANG
QUELLENVERZEICHNIS
VERZEICHNIS DER GESPRÄCHSPARTNER
ERKLÄRUNG GEMÄß § 31 ABS. 5 RAPO
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1 Anteiliges deutsches Gesamtvermögen nach Haushalten
Abb. 2 Financial Planning: Der Nutzen für die Kunden
Abb. 3 Kundensegmente im Financial Planning
Abb. 4 Financial Planning: Der Nutzen für die Anbieter
Abb. 5 Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzplanung (GoF) ®
Abb. 6 Woran man zweifelhafte Angebote erkennt?
Abb. 7 Das Provisions-Geschäft
Abb. 8 Ablauf des Financial Planning
Abb. 9 Beispiel: Private Bilanz
Abb. 10 Beispiel: Prognose der aktuellen Vermögensstruktur
Abb. 11 Beispiel: Private Gewinn- und Verlustrechnung
Abb. 12 Beispiel: Aktuelle Vermögens- und Ertragsstruktur
Abb. 13 Einflussfaktoren des Ruhestands-Einkommens
Abb. 14 Einflussfaktoren des Einkommens bei Berufsunfähigkeit
Abb. 15 Ziele der Erbfolgeplanung
Abb. 16 Anlageziele in Anlehnung an das Schichtenmodell Spremanns
Abb. 17 Soll-Ist-Prognose des Nettovermögens
Abb. 18 Beispiel: Darstellung der privaten Altersvorsorge
Abb. 19 Beispiel: Optimierte Private Gewinn- und Verlustrechnung
Abb. 20 Der Lebensphasenzyklus
Abb. 21 Erweitertes „Magisches Dreieck“
Abb. 22 Inhaltliche Renditeformen
Abb. 23 Die Historische Volatilität
Abb. 24 Die Normalverteilung
Abb. 25 Volatilität der stetigen Durchschnittsrendite im Zeitablauf
Abb. 26 Was ist 1 Mio. € in 35 Jahren wert?
Abb. 27 Taktische Asset Allocation im Financial Planning
Abb. 28 Risikoreduktion mittels Diversifikation
Abb. 29 Die Effizienzlinie nach Harry M. Markowitz
Abb. 30 Effiziente Versicherungsprodukte
Abb. 31 Portfolio Insurance mit einem Protective Put
Abb. 32 Beispiel: Datenerfassungsbogen
Tabellenverzeichnis
Tab. 1 Geldvermögen der privaten Haushalte 1993 bis
Tab. 2 Unterlagen für die Datenaufnahme
Tab. 3 Welcher Anlegertyp sind Sie?
Tab. 4 Analyse der Risikofälle
Tab. 5 Versicherungskompass
Tab. 6 Interpretationen der Renditestreuung
Tab. 7 Korrelation zweier Wertpapierrenditen
Tab. 8 Mögliche Musterportfolios
Tab. 9 Bewertung der Beratung von Banken
Tab. 10 Bewertung der Beratung von privaten Finanzdienstleistern
Tab. 11 Bewertung der Beratung von Versicherungen
Tab. 12 Qualitätsvergleich der Anbieter
Tab. 13 Finanzinformationen vom Feinsten im World Wide Web
Tab. 14 Beispiel Zinseszins-Effekt: Früh anfangen lohnt sich!
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Aufgabenstellung
1.1.1 Inhalt der Arbeit
Das Thema dieser Diplomarbeit lautet Financial Planning und Portfolio Manage- ment Theorie. Zunächst erfolgt ein kurzer Überblick über den Aufbau und den Inhalt der Arbeit. Sie ist in sechs Kapitel untergliedert. Als erstes soll das Thema eingegrenzt und Financial Planning definiert werden. Außerdem befasst sich das erste Kapitel mit sozial- und finanzpolitischen Fragen in Verbindung mit dem privaten Vermögensaufbau der Bevölkerung in Deutschland. Zudem soll der Ver- mögensverwaltungsmarkt in Deutschland im Vergleich zu den USA dargestellt werden. Im Anschluss begibt sich das zweite Kapitel auf die Ebene der Marktteil- nehmer, den Anlegern, Anbietern und Überwachungsgremien. Im Einzelnen be- schäftigt es sich u. a. mit den Nutzen, den Zielen, dem Angebot, den verschiede- nen Typen und den Funktionen der Markteilnehmer. Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit der eigentlichen Dienstleistung „Financial Planning“, es beschreibt den Prozess der Beratung, den Aufbau und Inhalt des Beratungsergebnisses. Im fol- genden Teil wird der Inhalt des im vorherigen dritten Teils aufgezeigten Finanz- konzeptes mit der modernen Portfoliomanagement-Theorie in Verbindung ge- bracht und untersucht, in wie weit die Theorie in der Praxis angewendet wird. Das vorletzte Kapitel wirft einen kurzen Blick auf den Financial Planning Angebots- markt. Es sollen wesentliche qualitative Unterschiede in der Beratung der drei Hauptanbietergruppen (Banken, private Finanzdienstleister, Versicherungen) des Financial Planning angesprochen werden und hervor gehoben werden, welche Sparte am ehesten in der Lage ist, ein sauberes Financial Planning im Sinne dieser Arbeit anzubieten. Zuletzt erfolgt noch ein kurzer Ausblick in die Zukunft des Financial Planning.
1.1.2 Abgrenzung und Definition des Financial Planning
Der aus dem angelsächsischen Raum stammende Begriff „Financial Planning“ ist in Deutschland noch relativ jung (neudeutsch). In den USA versteht man unter Financial Planning (im folgenden kurz: FP) sowohl die finanzielle Beratung von Privatpersonen als auch die Aufstellung einer umfassenden unternehmerischen Finanzplanung. Diese Arbeit beschäftigt sich aber ausschließlich mit der Beratung von Privatpersonen, des weiteren wird hier kein Unterschied zwischen vermögenden und nicht vermögenden Privatpersonen gemacht.
In Deutschland werden von Finanzdienstleistern verschiedene Arten der privaten Finanzberatung mit unterschiedlichen Beratungsmethoden angeboten. Grundlage dieser Arbeit ist die nachfolgende Definition für FP der ebs FINANZAKADEMIE GmbH, Oestrich-Winkel: „FP ist ein systematischer Planungsprozess, der Kunden helfen soll, ihre finanziellen Ziele zu konkretisieren und unter Berücksichtigung der finanziellen, rechtlichen, persönlichen und familiären Ausgangslage sowie externer Rahmenbedingungen optimal zu erreichen.“1 Kurz: Die Aufgabe der privaten Finanzberatung besteht darin, Privatkunden bei der Erfüllung finanzieller und wirtschaftlicher Wünsche zu unterstützen. Grundlagen sind Liquidität, Ver- mögen, Bilanzen, GuV`s, persönliche Ziele und Präferenzen. Ähnlich der Be- triebswirtschaftlichen Auswertungen und den Bilanzen, die Unternehmensberater und Steuerberater für Unternehmen erstellen, die ohne diese Zahlenwerke nicht gesteuert werden können. Der Prozess besteht aus Datenerfassung, Analyse und Planung, Dokumentation sowie zukünftiger Betreuung mit periodischer Kontrolle. Durch die analytische Vorgehensweise ist das FP zum Inbegriff der kundenorien- tierten Beratung geworden, die deutlich im Gegensatz zur allgemein üblichen pro- duktorientierten Finanzberatung steht.2 Am Ende der FP-Beratung steht das indi- viduelle ganzheitliche Finanzkonzept, das nicht nur das Geld-, Wertpapier- und Realvermögen umfasst, sondern auch Versicherungsprodukte und Schulden mit einbezieht, um das Vermögen zu erhalten und/oder um eine höhere Nachsteuer- rendite zu erzielen.
