Ich könnte beweisen, daß es weder die Form des Körpers noch die seiner Teile ist, die seine Gewohnheiten und seine Lebensweise veranlaßt, sondern daß es umgekehrt die Lebensweise und alle einwirkenden Umstände sind, die mit der Zeit Körper und Körperteile formten.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts, 1809, veröffentlicht der französische Botaniker und Zoologe Jean-Baptiste-Pierre-Antoine de Monet, Chevalier de Lamarck, noch lange vor Charles Darwin, mit seinem Monumentalwerk Philosophie zoologique die erste ausformulierte Evolutionstheorie. Die heute unter dem Begriff „Lamarckismus“ bekannte Theorie geht von der Grundannahme aus, dass Tiere die Eigenschaften, welche sie im Laufe ihres Lebens erworben haben, an ihre Nachkommen vererben. Der Forscher begründet seine Auffassung mit den Umweltbedingungen, die in den Tieren ein inneres Bedürfnis zur Anpassung auslösen würden.
Das häufigste Beispiel, um die Theorie von Lamarck anschaulich zu machen, ist die Entwicklung des Halses der Giraffe. Der Lebensraum der Giraffe in den afrikanischen Steppen ist trocken und das Angebot nach pflanzlicher Nahrung begrenzt. Über Generationen hinweg musste sich die Giraffe nach Nahrung in höhergelegenen Bereichen der Bäume strecken, wodurch sich die Länge des Halses verlängerte. Von Generation zu Generation vererbten die Giraffen so ihre neu erworbene Halslänge weiter.
Aus der heutigen Sicht ist der Lamarckismus widerlegt, weil sich demnach das Erbgut verändern müsste. Dies ist aber nicht der Fall, da die Gene sich durch den Gebrauch bzw. Nichtgebrauch von Organen nicht verändern.
Der Hals der Giraffe lautet der Titel des neuen Romans von Judith Schalansky, der 2011 erschienen ist. Dass Anpassung alles ist, weiß auch die Hauptfigur, Lehrerin für Biologie und Sport, Inge Lohmark. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit ihr.
Die Protagonisten übt in ihrem Leben verschiedene Rollen aus, sie ist Lehrerin, Mutter und auch Frau. Ihr Beruf steht für sie an erster Stelle. Ihre Schüler erzielen zwar überdurchschnittliche Leistungen, in der Klasse ist jedoch Mobbing ein großes Thema. Erst sekundär ist da Inge Lohmark als Mutter, die zu ihrer Tochter ein schlechtes Verhältnis hat, was wahrscheinlich der Grund dafür ist, dass diese nach Amerika ausgewandert ist.
An letzter Stelle steht Inge Lohmark als Frau mit natürlichen Bedürfnissen, die in zweiter, liebloser Ehe verheiratet ist und sich im Laufe des Schuljahres in eine Schülerin verliebt....
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINFÜHRUNG
- 2. INHALT UND FORM
- 3. INGE LOHMARK IN IHRER ROLLE ALS
- 3.1 LEHRERIN
- 3.2 MUTTER
- 3.3 FRAU
- 4. FAZIT
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die Rolle der Protagonistin Inge Lohmark in Judith Schalanskys Roman "Der Hals der Giraffe" und untersucht, wie sie in ihren verschiedenen Lebensbereichen als Lehrerin, Mutter und Frau dargestellt wird.
- Die Vielschichtigkeit der Rolle der Frau in modernen Gesellschaften
- Die Herausforderungen und Konflikte in der Lehrerrolle
- Die Ambivalenz der Mutter-Tochter-Beziehung
- Die Bedeutung von Sprache und Erzählperspektive in der Figurenzeichnung
- Die Verbindung zwischen Inhalt und Form in der literarischen Gestaltung
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: "Naturhaushalte": Die Einleitung stellt die Protagonistin Inge Lohmark als Lehrerin und Mutter vor und führt den Leser in ihre komplexen Lebensverhältnisse ein. Die Kapitelhandlung spielt am ersten September und zeigt die Lehrerin in ihrem beruflichen Alltag. Die Autorin zeichnet ein Bild von Inge Lohmarks strengen, aber engagierten Unterrichtsstil und ihrem schwierigen Verhältnis zu ihrer Tochter Claudia.
- Kapitel 2: "Vererbungsvorgänge": Der zweite Teil des Romans setzt im November an und konzentriert sich auf Inge Lohmarks Ehesituation und ihre Begegnung mit der Schülerin Erika. Das Kapitel greift das Thema des "Lamarckismus" auf und stellt es metaphorisch in den Kontext der Beziehung zwischen Inge und Erika.
- Kapitel 3: "Entwicklungslehre": Das letzte Kapitel des Romans beschreibt die weitere Entwicklung der Beziehung zwischen Inge und Erika im Frühjahr des nächsten Jahres. Es ist geprägt von starken Emotionen und zeigt Inge Lohmarks innere Konflikte und ihre Versuche, mit den verschiedenen Rollen in ihrem Leben zurechtzukommen.
Schlüsselwörter
Der Hals der Giraffe, Judith Schalansky, Inge Lohmark, Lehrerin, Mutter, Frau, Lamarckismus, Evolution, Anpassung, Vererbung, Beziehung, Schüler, Familie, Sprache, Erzählperspektive, Form, Inhalt.
- Citar trabajo
- Susanne Spengler (Autor), 2012, Die drei Rollen der Inge Lohmark aus 'Der Hals der Giraffe' von Judith Schalansky, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210945