Aktuelle Debatten über religiöse Entwicklungen landes- sowie europaweit zeigen immer deutlicher ausgeprägte kontroverse Erklärungsmodelle und theoretische Positionen der Religionssoziologie. So ist nicht nur die Debatte um die Integration von Religion in die Präambel der Europäischen Verfassung ein Beleg dafür, dass der Faktor Religion für europäische Gesellschaften von großer Bedeutung ist.
In der folgenden vergleichenden Rezension sollen zwei sich mit dem Thema Religion und Erklärungsfaktoren der Religion beschäftigenden Studien vorgestellt und hinsichtlich ihrer Entdeckungs- , Begründungs- und Verwendungszusammenhänge analysiert und kritisch bewertet werden. In Kapitel zwei wird der 2010 in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie erschienene Beitrag von Gert Pickel mit dem Titel „Säkularisierung, Individualisierung oder Marktmodell? Religiosität und ihre Erklärungsfaktoren im europäischen Vergleich“ behandelt. Nach einem inhaltlichen Umriss und Skizzierung der Fragestellungen und Ziele dieser Arbeit folgt die Erklärung der verwendeten Methoden und schließlich die Darstellung der Interpretation der Studie. In gleicher Reihenfolge wird in Kapitel 3 die 2003 auch in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie veröffentlichte gemeinsame Studie „Deinstitutionalisierung des Religiösen und religiöse Individualisierung in Ost- und Westdeutschland“ von Detlef Pollack und Gert Pickel vorgestellt und analysiert. Schließlich folgt in Kapitel 4 die kritische Gegenüberstellung, in der beide Studien aufgrund ihrer inhaltlichen und methodischen Kompetenz und Tragfähigkeit komparativ bewertet werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. „Säkularisierung, Individualisierung oder Marktmodell ? Religiosität und ihre Erklärungsfaktoren im europäischen Vergleich“ von Gert Pickel
2.1. Inhalte, Fragestellungen und Ziele
2.2. Methoden
2.3. Interpretation und Ausblick
3. „Deinstitutionalisierung des Religiösen und religiöse Individualisierung in Ost- und Westdeutschland“ von Detlef Pollack und Gert Pickel
3.1. Inhalte, Fragestellungen und Ziele
3.2. Methoden
3.3. Interpretation und Ausblick
4. Kritische Gegenüberstellung
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Aktuelle Debatten über religiöse Entwicklungen landes- sowie europaweit zeigen immer deutlicher ausgeprägte kontroverse Erklärungsmodelle und theoretische Positionen der Religionssoziologie. So ist nicht nur die Debatte um die Integration von Religion in die Präambel der Europäischen Verfassung ein Beleg dafür, dass der Faktor Religion für europäische Gesellschaften von großer Bedeutung ist.
In der folgenden vergleichenden Rezension sollen zwei sich mit dem Thema Religion und Erklärungsfaktoren der Religion beschäftigenden Studien vorgestellt und hinsichtlich ihrer Entdeckungs- , Begründungs- und Verwendungszusammenhänge analysiert und kritisch bewertet werden. In Kapitel zwei wird der 2010 in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie erschienene Beitrag von Gert Pickel mit dem Titel „Säkularisierung, Individualisierung oder Marktmodell? Religiosität und ihre Erklärungsfaktoren im europäischen Vergleich“ behandelt. Nach einem inhaltlichen Umriss und Skizzierung der Fragestellungen und Ziele dieser Arbeit folgt die Erklärung der verwendeten Methoden und schließlich die Darstellung der Interpretation der Studie. In gleicher Reihenfolge wird in Kapitel 3 die 2003 auch in der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie veröffentlichte gemeinsame Studie „Deinstitutionalisierung des Religiösen und religiöse Individualisierung in Ost- und Westdeutschland“ von Detlef Pollack und Gert Pickel vorgestellt und analysiert. Schließlich folgt in Kapitel 4 die kritische Gegenüberstellung, in der beide Studien aufgrund ihrer inhaltlichen und methodischen Kompetenz und Tragfähigkeit komparativ bewertet werden.
