Schon vor mehr als zehn Jahren wiesen amerikanische Pädagogen auf die bedrohlichen Auswirkungen des Fernsehkonsums auf das Familienleben und die Entwicklung von Kindern hin. In Deutschland wurde die Aufforderung dieser Wissenschaftler zum „sofortigen Abschalten“ zwar zur Kenntnis genommen, doch bestimmte sie nicht die fachliche Diskussion. Das lag einerseits daran, dass sich die Fernsehgewohnheiten amerikanischer Familien nicht auf deutsche Verhältnisse übertragen ließen; andererseits stand den extremen amerikanischen Positionen eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien gegenüber, die von der Ungefährlichkeit und der eher förderlichen Wirkung des Fernsehens sprachen.
In den folgenden Jahren beschäftigte sich die Forschung vor allem mit der Fernsehdauer und der Wirkungsweise bestimmter Inhalte von Fernsehsendungen.
Seit geraumer Zeit jedoch haben sich Pädagogen, Soziologen und Medienwissenschaftler mehr und mehr der Frage zugewandt, welchen Einfluss das Fernsehen auf die Wirklichkeitskonstruktion von Kindern hat.
In dieser Arbeit möchte ich darstellen, in welcher Weise das Leitmedium Fernsehen die Entwicklung von Kindern beeinflusst und welche Möglichkeiten der Kompensation theaterpädagogische Arbeit in einem veränderten Sozialisationsprozess bieten kann.
Sicherlich ist es äußerst schwierig, eindeutige Kausalzusammenhänge herzustellen zwischen dem Fernsehen und seiner Wirkungsweise auf den Zuschauer, da es sich hierbei um sehr komplexe Wirkungszusammenhänge mit vielen unbekannten Variablen handelt. Nicht nur Alter, Fernsehdauer oder soziales Umfeld haben ihre Bedeutung, sondern auch die emotionale Disposition oder persönliche Erwartungshaltungen, die jedoch nie genau erfasst werden können. Wichtiger noch scheint die Frage, was Pädagogen den aufregenden und schnellen Bildern des Fernsehens noch entgegenzusetzen haben. Müssen sie überhaupt konkurieren oder geht es eher um die Vermittlung entgegengesetzte Werte? Welche kompensatorische Wirkung kann insbesondere die Theaterpädagogik in diesem Zusammenhang entfalten, um einer möglichen körperlichen und geistigen Entfremdung bei den Heranwachsenden entgegenzuwirken. Diesen Fragen widmet sich die Arbeit im zweiten Teil.