1.2 Der Vermögensverwaltungsmarkt in USA und Europa
1.2.1 Finanz- und sozialpolitische Rahmenbedingungen
Das FP ist seit vielen Jahren in Deutschland vor allem unter Vermögensberatung bekannt. Oft wird darunter immer noch die individuelle persönliche Betreuung einer kleinen, exklusiven und sehr wohlhabenden Kundschaft verstanden. In letz- ter Zeit müssen die Finanzdienstleister allerdings feststellen, dass das Geschäft mit der breiten Masse vor allem im Hinblick auf die regen politischen Ereignisse ebenfalls ein rentables Geschäft versprechen kann. Die Sensibilisierung für u.a. Themen der Altersvorsorge/-absicherung und jüngst der Gesundheitsvorsorge, verstärkt die Nachfrage nach qualifizierter finanzieller Beratung.
Die Leistungen der gesetzlichen RV werden aus dem sog. Umlageverfahren finanziert, wo die eingezahlten Beiträge der arbeitenden Bevölkerung sofort als Renten wieder ausgezahlt werden. Das Gegenstück ist das Kapitaldeckungsverfahren, bei welchem die spätere Rente durch verzinsliche Anlage der Beiträge für jeden Versicherten getrennt finanziert wird. Das umlagefinanzierte System hat jedoch mittlerweile mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen.3
Diese Probleme resultieren zum größten Teil aus demografischen Fehlentwicklun- gen. Das demografische Dilemma liegt an der ständig zunehmenden Lebenserwar- tung der Menschen und an der niedrigen Geburtenrate hierzulande. Laut den Destatis-Berechnungen des Statistischen Bundesamtes wird im Jahr 2050 jeder dritte deutsche Bürger 60 und jeder neunte sogar 80 Jahre oder älter sein. Gleich- zeitig ist die aktuelle Geburtenrate von 1,4 Kindern pro Frau zu gering um die Relation von Erwerbsfähigen (Beitragszahlern) und Rentnern stabil zu halten. Während heute einhundert 20- bis 59-jährige 44 Senioren gegenüberstehen wer- den es 2050 schon 78 sein. Darüber hinaus wird die Bevölkerung von heute 82,5 Mio. bis zum Jahr 2050 auf 75 Mio. sinken. Eine höhere Geburtenrate, eine höhe- re Zuwanderung und eine Erhöhung des Renteneintrittsalters, können die Ent- wicklung laut Stefanie Wahl, vom Institut für Wirtschaft und Gesellschaft Bonn nur dämpfen. Nur durch eine grundlegende Reform der Sozialsysteme und mehr Eigenbeteiligung der Versicherten kann der Lebensstandard der Rentner in Zukunft annähernd gehalten werden.4
Das sozialpolitische Stichwort in Verbindung mit FP heißt „Eigenbeteiligung“ und das heißt mehr „Eigenverantwortung“. Es hat entgegen den aktuellen sozial- politischen Strömungen einen guten praktischen Sinn, Personen selbst für ihre Vorsorge verantwortlich zu machen. Eigenverantwortung hat eine Anreizwirkung, die Individuen verhalten sich planvoller, sorgfältiger, aufmerksamer, einfallsreicher, d.h. nachteilsvermeidender und vorteilsschaffender. Außerdem weiß jeder selbst am besten, was für ihn ein Vorteil ist und für welchen Vorteil er in der Vorsorge, welchen Nachteil inkauf nehmen will.5
In Amerika ist das Leitbild des selbständigen und mündigen Bürgers, der auch eigenverantwortlich vorsorgt bereits Realität. Es herrscht das Ideal der Freiheit, um es mit den Worten Kennedy`s zu sagen: „Frage nicht was dein Land für dich tun kann, sondern was du für dein Land tun kannst.“ In den USA ist der staatliche Einfluss auf das Notwendigste beschränkt und es gibt mehr steuerliche Anreiz- mittel als Pflichtversicherung und Zwangsabgaben. Die demografische Entwick- lung ist wegen des noch vorherrschenden Bevölkerungswachstums weniger dra- matisch. Man sollte allerdings prüfen, ob und was man aus dem US-System über- nimmt, denn nicht alles was glänzt ist Gold. In Deutschland müssen sich die zivil- pessimistischen Ängste verflüchtigen. Letztendlich wird in Europa die Rolle des Staates aufgrund des Gesellschaftsmodells stärker sein als in den USA.6
Ein weiterer Grund für staatliche Vermögenspolitik neben der sozialen Absicherung des Individuums ist die „Vermögensdekonzentration via Verringerung von Vermögensarmut“. Die Ziele dieses Vermögensausgleiches sind u.a. der Abbau von Klassenunterschiede, breitere Streuung des Vermögens und damit höhere Anpassungs- und Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, Sozialer Friede, Erhöhung der Kapitalmarkttiefe und der Finanzierungsfähigkeit der Unternehmen und die Flankierung der staatlichen Sicherungssysteme.7
FP ist ein geeignetes Instrument, zur Lösung dieser gesellschaftlichen Probleme einen Beitrag zu leisten. Durch seinen systematisierten Charakter sind private, auch nicht wohlhabende Haushalte in der Lage, ein beachtliches Vermögen anspa- ren zu können. Nun soll kurz das vorhandene Geld- und Gesamtvermögen und seine Verteilung auf dem Vermögensanlagemarkt gezeigt werden.
1.2.2 Das Marktpotential in Deutschland
Wie aus Tabelle 1 hervor geht, verfügten die deutschen privaten Haushalte lt. Deutscher Bundesbank am Ende des Jahres 2001 über ein Geldvermögen von 3.653 Mrd. EUR. Ende 1993 betrug das Geldvermögen noch 2.420 Mrd. EUR, das entspricht einem jährlichen Wachstum vom 5,3 %.8 Bei einer Bevölkerung von ca. 81,9 Mio. ergibt sich 2001 ein pro Kopf Geldvermögen von ca. 44.600 €.9
Tab 1: Geldvermögen der privaten Haushalte 1993 bis 2001
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Deutsche Bundesbank, nach Sprenger, Bernd: Veränderte Vermögensmuster, in: Die Bank Nr. 8 / 2002, S. 568
Allerdings ist das Vermögen keinesfalls gleich über die Bevölkerung verteilt. Der Wealth Report, eine Studie der Boston Consulting Group, siehe Abbildung 1 auf Seite 6, beschäftigt sich mit dem Gesamtvermögen der weltweiten Haushalte. Der Report kommt zu dem Ergebnis, dass rund 40 Mio. Haushalte weltweit über 250.000 Euro und mehr verfügen. 1,9 Millionen dieser Gutbetuchten leben in Deutschland und besitzen 61 % des deutschen Gesamtvermögens (3.715 Mrd. €). 38,5 Millionen deutsche Haushalte besitzen ein Vermögen von weniger als 250.000 Euro was einem Anteil von 39 % entspricht, d.h. 4,6 % der deutschen Haushalte besitzen 3/5 des deutschen Gesamtvermögens. Diese Zahlen sollen dem Leser einen groben Überblick verschaffen, über welches Vermögenspotential der deutsche Vermögensverwaltungsmarkt verfügt. Im folgenden Kapitel wird nun auf die Marktteilnehmer am Financial-Planning-Markt eingegangen.
2. Die Spieler auf dem Vermögensverwaltungsmarkt
2.1 Die Nachfrageseite des Financial Planning
2.1.1 Anlegerkategorien
Die Nachfrager nach FP sind die Anleger bzw. die privaten Haushalte, diese werden nach der Höhe ihres verfügbaren Geldvermögens in vier bis fünf Kategorien gegliedert. Die Vermögensgrenzen der jeweiligen Gruppe sind nicht allgemein bestimmt, vielmehr hat jeder, der eine Clusterung vornimmt seine eigenen Vorstellungen der Größenordnungen. Die Anleger werden im Laufe dieser Arbeit auch als „Kunden“ des FP bezeichnet.
