Das Ziel dieser Thesis ist die Herausarbeitung von Besonderheiten der Dienstleistungen ambulanter Pflegedienste, deren Zielgruppen und die Ableitungen von Anforderungen, die bei der Nutzung klassischer Instrumente der externen Kommunikationspolitik berücksichtigt werden sollten. Die Beurteilung der Instrumente erfolgt dabei unter allgemeingültigen Gesichtspunkten, das heißt ohne Berücksichtigung einer speziellen Unternehmenssituation, wie z. B. einer Neugründung. Im Ergebnis steht eine Auswahl an Instrumenten zur Verfügung, die grundsätzlich für den Einsatz von Kommunikationsmaßnahmen durch ambulante Pflegeeinrichtungen geeignet sind.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielstellung
1.3 Vorgehen
2 Begriffsbestimmung
2.1 Pflegedienstleistungen
2.2 Pflegeversicherung
2.3 Krankenversicherung
3 Pflegemarkt
3.1 Pflegemarkt heute
3.2 Pflegemarkt morgen
4 Besondere Merkmale von Dienstleistungen
4.1 Immaterialität
4.1.1 uno-actu-Prinzip
4.1.2 Nichttransport-/Nichtlagerfähigkeit
4.2 Integration des externen Faktors
4.2.1 Transport/Unterbringung des externen Faktors
4.2.2 Standardisierbarkeit und kundenorientierte Ausrichtung
4.3 Stand der Pflege in der Gesellschaft
4.4 Bewertung/Beurteilung
4.5 Auswirkungen der dienstleistungsspezifischen Besonderheiten für die Kommunikationspolitik
5 Zielgruppen
5.1 Bestimmung der einzelnen Zielgruppen
5.2 Wichtige Merkmale und Eigenschaften der Kernzielgruppen
5.2.1 Senioren
5.2.2 Kinder- und Enkelgeneration
5.2.3 Experten
5.3 Strategien
6 Kommunikationspolitik
6.1 Werbung
6.1.1 Mediaselektion
6.1.2 Kriterien der Intermediaselektion für ambulante Pflegedienste
6.1.3 Printmedien
6.1.4 Werbung in elektronischen Medien
6.1.5 Außenwerbung
6.1.6 Fazit Werbemedien
6.2 Öffentlichkeitsarbeit
6.2.1 Pressearbeit
6.2.2 Maßnahmen des persönlichen Dialogs
6.2.3 Aktivitäten für ausgewählte Zielgruppen
6.2.4 Mediawerbung
6.2.5 Fazit Öffentlichkeitsarbeit
6.3 Verkaufsförderung
6.4 Persönlicher Verkauf/persönliche Kommunikation
6.4.1 Persönlicher Verkauf beim Kunden
6.4.2 Persönliche Kommunikation zu den Experten
6.4.3 Fazit persönliche Kommunikation
7 Zusammenfassung und Ausblick
Anlagen Verzeichnis
Anlage 1: Präferenzen bei Pflegebedürftigen in 1- und 2-Personen-Haushalten ..
Anlage 2: Best Ager-Typen: Freizeitbeschäftigungen
Anlage 3: Protokoll zum Interview mit Frau A
Anlage 4: Protokoll zum Interview mit Frau B
Anlage 5: Protokoll zum Interview mit Herrn MC
Anlage 6: Übertragung der KONTIV 2010 Werte auf die Bevölkerung der Stadt Leipzig
Literaturverzeichnis
Rechtssprechungsregister
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Demografische Merkmale der Best Ager Typologien
Abbildung 2: Online-Penetration nach Altersgruppen
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
Es ist aufgrund der demografischen Entwicklung unbestritten, dass der Pflegemarkt ein Wachstumsmarkt ist. Dies bedeutet zwar für die Pflegeeinrichtungen eine grundsätzlich positive Entwicklung, welche aber auch Schattenseiten aufweist. Durch die enorme staatliche Regulierung der Preise für Pflegeleistungen und der fehlenden Lobby für Pflegeeinrichtungen sind nur minimale Preisanstiege und so- mit Umsatzzuwächse pro Leistungseinheit zu verzeichnen. Demgegenüber steht die ständig steigende Nachfrage nach Pflegeleistungen, welche eine entsprechen- de Nachfrage nach Pflegefachpersonal nach sich zieht. Die Folgen daraus sind Gehalts- bzw. Lohnsteigerungen von z. T. mehr als 25 % in den letzten vier Jahren. Bei nahezu stagnierenden Umsätzen bedeutet dies deutliche Gewinnrückgänge.
Welche Vorteile können nun aus der Realisierung von Marketingmaßnahmen für die Zukunft gezogen werden? Aufgabe der künftigen Marketingmaßnahmen wird es sein, die Pflegebedürftigen zu gewinnen, die bereit sind, deutlich höhere Zuzahlungen an die ambulanten Pflegeeinrichtungen zu bezahlen als bisher. Derzeit ist dies die einzige Möglichkeit für ambulante Pflegeeinrichtungen, ihren Umsatz pro betreute Person entsprechend der Kostenentwicklungen anzupassen.
Betrachtet man aktuelle Marketingmaßnahmen von ambulanten Pflegeeinrichtun- gen, so ist häufig festzustellen, dass diese oft sporadisch, ziel- und planlos durch- geführt werden. Die Problematik ist sicherlich der Situation zuzuschreiben, dass die Inhaber von Pflegediensten i. d. R. Pflegefachkräfte sind und nur geringe betriebs- wirtschaftliche Kenntnisse besitzen und es gerade zu den Anfängen der ambulan- ten Pflege in den 90ziger Jahren kaum Veranlassung zum Durchführen von Marke- tingmaßnahmen gab, da die Umsatz- und Kostenstrukturen teilweise Renditen von mehr als 40 % vor Steuer zugelassen haben. Doch unter heutigen Gesichtspunkten sind Marketingmaßnahmen unverzichtbar, um mittel- und langfristig am Markt zu bestehen.
1.2 Zielstellung
Das Ziel dieser Thesis ist die Herausarbeitung von Besonderheiten der Dienstleis- tungen ambulanter Pflegedienste, deren Zielgruppen und die Ableitungen von An- forderungen, die bei der Nutzung klassischer Instrumente der externen Kommunikationspolitik berücksichtigt werden sollten. Die Beurteilung der Instrumente erfolgt dabei unter allgemeingültigen Gesichtspunkten, das heißt ohne Berücksichtigung einer speziellen Unternehmenssituation, wie z. B. einer Neugründung. Im Ergebnis steht eine Auswahl an Instrumenten zur Verfügung, die grundsätzlich für den Ein- satz von Kommunikationsmaßnahmen durch ambulante Pflegeeinrichtungen ge- eignet sind.
1.3 Vorgehen
Nach der Definition wesentlicher Begriffe erfolgt die Darstellung des gegenwärtigen Standes und der künftigen Entwicklung des Pflegemarktes. Im Anschluss daran werden die besonderen Merkmale von Dienstleistungen betrachtet und welche Be- sonderheiten sich für Leistungen der ambulanten Pflege ergeben. Um Aussagen über die Nutzbarkeit von Kommunikationsinstrumenten machen zu können, sind die einzelnen Zielgruppen, die mit diesen Maßnahmen angesprochen werden sol- len, zu definieren und deren Merkmale zu untersuchen. Auf der Grundlage der ge- sammelten Erkenntnisse erfolgen die Bewertung der Nutzbarkeit der klassischen Kommunikationsinstrumente und deren Subinstrumente für den Einsatz durch eine ambulante Pflegeeinrichtung. Dabei wird sich ausschließlich auf die externe Kom- munikation mit dem Ziel der Neukundengewinnung konzentriert.
Die Vorgehensweise wird geprägt sein von einer Auswertung der gängigen Litera- turen zu den einzelnen Teilbereichen und der Übertragung der Erkenntnisse auf den Bereich der ambulanten Pflege. Auf die Gestaltung der einzelnen Instrumente wird nicht eingegangen, da die allgemeine Nutzbarkeit der Instrumente untersucht werden soll. Überdies ist die Gestaltung der Instrumente von einer Vielzahl von Faktoren abhängig, die eine allgemeingültige Betrachtung kaum erfassen kann.
