Anders als John D. Rockefeller, Andrew Carnegie, John Pierpont Morgan oder Nathan Rothschild ist Bethel Henry Strousberg in der Öffentlichkeit relativ unbekannt. Dies ist durchaus verwunderlich angesichts der Tatsache, dass er zeitlebens mehr als 100.000 Menschen beschäftigte und mehr als 1.700 km Eisenbahnstrecke allein in Preußen baute, die später größtenteils preußische Staatsbahn wurden, 2.500 km insgesamt in Europa. Er besaß unvorstellbar große Ländereien, Schlösser, Industriekomplexe und weitere Besitzungen, deren Auflistung allein ganze Bücher füllen würde.1 Manfred Ohlson nennt ihn die „spektakulärste Gestalt der deutschen Finanzwelt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts“ und Ralf Roth beschreibt ihn gar als den „größten“ deutschen Unternehmer.2
Das Ende seiner sagenhaften Karriere ist hingegen weniger glanzvoll: Am 24. Oktober 1876 (6. Oktober deutscher Zeit), dem 23. Sitzungstag des Strafprozesses gegen Strousberg, wird er in Moskau der falscher Angaben bei der Kreditvergabe und Bestechung schuldig gesprochen. Das Urteil lautet auf Verbannung aus Russland und lebenslängliches Einreiseverbot. Zeitgleich hat in Preußen die Konkursverwaltung längst Hand an seinen Besitz gelegt, und als er schließlich nach Preußen zurückkehren kann, muss er feststellen, dass von seinem einstigen Imperium nichts mehr übrig geblieben ist.
Doch wer war Bethel Henry Stousberg? Otto Glaugau, ein ehemaliger Journalist der Berliner Nationalzeitung urteilte 1877 über ihn: „Seine Unternehmungen waren zu waghalsig, zu abenteuerlich, seine Manipulationen so bösartig, seine ganze Art und Weise so plump und unbescheiden, dass das ‚System Strousberg‘ mit Nothwendigkeit in sich zusammenbrechen musste“. Auch spätere Autoren, wie Peter Fritsche und Günter Wermusch sind in ihrem Urteil, Strousberg sei ein Gründungsschwindler gewesen, sehr eindeutig von den diffamierenden Äußerungen, die die Nazis über den zur anglikanischen Kirche konvertierten Juden tätigten, ganz zu schweigen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2 Bethel Henry Strousberg
2.1 Sein frühes Leben und der Beginn seiner Karriere
2.2 Die ersten Schritte in der Geschäftswelt und der erste herbe Rückschlag
2.3 Der Neuanfang in Berlin
3 Die ersten Eisenbahnprojekte und der rasante Aufstieg
3.1 Das preußische Eisenbahngesetz von 1838 und die Frage des Bahnbaus in Preußen
3.2 Das „System Strousberg“und der Bau der ersten beiden Projekte
4 Der sagenhafte Aufstieg des Bethel Henry Strousberg
4.1 Weitere Bahnprojekte in Preußen
4.2 Der Aufstieg zum Industriegiganten
4.2.1 Die Verbesserung seines „Systems“
4.2.2 Die Umsetzung der Ideen
4.2.3 Der Steile Aufstieg
4.3 Auf dem Höhepunkt und der Beginn der Probleme
4.4 Seine Verdienste im sozialen Bereich
5 Der tiefe Fall des Eisenbahnkönigs
5.1 die Anklage Laskers und das Problem der fehlenden Barreserven
5.2 Ein Hoffnungsschimmer
5.3 Strousberg ist am Ende
6 Wirken und Fazit
Literaturverzeichnis
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