Das europäische Kartellrecht erfuhr innerhalb der letzten Jahre tiefgreifende Veränderungen. Insbesondere trug die VO (EG) Nr. 1/2003 dazu bei, dass es zu elementaren Neuerungen sowohl auf europäischer Ebene als auch in den einzelnen Mitgliedstaaten kam. Sie wurde am 16.12.2002 durch den Rat der Europäischen Kommission verabschiedet und trat gem. Art. 45 der VO 1/2003 am 01.05.2004 in Kraft. Dabei löste sie die bis dahin geltende VO (EWG) Nr. 17/62 ab und gilt nun als neue Durchführungsverordnung für die in den Art. 101 und 102 AEUV niedergelegten Wettbewerbsregeln. Die wichtigste Veränderung ist der Wechsel vom bis dahin geltenden zentralisierten Anmeldungs- und Genehmigungssystem hin zu einem System der Legalausnahme. Die Folge für die Praxis besteht nun darin, dass die Art. 101 und 102 AEUV in ihrer Gesamtheit unmittelbar von den Wettbewerbsbehörden und den Gerichten der Mitgliedstaaten anzuwenden sind. Für Konzerne bedeutet dies, dass sie nun die Vereinbarkeit der von ihnen geschlossenen Vereinbarungen mit den Bestimmungen des EG-Kartellrechts selbst zu überprüfen haben. Damit entfällt die bis dahin bestehende Möglichkeit, die jeweiligen getroffenen Vereinbarungen durch die Kommission förmlich prüfen und bestätigen zu lassen. Der Systemwechsel ist unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO die EU um zehn weitere Mitgliedstaaten vergrößert wurde. Folglich begründet die Kommission diese Neuerung damit, dass das bis dato gültige zentralisierte System nicht mehr in der Lage war, eine wirksame Überwachung bei möglichst einfacher Verwaltungskontrolle zu gewährleisten. Zudem sei die Arbeitsbelastung durch die zahlreichen Anmeldungen und die daraus folgenden komplexen Entscheidungsverfahren enorm hoch. Somit lässt sich festhalten, dass vor allem eine konsequente Durchsetzung der Wettbewerbsregeln, eine effektive Dezentralisierung sowie eine Vereinfachung des Kartellverfahrens im Mittelpunkt der Reform standen.
Inhalt der vorliegenden Arbeit ist einerseits ein kurzer Rückblick über das bisherige Kartellverfahrensrecht, andererseits wird die neue VO 1/2003 mit dem einhergehenden Systemwechsel thematisiert (Punkt B). Punkt C beinhaltet einen Überblick über die wichtigsten Vorschriften der VO, die die einzelnen multinationalen Konzerne am ehesten betreffen. Weiterhin verdeutlicht Punkt D das Kartellverfahren anhand eines Beispiels und abschließend erfolgt eine kurze Schlussbetrachtung über die gesamte Thematik.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung
- B. Entwicklung des Kartellverfahrensrechts
- I. Rückblick: Kartellverfahrensverordnung (EWG) Nr. 17/62
- II. Die neue Verordnung (EG) Nr. 1/2003
- C. Kartellverfahren nach der VO (EG) Nr. 1/2003
- I. Zuständigkeit und Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten
- II. Ermittlungsbefugnisse der Kommission
- III. Entscheidungen der Kommission
- IV. Geldbußen und Zwangsgelder
- D. Kommissionsentscheidung gegen Kupferfittings-Branche
- I. Vorstellung der Problematik
- II. Vorgehen der Kommission
- III. Entscheidung
- IV. Urteil des EuG zur Kommissionsentscheidung
- V. Bewertung der Kommissionsentscheidung
- E. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit analysiert die Auswirkungen der VO (EG) Nr. 1/2003 auf das Kartellverfahren für multinationale Konzerne. Sie beleuchtet die Entwicklung des Kartellverfahrensrechts, insbesondere den Systemwechsel zur neuen Verordnung, und untersucht die konkreten Auswirkungen der neuen Rechtslage auf die Ermittlungsbefugnisse der Kommission, ihre Entscheidungsfindung und die Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern.
- Entwicklung des Kartellverfahrensrechts
- Zuständigkeiten und Zusammenarbeit im Kartellverfahren
- Ermittlungsbefugnisse der Kommission
- Kommissionsentscheidungen und deren rechtliche Überprüfung
- Anwendungsbeispiel: Kommissionsentscheidung gegen Kupferfittings-Branche
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema und beleuchtet die Relevanz des Kartellrechts für den Schutz des Wettbewerbs. Anschließend wird die Entwicklung des Kartellverfahrensrechts betrachtet, wobei der Schwerpunkt auf dem Wechsel von der Verordnung (EWG) Nr. 17/62 zur neuen Verordnung (EG) Nr. 1/2003 liegt. Dabei werden die wichtigsten Neuerungen und Kritikpunkte des neuen Systems dargestellt.
Im nächsten Kapitel wird das Kartellverfahren nach der VO (EG) Nr. 1/2003 im Detail analysiert. Die Zuständigkeitsverteilung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, die Ermittlungsbefugnisse der Kommission, die Arten von Kommissionsentscheidungen sowie die Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern werden ausführlich behandelt. Das Kapitel schließt mit einer Analyse der Kommissionsentscheidung gegen die Kupferfittings-Branche. Der Sachverhalt, das Vorgehen der Kommission, die getroffene Entscheidung und das Urteil des EuG werden präsentiert und bewertet.
Schlüsselwörter
Die Seminararbeit befasst sich mit den Themen Kartellverfahrensrecht, Wettbewerbsschutz, europäisches Kartellrecht, VO (EG) Nr. 1/2003, Kommission, Ermittlungsbefugnisse, Geldbußen, Zwangsgelder, Kommissionsentscheidungen, EuG, Kupferfittings-Branche. Die Arbeit untersucht die praktische Umsetzung des europäischen Kartellrechts und analysiert die Auswirkungen der neuen Verordnung auf das Kartellverfahren für multinationale Konzerne.
- Quote paper
- Melanie Klar (Author), 2011, Auswirkungen der VO (EG) Nr. 1/2003 auf das Kartellverfahren für multinationale Konzerne, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/211213