2 Begriffsbestimmung
2.1 Pflegedienstleistungen
Von Pflegedienstleistungen wird gesprochen, wenn ein zugelassener Pflegedienst medizinische und/oder pflegerische Leistungen in der Häuslichkeit eines Pflegebe- dürftigen erbringt. Dabei ergeben sich zwei Hauptleistungsbereiche: Leistungen der Pflegeversicherung, welche im Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) geregelt und Leistungen der Krankenversicherung, welche im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) definiert sind.
2.2 Pflegeversicherung
Mit Einführung der gesetzlichen Pflegeversicherung im Jahr 1995 wurde die fünfte Säule der Sozialversicherung in der Bundesrepublik Deutschland geschaffen,1 um eine Grundversorgung bei eintretender Pflegebedürftigkeit abzusichern. Die ge- setzliche Pflegeversicherung gliedert sich in die private und soziale Pflegeversiche- rung, welche grundsätzlich identische Leistungen beinhalten, sich aber in der Art der Beitragsfinanzierung unterscheiden.2 Die Leistungen der Pflegeversicherung sind im vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches SGB XI geregelt und gliedern sich in häusliche, teilstationäre und vollstationäre Pflege. Leistungen der häuslichen Pflege sind in den §§ 36-39 SGB XI definiert und teilen sich in die Bereiche Pfle- gesachleistungen, Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen, Kombination von Geldleistungen und Sachleistungen (Kombinationsleistungen) und die häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson auf.3 Die gesetzliche Pflegeversicherung übernimmt die Pflegekosten nur in Form von Höchstsätzen, welche von der ge- nehmigten Pflegestufe abhängig sind. Somit stellt die Pflegeversicherung eine Grundversorgung sicher. Leistungen, die über die Höchstgrenzen hinaus gehen, müssen von dem Betroffenen selbst getragen werden.
2.3 Krankenversicherung
Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist es, die Gesundheit der Versi- cherten zu erhalten, wieder herzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu ver- bessern.4 Als Leistungen für ambulante Pflegeeinrichtungen kommen gemäß § 37 SGB V die Häusliche Krankenpflege, Grund- und Behandlungspflege sowie Haus- wirtschaftliche Leistungen infrage.5 Die wichtigste Leistungsgruppe aus diesem Bereich ist die Behandlungspflege. Dies sind ärztliche Leistungen, die an Pflege- fachkräfte delegiert werden dürfen, wie z. B. Injektionen, Medikamentengabe usw.
Im Verlauf dieser Arbeit wird sich ausschließlich auf die Leistungen der Pflegever- sicherung konzentriert. Die Gründe dafür liegen zum einen in den fehlenden statis- tischen Auswertungen für Pflegedienstleistungen gemäß SGB V, für den Bereich der Pflegeversicherung sind diese sehr ausführlich. Zum anderen ist in der Praxis festzustellen, dass gut zwei Drittel der durch einen Pflegedienst betreuten Perso- nen gleichzeitig sowohl Leistungen gemäß SGB V als auch gemäß SGB XI erhal- ten. Demzufolge ist davon auszugehen, dass Leistungsempfänger gemäß SGB V eine zumindest ähnliche Struktur aufweisen wie Empfänger von Pflegeversiche- rungsleistungen.
3 Pflegemarkt
Ein Markt ist ein ökonomischer Ort des Tausches, auf dem es durch Angebot und Nachfrage zur Preisbildung kommt.6 Bezieht man diese Definition auf den Pflege- markt, so kann aufgrund der enormen Reglementierung für Pflegeleistungen durch den Staat nur von einem Quasi-Markt gesprochen werden. Dies würde dann aber nicht nur den Pflegemarkt betreffen, sondern eine Vielzahl von Märkten, auf denen die Preise von Dritten durch z. B. staatliche Behörden begrenzt oder bestimmt wer- den. Dennoch erfolgt auf dem Pflegemarkt ein reger Austausch zwischen den Marktteilnehmern, der nicht minder durch Wettbewerb gekennzeichnet ist.7 Unge- achtet dessen unterscheidet sich der Pflegemarkt zum Teil deutlich von anderen Dienstleistungsbranchen. Neben der reglementierten Preisgestaltung kann als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal die Leistungsqualität genannt werden. Die Pflegebranche ist die einzige Branche in Deutschland, die per Gesetz zur Durch- führung eines Qualitätsmanagements verpflichtet ist und dies durch mittlerweile jährliche Kontrollen überprüft wird.8 Wie in der Medizin in Deutschland fast in allen Bereichen üblich, erfolgt ein großer Teil der Finanzierung durch die Krankenkassen bzw. durch die Sozialhilfeträger (Kostenträger). Dies führt aber zu einer besonde- ren Situation. Es entsteht eine Dreiecksbeziehung zwischen der Pflegeeinrichtung als Leistungserbringer, dem Kunden als Leistungsnehmer und den Kostenträgern als zu mindestens Teilzahler, in der ambulanten Pflege in vielen Fällen als Vollzah- ler der Leistungen. Erschwert wird diese Situation dadurch, dass zwischen den drei Parteien divergente Zielkonflikte bestehen.
Kompliziert wird diese Dreiecksbeziehung durch die unterschiedlichen Machtver- hältnisse, die den Beteiligten - insbesondere den Pflege- und Krankenkassen - durch die Gesetzgebung erteilt wurden. Dies wird deutlich durch die enormen staat- lichen Eingriffe in die Leistungs- und Preisgestaltung von Pflegeeinrichtungen. Dies gilt im Übrigen für die Mehrheit der Leistungen des medizinischen Bereiches in Deutschland. So existieren für die beiden Haupteinnahmequellen ambulanter Pfle- geeinrichtungen (Leistungen nach SGB V und XI) definierte Leistungskataloge mit entsprechenden Preislisten. Ein Abweichen ist zwar möglich, zieht aber z. B. bei Leistungen, die nicht im Leistungskatalog der Pflege- und Krankenkassen enthalten sind, immer den Abschluss von Sondervereinbarungen nach sich. Änderungen in den Entgelten können im Rahmen sogenannter Vergütungsverhandlungen vorge- nommen werden. Problematisch ist dabei aber die Verhandlungsposition der Kos- tenträger zu sehen. Große Kranken- und Pflegekassen befinden sich aufgrund ihrer Mitgliederzahl in einer monopolähnlichen Stellung gegenüber den einzelnen Pfle- geeinrichtungen, denen selbst Branchenverbände nichts entgegenzusetzen ha- ben.9 So müssen sich die Pflegeeinrichtungen die Konditionen diktieren lassen, z. B. in Sachsen durch die AOK-Plus, die für 11 weitere Krankenkassen10 das Verhandlungsmandat innehat (Vertreter des Sozialhilfeträgers sind i. d. R. anwesend). und damit den Großteil der gesetzlich Versicherten umfasst.11 Somit bleibt den Pflegeeinrichtungen bei den Vertragsverhandlungen i. d. R. nur die Akzeptanz der angebotenen Vergütung.