Inhaltsverzeichnis
I Vom „Zuschauen“ zum „Erleben“ durch Theaterpädagogik
.1 Einleitung
2 Sozialisierung im Medienzeitalter
2.1 Familie und Kindheit
2.2 Freizeitverhalten
2.3 Medien- und Konsumwelt
2.4 Stellenwert des Fernsehens
3 Auswirkungen der zunehmenden Mediatisierung
3.1 Erfahrungswelt
3.2 Verbale Kommunikation
3.3 Aggressionsbereitschaft
3.4 Realitätsverlust
3.5 Weitere Wirkungsbereiche
3.5.1 Reizüberflutung
3.5.2 Gesundheitliche Beeinträchtigungen
3.5.3 Verlust der Kindheit
3.5.4 An-Ästhetisierung
4 Theaterpädagogik und Schule
4.1 Grundziele der Theaterpädagogik
4.2 Theaterpädagogik im Darstellenden Spiel
4.3 Weitere Einsatzbereiche in der Schule
4.3.1 Der Wahlpflichtbereich
4.3.2 Die Theater AG
4.3.3 Die Tutorenstunde
4.3.4 Darstellendes Spiel in anderen Fächern
4.3.5 Darstellendes Spiel und Kooperation mit anderen Fächern
4.3.6 Zusammenarbeit mit professionellen Bühnen
4.4 Theaterpädagogik und ihre kompensatorische Wirkung
5 Die unfassbare Kraft der Ästhetik
5.1 Funktion der Ästhetik aus Sicht der Postmoderne
5.2 Ästhetik im Alltag
5.3 Ästhetische Bildung im Theaterspiel
6 Schlussbetrachtung
II Theaterpädagogik in der Praxis
7 Reflexion der Eigeninszenierung
7.1 Einleitung
7.2 Die Gruppe
7.2.1 Anspruch
7.2.2 Wirklichkeit
7.3 Probenarbeit
7.3.1 Kurz-Übersicht
7.3.2 Konzentrationsprobleme
7.3.3 Spielleiterhaltung
7.3.4 Idee und Entwicklung des Stückes
7.3.5 Die Stückvorlage
7.3.6 Stationen der Inszenierungsarbeit
7.4 Auswertung
7.4.1 Bedingungen schulischer Theaterarbeit
7.4.2 Psychosoziale Aspekte des Projektes
8 Mediales Theater in der Schule
8.1 Einleitung
8.2 Gestaltung des Aktionsraumes
8.2.1 Einsatz des Fernsehers
8.2.2 Die Großbildprojektion
8.2.3 Die Computeranimation
8.3 Film oder Theater?
8.4 Eigeninszenierung und mediale Unterstützung
8.5 Vorraussetzungen
9 Schlussbetrachtung
I Vom „Zuschauen“ zum „Erleben“ durch Theaterpädagogik
1 Einleitung
Schon vor mehr als zehn Jahren wiesen amerikanische Pädagogen auf die bedrohlichen Auswirkungen des Fernsehkonsums auf das Familienleben und die Entwicklung von Kindern hin. In Deutschland wurde die Aufforderung dieser Wissenschaftler zum „sofortigen Abschalten“ zwar zur Kenntnis genommen, doch bestimmte sie nicht die fachliche Diskussion. Das lag einerseits daran, dass sich die Fernsehgewohnheiten amerikanischer Familien nicht auf deutsche Verhältnisse übertragen ließen; andererseits stand den extremen amerikanischen Positionen eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien gegenüber, die von der Ungefährlichkeit und der eher förderlichen Wirkung des Fernsehens sprachen.
In den folgenden Jahren beschäftigte sich die Forschung vor allem mit der Fernsehdauer und der Wirkungsweise bestimmter Inhalte von Fernsehsendungen.
Seit geraumer Zeit jedoch haben sich Pädagogen, Soziologen und Medienwissenschaftler mehr und mehr der Frage zugewandt, welchen Einfluss das Fernsehen auf die Wirklichkeitskonstruktion von Kindern hat.
In dieser Arbeit möchte ich darstellen, in welcher Weise das Leitmedium Fernsehen die Entwicklung von Kindern beeinflusst und welche Möglichkeiten der Kompensation theaterpädagogische Arbeit in einem veränderten Sozialisationsprozess bieten kann.
Sicherlich ist es äußerst schwierig, eindeutige Kausalzusammenhänge herzustellen zwischen dem Fernsehen und seiner Wirkungsweise auf den Zuschauer, da es sich hierbei um sehr komplexe Wirkungszusammenhänge mit vielen unbekannten Variablen handelt. Nicht nur Alter, Fernsehdauer oder soziales Umfeld haben ihre Bedeutung, sondern auch die emotionale Disposition oder persönliche Erwartungshaltungen, die jedoch nie genau erfasst werden können.[1] Deshalb dürfen die in dieser Arbeit beschriebenen Zusammenhänge nur als Tendenz einer Entwicklung verstanden werden.
2 Sozialisierung im Medienzeitalter
2.1 Familie und Kindheit
Immer seltener wachsen Kinder heute im Rahmen intakter Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen auf. Die Großfamilie, zu der Eltern, Geschwister und zumindest Großeltern gehörten, ist zur Klein- und Kleinstfamilie geworden. In vielen Familien fehlen Geschwister völlig, und immer häufiger leben Kinder mit nur einem Elternteil zusammen. Hinzu kommt, dass aufgrund hoher Lebenshaltungskosten oder persönlicher Gründe wie etwa Selbstverwirklichung häufig beide Eltern berufstätig sind. Daraus ergibt sich, dass es vielen Kindern an Spielgefährten mangelt und sie darauf angewiesen sind, ihre freie Zeit selbst zu gestalten. Das erweist sich in der Regel als nicht einfach. Vor allem in Hochhaussiedlungen oder alten Wohnsiedlungen ohne entsprechende Spielmöglichkeiten ist dann der Fernseher das naheliegendste und oft auch einzige Mittel zur Überwindung von Langeweile.
So kam eine Studie des Psychologischen Instituts der Universität Köln zu dem Ergebnis, dass Kinder im Extremfall an Schultagen bis zu 6,5 Stunden und an freien Tagen bis zu 9 Stunden fernsehen.[2]
Ist dieses „Dauerfernsehen“ auch nicht der Regelfall, so scheint sich dennoch eine Entwicklung anzubahnen, in der das Fernsehen zu einem überdimensionalen Faktor in der Sozialisierung von Kindern wird.
