Im deutschen Strafrecht gilt der Grundsatz der Straflosigkeit der Selbstschädigung. Betrachtet man jedoch das Betäubungsmittelstrafrecht, fällt auf, dass die Regelungen des BtMG gerade darauf abzielen, Selbstschädigung infolge Betäubungsmittelkonsums zu vermeiden. Diese Problematik lässt sich am besten an folgender Gegenüberstellung verdeutlichen:
Wer beispielsweise Cannabis, Kokain oder Heroin konsumiert, muss fast in allen Ländern mit einer Bestrafung rechnen. Gefährdet hingegen jemand seine eigene Gesundheit, indem er raucht, sich ungesund ernährt oder sich sogar selbst tötet, bleibt derjenige straflos.
Dieser Widerspruch mit dem Grundsatz der Straflosigkeit der Selbstschädigung führt dazu, dass das BtMG häufig Gegenstand von Diskussionen und Kritik ist. Darf der Staat den Menschen vor sich selbst schützen? Und inwieweit ist die Bestrafung des Umgangs mit Betäubungsmitteln mit der Straflosigkeit von Selbstschädigung zu vereinbaren?
Umstritten ist daher, wie das strafrechtliche Verbot im BtMG zu legitimieren ist. Geht man von der Rechtsgutslehre aus, müsste durch das BtMG ein Rechtsgut geschützt werden. Diesbezüglich spalten sich die Meinungen in Rechtsprechung und Literatur. Wo das Bundesverfassungsgericht das BtMG mit dem Schutz des Rechtsguts der Volksgesundheit rechtfertigt, stellt ein Teil der Literatur auf den Schutz des Einzelnen ab.
Die vorliegende Arbeit setzt sich zum einen mit der Problematik der Selbstschädigung im Strafrecht auseinander und soll Aufschluss darüber geben, ob sich die mittelbare Bestrafung des Drogenkonsums trotz des Grundsatzes der Straflosigkeit der Selbstschädigung legitimieren lässt.
Zum anderen soll anhand des Cannabis-Beschlusses dargelegt werden, wie das Bundesverfassungsgericht das strafrechtliche Verbot von Drogenstraftaten begründet. Anschließend werden verschiedene Ansichten aufgeführt, worauf die Strafbarkeit von Drogenstraftaten beruhen kann, wenn man die Ansicht des Bundesverfassungsgerichts ablehnt. Ziel ist es zu klären, ob der strafrechtliche Grundsatz der Straflosigkeit der Selbstschädigung auch im Betäubungsmittelstrafrecht erhalten bleibt oder diesbezüglich eine Ausnahme gemacht wird.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einführung in die Problematik
- B. Das Recht auf Betäubungsmittelkonsum
- 1. Situation in Deutschland
- 2. Die Straftatbestände der §§ 29 ff. BtMG hinsichtlich des Konsums
- 3. Begründung für die Straflosigkeit des Konsums
- a) Konsum als eine Form der Selbstschädigung
- b) Straflosigkeit der Selbstschädigung
- aa) Aus strafrechtlicher Sicht
- bb) Aus verfassungsrechtlicher Sicht
- c) Widerspruch zum BtMG?
- C. Die Begründung des Betäubungsmittelstrafrechts durch das Bundesverfassungsgericht
- D. Begründung für die Strafbarkeit von Drogenstraftaten
- 1. Strafrechtsbegrenzung durch das Kriterium des Rechtsgutsbegriffs
- a) Der Begriff des Rechtsguts
- b) Rechtsgutsträger
- 2. Rechtsgüterschutz im Falle des Drogenkonsums
- a) Schutz eines Universalrechtsguts
- aa) Die Volksgesundheit als geschütztes Rechtsgut des BtMG
- bb) Ähnliche Auffassungen in der Literatur
- b) Kritik am Rechtsgut der Volksgesundheit
- aa) Grenzenlose Ausdehnung des Rechtsgüterschutzes
- bb) Kritik am paternalistischen Charakter des BtMG
- c) Schutz des Konsumenten
- a) Schutz eines Universalrechtsguts
- 3. Stellungnahme
- 1. Strafrechtsbegrenzung durch das Kriterium des Rechtsgutsbegriffs
- E. Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Rechtmäßigkeit des Verbots von Drogenkonsum im Lichte des Grundrechts auf körperliche Selbstbestimmung. Sie analysiert die Argumente des Bundesverfassungsgerichts zum Betäubungsmittelrecht und hinterfragt die zugrundeliegenden Rechtsgüter und deren Schutzwürdigkeit.
- Das Recht auf Selbstbestimmung und dessen Grenzen im Kontext des Drogenkonsums
- Die Rechtfertigung des Betäubungsmittelstrafrechts durch das Bundesverfassungsgericht
- Der Rechtsgutbegriff und seine Anwendung auf den Drogenkonsum
- Kritik am paternalistischen Ansatz des Betäubungsmittelgesetzes
- Der Schutz der Volksgesundheit versus der Schutz individueller Rechte
Zusammenfassung der Kapitel
A. Einführung in die Problematik: Dieses einleitende Kapitel skizziert die Problematik des Drogenkonsums und dessen rechtliche Relevanz. Es dient als Grundlage für die nachfolgende detaillierte Betrachtung des Themas und stellt die zentralen Fragen der Arbeit vor, die im weiteren Verlauf behandelt werden.