3.1 Pflegemarkt heute
Im Dezember 2009 waren in Deutschland ca. 2,34 Mio. Menschen im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes (SGB XI) pflegebedürftig, der Anteil der Frauen lag bei 67 %. 83 % aller Pflegebedürftigen waren 65 Jahre und älter, 35 % der Pflege- bedürftigen waren 85 Jahre und älter. Mehr als zwei Drittel (69 % bzw. ca. 1,62 Mio.) der Betroffenen wurden zu Hause versorgt. Davon wurden 31 % (ca. 550.000) der zu Hause versorgten Pflegebedürftigen teilweise oder vollständig durch ambulante Pflegedienste betreut. Der größere Anteil der Pflegebedürftigen, die zu Hause versorgt wurden, sind sogenannte Pflegegeldempfänger. Das bedeu- tet, diese Pflegebedürftigen wurden durch z. B. Familienangehörige betreut. Dieser Personenkreis stellt für professionelle Pflegeeinrichtungen ein enormes Markt- potenzial mit ca. 1,07 Mio. möglichen Kunden dar, das entspricht einem Anteil am aktuellen Markt von über 45 %. Die Anzahl der in stationären Einrichtungen ver- sorgten Pflegebedürftigen lag bei 770.000 Personen. Im Vergleich zum vorherigen Erhebungszeitraum im Jahr 2007 entspricht dies einer Erhöhung der Pflegebedürftigen von 4 %. Bei den ambulanten Pflegeeinrichtungen lag der Anstieg der Versorgten im gleichen Zeitraum bei 10 %.12
Die Pflegeeinrichtungen lassen sich in ambulante und stationäre Einrichtungen unterscheiden, wobei die stationären Einrichtungen sich weiter in teil- und vollsta- tionäre Einrichtungen gliedern. Ende 2009 existierten in Deutschland ca. 12.000 ambulante Pflegeeinrichtungen, die im Durchschnitt 46 Pflegebedürftige versorgen. Die Pflegedienste befanden sich zu 61,5 % in privater; 36,9 % in freigemeinnützi- gen und 1,6 % in öffentlicher Trägerschaft. Im gleichen Zeitraum waren bundesweit rund 11.600 stationäre Pflegeeinrichtungen zugelassen, davon 55 % in freigemein- nütziger, 40 % in privater und 5 % in öffentlicher Trägerschaft. Die Anzahl der durchschnittlichen Pflegebedürftigen, die in diesen Einrichtungen versorgt wurden, lag bei 64 Personen.13
Dass der Pflegemarkt ein Wachstumsmarkt ist, wird derzeit in vielen Medien aufge- zeigt und lässt sich an Zahlen, wie der Entwicklung der Pflegebedürftigen über einen längeren Zeitraum, nachweisen. So stieg die Zahl der Pflegebedürftigen seit 1999 um 16 % an, die der durch ambulante Pflegedienste Versorgten sogar um 33,7 %. Ein solcher Anstieg ist auch bei der Entwicklung der Beschäftigten ersicht- lich. Die Zahl der Mitarbeiter in ambulanten Pflegeeinrichtungen stieg im Zeitraum von 2007 zu 2009 um 13,9 % (Anstieg der Pflegebedürftigen im ambulanten Sektor im gleichen Zeitraum + 10,1 %), die der stationär tätigen Mitarbeiter um 5,6 % (An- stieg der Pflegebedürftigen im stationären Sektor im gleichen Zeitraum + 5,6 %).14
3.2 Pflegemarkt morgen
Um eine Aussage über die Entwicklung des Pflegemarktes zu machen, stehen ver- schiedene Studien zur Verfügung. Als Beispiel sollen die Ergebnisse einer Studie des Forschungszentrums Generationenverträge der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg dienen. Demnach wird sich die Anzahl der Pflegebedürftigen von etwa 2,1 Mio. (Basisjahr 2005) bis zum Jahr 2050 auf 4,4 Mio. Betroffene mehr als ver- doppeln.15 Mit dieser Gesamtzahl sind sowohl Empfänger von ambulanten und stationären Leistungen als auch Pflegegeldempfänger benannt.
Um eine Aussage über die Entwicklung der professionellen Pflege treffen zu kön- nen, ist zuerst zu untersuchen, wie sich die Pflege durch Angehörige und dritte Pflegepersonen entwickeln wird. In der Studie der Universität Freiburg wird im Ba- sisszenario ein Anstieg dieser Personengruppe bis zum Jahr 2050 auf etwa 1,2 Mio. Personen prognostiziert. Davon ausgehend, dass eine dieser privaten Pflegepersonen einen Pflegebedürftigen pflegt, ergibt sich im Jahr 2050 eine Diffe- renz von 3,2 Mio. Pflegebedürftigen, die durch professionelle Pflegeeinrichtungen versorgt werden müssen. Bezüglich der Inanspruchnahme von ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen werden drei Szenarien beschrieben. Im Szenario A wird das bestehende Verhältnis von stationären Pflegefällen zu ambulanten Leis- tungsempfängern als konstant angenommen, im Szenario B wird eine Verteilung von jeweils 50% unterstellt und im Szenario C wird ein stärkerer Anteil von statio- nären gegenüber ambulanten Leistungsnehmern angenommen. Demnach würde die Anzahl der ambulanten Leistungsempfänger auf 1,3 Mio. (A), 1,6 Mio. (B) bzw. 970 Tsd. (C) und die der stationären Leistungsempfänger auf 1,9 Mio. (A), 1,6 Mio.
(B) bzw. 2,3 Mio. (C) ansteigen. Aus den drei Szenarien lässt sich ableiten, dass der stationäre Anteil demnach eher überwiegen wird. Trotzdem würde es im ambu- lanten Bereich zu einem Anstieg der Pflegebedürftigen auf mindestens 176 % bzw. maximal 290 % kommen.16 Wie die Versorgung der künftigen Pflegebedürftigen mit den heutigen Strukturen der Kranken- und Pflegeversicherung sichergestellt wer- den soll ist fraglich, vor allem wenn man berücksichtigt, dass bereits heute mit 2,1 Mio. Pflegebedürftigen ein Fachkraftmangel besteht. Deshalb können zu den Ent- wicklungen der Pflegeeinrichtungen keine Aussage getroffen werden.
4 Besondere Merkmale von Dienstleistungen
In der Literatur hat sich die Dreiphasenauffassung zur Definition von Dienstleistun- gen als geeignet erwiesen, um die konstitutiven Merkmale einer Dienstleistung zu benennen. Diese sind die Potenzial-, die Prozess- und die Ergebnisorientierung. Demnach versteht man unter Dienstleistungen „… selbstständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung (…) und/oder dem Einsatz von Leistungsfä- higkeiten (…) verbunden sind (Potenzialorientierung). Interne (…) und externe Faktoren werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren, an Menschen (…) und deren Objekten (…) nutzenstiftende Wirkungen (…) zu erzielen (Ergebnisorientierung).“17
Um eine Dienstleistung erbringen zu können, muss der Dienstleistungsanbieter zum einen über die erforderlichen Fähigkeiten verfügen und zum anderen muss die Bereitschaft vorliegen, die Leistung zu bestimmten Konditionen zu erbringen.18 Somit stellen die Leistungsfähigkeit und die Absatzbereitschaft das Absatzobjekt eines Dienstleisters dar. Da Leistungsfähigkeit und die Absatzbereitschaft keine Materialität besitzen, kann aus dem Absatzobjekt die Immaterialität als konstitutives Element einer Dienstleistung bestimmt werden. Das Anbieten der Leistungsfähig- keit ist als Leistungsversprechen des Anbieters zu sehen, das mit dem Problem einhergeht, dass der Nachfrager nicht davon ausgehen kann, dass das Ergebnis mit Sicherheit eintreten wird. Es besteht somit eine Unsicherheit bezüglich des zu erwarteten Leistungsergebnisses.19 Überdies resultieren aus der Immaterialität wei- tere akzessorische Merkmale, die Nichtlager-, Nichtlieferfähigkeit und das uno- actu-Prinzip.20
Ein weiteres wesentliches Merkmal einer Dienstleistung, die Integration des exter- nen Faktors, lässt sich aus der Prozessorientierung ableiten, das heißt, der Kon- sument muss sich als Person oder seine Objekte dem Dienstleister zur Erbringung der Leistung zur Verfügung stellen. In Abhängigkeit von der Dienstleistung ist der Kunde damit zu einem erheblichen Teil am Ergebnis der Dienstleistung beteiligt. Zusammenfassend können als wesentliche Merkmale einer Dienstleistung die Im- materialität, die Nichtlager-, Nichttransportfähigkeit, das uno-actu-Prinzip, die Be- wertungsunsicherheit und die Integration des externen Faktors benannt werden.