2.2 Freizeitverhalten
Die Bedeutung der Aktivität in einer altersheterogenen Gruppe in unmittelbarer Nähe der Wohnung tritt zurück zugunsten einer separierten Einzelbeschäftigung. Das Spielen im Freien wird zu einem großen Teil ersetzt durch die Freizeitgestaltung in den vier Wänden des eigenen Zimmers. In zunehmendem Maße werden auch institutionalisierte, pädagogisch aufbereitete Freizeitangebote in oft beträchtlicher Entfernung vom Elternhaus wahrgenommen. Da diese „Freizeitinseln“ häufig nur mit dem Auto erreicht werden können, muss der Tagesablauf einer Familie mitunter bis ins Letzte durchorganisiert sein. Mal-Kurs, Sportverein, Check bei der Zahnregulierung, Klavierunterricht – alles muss zeitlich abgestimmt werden. Selbst Treffen mit Freunden werden telefonisch vereinbart. Terminkalender und Uhr gewinnen also schon im frühen Kindesalter einen hohen Stellenwert. So bleibt für die Kinder wenig Raum für Spontaneität, Kreativität und Eigeninitiative.
Die allgemeine Entwicklung zur Individualisierung des Freizeitverhaltens ist auch verbunden mit einer Tendenz zur Vereinsamung. Das Phänomen der Vereinsamung wird besonders deutlich bei der Betrachtung der „Freizeitinsel“ Kinderzimmer. Noch nie hatten Kinder so viele Möglichkeiten ihrer Langeweile zu entfliehen, ohne ihr Zimmer verlassen zu müssen. CD-Player, Kassettenrekorder, Video-Spielkonsole und der obligatorische Fernseher bieten in vielen Kinderzimmern Non-Stop-Unterhaltung durch Hightech-Medien. Das heißt: Früher selbstverständliche Sozialerfahrungen werden seltener oder fallen ganz weg.[3]
Es ist also nicht verwunderlich, wenn in diesem Zusammenhang Forderungen nach Kompensationsräumen laut werden, in denen wichtige Sozialerfahrungen nachgeholt werden sollen.
2.3 Medien- und Konsumwelt
In der heutigen Zeit wachsen Kinder nicht mehr in einem Schonraum mit klar definierten Rollen und Autoritäten auf. Auch Wertmaßstäbe, an denen sie sich orientieren könnten, werden von Eltern und Gesellschaft immer weniger angeboten. Also suchen die Heranwachsenden weitgehend Anerkennung und Ich-Identität in der Gruppe der Gleichaltrigen. Dabei nutzen sie die Angebote der Medien- und Konsumwelt zielgerichtet auf ihrem Weg zu persönlicher und sozialer Identität. Aus der Vielfalt der Produkte wählen sie solche aus, die für ihr Alter, ihre Entwicklung und ihre Stellung in der Gruppe der Gleichaltrigen wichtigen symbolischen Wert besitzen. Dieser Symbolwert schlägt sich dann oft in unkritischen Käufen von teuren Markenartikeln nieder.
Medien- und Konsumprodukte stellen für Kinder und Jugendliche Gemeinsamkeiten her, liefern Gesprächsstoff und dienen der Profilierung und Selbstdarstellung.
Die Heranwachsenden passen sich der veränderten Sozialisationsumgebung an, indem sie sich ihre eigene Kultur schaffen. Um aber in der Masse der Gleichaltrigen nicht unterzugehen und um sich hinreichend abzugrenzen, bilden sie Gruppen, Gangs und Subkulturen. Die gleichaltrigen „Anderen“ ersetzen das autoritäre Gefüge der bürgerlichen Familie.
Das selbstbewusste Auftreten vieler junger Konsumenten darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, in welch hohem Maße sie in ihrem Medien- und Konsumhandeln der Manipulation durch die Industrie ausgesetzt sind, solange sie nicht in der Lage sind Werbestrategien kritisch zu hinterfragen.
Das Aufwachsen in einer Konsum- und Mediengesellschaft bringt jedoch noch ein weiteres Problem mit sich. Je größer die Konsum- und Medienangebote werden, um so größer werden auch die persönlichen Wünsche. Und wenn eigene Wünsche nicht erfüllet werden, kann, aus welchem Grund auch immer, führt dies häufig zu Aggressionen gegen sich selbst oder andere, weil die Unzufriedenheit abreagiert werden muss. Für Kinder und Jugendliche ist es heutzutage schwierig geworden sich selbst Grenzen zu setzen, ob nun in zeitlicher, finanzieller oder psychosozialer Hinsicht. Die Folge ist Erlebnisstress - aus Angst etwas zu verpassen.