Anlässlich späterer Erwähnungen von bestimmten Anlegergrößenbezeichnungen soll nun eine beispielhafte Einteilung getroffen werden. Die reichsten der Reichen
Abb. 1: Anteiliges deutsches Gesamtvermögen nach Haushalten
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Boston Consulting Group, Wealth Report, nach Reuffer J./Wayand M.: Wer sein Geld wert ist, in: Capital, Nr. 4/2003, S. 114 f.
werden Ultra-High Net Worth Individuals (Ultra-HNWI) genannt, deren verfüg- bare Geldvermögen liegt bei mehr als 25 Mio. €, bei den High Net Worth Indivi- duals (HNWI) zwischen 2,5 und 25 Mio €, bei den vermögenden Individualkun- den zwischen 0,5 und 2,5 Mio. €, bei den gehobenen Individualkunden zwischen 0,05 und 0,5 Mio. € und bei den Retailkunden bei weniger als 50.000 €.10 Aber egal über wie viel Vermögen die Investoren verfügen, sie haben alle die gleichen Motive einen Vermögensberater aufzusuchen. Unterschiede gibt es lediglich im Serviceanspruch und der Intensität der Beratung.
2.1.2 Ziele und Nutzen der Anleger
Natürlich haben die Kunden konkrete Motive um die Dienste eines Finanzplaners in Anspruch zu nehmen. Zuerst soll allerdings gezeigt werden, wie heute eine typische Kundensituation ohne Finanzplan aussieht.
Der Anleger erwarb seine Finanzprodukte bisher über verschiedene Wege. Sein Girokonto, Sparbuch, Festgeld bei seiner Hausbank, Bausparvertrag über den Bausparberater, diverse Versicherungen über seinen Versicherungsvertreter, Ge- schlossene Immobilienfonds oder Bauherrenmodell von seinem Freund und Wun- derfinanzberater empfohlen. Der Kunde fühlt sich häufig durch die Konzeptlosig- keit verunsichert. Beim Bausparberater und Versicherungsvertreter stand der Ver- kauf des Produktes und nicht eine kundenorientierte Betreuung im Mittelpunkt, darüber hinaus sind meist viele Produkte vom gleichen Unternehmen. Vorhanden sind oft nur Stückwerke, keine ganzheitlichen Strategien, wie sie das FP liefert.
Grundsätzlich erwartet der Investor von einer Kapitalanlage die folgenden drei Eigenschaften: Rentabilität, Risiko und Liquidität. Das Renditeziel muss das Hauptziel sein. Es stellt darauf ab, neben dem realen (inflationsbereinigt) Vermö- genserhalt einen zusätzlichen Ertrag zu erwirtschaften. Der Ertrag gliedert sich in den Kapitalzuwachs (Kursgewinn) und in laufende Erträge (Zins, Dividende). Unter Risiko ist die Gefahr bzw. Möglichkeit zu verstehen, finanziellen Schaden oder Verluste zu erleiden, deshalb ist es notwendig, das Risikopotential einer Kapitalanlage zu bestimmen und zu vermindern (näheres in Kapitel 4). Unter Li- quidität einer Kapitalanlage versteht man die Eigenschaft, diese ohne Zeitverzö- gerung in Bargeld umwandeln zu können. Diese Ziele stehen keineswegs in har- monischer und neutraler Beziehung zueinander. So sind sehr rentable Anlagen oft mit einem höheren Risiko behaftet, umgekehrt sind sichere Anlagen weniger rentabel. Außerdem sind hoch rentable Anlagen und damit risikoträchtige schwerer veräußerbar.11
Neben den übergeordneten Anlagezielen (Rendite,...) haben die Investoren natür- lich konkrete Motive, für sich eine private Finanzplanung erstellen zu lassen. Die in der Praxis häufig zu beobachtenden Motive sind der Aufbau eines privaten Ver- mögens, die Strukturierung eines vorhandenen Vermögens, die Steuerplanung, die Vermögensübertragungsplanung und die Verzahnung des betrieblichen und priva- ten Vermögens.12 Oft ist es nur ein Hauptthema, das den Vermögensinhaber bren- nend interessiert, so ist es jedoch selten nur eine Frage, die über das Instrument private Finanzplanung beantwortet wird. Vermögensberatung war, wie bereits erwähnt in der Vergangenheit eher ein Premiumangebot an vermögende Kunden, deshalb sind die vorgenannten Motive eher diesen zuzurechnen. Weitere Motive für den weniger oder nicht vermögenden Kunden können zusätzlich die Prestige- funktion des Vermögens13, die Alters- und Gesundheitsvorsorgeplanung, die Er- mittlung des Finanzbedarfs zur Erfüllung finanzieller Ziele, das Streben nach un- abhängiger neutraler Beratung oder schlicht die Bequemlichkeit sich mit den im- mer komplexeren Finanzprodukten zu beschäftigen sein.
Die Vorteile für den Kunden liegen auf der Hand, vgl. Abbildung 2. Durch das FP, die ganzheitliche und lebensbegleitende finanzielle Planung bekommt der Anleger Transparenz, Unabhängigkeit, Komfort und Sicherheit.
2.2 Die Angebotsseite des Financial Planning
2.2.1 Das Angebotsspektrum
Unter Angebotsspektrum soll genannt werden, welche Anbieter, Produktarten, Zielkunden und welches Serviceangebot es am Vermögensverwaltungsmarkt gibt. Aus Anbietersicht spricht man in Verbindung mit FP, dem umfassenden Bera- tungsansatz, von Allfinanz, Assurbanking oder Bankassurance. Diese Begriffe sind allerdings ganz klar vertriebs- und produktorientiert, sie sollten mit der Dienstleistung FP nicht verwechselt werden. Die Finanzdienstleister sind in drei wesentliche Gruppen gegliedert, den Banken, den privaten Finanzdienstleistern und den Versicherungen.
Zuerst wollen wir uns den Banken annehmen. Die Sparte der Banken beinhaltet ebenfalls die Bausparkassen und Investmentgesellschaften, wobei diese meist
Abb. 2: Financial Planning: Der Nutzen für die Kunden
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Engelhardt Dr., Gerold: Finanzplanung, Fit für die Zukunft, Handout Vorlesung „Praxis des Financial Planning“ vom 19. Juli 2001 an der Universität Passau, Lehrstuhl Finanzen, bei Professor Dr. Jürgen Steiner, S. 15
keinen direkten Kontakt zum Kunden haben. Die Anlageprodukte werden von den Banken meist selbst oder von Verbundpartnern produziert. Versicherungsprodukte werden über Vertriebskooperationen oder Verbundspartner bezogen. Bei den Banken gibt es wiederum drei Unterteilungen analog der in 2.1.1 getroffenen Aufgliederung der Zielkunden. Das Premiumsegment ist das sog. „ Private Banking “, hier werden die vermögenden Individualkunden bis Ultra-HNWI be- dient. Dieses Klientel wird hauptsächlich von elitären, auf eine lange Tradition zurückblickende Privatbanken und ausgegliederter Einheiten von Großbanken umworben. In dieser First-Class herrscht eine hohe Individualisierung des FP mit einem umfangreichen Zusatz-Serviceangebot. Für Private Banking Kunden wird oft sogar ein separates Stockwerk oder Gebäude eingerichtet. Besuche dort erfol- gen nur gegen Voranmeldung, i.d.R. gibt es keine Einrichtungen für den Bargeld- verkehr. Je nach Kundenvermögen kann ein hier tätiger Berater nicht mehr als ungefähr 50 Kunden bedienen, die er bei Bedarf sogar an Orten und zu Zeiten, die der Kunde wählt besucht. I.d.R. wird als Beratungsvertrag ein komplettes Mandat vergeben, d.h. ein Vermögensverwaltungsauftrag erteilt. Vermögensverwaltung ist die Delegation der Anlageentscheidung auf den Anlageberater, während bei einem Vermögensberatungsauftrag die Investitionsentscheidung aktiv dem Kun- den überlassen wird.