4.1 Immaterialität
Wie beschrieben, ergibt sich die Immaterialität aus der Leistungsfähigkeit und der Absatzbereitschaft des Anbieters. Auch im Ergebnis zeigt sich die Immaterialität der Dienstleistung, da durch die Dienstleistung kein körperlicher greifbarer Gegen- stand generiert wird, obwohl es durchaus möglich ist, dass eine physische Veränderung des externen Faktors vorgenommen wird.21 Die Immaterialität bedingt wiederum zahlreiche Auswirkungen auf Vermarktung von Dienstleistungen, dazu gehören die Probleme bei der Bewertbar-/Beurteilbarkeit, das uno-actu-Prinzip und die fehlende Transport- und Lagerfähigkeit.
4.1.1 uno-actu-Prinzip
Das uno-actu-Prinzip wird in der Literatur als ein wesentliches Merkmal einer Dienstleistung beschrieben und beinhaltet den synchronen Kontakt zwischen den internen und externen Produktionsfaktoren während der Dienstleistungsproduk- tion.22 Häufig wird in dieses Prinzip die räumliche und zeitliche Überlagerung von Produktion und Absatz bzw. Produktion und Verwertung interpretiert.23 Diese Aus- sagen treffen jedoch nur vereinzelt zu und sind nicht generalisierbar. Die zeitliche Überlagerung von Produktion und Absatz ist aufgrund der Integration des externen Faktors nicht möglich, da der Kunde die Leistung vor der Produktion erwerben muss, um nach dem Kauf seinen externen Faktor in den Produktionsprozess ein- zubringen.24 Als Erwerb kann demnach die Vereinbarung, ggf. auch konkludentes Handeln, von Anbieter und Nachfrager zur Leistungserbringung gesehen werden.
Bezüglich des zeitlichen Zusammentreffens von Produktion und Konsum bzw. Verwertung werden zwei verschiedene Thesen in der Literatur aufgeführt. Die erste These besagt, dass die Produktion und der Konsum einer Dienstleistung sowohl zeitlich als auch räumlich synchron verlaufen. Die zweite These widerspricht dieser Aussage dahin gehend, dass sie nicht generalisiert werden kann und es sich um Fehlinterpretationen handelt.25 Betrachtet man den Prozess der Produktion einer Dienstleistung, so führt die Kombination eines Teiles der internen Produktionsfakto- ren, welcher das sofort verfügbare Leistungspotenzial umfasst,26 zur Leistungsbe- reitschaft des Anbieters. Durch die Kombination mit weiteren internen Faktoren und dem externen Faktor ergibt sich die letzte Faktorkombination, die in einem Dienst- leistungsergebnis endet.27 Dabei wird deutlich, dass die zeitliche Überschneidung von Produktion und Konsum i. d. R. erst mit der Einbringung des externen Faktors erfolgt und somit nur partielle Simultanität besteht. Als ebenfalls problematisch ist die zeitgleiche Beendigung von Produktion und Verwertung im Rahmen des uno- actu-Prinzip zu sehen. So wird der Konsumzeitraum von Dienstleistungen über den Zeitpunkt der eigentlichen Erbringung hinaus, bis zur Beendigung des Nutzens der Dienstleistung beschrieben.28 Demnach hält der Konsum der Dienstleistung Stu- dium solange an, wie man das vermittelte Wissen nutzt. Der Konsum der Dienst- leistung Impfung wird für die Dauer des Impfschutzes konsumiert.29 Dieser Annah- me folgend existiert demnach eine z. T. erhebliche zeitliche Diskrepanz zwischen Produktion und Konsum. Der Konsum umfasst somit alle Effekte/Folgen der Ver- wertung. Als Argument für die erste These könnte man anführen, dass demnach der Konsum von z. B. Nahrungsmitteln solange anhält, bis wieder ein Hungergefühl auftritt. Um der These des Dienstleistungskonsums auch nach Beendigung der Leistungserbringung folgen zu können, kann das Leistungsversprechen als Ab- satzobjekt einer Dienstleistung herangezogen werden. Demnach müsste das Leis- tungsversprechen als Absatzobjekt der Dienstleitung Studium z. B. Wissensüber- tragung lauten. Der Begriff des Lehrens, als Pendant zum Studieren/Lernen, wird aber z. B. im Rahmen der Instruktionspsychologie (auch Lehr- und Lernforschung) verwendet und wird in diesem Kontext definiert als „… die äußeren Randbedingun- gen für die intern ablaufenden Lernprozesse so zu gestalten, dass die Lernprozes- se zum einen auf ein bestimmtes Ziel hin ausgerichtet und zum anderen in ihrer Art und Weise so beeinflusst werden, dass das angestrebte Ziel tatsächlich auch er- reicht wird. Lehren ist damit nichts anderes als die Steuerung von Lernprozessen und die Frage danach, wie dies effektiv und letztendlich auch effizient geschehen kann, …“.30 Würde man die Dienstleistung Studium als Wissensübertragung defi- nieren, bestände ferner die Möglichkeit, an den Dienstleistungsanbieter Regress- ansprüche zu stellen, wenn ein Studierender das Wissen nicht vermittelt bekommt und den Abschluss nicht absolviert. Wiederum bestände die Möglichkeit, dem ex- ternen Faktor ein nonkonformes Verhalten zu unterstellen, welches durch das nicht ausreichende Lernen zur Nichterfüllung des Leistungsversprechens geführt hat.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass es durch die Integration des externen Faktors zumindest zu einer partiellen zeitlichen Synchronität bzw. zu einer Überschneidung von Produktion und Verwertung kommt.
Das räumliche Zusammentreffen von Produktion und Absatz stellt wiederum keine zwingende Eigenschaft einer Dienstleistung dar, da vor allem durch das Medium Internet die räumlichen Grenzen von Dienstleistungen immer mehr verschwinden. Ähnlich sieht es bei der räumlichen Trennung von Produktion und Konsum aus. So kann z. B. die Dienstleistung einer Beratung telefonisch oder über Internet erfolgen, ohne dass ein räumliches Zusammentreffen notwendig ist.31
Abschließend lässt sich das uno-actu-Prinzip definieren als die partiell zeitliche und teilweise partiell räumliche Simultanität von Produktion und Konsum einer Dienstleistung oder als zeitliche und zum Teil räumliche Simultanität von internen und externen Produktionsfaktoren bzw. als den synchronen Kontakt zwischen eingesetzten Produktionsfaktoren und dem Dienstleistungsabnehmer.32
Die Leistungen einer ambulanten Pflegeeinrichtung sind persönliche Dienstleistun- gen, die am Menschen erbracht werden. In dessen Folge muss eine partielle zeitli- che und räumliche Simultanität bezüglich Produktion und Konsum bestehen. Die Erstellung der Leistungsbereitschaft erfolgt unter Verwendung eines Teiles der in- ternen Produktionsfaktoren, das heißt, dass sich die Mitarbeiter an den Wohnort des Betroffenen begeben, um die Dienstleistung zu erbringen. Durch die Integra- tion des externen Faktors (Person bzw. räumliches Umfeld bei Hauswirtschaftsleis- tungen) und die Kombination mit weiteren internen Produktionsfaktoren wird das Ergebnis der Dienstleistung erreicht. Bezüglich der Produktion und des Absatzes existiert auch hier keine zeitliche Überschneidung, die Leistungen werden vor der Erbringung gekauft und nach dem Erwerb erbracht. Eine räumliche Trennung von Absatz und Produktion kann erfolgen, wenn die Leistungen per Telefon erworben werden. Üblich ist allerdings, dass der Absatz während eines sogenannten Erstge- spräches erfolgt, d. h., ein Mitarbeiter des ambulanten Pflegedienstes fährt zum Wohnort des Kunden, erfasst die Situation und bespricht mit dem Betroffenen, wel- che Leistungen notwendig wären. Zwischen den beiden Vertragsparteien kommt es zur Einigung, in deren Ergebnis je nach Vereinbarung die Leistungen zu einem nachgelagerten vereinbarten Zeitpunkt erbracht werden.