B. Das Recht auf Betäubungsmittelkonsum: Dieses Kapitel beleuchtet die rechtliche Situation des Drogenkonsums in Deutschland. Es analysiert die einschlägigen Paragraphen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) und diskutiert die Frage der Straflosigkeit des Konsums unter Berücksichtigung der körperlichen Selbstbestimmung. Die Kapitel untersuchen die Argumente für und gegen die Straflosigkeit, sowohl aus strafrechtlicher als auch aus verfassungsrechtlicher Perspektive. Besondere Beachtung findet dabei die Frage, ob der Konsum als eine Form der Selbstschädigung betrachtet werden kann und ob diese Straflosigkeit im Widerspruch zum BtMG steht.
C. Die Begründung des Betäubungsmittelstrafrechts durch das Bundesverfassungsgericht: Dieses Kapitel untersucht die Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichts zum Betäubungsmittelrecht. Es analysiert die vom Gericht verwendeten Argumente und deren rechtliche Fundierung. Der Fokus liegt auf der Rechtfertigung des Verbots von Drogenkonsum und der Einordnung in den Kontext des Grundrechtsschutzes.
D. Begründung für die Strafbarkeit von Drogenstraftaten: Dieses Kapitel analysiert die rechtlichen Grundlagen für die Strafbarkeit von Drogendelikten. Es erörtert den Rechtsgutbegriff, seine Anwendung im Zusammenhang mit Drogen und insbesondere den Schutz der Volksgesundheit als vermeintliches Rechtsgut. Kritisch beleuchtet wird dabei die Ausdehnung des Rechtsgüterschutzes und der paternalistische Charakter des BtMG. Alternativ wird der Schutz des Konsumenten als potentielles Rechtsgut diskutiert.
Schlüsselwörter
Drogenkonsum, Betäubungsmittelgesetz (BtMG), Selbstbestimmung, Rechtsgut, Volksgesundheit, Strafbarkeit, Bundesverfassungsgericht, Paternalismus, Grundrechte, Selbstschädigung.
Häufig gestellte Fragen zum Dokument: Rechtmäßigkeit des Verbots von Drogenkonsum
Was ist der Gegenstand des Dokuments?
Das Dokument analysiert die Rechtmäßigkeit des Verbots von Drogenkonsum im Hinblick auf das Grundrecht auf körperliche Selbstbestimmung. Es untersucht die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts zum Betäubungsmittelrecht (BtMG) und hinterfragt die zugrundeliegenden Rechtsgüter und deren Schutzwürdigkeit.
Welche Themen werden im Dokument behandelt?
Das Dokument behandelt folgende Themen: Das Recht auf Selbstbestimmung und dessen Grenzen im Kontext des Drogenkonsums, die Rechtfertigung des Betäubungsmittelstrafrechts durch das Bundesverfassungsgericht, den Rechtsgutbegriff und seine Anwendung auf den Drogenkonsum, Kritik am paternalistischen Ansatz des Betäubungsmittelgesetzes und den Schutz der Volksgesundheit versus den Schutz individueller Rechte. Es beleuchtet die rechtliche Situation des Drogenkonsums in Deutschland, analysiert relevante Paragraphen des BtMG und diskutiert die Straflosigkeit des Konsums.
Wie ist das Dokument strukturiert?
Das Dokument ist in fünf Kapitel (A-E) gegliedert. Kapitel A bietet eine Einführung in die Problematik. Kapitel B untersucht das Recht auf Betäubungsmittelkonsum, inklusive der Situation in Deutschland und der Strafbarkeit des Konsums. Kapitel C analysiert die Begründung des Betäubungsmittelstrafrechts durch das Bundesverfassungsgericht. Kapitel D befasst sich mit der Begründung der Strafbarkeit von Drogenstraftaten, dem Rechtsgutbegriff und der Kritik am paternalistischen Ansatz des BtMG. Kapitel E bietet eine Schlussbetrachtung. Zusätzlich enthält das Dokument ein Inhaltsverzeichnis, die Zielsetzung und Themenschwerpunkte, Zusammenfassungen der Kapitel und Schlüsselwörter.
Welche Rechtsgüter werden im Zusammenhang mit Drogenkonsum diskutiert?
Das Dokument diskutiert vor allem den Schutz der Volksgesundheit als Rechtsgut, das durch das BtMG geschützt werden soll. Kritisch hinterfragt wird dabei die Ausdehnung dieses Schutzes und der paternalistische Charakter des Gesetzes. Alternativ wird der Schutz des Konsumenten als potentielles Rechtsgut diskutiert.
Welche Position vertritt das Dokument?
Das Dokument präsentiert eine kritische Analyse der rechtlichen Situation des Drogenkonsums und des BtMG. Es hinterfragt die Argumentation des Bundesverfassungsgerichts und die Legitimität des Verbots von Drogenkonsum unter dem Gesichtspunkt der Selbstbestimmung. Eine eindeutige Schlussfolgerung wird nicht explizit gezogen, aber die kritische Auseinandersetzung mit den Argumenten der Strafbarkeit deutet auf eine gewisse Skepsis gegenüber dem aktuellen Rechtszustand hin.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Schlüsselwörter sind: Drogenkonsum, Betäubungsmittelgesetz (BtMG), Selbstbestimmung, Rechtsgut, Volksgesundheit, Strafbarkeit, Bundesverfassungsgericht, Paternalismus, Grundrechte, Selbstschädigung.
Für wen ist dieses Dokument relevant?
Dieses Dokument ist relevant für Juristen, Studierende der Rechtswissenschaften, Wissenschaftler, die sich mit dem Thema Drogenpolitik und Grundrechten befassen, sowie alle, die sich für die rechtlichen Aspekte des Drogenkonsums interessieren.
- Quote paper
- Julia Peidli (Author), 2012, Selbstschädigung durch Drogenkonsum: Der Cannabis-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. BVerfGE 90, 145, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/210315