Das Mittelkundengeschäft mit den gehobenen Individualkunden wird „ Affluent Banking “ genannt, die Business Class im Bankgeschäft. Die Kunden in diesem Segment sind weniger aktiv und müssen nicht wöchentlich angerufen werden,
Abb. 3: Kundensegmente im Financial Planning
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Steiner Prof. Dr., Jürgen: Kundensegmente im Financial Planning, Homepage: Institut für Financial Planning
somit kann ein Berater 150 bis 200 Kunden betreuen. Der Beratungsauftrag kann entweder als Mandat oder lediglich als Beratungskunde (Direktanlage), wo er nur regelmäßige Marktberichte erhält, abgeschlossen werden. Auftragserteilungen werden natürlich nicht über ein Call-Center, sondern über den Berater abge- wickelt.
Die Economy Class im Bankgeschäft ist das „ Retail Banking “ mit den wenig oder nicht vermögenden Privatkunden. Da mit dem einzelnen Kunden wenig Um- satz generiert werden kann herrscht hier eine hohe Standardisierung (vgl. Abbil- dung 3) der Bankdienstleistungen. Bei diesen kleinen Vermögen gibt es nicht die Möglichkeit des Mandates, der Kunde wird in die Variante des Schalterkunden gedrängt. Retailkunden haben meist keinen persönlich zugeteilten Berater, die Beratung ist meist sehr kurz, beschränkt sich nur auf Pflichtaufklärung und wird oft am Schalter durchgeführt.14 Es ist natürlich klar, dass das FP für diese Ziel- kunden nicht den aufwendigen Finanzplan, dessen Erstellung Wochen in An- spruch nimmt beinhalten kann. Es ist natürlich eine Sache des Abwägens von Preis und Leistung. Allerdings wird wohl keiner bestreiten wollen, dass auch für Menschen mit geringem Einkommen oder Vermögen ein planvoller Umgang mit den Finanzen notwendig ist. Wenig Begüterten ist ein abgespeckter Finanzplan lieber als keiner. Solche abgespeckten Finanzpläne werden in der Praxis oft kos- tenlos, mit der Absicht des Produktverkaufs oder gegen ein geringes Honorar an- geboten.15 Dietmar Vogelsang, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständi- ger für Kapitalanlageprodukte der Sozietät Vogelsang & Sachs aus Bad Homburg erklärt zum Thema FP Folgendes: „FP ist kein Signet für eine Dienstleistung an Arm oder Reich. Vielmehr ist es eine Leistung, die den ganzheitlichen, alle Aspekte des ,Unternehmen Privathaushalt’ berücksichtigenden Betrachtungsan- satz beachtet. Blindes Handeln schadet Jedem - “16 Im Rahmen des Mas- sengeschäftes spricht man auch von der Industrialisierung in der Finanzdienstleistungsbranche.
Die zweite Gruppe der Finanzdienstleister sind die privaten Finanzdienstleis- tungsunternehmen. Unter diesen werden die großen Vertriebsgesellschaften und Beratungsgesellschaften sowie die kleinen freiberuflich tätigen Finanzplaner, Makler und Mehrfachagenten verstanden. Diese Gruppe hat sich größtenteils auf die überdurchschnittlichen Einkommensklassen spezialisiert. Bei sehr vermögen- den Kunden sind sie vielmals mit dem Beratungsaufwand überfordert und der kleine Kunde verspricht meist zu wenig Provision. Die Finanzprodukte werden fast ausschließlich fremdproduziert, nur in Ausnahmefällen bürdet man sich die hohen Verwaltungskosten für eigene Produktkreationen auf.
Als letzte Gruppe gibt es noch die Versicherungen und ihr weitreichendes meist hausinternes Vertriebsnetz. Die Versicherungen beschäftigen ausschließlich Ein- firmenvertreter und vertreiben auch nur ihre eigenproduzierten Produkte. In Deutschland gab es im Jahr 2002 400.000 gebundene Versicherungsvermittler, davon 375.000 nebenberuflich und lediglich 25.000 hauptberuflich. Seit einigen Jahren wird allerdings dem externen Maklervertrieb immer mehr Bedeutung beigemessen. Freie Vermittler gab es im Jahr 2002 ca. 10.000.17 Bei den Versicherungen gibt es keinen konkreten Zielkunden.
Die Anbieter von Finanzdienstleistungen wurden nun ausreichend dargestellt. Was aber noch nicht geklärt wurde ist, warum nicht weiterhin eine produktorien- tierte Verkaufsstrategie angewendet werden soll, sondern der ganzheitliche Bera- tungsansatz (FP) in letzter Zeit immer mehr an Beliebtheit gewonnen hat.
2.2.2 Warum Financial Planning?
Natürlich bieten die Finanzunternehmen die Dienstleistung FP nicht deswegen an, weil sie gerade in aller Munde ist, sondern weil sie sich davon konkrete Vorteile versprechen. Für den Finanzdienstleister stehen in erster Linie die langfristige Kundenbindung im Vordergrund und die Chance, Cross-Selling-Potentiale bes- ser nutzen zu können. Kundenbindung bezeichnet die Bereitschaft eines Kunden, dauerhaft die Geschäftsbeziehung aufrechtzuerhalten.18 Unter Cross-Selling ist der Vertrieb eines breiten Produktspektrums an einen Kunden zu verstehen. Kun- den nutzen i.d.R. nur einen kleinen Teil des Angebots am Beispiel einer Bank.19 Das FP kann nun so eingesetzt werden, dass dem Kunden im Rahmen der Bera- tung Defizite aufgezeigt werden, die er über das restliche Bankproduktspektrum abdecken kann.
Reiner Produktverkauf wird zur Neukundenakquisition und für generationsüber- greifende Kundenbindung in Zukunft nicht mehr ausreichen. Stichworte sind das Informationszeitalter, Erbengeneration, etc. Durch die Zunahme der Informati- onstechnologie nimmt die Informationseffizienz zu und mit steigender Transpa- renz erhöht sich die Bereitschaft der Kunden ihre Produktanbieter zu wechseln bzw. den Besten zu wählen. Der Service einer qualifizierten Beratung ist in diesem Zusammenhang ein strategisches Differenzierungsmerkmal gegenüber den Wettbewerbern. Die Erhöhung der Kundenbindungsdauer ist ein Unterziel des Gewinnziels eines Finanzunternehmens. Dies ist vor allem auf vier Wirkungen zurückzuführen: stärkeres Kundenwachstum bei unveränderten Akquisitionsbe- mühungen, längere Deckungsbeitragsgenerierung, steigende Ertragspotentiale im Verlauf der Kundenbeziehung und nachlassender Wechselwille der Kunden mit zunehmender Kundenbindung. Diese und weitere Nutzen des FP für die Anbieter können Abbildung 4 entnommen werden.
2.2.3 Qualitätsanforderungen an Financial Planner
2.2.3.1 Aus- u. Weiterbildung zum Financial Planner
Die Vielzahl und Komplexität der in einer privaten Finanzplanung behandelten Themen erfordern vom Berater umfangreiche Kenntnisse volkswirtschaftlicher Zusammenhänge, Erfahrung in der Anwendung betriebswirtschaftlicher Metho- den und Instrumente, detailliertes Produktwissen der Vermögensanlage, der Fi- nanzierung sowie der Assekuranz und ausreichendes Know-how im Bereich des
Abb. 4: Financial Planning: Der Nutzen für die Anbieter
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Steiner Prof. Dr., Jürgen: Nutzen des Financial Planning für Anbieter, Homepage: Institut für Financial Planning, Universität Passau
Steuerrechts und anderer Rechtsbereiche. Allerdings unterliegt der Beruf des „Fi- nanzberaters“ in Deutschland noch immer keiner staatlichen Kontrolle und Ge- nehmigung. Es kann sich also jeder in Deutschland als „Finanzberater“ vorstellen. Lediglich zur Vermittlung von Immobilien und Darlehen sowie „sonstiger öffent- lich angebotener Vermögensanlagen, die für gemeinsame Rechnung der Anleger (Fonds) verwaltet werden“, wird eine Erlaubnis gem. § 34 c Gewerbeordnung (GewO) verlangt. Der sog. „34c-Schein“ (Gewerbeschein). Durch diese Erlaub- nispflicht soll die erforderliche Zuverlässigkeit gewährleistet und ungeeigneten Personen, insbesondere Vorbestraften der Zugang zur Gewerbeausübung versagt werden. Die bestehenden Regelungen sind allerdings für eine wirksame Kapital- marktkontrolle nicht ausreichend. Die GewO verlangt keinen Fachkompetenz- nachweis und die Erlaubnispflicht ist nur auf bestimmte Kapitalanlagen be- schränkt.