4.1.2 Nichttransport-/Nichtlagerfähigkeit
Wie bereits festgestellt wurde, kann eine Dienstleistung aufgrund der Immaterialität nicht gelagert und nicht transportiert werden, das heißt, eine Bevorratung mit Leis- tungen ist nicht möglich. Dieser Ausschluss macht eine Reaktion auf Nachfrage- schwankungen enorm schwierig. Der Dienstleistungsbetrieb trägt ein Beschäfti- gungsrisiko, welches sich aus der Erstellung der Leistungsbereitschaft und der Möglichkeit einer ausbleibenden Nachfrage ergibt, die Leerkosten nach sich ziehen würden. Demgegenüber steht eine Übernachfrage, der ein Unternehmen mit der Erhöhung der Leistungsbereitschaft bis zur Kapazitätsgrenze begegnen kann. In diesem Zusammenhang ist, in Abhängigkeit von der Branche, die Vorratsproduk- tion von Vorkombinationen in Betracht zu ziehen, das heißt, wenn möglich können Vorkombinationen produziert und gelagert werden, um bei hoher Kapazitätsauslas- tung eine Verkürzung der Produktionszeit zu erreichen.33
In der ambulanten Pflege sind derzeit die Möglichkeiten, auf Nachfrageschwankun- gen zu reagieren, äußerst eingeschränkt, was dem Pflegefachkräftemangel zuzu- schreiben ist, welcher in der Öffentlichkeit mit z. T. sehr widersprüchlichen Meinun- gen bezüglich seiner Existenz diskutiert wird.34 Doch in der Praxis ist, in einigen Regionen mehr als in anderen, die Existenz eines Fachkräftemangels deutlich zu spüren, z. B. durch eine geringe Anzahl von Stellengesuchen bei den Jobcentern der Arbeitsagenturen. Weitere Indizien sind eine deutliche Erhöhung der Gehalts- strukturen für Pflegefachkräfte und Stellenanzeigen, die nur vereinzelte bzw. keine Bewerbungen nach sich ziehen. Somit arbeiten viele ambulante Pflegeeinrichtun- gen bereits jetzt an der Kapazitätsgrenze, zu mindestens, was die Leistungen be- trifft, die durch Pflegefachkräfte erbracht werden müssen. Dessen ungeachtet kommt es gelegentlich in der ambulanten Pflege zu Nachfrageeinbrüchen, die durch erhöhte Sterblichkeit und/oder Einzug in eine stationäre Pflegeeinrichtung bedingt sind. Eine Anpassung der Beschäftigtenzahlen erfolgt i. d. R. nur, wenn diese Lücke nicht wieder in einer angemessen Zeit geschlossen werden kann, wo- bei aufgrund der Fachkraftsituation zuerst Pflegehilfskräfte freigestellt werden. Be- züglich einer möglichen Produktion von Vorkombinationen sind die Möglichkeiten in der häuslichen Pflege ebenfalls eingeschränkt, da die Leistung am Menschen in dessen Häuslichkeit erbracht wird. Dafür infrage kommen würden vor allem admi- nistrative Arbeiten, die die gesetzliche Grundlage der Leistungen sichern, wie die rechtzeitige Organisation von ärztlichen Verordnungen, um eine zeitnahe Einrei- chung der Verordnungen bei der Krankenkasse sicherzustellen, somit den Vergü- tungsanspruch zu behalten. In einzelnen Fällen könnten die Medikamente der Pa- tienten in sogenannten Wochenboxen gestellt werden, sofern diese sich in den Räumlichkeiten der ambulanten Pflegeeinrichtung befinden. Diese Leistung könnte aber auch komplett ausgegliedert werden. Einige Apotheken bieten in diesem Zu- sammenhang Blistern an, darunter versteht man die patientenindividuelle Einzel- verpackung von Medikamenten.
4.2 Integration des externen Faktors
Als externer Faktor werden entweder der Kunde selbst oder seine Objekte angese- hen, die er in den Dienstleistungsprozess einbringen muss, um die Durchführung einer Leistung überhaupt zu ermöglichen. Problematisch wird dieser Faktor für den Dienstleister, weil er ihn nicht frei disponieren kann, der Kunde auf den Dienstleis- tungsprozess einwirkt und durch sein Verhalten z. T. das Dienstleistungsergebnis maßgeblich mitgestaltet. Die geringe Disponierbarkeit erstreckt sich zum einen auf die Art des externen Faktors und zum anderen auf den Nachfragezeitpunkt.35 Somit kommt dem Anbieter die Aufgabe zu, den externen Faktor so zu steuern, dass der Erstellungsprozess und das Ergebnis nicht negativ durch ihn beeinflusst werden. Als Hauptprobleme durch die Integration des externen Faktors sind u. a. der Transport bzw. die eventuelle Unterbringung, der schwer standardisierbare Charak- ter vieler Dienstleistungen und die kundenorientierte Ausrichtung des Dienstleis- tungsprozesses aufzuführen.36
Die Integration des externen Faktors erlangt in der Pflege besondere Bedeutung, da der Grad der Integration kaum höher sein könnte, weil die Leistungen direkt am Kunden erbracht werden müssen. Bei Dienstleistungen wie der Pflege, die am Menschen durch Menschen ggf. mehrfach täglich über einen längeren Zeitraum erbracht werden, kommen neben dem eigentlichen Problemlösungsprozess die zwischenmenschlichen Beziehungen hinzu.37 Diese Beziehungen bestehen i. d. R. bei vielen Dienstleistungen, jedoch schwankt deren Intensität. Pflegeleistungen weisen einen hohen Intensitätsgrad auf, der durch oft entstehende starke emotio- nale Bindungen zwischen den Pflegekräften und den Patienten bedingt ist. Diese Emotionen können sowohl positiv als auch negativ auf die Dienstleistungserbrin- gung einwirken. Eine positive Bindung zwischen den Beteiligten kann sich z. B. auf die Dienstleistungszeit positiv auswirken. Durch eine kooperative Zusammenarbeit ist diese tendenziell kürzer. Auch die Beurteilung der Qualität fällt bei bestehenden Sympathien oft besser aus. Wiederum kann sich eine starke emotionale Bindung negativ auf die Bereitschaft zur Vergütung der erbrachten Leistungen auswirken, da diese als Leistungen nicht mehr wahrgenommen werden und zu Selbstverständ- lichkeiten erwachsen.38 Diese Problematik wird in der ambulanten Pflege als soge- nannte heimliche Leistungen beschrieben.39
4.2.1 Transport/Unterbringung des externen Faktors
Aufgrund des synchronen Kontaktes zwischen den internen und externen Produk- tionsfaktoren während der Dienstleistungserstellung muss bei zahlreichen Dienst- leistungen der externe Faktor zum Leistungsort transportiert und ggf. gela- gert/untergebracht werden. Beispiele dafür sind die Lagerung von zu reparierenden Fernsehgeräten oder die Unterbringung von Patienten vor und nach einer Opera- tion.40
Bei der Erbringung von Leistungen einer ambulanten Pflegeeinrichtung wird nicht der externe Faktor zum Ort der Dienstleistung transportiert und/oder gela- gert/untergebracht, sondern es werden die internen Produktionsfaktoren zum Ort der Leistungserstellung transportiert. Somit erfolgt der Transport der Leistungs- fähigkeit/-bereitschaft zum Kunden. Um dabei sicherzustellen, dass keine Leerkos- ten entstehen, muss eine Terminierung der Leistungserbringung erfolgen, die die Anwesenheit der Leistungserbringer und -nehmer absichert. Problematisch wird hier die Häufung der von den Kunden präferierten Tageszeiten, die sich zum einen aus Gewohnheiten und zum anderen aus medizinischer Notwendigkeit ergeben. In der Praxis ist eine Konzentration der Leistungserbringung auf Zeiten zwischen 7:00-9:00 Uhr und 18:00-20:00 Uhr festzustellen, da zu diesen Zeitpunkten Unter- stützungen bei der Morgen- und Abendpflege sowie beim Frühstück und Abendes- sen durchgeführt werden. Eine besondere Brisanz erhält diese Thematik dadurch, dass die Einhaltung der geplanten Zeiten zu den zehn wichtigsten Präferenzen bei Pflegebedürftigen zählt.41 Bei Pflegebedürftigen in 2-Personen-Haushalten stellt sie das wichtigste Kriterium dar.42 Aufgabe der ambulanten Pflegeeinrichtung ist es, so viele Patienten wie möglich in diesen Zeitkorridoren zu versorgen. Begrenzt wird die Möglichkeit jedoch durch die Anzahl der vorhandenen Pflegekräfte.