2.4 Stellenwert des Fernsehens
Es ist praktisch unmöglich in unserem Kulturkreis aufzuwachsen, ohne mit dem allgegenwärtigen Fernsehen konfrontiert zu werden. Den meisten der heute Erwachsenen steht dieses Leitmedium seit frühester Kindheit als Primärmedium zur Verfügung, und die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung nimmt in ihrem Leben mehr Informationen über audio-visuelle elektronische Medien auf als über die Schulerziehung und die Druckmedien. Auch die Tatsache, dass der durchschnittliche Abiturient mehr Zeit vor dem Fernseher verbracht hat als in der Schule, unterstreicht die Bedeutung dieses Mediums in unserer Gesellschaft. Wenn man davon ausgeht, dass ein Erwachsener heute im Durchschnitt mehr als 3 Stunden pro Tag bzw. 10 Jahre seines Lebens im Fernsehsessel verbringt, so wird deutlich, welch hohen Stellenwert das Fernsehen auch im Alltag unserer Kinder hat.[4]
3 Auswirkungen der zunehmenden Mediatisierung
3.1 Erfahrungswelt
Im Laufe seiner Entwicklung eignet sich ein Kind seine Welt Schritt für Schritt an, indem es seine Erfahrungen mit ihr macht. Dies geschieht zunächst über den Mund, der es befähigt, Hunger und Durst, Unwohlsein und Zufriedenheit auszudrücken bzw. Nahrung aufzunehmen. Nach und nach entwickelt sich dann das Begreifen der Umgebung. Noch lange wird aber jedes zu begreifende Ding in den Mund gesteckt, um das mit den Händen Erfühlte abzusichern. Mit zunehmender Fähigkeit, die Muskeln koordinierend einzusetzen, um Gesehenes anzufassen, festzuhalten, loszulassen und auch die Beine zur Fortbewegung zu benutzen, erweitert das Kind seine Erfahrungsmöglichkeiten. Ab dem zweiten Lebensjahr lernt es seiner dinglichen Umwelt Lautkombinationen zuzuordnen. Dies ist ein revolutionärer Schritt in die Welt, da es nun möglich ist, immer umfassender mit dieser Welt zu kommunizieren und darüber hinaus Erfahrungen mit der Welt in Worte zu fassen. Dieses Verbalisieren geschieht zunächst laut. Kleine Kinder benennen den ganzen Tag die Dinge und kommentieren ihr Tun, fragen nach und vergewissern sich immer wieder, dass die Dinge noch den gleichen Namen haben wie gestern. Sie strukturieren sich die Wirklichkeit nicht mehr nur durch Bilder sondern zunehmend auch durch Begriffe, die Zusammenhänge verstehbar machen. Die Bilder bleiben als Repräsentationen von Begriffen noch bis in das Schulalter hinein wichtig, und die konkrete Operation, das Begreifen und Handeln zur Erfassung neuer Sachverhalte ist auch für das Lernen im Grundschulalter noch von eminenter Bedeutung. Mit zunehmender Differenzierung der sprachlichen und kognitiven Möglichkeiten werden die Bilder im Kopf abgelöst durch innere Verbalisierungen, die es nun auch erlauben, aufgrund der bisher gemachten konkreten Erfahrungen Regeln zu abstrahieren und neue Zusammenhänge zu schaffen.[5]
Dieser kurz geschilderte „normale“ Entwicklungsverlauf soll verständlich machen, welche Probleme sich aus einem durch Medien geprägten Alltag für Kinder von heute ergeben.