Bei der Wahl des Beraters sollte der Anleger vor allem auf dessen Ausbildung und fachliche Erfahrung im Bereich der privaten Finanzplanung achten. Eine gute Orientierung bietet die seit 1997 in Deutschland verliehene Lizenzierung des Be- raters zum „ Certified Financial Planner “ (CFP®).20 Diese ausgewählten Fach- leute haben ihre berufliche Qualifikation und ihren ethischen Anspruch unter Be- weis gestellt, ihre Erfahrungen und Kompetenz auf dem Gebiet des FP nachge- wiesen und befolgen die Verpflichtung zur ständigen Weiterbildung, um ihr aktu- elles Wissen zugunsten ihrer Kunden einsetzen zu können. Der CFP berät seinen Kunden auf Basis der Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzplanung (GoF)®, siehe Abbildung 5. Aktuell gibt es 826 (03.09.2003) CFP`s in Deutschland, die le- diglich zu 1/3 Freiberuflich tätig und zu 2/3 bei großen Finanzdienstleistern ange- stellt sind. Jeder CFP ist Mitglied im Deutschen Verband Financial Planners e.V.
Der Deutsche Verband Financial Planners e.V. (DEVFP) ist der Berufsverband der CFP. Als solcher ist er Mitglied im International CFP-Council, dem Zusam- menschluss aller nationalen CFP-Organisationen, die weltweit in 19 Ländern von Australien über Bermuda bis Kanada mit 72.000 CFP vertreten sind. Der DEVFP überwacht, dass die deutschen CFP ihren Beruf nach den geforderten ethischen Regeln ausüben und sich im vorgeschriebenen zweijährigen Turnus der vorge- schriebenen Zahl qualifizierender Fortbildungen unterziehen. Der DEVFP defi- niert und kontrolliert außerdem die Ausbildungsstandards für Finanzplaner und passt diese an die sich ändernden Rahmenbedingungen an. Zudem pflegt er am Vereinssitz in Frankfurt am Main das öffentlich zugängliche Register aller deutschen CFP.
Certified Financial Planner können nur natürliche Personen werden, das Zertifikat darf auch nur von diesen verwendet werden und gilt nicht gleichzeitig für ihre Firma oder Organisation. Die 180-minütige Zentralprüfung in Frankfurt a. M. kann frühestens nach erfolgreichem Abschluss und muss spätestens 3 Jahre nach erfolgreichem Abschluss eines akkreditierten Studienprogramms erfolgen. Diese akkreditierten Studiengänge können aktuell an der ebs FINANZAKADEMIE in Oestrich-Winkel zum Finanzökonom, an der Hochschule für Bankwirtschaft in Frankfurt a. M. zum Financial Planner (HfB) und bei der vbb Vereinigung für
Abb. 5: Grundsätze ordnungsmäßiger Finanzplanung (GoF) ®
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Homepage Deutsche Gesellschaft für Finanzplanung e.V.,
www.fianzplanung.de
Bankberufsausbildung e.V. in Frankfurt a. M. zum Private Banker (vbb/AKAFIN) belegt werden. Außer dem CFP haben sich noch einige andere Aus- und Fortbil- dungsmöglichkeiten für Finanzberater etabliert. Beispiele sind der „Zertifizierter Finanzplaner“ des Institut für FP an der Universität Passau, der Fachwirt/-in für Finanzberatung (IHK), Kaufmann für Investmentfonds des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) in Bonn und einige weitere private Weiterbildungsinstitute, die sich dem FP angenommen haben. Außer dem DEVFP gibt es in Deutschland bereits seit 1995 die Deutsche Gesellschaft für Finanzplanung e.V. (DGF). Sie hat das Berufsbild der Finanzplaner in Deutschland sowie die GoF entworfen und zusammen mit dem DEVFP weiterentwickelt. Die DGF verfolgt einen interdisziplinären Ansatz, so dass nicht nur Finanzplaner, sondern auch Steuerberater, Rechtsanwälte und Wissenschaftler Mitglied werden können. Die Adressen der vorgenannten Institutionen und die Weiterer in Verbindung mit Finanzplanung, befinden sich am Ende des Anhangs auf Seite XII..
2.2.3.2 Die neue EU-Vermittler-Richtlinie
Wenn deutsche Versicherungsvermittler im europäischen Ausland tätig werden wollen kann es ihnen passieren, dass sie von dem jeweiligen Staat keine Erlaubnis zur Berufsausübung bekommen. Dies liegt daran, dass Deutschland als einziges Land die Empfehlungen der EU-Kommission aus den Jahren 1976 und 1992, die vor allem eine fachliche Mindestqualifikation für alle Vermittler forderten nicht in nationales Recht umgesetzt hat. Deshalb hat die EU-Kommission jetzt zur Ver- besserung des Verbraucherschutzes und der Arbeitsmöglichkeiten der Vermittler im europäischen Versicherungsbinnenmarkt einen verbindlichen Richtlinienvor- schlag verabschiedet, der Anfang 2005 in Kraft treten soll.21 Eine „Versicherungs- vermittler“ Richtlinie mag für Finanzplaner auf dem ersten Blick nicht wichtig erscheinen, unterstützt der Financial Planner jedoch seinen Kunden bei der Um- setzung des entwickelten Konzeptes, dann enthält dieses i.d.R. auch Versiche- rungs- und Vorsorgeprodukte, somit gewinnt die Richtlinie an Bedeutung.
Der Inhalt22 der Richtlinie soll im Folgenden kurz dargestellt werden. Anwen- dungsbereich: Die Richtlinie erfasst grundsätzlich alle Formen der Versiche- rungsvermittlung (Einfirmenvermittler, Mehrfachagenten, Makler, nebenberuf- liche Vertreter der Banken, etc.). Nicht anzuwenden ist sie auf Personen, die Ver- träge vermitteln, bei denen der Versicherungsschutz nur eine Zusatzleistung (An- nexvertrieb) zu einer Ware oder Dienstleistung (Optiker, Reisebüro, Autovermie- tung, usw.) ist. Außerdem können angestellte Außendienstmitarbeiter, ob haupt- oder nebenberuflich, bei der Umsetzung vom jeweiligen Mitgliedsstaat von den Regelungen ausgenommen werden, was allerdings aus qualitativer Sicht aufgrund der hohen nebenberuflichen Vermittlerschar schwer nachzuvollziehen wäre.
Regelungen: Der Vermittler wird zwar keine individuelle staatliche Zulassung benötigen, er muss sich aber in einem staatlichen Register eintragen lassen. Hier- für gelten folgende noch gesetzlich festzulegende Anforderungen: Der Vermittler muss über angemessene Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen und einen guten Leumund, d.h. keine schwerwiegenden Eigentums- u. Finanzkriminalitätsakte, besitzen. Ferner müssen Vermittler eine Berufshaftpflichtversicherung in Höhe von mindestens 1 Mio. € für jeden Schadenfall und 1,5 Mio. € für alle Schäden innerhalb eines Jahres abschließen. Neben der Registereintragung werden dem Vermittler, dem Kunden gegenüber, einige Informationspflichten auferlegt. Der Vermittler hat den Kunden über seinen Namen, seine Anschrift, das Eintragungs- register, eine Beteiligung von über 10 % an einem bestimmten Versicherer, die Beschwerdeeinrichtungen und ob er als Makler, Agent oder Mehrfachagent auf- tritt zu informieren. Der Makler erhält eine höhere Verantwortung und haftet auch in größerem Maße als die Agenten. Er hat den Kunden auf der Grundlage einer objektiven Untersuchung, der auf dem Markt angebotenen Versicherungs- verträge zu beraten, so dass er eine fachliche Empfehlung abgeben kann. Schließ- lich werden alle Vermittlertypen dazu aufgerufen, vor Abschluss des Vertrages die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden sowie die Gründe für jede Versiche- rungsproduktempfehlung zu dokumentieren. Bei Nichteinhaltung der Anforde- rungen ist der Vermittler vom zuständigen Registerführer aus dem Register zu streichen und die weitere Ausübung zu verwähren.