4.2.2 Standardisierbarkeit und kundenorientierte Ausrichtung
Dienstleistungen weisen einen schwer standardisierbaren Charakter auf, welcher durch die Integration des externen Faktors begründet ist. Diesbezüglich besteht jedoch für einige Dienstleistungen die Möglichkeit, Teile der Prozesse zu standar- disieren,43 besonders diese, in denen der externe Faktor nicht involviert ist. Aber auch bei Einbindung des externen Faktors können und müssen die Leistungen standardisiert werden, um einheitliches Vorgehen und vor allem eine nahezu glei- che Qualität zu sichern. Besonders schwierig gestaltet sich dies bei Menschen oder Tieren als externer Faktor, da deren Verhalten ggf. deutlich vom gewünschten Ver- halten abweichen kann. Diese möglichen Verhaltensabweichungen sollten ggf. im Vorfeld weitestgehend unterbunden werden, durch z. B. Hausordnungen und/oder klare Struktur von Prozessen wie z. B. die Schaffung von Warteräumen bei medizi- nischen Einrichtungen, um den reibungslosen Ablauf an der Anmeldung zu garan- tieren.44 Weist der Kunde als externer Faktor Verhaltensweisen auf, die nicht tole- rierbar sind und ggf. sich auf andere Kunden auswirken, z. B. in einer gastronomi- schen Einrichtung, so sollte sich der Dienstleister auch mit dem Ausschluss un- erwünschter Nachfrager beschäftigen und Regelungen zum Umgang mit diesen schaffen.45 Neben dem Drang nach Standardisierung muss besonders bei Dienst- leistungen eine konsequente Kundenausrichtung der Dienstleistungsprozesse er- folgen. Dies gilt im Besonderen für Leistungen, bei denen der Kunde selbst als ex- terner Faktor auftritt.46 Die Kundenausrichtung sollte dabei aber nicht voreilig erfol- gen oder gar zulasten anderer Kunden gehen, sondern in Abhängigkeit von der Kundenkategorie z. B. entsprechend einer ABC-Kundenanalyse vorgenommen werden.
Bezüglich der Standardisierbarkeit von Pflegeleistungen existiert im Pflegebereich zum einen der Drang nach Standardisierung, dies zeigt sich unter anderem darin, dass die Existenz von Leitlinien, Richtlinien und Standards im Rahmen von Quali- tätskontrollen gemäß § 114 SGB XI kontrolliert werden47 und die Anwendung na- tionaler Expertenstandards nach § 113a SGB XI gesetzlich vorgeschrieben ist. Zum anderen sind die Pflegeeinrichtungen aufgefordert, eine individuelle Pflege zu organisieren und durchzuführen.48 Somit besteht für die ambulanten Pflegeeinrich- tungen die Verpflichtung, eine standardisierte individuelle Pflege und Betreuung durchzuführen und Wünsche und Besonderheiten der Kunden zu berücksichtigen. Gemeint ist damit, dass die Leistungen individuell zu bestimmen sind, sich also an den Kundenwünschen und Anforderungen orientieren. Die Leistungserbringung erfolgt dann aber nach einem standardisierten Vorgehen.
Neben den Anforderungen der standardisierten individuellen Pflege erschwert die Integration des externen Faktors in den Leistungserstellungsprozess die Standardi- sierbarkeit der Leistungserstellung, was zu einer Indeterminiertheit in Teilen der Leistungserstellung führt und durch die Möglichkeit des Auftretens und des Verhal- tens des externen Faktors beschrieben ist.49 Daraus resultiert für den Leistungser- bringer eine Unsicherheit,50 deren Ausmaß durch Internalisierung, das heißt, Ver- ringerung des Aktivitätsgrades des Nachfragers, begegnet werden kann. Dem gegenüber besteht, durch die Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager wäh- rend der Leistungserstellung, die Möglichkeit einer unmittelbaren Anpassung der Leistung an die individuellen Anforderungen des Nachfragers. Eine Anpassung kann dabei nur erfolgen, sofern die Abweichungen durch den Nachfrager kommu- niziert werden bzw. kommuniziert werden können, sodass dem Anspruch der Kun- denorientierung entsprochen wird.
Im Rahmen der Pflege sind die Möglichkeiten der In- bzw. Externalisierung zum einen von der Leistungsart und zum anderen von den physischen und psychischen Möglichkeiten des Betroffenen abhängig. Medizinische Leistungen gemäß dem SGB V sind im Wesentlichen durch eine Duldung der Leistungserbringung geprägt, d. h., die Beteiligung des Kunden reduziert sich auf seine Anwesenheit und die Gewährung der Durchführung. Dagegen wird bei pflegerischen Leistungen im § 11 SGB XI eine aktivierende Pflege gefordert, das bedeutet, eine aktive Beteiligung des Betroffenen im Rahmen seiner Möglichkeiten. Ziel dieser Aktivierung ist es, die vorhandenen Ressourcen zu fördern und somit eine Verringerung der Pflegebe- dürftigkeit herbeizuführen, eine Erhöhung zu vermeiden oder zu verlangsamen. Die aktivierende Pflege hängt dabei direkt von der Schwere der Pflegebedürftigkeit ab. So ist bei Schwerstpflegebedürftigen (Pflegestufe 3 und/oder Härtefall) ähnlich wie bei den SGB-V-Leistungen von einer Duldung der Tätigkeiten auszugehen. Bei den Pflegestufen 1 und 2 erstreckt sich die Beteiligung bis hin zur vollständigen Über- nahme einzelner Leistungen, ggf. unter Anleitung und Aufsicht einer Pflegekraft. Des Weiteren kann es in Abhängigkeit von der körperlichen und geistigen Verfas- sung zu Schwankungen des Aktivitätsgrades der Nachfrager kommen. Somit ist festzustellen, dass die Möglichkeiten der In- bzw. Externalisierung im Pflegebereich von der Art der erbrachten Leistung (medizinisch oder pflegerisch) und von der physischen und psychischen Tagesform des Nachfragers abhängen, sodass es ggf. täglich zu einer Anpassung des Aktivitätsgrades des Nachfragers bei Leistun- gen einer Pflegeeinrichtung kommt, was wiederum eine Standardisierung enorm erschwert. Als Lösungsansatz ist die Standardisierung von Teilprozessen zu se- hen.
4.3 Stand der Pflege in der Gesellschaft
Ein wesentliches Problem bei der Vermarktung von Pflegeleistungen ist das gerin- ge Interesse an Leistungen von Pflegeeinrichtungen vor einer benötigten Inan- spruchnahme, sowohl bei den Angehörigen als auch bei den älteren Menschen. Dies könnte damit zusammenhängen, dass ältere Menschen sich nicht als krank- heits- oder pflegegefährdet ansehen und somit kaum Bezug zu hiermit verbunde- nen Produkten und Leistungen haben.51 Wenn dies für die älteren Menschen schon zutrifft, dann doch erst recht für den jüngeren Teil der Gesellschaft. Eine weitere Rolle spielt auch der Umgang bzw. der Stand des Alters in der Gesellschaft. Altern wird, auch im besonderen Maße durch die Werbung, als etwas Negatives darge- stellt und führt somit zu einem Altersbild, das Altern als Reduktion des Lebens dar- stellt.52 Folgt man dieser Einstellung, stellt Pflegebedürftigkeit eine besonders ne- gative Entwicklung dar. Dabei liegt es in der Natur des Menschen, sich von negati- ven Gegebenheiten zu distanzieren, was sich darin manifestiert, dass sich Angehö- rige und potenziell betroffene pflegebedürftige Personen mit Pflegebedürftigkeit gar nicht oder nur sehr wenig im Vorfeld beschäftigen. Dies erlangt besonderes Ge- wicht, wenn man berücksichtigt, dass mehr als jeder Zweite im Verlauf seines Le- bens pflegebedürftig wird.53 Die Folge dieses Desinteresses ist, dass die Nachfra- ger wenig bis keine Informationen über Pflegeleistungen aufweisen. Erschwerend kommt die Darstellung der Pflege durch die Presse hinzu, getreu dem Medienmotto „Only bad news are good news!“54 erfolgt eine teilweise einseitige Berichterstat- tung, bei der verschiedene Fakten aus dem Zusammenhang gerissen dargestellt werden. Als Beispiel hierfür soll der 3. Pflege-Qualitätsbericht des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) dienen. Der MDK kam zu dem Ergebnis, dass sich die Qualität der Pflege verbessert hat.55 In der Presse waren Überschriften zu lesen wie:56 „Jeder fünfte Heimbewohner eingesperrt“, „Die Kassen schlagen Alarm“ und „Mehr als 140.000 Menschen werden mit Gittern oder Gurten im Bett oder Rollstuhl festgehalten.“ Die Meldung von der Verbesserung in der Qualität der Pflege blieb außen vor. Ebenso wurden die Gründe für die freiheitsbeschränkenden Maßnahmen nicht betrachtet. Etliche Pflegebedürftige wünschen ausdrücklich aus Angst, nachts aus dem Bett zu fallen, dass die Bettgitter hochgestellt werden, um ihr eigenes Sicherheitsbedürfnis zu befriedigen.