Primäre, dingliche Erfahrungen sind wichtig für eine Ausdifferenzierung der Denkstruktur. Das Vorhandensein verschiedener Medien ermöglicht es auch schon kleinen Kindern, sich ein Bild von der großen Welt in die Wohnung zu holen, sich beliebte Geschichten wieder und wieder anzuhören oder anzusehen. Dadurch wird die Aufmerksamkeit des Kindes von wichtigen Tätigkeiten abgezogen, die für basale Erfahrungen notwendig sind. Der leichte Zugang zu den Medien ermöglicht es dem Kind sich selbst zu bedienen; es wird beschäftigt und muss sich nicht selbst etwas ausdenken. Langeweile, die in Erfindungsgeist und Selbstbeschäftigung mündet, entsteht erst gar nicht. Das Kind lernt zwar besonders über das Fernsehen, aber durchaus auch über Bücher, ausschnittweise die ganze Welt kennen, muss aber den bunten Bildern glauben, da es eigene Erfahrungen aufgrund der Entfernung und eingeschränkter Mobilität nicht so leicht machen kann. Dies bedeutet, dass die Bilder über ihre natürliche Authentizität hinaus realitätsbildende Wirkung haben und sich der Überprüfung durch unmittelbare Erfahrung entziehen.[6]
Ein besonders wichtiger Aspekt der medialen Erfahrungen scheint also zu sein, dass sie die Konstruktion von Wirklichkeit verändern. Besonders das Fernsehen, aber auch Bilderbücher, Werbebroschüren oder Comics arbeiten mit Bildern. Bilder wirken jedoch, anders als Worte, primär. Sie existieren ontogenetisch vor den Worten im Denken und werden daher eher als wahr angesehen. Bilder erregen eher Aufmerksamkeit und werden besser erinnert. Es wird dabei leicht übersehen, dass Medienbilder „gemacht“ werden, dass dahinter Absichten stecken. Medienbilder stellen nur einen bearbeiteten Ausschnitt von Wirklichkeit dar. Sie sind eine „Botschaft" über die Wirklichkeit, die wir sehen sollen und dürfen. Mediatisierte Erfahrungen vermitteln ein Scheinbild von Wirklichkeit nicht nur in Kinderköpfen, denn auch Erwachsene können den Wahrheitsgehalt der meisten Bilder, die sie durch die Bildmedien präsentiert bekommen, nicht überprüfen, da ihnen die Kontextinformationen fehlen und da auch sie nur über eine sehr eingeschränkte Mobilität verfügen. Das verzerrte Bild von Wirklichkeit in den Köpfen der Menschen, besonders in den Köpfen der Kinder, kann überall dort geradegerückt werden, wo es mit der Realität verglichen werden kann oder wo Zusatzinformationen gegeben werden können, etwa über Gespräche mit den Eltern. Der Vergleich mit der Realität ist aber nur in Ansätzen möglich, und so glaubt das Kind in allen Bereichen, die seiner unmittelbaren Erfahrung entzogen sind, zunächst den Bildern. Erst durch zunehmende Erfahrung mit den Bildmedien entwickeln sich „Televiewing Skills", die das Verstehen von Bildern und Fernsehgeschichten erleichtern und den Wahrheitsgehalt von Bildern hinterfragbar machen. Vor allem Kinder bis zum Ende des Grundschulalters brauchen für die reflexive Analyse von Bildern die Unterstützung von Erwachsenen. Auch die „Geschichte der Bilder", d.h. Zusammenhänge zwischen einzelnen Bildern, werden von Kindern erst etwa ab dem Grundschulalter verstanden. Kleinere Kinder benötigen unbedingt als Verständnishilfe entsprechende Erklärungen.[7]
Fazit
Medienbilder vermitteln eine Scheinwelt von Wirklichkeit. Sie sind gemachte „Botschaften“, die vor allem von Grundschulkindern aufgrund ihrer kognitiven Entwicklung und der „Ikonographie“ des Bildes kaum erkannt werden. Somit haben Medienbilder einen Einfluss auf die Realitätskonstruktion von Kindern, was sich auf ihr Erleben und Handeln auswirkt.
3.2 Verbale Kommunikation
In zivilisierten Ländern hält man es für selbstverständlich, dass jeder Schulabgänger lesen und schreiben kann. Doch die Realität ist eine andere. Gerade in den hochentwickelten, reichen Industriestaaten der Erde verbreitet sich immer mehr eine neue Form von Analphabetismus, der als funktionaler oder Post-Analphabetismus bezeichnet wird, weil er bei Menschen auftritt, die trotz absolvierter Schulpflicht das Lesen und Schreiben nicht gelernt oder wieder verlernt haben. Doch nicht nur die Beherrschung der Schriftsprache geht weiten Kreisen der Bevölkerung verloren sondern allmählich auch der Umgang mit dem gesprochenen Wort. So werden insbesondere bei Kindern in zunehmendem Maße erhebliche Sprachstörungen festgestellt. Ärzte und Wissenschaftler, die sich mit Sprach- und Hörstörungen im Kindesalter befassen, haben Alarm geschlagen, seit der Mainzer Phoniater Manfred Heinemann[8] mit einer neuen Untersuchungsmethode bei 3 1/2 bis 4jährigen Kindern auf eine unerwartet hohe Zahl behandlungsbedürftiger Fälle gestoßen war: Durchschnittlich 25 % der Kinder wiesen Sprachentwicklungsstörungen auf, von denen die Hälfte als leicht, je ein Viertel als mittelschwer und schwer einzustufen waren. Die Werte hatten sich in 10 Jahren um mehr als 20 % erhöht. Den Hauptgrund dieser Verschlechterung sieht Manfred Heinemann in den veränderten soziokulturellen Bedingungen, unter denen Kinder heute aufwachsen. Die Kindheit verstummt aufgrund der zunehmenden Sprachlosigkeit zwischen Eltern und Kind.