Letztlich verlangt die Richtlinie die Einrichtung einer außergerichtlichen Be- schwerde- und Schlichterstelle. Wenigstens entspricht Deutschland diesbezüglich weitgehend der europäischen Norm. Seit dem 01.10.2001 hat der Ombudsmann für Versicherungen seine Arbeit aufgenommen. Er entscheidet bis zu einem Scha- densersatzwert von 5.000 € selbst, die Entscheidung ist bis zu dieser Grenze für den Versicherer verbindlich, nicht aber für den Beschwerdeführer. Darüber hinaus schließt eine außergerichtliche, aber nicht zufriedenstellende Einigung weitere gerichtliche Schritte nicht aus. Der Versicherungsombudsmann müsste lediglich für eine Beschwerde- und Schlichtungsstelle des Vermittlerbereichs weiter ausge- baut werden.
2.2.3.3 Haftung und gesetzlicher Rahmen für Financial Planner
Die Finanzberater unterliegen bereits heute einiger Verhaltensnormen. Zunächst sollte nach der Vertragsform der Financial Planner unterschieden werden. Ver- sicherungsmakler, -agenten, Anlagevermittler und Anlageberater auf Provisions- basis befinden sich juristisch auf der Dienstvertragsebene, d.h. sie unterliegen zwar einer sehr scharfen Haftung des BGHs, müssen allerdings ,nur’ ihren Auf- klärungspflichten gerecht werden. Die honorarberatenden Finanzplaner und an- dere Honorarberater stehen dagegen juristisch auf der Werksvertragsebene. Sie schulden das ,Werk’, sprich umgangssprachlich den ,Erfolg’. Man müsste dafür in die Zukunft sehen können, da dies erfahrungsgemäß nicht funktioniert, betritt der Berater, der zu optimistische Empfehlungen abgibt ziemlich dünnes Eis. Als Honorarberater ist man gut Beraten, „Wenn-dann-Szenarios“ zu entwickeln, um dem Kunden Ergebnisse unter verschiedenen Prämissen und deren Auswirkungen zu präsentieren. Unterlässt er dies und der Investor erleidet infolge der Beratung einen Vermögensschaden, kann der Kunde gem. § 823 BGB Schadensersatz for- dern. Dieser richtet sich nicht nach dem Vermögen, das ohne Berater erreicht worden wäre, sondern nach dem, vom Finanzplaner prognostizierten Erfolg.23 Die Beweispflicht einer Falschberatung liegt allerdings beim Geschädigten.
Betreibt ein Financial Planner neben der Finanzplanung und -beratung die Anla- gevermittlung oder Vermögensverwaltung, beinhalten ferner die §§ 31 ff. Wertpa- pierhandelsgesetz (WpHG) Verhaltensregeln für Wertpapierdienstleistungsunter- nehmen i.S.d. § 1 Abs. 1a Satz 2 Nr. 1 und 3 KWG (siehe hierzu auch Kapitel 2.3, S. 24). Gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG ist ein Wertpapierdienstleistungsunterneh- men verpflichtet, bei Wertpapierdienstleistungen oder -nebendienstleistungen mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse seiner Kunden zu handeln. Und sich nach Nr. 2 um die Vermeidung von Interes- senskonflikten zu bemühen. Um im Sinne des Kunden handeln zu können sind Wertpapierdienstleistungsunternehmen sodann gem. § 31 Abs. 2 WpHG ver- pflichtet sich von ihren Kunden Angaben über ihre Erfahrungen oder Kenntnis- se ..., über ihre mit den Geschäften verfolgten Zielen und über ihre finanziellen Verhältnisse zu verlangen. Außerdem sind sie lt. Abs. 2 verpflichtet ihren Kunden alle zweckdienlichen Informationen z.B. aus Verkaufsprospekten oder einschlägiger Fachpresse mitzuteilen. Die Kunden sind jedoch nicht verpflichtet, die Auskünfte gem. § 31 Abs. 1 Nr. 1 zu geben. Bei Wertpapieranalysen sind Finanzdienstleister gem. § 34 b WpHG dazu verpflichtet, diese mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit zu erbringen und mögliche Interessenkonflikte offen zu legen.24
Wenn der Finanzplaner den Kunden über mögliche zukünftige positive als auch negative Entwicklungen objektiv unterrichtet, anlegergerecht beraten, ihm alle zweckdienlichen Informationen mitgeteilt und vor allem dies dokumentiert hat dürfte ihm eigentlich kein schwerwiegender Beratungsfehler zur Last gelegt wer- den können. Ansprüche des Anlegers verjähren gem. § 37 a WpHG innerhalb von drei Jahren nach bekannt werden des Rechtsanspruchs. Beschwerde kann der ,falschberatene’ Kunde entweder zunächst bei einer Schiedsstelle25 oder direkt bzw. im Anschluss, an den nicht zufriedenstellenden Schiedsspruch über einen Anwalt bei Gericht einreichen. Natürlich gibt es auch Schwarze Schafe in der Branche, die durch unseriöses Auftreten, arglistige Täuschung oder gar Betrug den Anleger um sein Geld bringen wollen. Zur Identifikation derartiger unseriöser Angebote siehe die Punkte in Abbildung 6.
Dem Financial Planning sind allerdings Grenzen durch das Rechtsberatungs- (RBerG) und das Steuerberatungsgesetz (StBerG) gesetzt. Sofern sich der Finan- cial Planner nicht lediglich auf eine bloße Wiedergabe der gesetzlichen Rege- lungen beschränkt, sondern auf der Grundlage der Informationen über den Kun- den konkrete Vorschläge zur z.B. Umstrukturierung (Stiftungsgründung,...) erar- beitet, übt er eine nach Art. 1 § 1 Abs. 1 Satz 1 RBerG erlaubnispflichtige Rechtsberatung aus. Der § 2 Satz 1 StBerG regelt, dass die geschäftsmäßige Hil- feleistung in Steuersachen nur von Personen und Vereinigungen ausgeübt werden darf, die hierzu befugt sind. Zudem enthält der § 5 StBerG ein ausdrückliches Verbot der unbefugten Hilfeleistung. Der § 4 StBerG erklärt allerdings die allei- nige Steuerrechtshilfe als notwendige Hilfstätigkeit zur Vermögensberatung für zulässig. Eine solche Hilfstätigkeit liegt vor, wenn der Vermögensberater den Kunden lediglich über steuerliche Aspekte, die bedeutsam sind - Spekulationsfrist, Gestaltungsmöglichkeiten zur Steuerreduzierung - informiert. Die Steuerberatung darf demnach stets eine bloße Hilfstätigkeit zur vertraglich geschuldeten oder angebotenen Hauptleistung darstellen.26
Schon mangels spezifischer Fachkenntnis in Steuer- und Rechtsfragen, sollte ein Financial Planner bei komplexen Problemstellungen einen Rechtsberater und/oder Steuerberater mit ins Boot holen. Diese können zum einen vom Mandanten enga- giert werden oder zum anderen kann der Finanzberater seine Arbeit im direkten Verbund mit ihnen ausüben. Allerdings sollte der fachmännische Rat nicht erst bei
Abb. 6: Woran man zweifelhafte Angebote erkennt?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Homepage Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, www.bafin.de/faq/tipps.htm
der Umsetzung, sondern um ein Höchstmaß an Effizienz zu erreichen, bereits bei der Erstellung des Finanzplanes mit einbezogen werden.