4.4 Bewertung/Beurteilung
Eines der wesentlichsten Probleme von Dienstleitungen ist deren mangelnde bzw. schwierige Beurteilung. Diese Beurteilungsunsicherheit resultiert daraus, dass es sich als Absatzprodukt von Dienstleistungen um ein Leistungsversprechen handelt, auf dessen Erfüllung die Abnehmer vertrauen müssen. Problematisch wird die Be- wertung vor allem dann, wenn nicht einmal nach der Inanspruchnahme der Dienst- leistung die Qualität der Leistung exakt bestimmt werden kann. Diese Leistungen werden credere goods (Vertrauensgüter) und sind durch ein spezielles fachliches Leistungsvermögen gekennzeichnet.57 Beispiele für solche Leistungen sind Bera- tungen, Autoreparaturen und medizinische Behandlungen.58 Aufgrund des fehlen- den Know-hows haben die meisten Nutzer somit auch keine Möglichkeit zu beurtei- len, ob sie eine gute Leistungsqualität erhalten haben oder nicht. Sie können ledig- lich beurteilen, inwieweit die erhaltene Leistung ihren Erwartungen entsprach. Als Ausnahmen sind hier Experten anzusehen, die aufgrund ihres Fachwissens in der Lage sind, auch schon vor einem Kauf durch Informationssammlung die Qualität der Leistungen einzuschätzen.59
Ein weiterer Punkt, der mit der Beurteilungsproblematik einhergeht, ist die Reaktion des Nachfragers auf das wahrgenommene Kaufrisiko. Dieses Risiko wird von Dienstleistungskonsumenten aufgrund der Immaterialität, der Komplexität, der häu- fig schweren Standardisierbarkeit und subjektiv schlechteren Ausstattung mit Ge- währleistungsrechten als höher wahrgenommen, als bei Konsumenten von Sach- leistungen. Das wahrgenommene Risiko setzt sich dabei aus der subjektiven Wahrscheinlichkeitsannahme über das Eintreten negativer Folgen einer Entschei- dung und dem wahrgenommenen Ausmaß dieser Folgen zusammen.60 Als Risiken werden unterschieden: Das funktionelle (tritt die zu erwartende Nutzenstiftung ein), das finanzielle (besteht ein ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis), das physi- sche (die Gefahren eines medizinischen Eingriffes), das psychologische (kognitive Dissonanzen) und das soziale Risiko (Änderung des sozialen Ansehens).61
Um sich aus diesem Dilemma zu befreien, entwickelt der Kunde bereits vor dem Vertragsabschluss Hilfskriterien für die Bewertung einer Dienstleistung. So werden vom Ruf/Image der Firma, der Höhe des Preises und der Qualität der Produktionsfaktoren Rückschlüsse auf die Prozess- und Ergebnisqualität gezogen.62
Die genannten Erkenntnisse sind eins zu eins auch auf die Leistungen einer ambu- lanten Pflegeeinrichtung übertragbar. Bei den potenziellen Kunden eines Pflege- dienstes kommen aber weitere Merkmale hinzu, die die Beurteilung maßgeblich beeinflussen. Nicht selten tritt Pflegebedürftigkeit plötzlich auf, bedingt durch die auslösenden Grunderkrankungen. Die häufigsten Ursachen für Pflegebedürftigkeit sind Herzmuskelschwäche und Schlaganfälle.63 Für die Betroffenen und ihre Ange- hörigen ergibt sich eine familiäre Notsituation, die durch Sorgen um das betroffene Familienmitglied und Fragen „Wie es z. B. nach der Entlassung aus dem Kranken- haus zu Hause (beim Betroffenen) weitergehen soll?“ geprägt sind. Erschwerend kommt ein zeitliches Problem hinzu. Aufgrund einer, durch die Angehörigen gewoll- ten oder durch zwangsmäßige Verlegung64 (u. a. Folge der Einführung der Vergü- tung der Krankenhäuser nach Diagnosis Related Groups (DRGs))65 kommen die Betroffenen sehr schnell wieder in ihre Häuslichkeit zurück. Es zeigt sich, dass die Betroffenen mit ihren Angehörigen in einer derartigen Situation zu stark vereinfach- ten Entscheidungsheuristiken neigen, häufig werden folgende Verhaltensweisen ausgelöst:66
- Die Betroffenen werden auf einen ihnen bekannten Anbieter zurückgreifen.
- Die Meinung von Verwandten/Bekannten und Experten spielt eine große Rolle.
- Schlüsselindikatoren, wie zum Beispiel die Pflegenoten im Ergebnis von Quali- tätsprüfungen des MDK, werden für die Beurteilung herangezogen.
Das heißt also, die Betroffenen greifen zuerst auf das ihnen zur Verfügung stehende Wissen zurück, wenn dies nicht mehr ausreicht, wird es erweitert. Neben der Befragung von Experten, diese sind in der ambulanten Pflege Ärzte, Sozialarbeiter und Pflegepersonal im Krankenhaus,67 stellt das Internet eine weitere schnelle Art der Informationsbeschaffung dar, wobei die Nutzung in den einzelnen Altersklassen sehr variiert. Aber gerade die Kinder- und Enkelgeneration nutzt dieses Medium mit einem Verbreitungsgrad von 75 bis 97 %.68
Eine weitere Möglichkeit, der Unsicherheit bei der Kaufentscheidung entgegen zu wirken, sind Erfahrungsberichte/Referenzen zufriedener Kunden oder Auszeich- nungen und Gütesiegel. Im Bereich der Pflege kommen dabei die Pflegenoten, welche im Rahmen einer Qualitätsprüfung durch den MDK veröffentlicht werden und Qualitätssiegel von namhaften Qualitätsorganisationen, wie dem TÜV oder der Dekra in Betracht. Die Pflegenoten bzw. die Kriterien, die einer Benotung unterzo- gen werden, sind seit ihrem Bestehen einer nicht endenden Kritik unterworfen, da
„sie vorrangig die Qualität der Dokumentation bewerten“69 ohne z. B. eine objektive Beurteilung des eigentlichen Pflegezustandes des Betroffenen in die Benotung einfließen zu lassen. Die Eignung einer Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 zur Widerspiegelung der Qualität der Leistungen ist insofern fraglich, da Kriterien zur Beurteilung der medizinisch-pflegerischen Qualität der Leistungen fehlen. Unabhängig ihrer Eignung ist jedoch die Werbewirkung dieser Qualitätszertifikate, gerade bei durch Unsicherheit geprägten Dienstleistungen, unumstritten.70
4.5 Auswirkungen der dienstleistungsspezifischen Besonderheiten für die Kommunikationspolitik
Wie bereits erarbeitet, stellen Immaterialität und Integration des externen Faktors die wesentlichen konstituierenden Merkmale einer Dienstleistung dar. Aus der Beschreibung der einzelnen Merkmale lassen sich folgende Maßnahmen bzw. Aufgaben zusammenfassen.
