Die Türkei als ehemals Kranker Mann am Bosporus erwies sich in den letzten Jahren als ein immer stärkeres, seriöses Land mit prosperierender Wirtschaft.
In diesem Elaborat wird die Wichtigkeit des Beitritts aus deutscher Perspektive betrachtet und zusammenfassend gesagt, weshalb das Land eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union erlangen muss.
Dies war zu Zeiten Gerhard Schröders als Bundeskanzler anders. Er war eindeutiger Befürworter der Vollmitgliedschaft von Ankara, und ist der Meinung, dass eine sog. ´privilegierte Partnerschaft` gar nicht in Frage kommen darf und sich Deutschland auch aus Eigeninteresse für einen Beitritt aussprechen sollte. Um dies zu bekräftigen sagte er der Süddeutschen Zeitung gegenüber, dass die Türkei jetzt schon „zu den 20 größten Volkswirtschaften der Welt [gehört und sie wirtschaftlich] weitaus stärker [ist] als etwa die EU-Mitglieder Schweden, Polen oder Belgien.“
Inhaltsverzeichnis
1.Einleitung
2.Rechte und Pflichten
3. Land und Leute
3.1 Reformen
4. Analyse der deutschen Position hinsichtlich einer EU-Erweiterung um die Türkei
5. Türkei - ein notwendiger Partner oder islamischer Ballast?
6. Fazit
1.Einleitung
In meiner folgenden Facharbeit werde ich mich mit dem Beitritt der Türkei in die Europäische Union befassen. Obwohl die Beitrittsverhandlungen in das Stocken geraten sind, interessierte mich das Thema dennoch. Zum einen, da noch immer politische Parteien mit der Frage der Vollmitgliedschaft der Türkei Wahlkampf betreiben und zum Anderen, da ich selbst deutscher Bürger mit türkischem Migrationshintergrund bin. Folglich orientierte ich mich an an folgende Leitfragen: Wieso ist die Türkei noch immer kein Mitglied? Spielt die Religion eine Rolle? Welche Position nimmt Deutschland als Land mit den meisten türkischen Migranten Europas ein? Welche Anstrengungen unternahm Ankara und was muss noch getan werden? In der vorgelegten Ausarbeitung beschäftige ich mich zunächst mit der Europäischen Union im Allgemeinen, die mit der Überschrift „Rechte und Pflichten“ gekennzeichnet ist. In diesem Teil meiner Arbeit werde ich die Aufnahmekriterien, die für eine Vollmitgliedschaft notwendig sind erwähnen und die resultierenden Privilegien eines Beitritts ansprechen. Hierbei nehme ich Bezug zu der Türkei und komme erstmals zum Zypernkonflikt zu sprechen. Im Kapitel „Land und Leute“ werde ich kurz die Staatsgründung erwähnen und die europäisch-türkischen Beziehungen näher betrachten. Ebenso werde ich die türkischen Reformen seit den Beitrittsverhandlungen elaborieren und die Themenfragen erörtern. Diese wären zum einen die Position Deutschlands zu einer EU-Erweiterung um die Türkei und die Frage, ob der Staat am Bosporus als islamischer Ballast oder notwendiger Partner betrachtet werden muss. Zum Ende werde ich meine eigene Position bezüglich des Beitritts der Türkei anhand meiner Recherchen, Argumenten und Gegenargumenten klären und sie begründen. Die notwendigen Informationen habe ich sowohl über Internet- als auch über Literaturquellen bezogen.
2.Rechte und Pflichten
Die Europäische Union ist ein Staatenverbund mit 27 Mitgliedsstaaten. Sie verfügt über einen eigenen europäischen Binnenmarkt und hält ihren offiziellen Namen seit dem Jahre 1993. Ihren Ursprung hat sie in den europäischen Wirtschaftsgemeinschaften EKGS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl), EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) und Euratom (Europäische Atomgemeinschaft). Um ihr beitreten zu können sehen sich Staaten gezwungen die Kopenhagener Kriterien zu erfüllen. Ein paar dieser Kriterien wären beispielsweise die Wahrung der Menschenrechte, die Rechtsstaatlichkeit, eine strukturierte Judikative und eine bestehende Marktwirtschaft. Beweggründe zum Eintreten wären u.A folgende: Viele Staaten erhalten durch den Beitritt Fördergelder, um ihre Wirtschaft etc. aufrechtzuerhalten erhalten. Außerdem dürfen die Bürger innerhalb der Union ohne Visa reisen, arbeiten, und Immobilien kaufen. Zudem herrscht in Europa aufgrund des Binnenmarktes der Europäischen Union ein zollfreier Warenverkehr. Während Industrieländer wie Deutschland, Frankreich und Belgien von diesem zollfreien Verkauf profitieren, beziehen weniger entwickelte Länder wie Rumänien ihre Vorteile durch die finanzielle Unterstützung z.B zum Ausbau der Infrastruktur, zum Bau neuer Fabriken oder Kraftwerken. Zurzeit erfüllt die Türkei zwar einen Teil der Kriterien, weist aber dennoch Mängel in der Wahrung der Menschenrechte, insbesondere der Pressefreiheit und dem Schutz von Minderheiten auf. Dadurch, dass das Türkische Parlament das Ankara-Protokoll nicht ratifiziert, erkennt die Türkei noch immer die Republik Zypern (die seit 2004 Mitglied der EU ist) als solche nicht an. Dies sei aber eine Grundvoraussetzung, wie Dieter Sauter in einem Artikel für die Onlineausgabe der Wochenzeitung festhält.[1] Dieses Zusatzprotokoll beschließt eine Erweiterung der Zollunion mit den zehn neuen EU-Mitgliedsstaaten von 2004. Ankara erlaubt aber zypriotischen Schiffen weder an türkischen Häfen anzulegen, noch Flugzeugen auf ihren Flughäfen landen zu lassen. Ihr Verhalten begründet die Regierung damit, dass auch der nördliche Teil der Mittelmeerinsel nur von der Türkei anerkannt wird und Europa durch ein Handelsembargo die Türkische Republik Nordzypern isoliert. Da die Regierung das besagte Abkommen bis zum EU-Gipfel im Dezember 2006 nicht ratifizierte, beschloss der europäische Rat die Stilllegung von acht Kapiteln der Beitrittsverhandlungen. Fünf weitere Kapitel werden seit Amtsantritt von Nicolas Sarkozy von Frankreich und acht weitere von Zypern blockiert. Somit ist es nicht verwunderlich, dass lediglich das Kapitel “Wissenschaft und Forschung“ einen erfolgreichen Abschluss fand. Experten schließen einen EU-Beitritt innerhalb der nächsten 15 Jahre aus, sofern die Verhandlungen weiterhin in diesem Tempo voranschreiten und kein Kompromiss zum Zypernkonflikt gefunden wird.