Zuletzt ist auf Anbieterebene nur noch zu Klären, wie die Financial Planner für ihre Dienstleistung entlohnt werden.
2.2.4 Entlohnungsformen
Grundsätzlich ist die Vergütung auf Provisions- und Honorarbasis möglich. Im vorherrschenden Vergütungssystem von Provisionen, Courtagen und anderen vom Erfolg abhängigen Methoden werden die Preise einseitig vom Produktanbieter gegenüber dem Finanzvermittler festgelegt und auch von ihm gezahlt. Dem Anle- ger oder Versicherungsnehmer, der sie letztlich zu tragen hat, bleiben sie grund- sätzlich verborgen. Wegen des ökonomisch nicht vertretbaren Provisionsabgabe- verbotes darf es zwischen Anbieter (Berater) und Abnehmer (Anleger) der Ver-
Abb. 7: Das Provisions-Geschäft
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: HSBC Trinkaus & Burkhardt, in: Kebbel/Mörsch/Reuffer: Und wie seriös ist Ihr Berater?, Capital, Das Wirtschaftsmagazin, Nr. 16/2002, S. 121
mittlerdienstleistung keine Preisverhandlungen geben. Unter diesen Bedingungen ist natürlich ein funktionsfähiger Wettbewerb um die Leistung der Finanzplanung nahezu ausgeschlossen.27 Deshalb sollte auf jedem Fall für mehr Transparenz ge- sorgt werden, jeder Finanzberater sollte seine Provisionen, die er mit dem Kunden erzielt im Beratungsgespräch bekannt geben. Das Provisionsgeschäft ist allein bei den privaten Finanzdienstleistern nach einer Erhebung von HSBC Trinkaus & Burkhardt trotz dieser asymmetrischen Preisfeststellung und Untransparenz nach wie vor steigend (vgl. Abb. 7), den Kunden scheint dieser Umstand nicht zu stö- ren. Das Hauptproblem der Provisionierung, ist jedoch der damit verbundene In- teressenskonflikt. Der Berater wird für seine Dienstleistung, der Erstellung des Finanzplanes, nur entlohnt, wenn er diesen mit dem Kunden anschließend umsetzt, also Produkte vermittelt und den entstandenen Aufwand mit der erhaltenen Provision für die vermittelten Produkte subventioniert. Ganz zu Schweigen bei dem Fall, wo eine gute Beratung zu dem Ergebnis kommt oder „kommen müsste“, dass es besser ist, keine Veränderungen an der augenblicklichen Situation vorzunehmen. Der ursprüngliche Gedanke des neutralen und objektiven Financial Planning ist aus dieser Sichtweise nicht mehr gegeben.
Die Neutralität und Objektivität bei der Vermögensberatung kann mit einer Hono- rarberatung am besten garantiert werden. Durch die Zahlung eines Honorars ist es möglich die Beratung und den Verkauf zu trennen. Dadurch ist der Kunde nicht gezwungen, beim Berater auch die Realisierung der Beratungsergebnisse in Auf- trag zu geben und dieser ist darauf auch nicht angewiesen. Durch die Honorarbe- ratung ist zudem gewährleistet, dass der Kunde auch nur dafür zahlen muss, wofür er tatsächlich eine Gegenleistung gleicher Art erhält (Preiswahrheit) und die Preise sind für ihn sehr gut nachvollziehbar (Preisklarheit).28 Mögliche Honorarvergütungsformen sind erstens die reine Honorarberatung gegen Pau- schalhonorare, nach Zeitaufwand und selten Erfolgshonorare. Zweitens die Be- ratung gegen Honorar und Provisionen werden zusätzlich eingenommen (unpo- pulär) sowie die dritte Möglichkeit der Beratung gegen Honorar und der Provi- sionserstattung an den Kunden bis zur Höhe des Honorars. Nach einer Studie von Rosenkranz & Reichel gehen fast drei Viertel (73 %) der befragten Finanzberater davon aus, dass sich Beratungshonorare - und zwar kundenindividuell anstatt als Pauschalhonorare - in den nächsten Jahren allgemein Standard werden. Neun Prozent gaben an, dass sie bereits heute Honorare von ihren Kunden verlangen.29
Beide Vergütungsformen sind allerdings für den Einen oder den Anderen mehr oder minder geeignet. Zunächst wird wohl der unabhängig agierende Investor, der nur an einer Transaktion interessiert ist weiterhin nur die anfallenden Provisionen und Courtagen zahlen. Ferner werden für die kleinen Haushalte Honorare im Schnitt von 2.000,- €30 oft zu kostspielig sein. Andererseits kann die Beratung zum Nulltarif (Provisionen) gerade für Wohlhabende teuer werden. Während der Stundenlohn bei der Honorarberatung nur wenige 100 € kostet, kann der Vermitt- ler beim Verkauf von Investmentfonds i.H.v. 100.000 € rund 4.000 € Provision einstreichen, bei Produkten des Grauen Kapitalmarktes sogar ein vielfaches davon.
2.3 Wer sorgt für die Einhaltung der Spielregeln?
Die letzte Gruppe der Marktteilnehmer sind die Kontrolleure, soweit es welche gibt. In Frage kommt dafür die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden kurz: BAFin). Die oberste Aufgabe des BAFin ist es, die Funkti- onsfähigkeit des gesamten Finanzsektors in Deutschland sicherzustellen. Daraus lassen sich zwei weitere Ziele ableiten: zum einen die Solvenzsicherung bei Ban- ken, Finanzdienstleistungsinstituten und Versicherungen, zum anderen der Schutz der Kunden und Anleger. Die BAFin wurde am 25. April 2002 gegründet, damit wurden die ehemaligen Aufsichtsämter für das Kreditwesen (BAKred), das Ver- sicherungswesen (BAV) und den Wertpapierhandel (BAWe) unter einem Dach gebündelt. Kernstück der BAFin sind die drei Aufsichtssäulen, in denen die Auf- gaben der ehemaligen Aufsichtsämter aufgegangen sind. Die erste Säule Banken- aufsicht ist auf Basis des KWG für die Solvenzaufsicht zuständig. Die zweite Säu- le Versicherungsaufsicht hat auf Grundlage des VAG und VVG die Aufgabe, die Belange der Versicherten ausreichend zu wahren und sicherzustellen, dass die künftigen Verpflichtungen des Versicherungsunternehmens jederzeit erfüllbar sind. Die dritte Säule Wertpapieraufsicht/Asset-Management soll die Funktions- fähigkeit der deutschen Wertpapiermärkte nach dem WpHG sicherstellen. Darü- ber hinaus gibt es noch sektorenübergreifende Querschnittsabteilungen, die für ein reibungsloses Zusammenspiel der einzelnen Säulen miteinander verantwortlich sind.31 Anleger und Versicherungskunden können sich, wenn sie sich nicht gut beraten fühlen an die BAFin wenden.
Zur Erörterung der gesetzlichen Aufsicht stellt sich zunächst das Problem, dass die Begriffe Finanzplanung und Financial Planning bislang in keinem Gesetz Verwendung finden. Daraus darf allerdings nicht geschlossen werden, dass der Financial Planner im rechtsfreien Raum agiert. Zur Beurteilung der Aufsichtsrele- vanz muss vielmehr darauf abgestellt werden, welche einzelnen Dienstleistungen der Finanzplaner erbringt. Dies sind die Finanzplanung, die Anlageberatung, die Anlagevermittlung und die Vermögensverwaltung. Die Finanzplanung ist wie bereits in 1.1.2 definiert, die Analyse der Finanz- und Vermögenssituation des Kunden nach ausführlicher Datenermittlung und -erfassung sowie die Erarbeitung von Vorschlägen für eine Optimierung der Finanz- und Vermögensstruktur unter Einbeziehung von Liquidität, Vorsorge- und Risikoabsicherungsaspekten. Die Grenze zwischen Finanzplanung und Anlageberatung ist juristisch gesehen über- schritten, wenn der Financial Planner über die allgemeinen Empfehlungen zu Vermögensdispositionen hinausgeht und dem Kunden konkrete Produktvor- schläge unterbreitet. Der Anlagevermittler übernimmt für Dritte gegen Entgelt den Vertrieb von Kapitalanlagen, wobei er dem Anleger keine Beratung i.S. einer Empfehlung über die Eignung der Kapitalanlage vor dem Hintergrund seiner per- sönlichen Verhältnisse schuldet. Bei der Vermögensverwaltung übernimmt der Verwalter die Verpflichtung, das ihm anvertraute Vermögen nach eigenem Er- messen und ohne Rücksprache mit dem Kunden zu disponieren, wobei er nur bei Abschluss des Verwaltungsvertrags Aufklärungs- und Beratungspflichten hat.