2. „Säkularisierung, Individualisierung oder Marktmodell ? Religiosität und ihre Erklärungsfaktoren im europäischen Vergleich“ von Gert Pickel
2.1. Inhalte, Fragestellungen und Ziele
Die Arbeit „Säkularisierung, Individualisierung oder Marktmodell? Religiosität und ihre Erklärungsfaktoren im europäischen Vergleich“ von Gert Pickel, Soziologe und Politikwissenschaftler mit Professur für Kirchen- und Religionssoziologie an der Theologischen Fakultät der Universität Leipzig, ist eingebettet in den Kontext der Debatten über die religiöse Entwicklung Europas. Die Religion stellt deutlich erkennbar einen bedeutenden Faktor für die europäischen Gesellschaften dar. Umso kontroverser sind die von Pickel aufgegriffenen theoretischen Leitlinien, aufgrund derer ein Überblick über die möglichen Entwicklungsrichtungen der Religiosität in Europa gezeigt werden soll (vgl. Pickel 2010, S.221 ff.). Es stehen sich 3 Theorien gegenüber: Das Modell der Säkularisierungstheorie, das Marktmodell des Religiösen und die Individualisierungsthese des Religiösen.
Die häufig in Frage gestellte Säkularisierungstheorie, dessen Vertreter Brian Wilson, Steve Bruce und Peter L. Berger sind, gehen von einem Spannungsverhältnis zwischen Moderne und Religion aus. Demnach verliert die Religion mit fortschreitender Modernisierung und damit verbundener Rationalisierung der Gesellschaften kontinuierlich an sinnstiftender und sozialer Bedeutung, bis schließlich ein Rückgang des Glaubens und der subjektiven Religiosität beobachtet wird.
Im Gegensatz dazu vertritt das Marktmodell des Religiösen unter Vertretern wie Rodney Starke, Roger Flinke und Laurence Iannaccone die Idee eines konstanten und allgemeinen Bedürfnisses der Individuen nach Religion. Das gesellschaftliche Ausmaß der Religiosität und Kirchlichkeit ist dem Marktmodell zufolge bestimmt durch das Angebot auf dem religiösen Markt: Religiöser Pluralismus führt zu einem Anstieg der religiösen Vitalität, was gleichzeitig die von der Säkularisierungstheorie ausgesprochene Spannung zwischen Modernisierung und Religiosität aufhebt. Schließlich differenziert die Individualisierungstheorie des Religiösen, vertreten von Thomas Luckmann, Grace Davie und Hervie-Leger, zwischen einer Sozialform des Religiösen und einer als anthropologischen Konstante angenommenen individuellen Religiosität, die sich beide unabhängig voneinander weiterentwickeln können. Somit kann die Sozialform an Bedeutung verlieren, während die individuelle Religiosität nur einen Formwandel vollzieht, welcher an der Säkularisierungstheorie kritisch bemängelt wird.
Gert Pickel stellt in seinem Beitrag die Überlegungen der genannten drei Modelle gegenüber um die Gültigkeit und Tragfähigkeit der Hypothese einer Säkularisierungstheorie für Europa überprüfen zu können. Er führt eine empirische Prüfung der Entwicklung der Religiosität in Europa nach 1990 durch und orientiert sich dabei für seine Untersuchung an drei Hypothesen: „1) Das Grundmodell der Säkularisierungstheorie ist immer noch das im Ländervergleich tauglichste Erklärungsmodell für die Entwicklung der Religiosität in Europa. 2) Nicht die Annahme einer Säkularisierung, sondern die einer Rückkehr des Religiösen oder Religionen ist ein „Mythos“. 3) […] Unterschiede religiöser Vitalität beruhen neben den Effekten der Säkularisierung zu großen Teilen auf soziokulturellen Kontextbedingungen.“ (Pickel 2010, S. 221).
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- Quote paper
- Dilek Pehlivan (Author), 2012, Rezension zweier Texte von Gert Pickel und Detlef Pollack zur Religion in Europa, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210445
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