Aus der Immaterialität ergeben sich für die Kommunikationspolitik folgende Aufga- ben:71
- Verbesserung des Unternehmens- bzw. Leistungsimages zur Verbesserung der Leistungsbeurteilung durch den Kunden
- Materialisierung oder Visualisierung der Dienstleistungen mittels tangibler Elemente zur Verdeutlichung des Dienstleistungsprozesses gegenüber dem Kunden
- Dokumentierung und Materialisierung der Kompetenzen und Fähigkeiten, z. B. in Form von Zertifikaten Aus der Integration des externen Faktors lassen sich folgende Aufgaben ableiten:72
- Einsatz von Kommunikationsmaßnahmen bei Problemen und Beschwerden im Rahmen der Dienstleistungserstellung
- Nutzung von Mund-zu-Mund-Propaganda, da auf die Beurteilung von Be- kannten/Verwandten als Entscheidungskriterium viel Wert gelegt wird.
Somit ist es u. a. die Aufgabe der Kommunikationspolitik, in Verbindung mit den anderen Marketinginstrumenten vor allem im Vorfeld einer Inanspruchnahme den Unsicherheiten zu begegnen und somit das wahrgenommene Kaufrisiko zu redu- zieren.
Aufgrund der Besonderheiten der Leistungen ambulanter Pflegeeinrichtungen, der Negation der Pflege und der vereinfachten Entscheidungsheuristiken müssen als Ziele der Kommunikationspolitik ergänzt werden:
- Erhöhung der Aktualität, um zu den vom Betroffenen und dessen Angehöri- gen bekannten Anbietern zu gehören,
- Verbesserung des Images der Einrichtung, um Rückschlüsse vom positiven Image auf die Qualität der Leistungen zu ermöglichen und ein positives Meinungsbild bei den Experten zu erzeugen sowie
- eine leichte Erreichbarkeit von Information der Einrichtung sicherzustellen, z. B. über eine Homepage, um den vereinfachten Entscheidungsheuristiken in Form einer schnellen Informationsbeschaffung zu entsprechen. Dies erscheint besonders dann von Bedeutung, wenn die Angehörigen (Kinder, Enkel) nicht den gleichen Wohnort wie die Betroffenen teilen.
5 Zielgruppen
5.1 Bestimmung der einzelnen Zielgruppen
Im Rahmen einer Zielgruppenbildung werden Personen zu einer Gruppe zusam- mengefasst, die ein wesentliches gemeinsames Merkmal aufweisen. Sie kommen als potenzielle Käufer für die Produkte bzw. Leistungen des Unternehmens in Be- tracht. Bezogen auf die Kommunikationspolitik ist die Erkenntnis zu berücksichti- gen, dass es nur eine gruppenspezifische Wirksamkeit kommunikativer Maßnah- men gibt.73 Demnach ist eine differenzierte Marktbearbeitung im Rahmen der Kommunikation notwendig, um den speziellen Bedürfnissen der bestimmten Ziel- gruppen gerecht zu werden. Um einen effizienten Einsatz der Kommunikationsins- trumente zu gewährleisten, sind die Kommunikationsbedürfnisse homogener Ziel- gruppenschichten offenzulegen und abzugrenzen.
[...]
1 Vgl. Kruse, M. (2002), S. 2
2 Vgl. Schnabel, R. (2007), S. 3
3 Vgl. SGB XI (2012), §§ 36-39
4 Vgl. SGB V (2012), § 1
5 Vgl. SGB V (2012), § 37
6 Vgl. Corsten, H., Gössinger, R. (2008), S. 512
7 Vgl. Gründger, F. (2001), S. 7
8 Vgl. SGB XI (2012), § 112
9 Vgl. pflegestufe.info (2011), S. 1
10 Vgl. AOK-Plus, (o. J.), S. 1
11 Vgl. Statistische Bundesamt (2011), S. 29
12 Vgl. Pfaff, H. (2011), S. 6
13 Vgl. Pfaff, H. (2011), S. 11, 18
14 Vgl. Pfaff, H. (2011), S. 6
15 Vgl. Hackmann, T., Moog, S. (2008), S. 3
16 Vgl. Hackmann, T., Moog, S. (2008), S. 19
17 Meffert, H., Bruhn, M. (2009), S. 19
18 Vgl. Hilke, W. (1989), S. 11
19 Vgl. Corsten, H., Gössinger, R. (2008), S. 21
20 Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2009), S. 44
21 Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2009), S. 43
22 Vgl. Maleri, R. (2001), S. 137
23 Vgl. Maleri, R. (2001), S. 138
24 Vgl. Maleri, R. (2001), S. 137
25 Vgl. Fritzsche, U. (2001), S. 131; Maleri, R. (2001), S. 138; Corsten, H., Gössinger, R. (2007), S. 22
26 Vgl. Corsten, H., Gössinger, R. (2007), S. 128
27 Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2009), S. 37
28 Vgl. Fritzsche, U. (2001), S. 82
29 Vgl. Maleri, R. (2001), S. 138
30 Astleitner, H.; Sindler, A. (1999), S. 59
31 Vgl. Maleri, R. (2001), S. 138
32 Vgl. Fritzsche, U. (2001), S. 133
33 Vgl. Bieberstein, I. (2006), S. 58
34 Vgl. Hubschmied, M. (2011), S. 1; Dowidet, A. (2011), S. 1
35 Vgl. Bieberstein, I. (2006), S. 55
36 Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2009), S. 42
37 Vgl. Kruse, M. (2002), S. 61
38 Vgl. Kruse, M. (2002), S. 62
39 Vgl. Heiber, A., Nett, G. (2006), S. 37
40 Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2009), S. 42
41 Vgl. Kruse, M. (2002), S. 156; Anlage 1
42 Vgl. Kruse, M. (2002), S. 164; Anlage 1
43 Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2009), S. 42
44 ebd.
45 Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2009), S. 43
46 Vgl. Meffert, H., Bruhn, M. (2009), S. 42
47 Vgl. Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (2009), S. 22
48 Vgl. Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e.V. (2005), S. 53
49 Vgl. Corsten, H., Stuhlmann, S. (2001), S. 189
50 ebd.
51 Vgl. Kruse, M. (2002), S. 89)
52 Vgl. Neundorfer, L. (2008), S. 104
53 Vgl. Rothgang, H., Iwansky, S., Müller, R., Sauer, S., Unger, R. (2010), S. 7
54 Vgl. Gestmann, M. (2010), S. 1
55 Vgl. Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (2012), S. 2
56 SPIEGEL ONLINE GmbH (2012), S. 1; Lahrmann, M. (2012), S. 1
57 Vgl. Göbl, M. (2003), S. 22
58 Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 219
59 Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 220
60 Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 221
61 Vgl. Scharitzer, D. (1994), S. 59
62 Vgl. Kuhlmann, E. (2001), S. 220
63 Vgl. Pick, P., Brüggemann, J., Grote, C., Grünhagen, E., Lampert, T. (2004), S. 13
64 Vgl. Kruse, M. (2002), S. 85
65 Vgl. Möhrle, K. (2003), S. 566
66 Vgl. Kruse, M. (2002), S. 88
67 Vgl. Kruse, M. (2002), S. 89
68 Vgl. AGOF - Arbeitsgemeinschaft Online Forschung e.V. (2012), S. 9
69 Vgl. Caritas in NRW (2011), S. 1
70 Vgl. Göbl, M. (2003), S. 19
71 Vgl. Göbl, M. (2003), S. 18 und Meffert, H., Bruhn, M. (2009), S. 40
72 Vgl. Göbl, M. (2003), S. 18 und Meffert, H., Bruhn, M. (2009), S. 40
73 Vgl. Nieschlag, R., Dichtl, E., Hörschgen, H. (2002), S. 1064
- Quote paper
- Wolfgang Morche (Author), 2012, Die Kommunikationspolitik ambulanter Pflegedienste. Besonderheiten, Zielgruppen und Anforderungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211503
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