Die Frage ist nun, wann unterliegt der Financial Planner der gesetzlichen Auf- sicht. Betreibt er ausschließlich Finanzplanung und Anlageberatung unterliegt er aufgrund des Fehlens der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 a Satz 1 KWG und des § 2 Abs. 3 Nr. 4 u. 6 WpHG keiner Aufsicht, somit sind auch die §§ 31 ff. WpHG nicht anwendbar (vgl. 2.2.3.3). Der Financial Planner unterliegt nur dann der Be- aufsichtigung durch die Bankenaufsicht sowie der Wertpapieraufsicht, wenn er die Anlagevermittlung oder die Vermögensverwaltung betreibt. Die Anlagever- mittlung im Dienst eines Dritten und für Rechnung und Haftung eines Kredit- institutes unterliegt allerdings keiner Kontrolle. Unabhängig davon unterliegt der nur Finanzplanung und Anlageberatung betreibende (siehe 2.2.3.1) der Aufsicht durch das Gewerbeaufsichtsamt.32
In Deutschland wurden unabhängig vom Gesetzgeber in den letzten Jahren einige private Berufsvereinigungen (siehe 2.2.3.1) für Finanzplaner gegründet. Diese überwachen ihre Mitglieder auf Einhaltung der selbst aufgestellten und weiterentwickelten Qualitätsnormen.
3. Prozess und Inhalt des Financial Planning
3.1 Der Beratungsprozess im Überblick
Bevor die einzelnen Bausteine des FP konkret erläutert werden, soll zunächst ein grober Überblick über den FP Prozess und den Inhalt der einzelnen Stufen gege- ben werden. Wie aus Abbildung 8 hervor geht, gliedert sich der FP-Ablauf im
Abb. 8: Ablauf des Financial Planning
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Quelle: Eigene Recherche
wesentlichen in fünf Phasen: der Datenaufnahme, der Analyse des Status quo, der Optimierung und Präsentation, der Umsetzung sowie der anschließenden periodischen Kontrolle und Anpassung an Veränderungen.
Im Datenaufnahmegespräch werden vom Kunden seine Personen- und Finanzda- ten, persönlichen Ziele und Wünsche sowie seine Anlageprämissen, wie Risiko- neigung, etc.
[...]
1 Homepage ebs-FINANZAKADEMIE, www.ebs-finanzakademie.de, 30.08.2003
2 Vgl. Warth & Klein (Hrsg.) (1999): Professionelle Vermögensverwaltung, S. 162
3 Vgl. Dommermuth/Mayerhofer (2000): Betriebliche und private Altersvorsorge, S. 5 ff.
4 Vgl. Hacker, Peter: Bevölkerung in Deutschland altert dramatisch, in: SZ, 7./8./9. Juni 2003, S. 7
5 Vgl. Lübbe, Weyma (2002): Privatvermögen, Gesellschaft u. Corporate Governance - neue Perspektiven für die Vermögensbildung, S. 33 f.
6 Vgl. Viermetz, Kurt F. (2002): Vermögensbildung und Evolution der Gesellschaft - Ein Europäischer Blick auf die USA, S. 21 - 37
7 Vgl. Rürup, B. (2002): Vermögensbildung nach dem Altersvermögensgesetz, S. 7 - 19
8 Eigene Berechnung, geometrische Rendite
9 Vgl. Sprenger, Bernd: Veränderte Vermögensmuster, in: Die Bank Nr. 8 / 2002, S. 568
10 Vgl. Bongartz, Ulrich: Erfolgreiche Private Banking-Strategien: Die Exklusiven und die Schnellen, in: Die Bank, Nr. 5/2003, S. 306
11 Rendite, Risiko, Liquidität vgl. Auckenthaler Dr., Christoph (1994): Theorie und Praxis des modernen Portfolio-Managements, S. 83 ff.
12 Vgl. Warth / Klein (Hrsg.) (1999): Professionelle Vermögensverwaltung, S. 167 ff.
13 Näheres zur Prestigefunktion in: Claupein, Erika (1990): Vermögen und Vermögensbildungsprozesse der privaten Haushalte, S. 47 f.
14 Zielkundensegmente vgl. Spremann Dr., Klaus (1999): Vermögensverwaltung, S. 267 ff.
15 Vgl. Dembowski A./Ehrlich B. (2002): Financial Planning, S. 188 ff.
16 Dembowski A./Ehrlich B. (2002): Financial Planning, S. 189 f.
17 Quelle: Seeher, Bernd (2003): EU-Vermittlerrichtlinie: Probleme bei der Qualifizierung und bei den Nebenberuflern, in: Zeitschrift für Versicherungswesen, 54. Jg., Nr. 4, S. 106
18 Vgl. Spiwoks, M. (2002): Vermögensverwaltung und Kapitalmarktprognose, S. 51 ff.
19 Vgl. Cramer, Jörg-E. (1995): Handbuch für Anlageberatung und Vermögensverwaltung, S. 722
20 Quelle: Homepage Deutscher Verband Financial Planners, www.devfp.de, zuletzt geprüft am
21.05.2003
21 Vgl. Schmidt, Jürgen (2002): Die Deregulierung der Versicherungsaufsicht und die Versicherungsvermittlung in Deutschland, S. 225 ff.
22 Vgl. Müller Dr., Helmut (2003): Die neue EU-Vermittlerrichtlinie - Überlegungen zur
Umsetzung in deutsches Recht, in: Zeitschrift für Versicherungswesen, Nr. 4/2003, S. 98 - 105
23 Vgl. Dembowski A./Ehrlich B. (2002): Financial Planning, S. 184 f.
24 Vgl. Balzer, Peter: Aufsichtsrechtliche Aspekte des Financial Planning, in: Finanz Betrieb, Nr. 2/2002, S. 115 f.
25 Anschriften von Schiedsstellen und Ombudsleuten sind auf der Homepage der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zu finden, www.bafin.de/faq/ombudsleute.html
26 Vgl. Balzer, Peter: Aufsichtsrechtliche Aspekte des Financial Planning, in: Finanz Betrieb, Nr.2/2002, S. 116 ff.
27 Vgl. Karten, Walter (2002): Ökonomische Aspekte einer EU-Richtlinie zur Versicherungsvermittlung, in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswirtschaft, Nr. 1/2002, S. 45 f.
28 Vgl. Jasny, Ralf (2002): Beratungspreise im Vermögensanlagegeschäft - Gestaltungsparameter und Auswirkungen, in Die Bank, Nr. 1/2002, S. 36
29 Quelle: Rosenkranz & Reichel, in: bank und markt: Gehobenes Privatkundengeschäft: Beratungshonorare bald Standard?, Heft 2 / 2003, S. 15
30 Quelle: Dembowski A./Ehrlich B. (2002): Financial Planning, Ganzheitliche Finanzkonzepte für gehobene Privatanleger, S. 192
31 Vgl. Homepage BAFin: Wir über uns, www.bafin.de/bafin/bafin_wirueberuns.html
32 Vgl. Balzer, Peter (2002): Aufsichtsrechtliche Aspekte des Financial Planning, in: Finanz Betrieb, Heft 2, S. 111 - 116
- Quote paper
- Matthias Schindler (Author), 2003, Financial Planning und Portfolio Management Theorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/21255
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