Der mit Abstand wirksamste Faktor dafür dürfte der Fernsehkonsum sein, der sowohl bei Eltern wie auch bei Kindern immer mehr Zeit verschlingt. Besonders bedenklich ist, dass schon Kleinkinder zwischen drei und fünf Jahren im Schnitt zwei und mehr Stunden täglich fernsehen, manche bis zu 5 und 6 Stunden. Indessen ist es nicht allein die Schweigezeit vor dem Bildschirm, die sich nachteilig auf die Sprachentwicklung der Kinder auswirkt. Heinemann kritisiert, dass auch das Medium als solches mit seiner „Überwertigkeit der visuellen Information“ einen äußerst ungünstigen Einfluss ausübt. Selbst Kindersendungen sind oft völlig realitätsfern, und schnelle Schnitte machen es einem Kind schwer, einer Handlung ausreichend zu folgen. Die Sendungen sind häufig nach stereotypen Mustern gestaltet, so dass die eigene Phantasie und Kreativität nicht angeregt werde.
Entsprechend dürftig ist dann auch die Sprache der Kinder beim Spielen mit Altersgenossen. Sie beschränkt sich auf comicartige Ausrufe, zusammenhanglose Satzfragmente und bizarre Geräuschimitationen, begleitet von maschinenhaft zuckenden Bewegungen.[9] Vor drei Jahren sah sich eine führende deutsche Krankenkasse veranlasst, unter dem Titel »Sprich mit mir!« ein Buch herauszubringen, das keinen anderen Zweck verfolgt, als die Eltern anzuregen mit ihrem Kind zu sprechen.
Fazit
Ein Viertel aller Kinder heutzutage weist Sprachentwicklungsstörungen auf, von denen die Hälfte behandlungswürdig ist. Der bei weitem wirksamste Faktor in dieser Entwicklung scheint der Fernsehkonsum zu sein, der die Familien immer „sprachloser“ macht und durch die „Überwertigkeit“ der visuellen Information die Sprache auf wenige Ausrufe und unzusammenhängende Satzfragmente verkümmern lässt. Man kann also davon ausgehen, dass sich bei Kindern mit hohem Fernsehkonsum die Fähigkeit, Informationen im Zusammenhang mündlicher und schriftlicher Kommunikation zu reflektieren, in Zukunft erheblich verringern wird.
3.3 Aggressionsbereitschaft
Dass Gewaltfilme vor allem bei Kindern angst- und aggressionssteigernd wirken, ist unter Wissenschaftlern unumstritten. Unklarheit herrscht darüber, welche Faktoren unter welchen Bedingungen dabei eine Rolle spielen.
Bevor man sich der Untersuchung von Wirkungen gewalttätiger Darstellungen zuwendet, muss deutlich sein, dass diese nur in der Interaktion zwischen Film bzw. Sendung und den Persönlichkeitsvariablen des Zuschauers entstehen. Bei einem eher ängstlichen Jugendlichen wird derselbe Film z.B. eine ganz andere Wirkung haben als bei einem eher aggressiven Zuschauer. Aber auch der Zeitpunkt und der Kontext, in dem ein Film angesehen wird, beeinflusst die Wirkung. Nach einer real erlittenen Frustration kann ein gewalthaltiger Film möglicherweise auch einen Zuschauer aggressiv stimulieren, der den Film ein paar Tage später ohne eine entsprechende Wirkung sehen kann.
Wesentlich für den Wirkungsprozess ist auch, ob sich der Zuschauer im Film oder in Teilen des Filmes wiederfindet, ob der Film also mit der Lebensrealität des Zuschauers korrespondiert. Jemand etwa, der zufällig einmal einen Banküberfall miterlebt hat, wird auf einen im Film inszenierten Überfall wahrscheinlich mit Angst reagieren, weil der Film die Erinnerung an die reale Angst auslöst. Jemand, der schon in der Phantasie daran gedacht hat, selbst einen Überfall zu begehen, wird in diesem Vorhaben vielleicht bestärkt. Es gibt also keine eindimensionale Wirkung, sondern derselbe Film kann auf unterschiedliche Menschen je nach Rezeptionssituation völlig unterschiedlich wirken.