3. Land und Leute
Die Türkei [Türkiye Cumhuriyeti] ist eine demokratische Republik mit 99% muslimischer Bevölkerung. Sie liegt sowohl in Asien, als auch in Europa und ist somit das einzige Land, welches geografisch gesehen durch zwei Kontinente verläuft. Die türkische Republik wurde am 29.10.1923 von Mustafa Kemal Atatürk gegründet, der auch erster Staatspräsident wurde. Sie entstand aus dem damaligen Osmanischen Reich. Die Hauptstadt wurde Ankara und das Hauptwirtschaftszentrum Istanbul. Seither gilt sie als ein laizistisch geprägter Staat, der sich schon früh westlich orientierte. Das Militär verfügte jedoch im jungen Staat über einen großen Einfluss, was zur Folge hatte, dass die Regierung in den Jahren 1960 und 1980 geputscht wurde. Im Jahre 1961 wurde daraus folgend, der türkische Außenminister Fadin Rüstü Zorlu, der erste Ministerpräsident Adnan Menderes und viele weitere Politiker und Beamte verurteilt und gehängt - alle wegen des ´Versagens der Demokratie`. Die zweite Militärregierung entstand, aufgrund der bürgerkriegsähnlichen Umstände zwischen der links- und rechts orientierten jungen Bevölkerung. Das Kriegsrecht wurde vom damaligen Generalen und späterem Staatspräsidenten Kenan Evren ´zum Schutz des Staates und der Einheit der Nation` ausgerufen. Die türkische Innenpolitik wird seit den 90er Jahren als stabil eingestuft und die Türkei selbst ist heute militärisch als auch wirtschaftlich gesehen mit dem Westen eng verflochten. Seit 1952 ist sie sogar Mitgliedsstaat der „North Atlantic Treaty Organization“ (kurz: NATO). Hierbei handelt es sich um ein Militärbündnis vieler Staaten Westeuropas, sowie Kanada und den USA. Aus wirtschaftlicher Perspektive betrachtet, besteht ein Abkommen zwischen der Türkei und der Europäischen Union, die sogenannte Zollunion aus dem Jahr 1996. Die türkische Botschaft in Berlin verkündete 2004, dass „Diese Zollunion […] die engste wirtschaftliche und politische Beziehung zwischen der EU und einem Nicht-Mitgliedsstaat [ist].“[2] Zudem ermöglicht dieses Abkommen den zollfreien Warenverkehr der EU-Staaten mit der Türkei. Sofern die Türkei der Europäischen Union beitreten würde, wäre sie mit rund 74 Millionen Einwohnern der Staat mit der zweitgrößten Bevölkerungsdichte nach Deutschland und mit der größten Landfläche. „Nach einer lang anhaltenden Krise steigt derzeit das Bruttoinlandsprodukt [...] stärker als in allen
anderen Mitgliedsstaaten der OECD.“[3] Ihre Volkswirtschaft steht an 17. Stelle weltweit
(Stand 2010) und weist unter den 27 EU-Mitgliedsstaaten die sechst stärkste Wirtschaft auf.
[...]
[1] Dieter Sauter, http://www.woz.ch/artikel/2010/nr43/international/19971.html, Datum: 28.2.2011
[2] Türkische Botschaft Berlin 2004,
http://www.ma-tax.de/A_H_P/listen/praef/Tuerkei/20040304_zollunion_EU_Tuerkei.pdf
Datum: 16.2.2011
[3] Dieter Sauter, http://www.woz.ch/artikel/2010/nr43/international/19971.html, Datum: 17.2.2011
OECD: Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
- Quote paper
- Muhammed Buran (Author), 2011, Analyse der Deutschen Politik hinsichtlich einer EU-Erweiterung um die Türkei, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210687