Im Folgenden wird beschrieben, inwieweit der gezeigte Inhalt eines Films den Wirkungsprozess beeinflusst und welche Besonderheit dabei der audiovisuellen Darstellungsweise zukommt.
In der neueren Forschung distanziert man sich zunehmend von der Vorstellung mechanisch ablaufender Wirkungsweisen. Eine bestimmte Wirkung eines bestimmten Filmes kann es wohl nicht geben, denn Wirkungen finden, wie bereits erwähnt, in einem komplizierten Geflecht von unterschiedlichen Variablen statt. Wichtig ist hierbei auch die Analyse der Gesamtaussage eines Filmes. Die Darstellung des gleichen brutalen Verhaltens kann je nach unterschiedlichem Kontext eine völlig andere Wirkung nahe legen. Von entscheidender Bedeutung ist nach Untersuchungen von Grimm[10] dabei, ob ein Film die Identifizierung mit dem Täter oder mit dem Opfer suggeriert. Hat der Täter mit seinem gewalttätigen Verhalten Erfolg und wird dafür im Film nicht bestraft, so wird sein Verhalten eher als Modell angenommen als dann, wenn die negativen Auswirkungen seines Handelns beim Opfer abschreckend in Szene gesetzt werden und der Täter selbst eine entsprechende Strafe für sein Verhalten einstecken muss. Ein Ansteigen der Gewaltbereitschaft wäre also besonders bei einem Film wahrscheinlich, der einen sympathischen, zur Identifikation anreizenden Helden rücksichtslos und mit Gewalt seine Interessen durchsetzen lässt, wobei er ohne Bestrafung bleibt und am Schluss als erfolgreicher Sieger aus dem Film hervorgeht. Dabei spielt weiterhin eine Rolle, ob die Situation und die Handlungsabläufe im Film auf die Realität des Betrachters einigermaßen übertragbar sind.
Weiterhin ist bei der Beurteilung eines Wirkungsprozesses die Frage entscheidend, ob die Botschaft des Filmes quasi wie ein Schlüssel zur individuellen psychischen und sozialen Situation des Betrachters passt. Personen hingegen, deren individuelle Disposition bzw. soziale Erfahrungen mit dem Filminhalt korrespondieren, fühlen sich beim Rezeptionsprozess in ihrer Grundhaltung bestätigt. Sie könnten durch einen entsprechenden Film in ihrer Grundposition also bestärkt werden.
Zu diesem Ergebnis kommt auch die Gewaltkommission, die im Auftrag der Bundesregierung die Wirkung von Gewaltdarstellungen untersuchte. Dabei geht es weniger um das Problem von Nachahmungstaten, sondern eher darum, dass erfolgreich erscheinende, aggressive Modelle ganz allmählich Werte, Normen und Einstellungen gegenüber Aggression verändern, dass sie den Zuschauer gegenüber Gewalt desensibilisieren und ihm Gewalt als Problemlösungsmittel anbieten.[11]
Die Rezeption durch Kinder stellt den Forscher vor das Problem, dass die durch Erwachsene vorgenommene Inhaltsanalyse vom Kind offenbar anders wahrgenommen wird. Kinder scheinen Zusammenhänge von Filmen, die sie nicht verstehen, einfach umzuinterpretieren, um dem Film einen eigenen, individuellen Sinn zu geben. Dies zeigt, dass Wirkungen bei Kindern von Erwachsenen nur relativ schwer eingeschätzt werden können. Festzustehen scheint aber, dass vor allem kleine Kinder zwischen Fiktion und Realität in Filmen nicht unterscheiden können, auch nicht bei Zeichentrickfilmen.
Neben dem Beziehungsgeflecht zwischen Filminhalt und individuellen Variablen scheint jedoch die Häufigkeit, in der Kinder gewalttätiges Verhalten sehen, von großer Bedeutung zu sein. Eron und Huesmann[12] nehmen an, "dass soziales Verhalten hauptsächlich durch kognitive Schemata gesteuert wird sowie durch die Beobachtung von Modellen, deren Verhalten das Kind speichert und als Handlungsanweisung versteht. Kinder, die permanent medialen Gewaltdarstellungen ausgesetzt sind, werden mit großer Wahrscheinlichkeit kognitive Muster aggressiver Problemlösungsstrategien entwickeln und beibehalten.“ Wird dann später in entsprechenden Situationen aggressives Verhalten gezeigt, kann es sein, dass es durch den gewünschten Erfolg belohnt und somit verstärkt wird. Das Auftreten weiterer Aggression ist dann wahrscheinlich. Wenn jedoch aggressives Verhalten auftritt, beeinträchtigt es unter Umständen den sozialen und intellektuellen Erfolg, denn aggressive Kinder sind weniger beliebt und weniger erfolgreich in der Schule, was wiederum zu Frustration und neuer Aggression führen kann. Der Teufelskreis schließt sich, wenn man bedenkt, dass eben diese Kinder auch regelmäßiger vor dem Fernseher sitzen.
Ein nicht zu unterschätzender Faktor im Wirkungsprozess aggressiver Darstellungen sind die in Film- oder Fernsehsendungen vermittelten Gefühle. Sie werden vom Zuschauer erheblich länger behalten als kognitive Zusammenhänge. Sturm[13] testete bei 200 erwachsenen Studenten, ob es einen Unterschied im Behalten von Fernseh- bzw. Radiosendungen gibt. Sie stellte dabei fest, dass die Inhalte etwa nach den gleichen, auch aus anderen Bereichen der Psychologie bekannten Vergessenskurven erst schneller, dann langsamer vergessen werden; es gibt also zwischen den unterschiedlichen Medien (Fernsehen, Hörfunk) keine Unterschiede im Hinblick auf den Zeitraum des Vergessens. Anders verhielt es sich jedoch mit den emotionalen Eindrücken: Beim Fernsehen veränderten sich die emotionalen Ersteindrücke mit zunehmendem Abstand zur Sendung nicht, sie blieben über einen relativ langen Zeitraum stabil. Auch in einem Feldversuch erwies sich, dass audiovisuell vermittelte Eindrücke emotional langfristig behalten werden.
Dies entspricht auch unserer üblichen Fernseherfahrung: Bei Wiederholungen eines Filmes, den wir bereits kennen, können wir häufig genau angeben, ob wir den Film gut oder schlecht fanden, obwohl wir nicht mehr wissen, was eigentlich passierte. Folgt man dieser These, so sind möglicherweise die von Filmen vermittelten Gefühle längerfristig und möglicherweise unbewusst verhaltenssteuernd oder meinungsbeeinflussend. Jedenfalls ist bei der Beurteilung von Filmen hinsichtlich einer langfristigen Wirkung darauf zu achten, welche Gefühle des Zuschauers durch die Handlung und die Darstellungsweise des Films angesprochen werden.
Fazit
Wenn individuelle Disposition und soziale Erfahrungen mit den gewalttätigen Inhalten eines Films korrespondieren, können im Zuschauer aggressive Verhaltensmuster entstehen. Die Häufigkeit, mit der Gewaltdarstellungen gesehen werden, scheint eine nicht unwesentliche Rolle für die Festigung solcher Muster zu spielen. Kinder, die ständig medialen Gewaltdarstellungen ausgesetzt sind, werden mit großer Wahrscheinlichkeit selbst aggressives Verhalten zeigen. Gewalt darstellende Sendungen bewirken im Zuschauer eine sich allmählich vollziehende Veränderung von Werten, Normen und Einstellungen gegenüber Aggression, eine Desensibilisierung gegenüber Gewalt und die Bereitschaft, Gewalt als Problemlösungsmittel zu nutzen. Gefühle, die ein Film dem Zuschauer vermittelt, werden längerfristig behalten und scheinen verhaltenssteuernd zu wirken.
3.4 Realitätsverlust
„Der televisionäre Konsument erlebt heute Wirklichkeiten aus zweiter Hand, die auf eigenen Zeichensprachen basieren. Diese virtuellen Bilderwelten verweigern unmittelbar sinnliche Wahrnehmungen oder eingreifendes Handeln und bieten statt dessen Scheinbewegungen/-begegnungen rund um den Globus, Ersatzerlebnisse jedweder Art“[14].
Vor allem Kindern, aber auch Erwachsenen fällt es immer schwerer Realität und Fiktion zu trennen. Als vor Jahren die Serie „Schwarzwaldklinik“ zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, erhielt der Schauspieler K. J. Wussow etliche ernstgemeinte Briefe, in denen er um ärztlichen Rat gefragt wurde. Ende der 60er Jahre moderierte Dieter Thomas Heck eine Art „Kriminalshow“, in der die Zuschauer zwei Polizisten sehen konnte, die einen Verbrecher jagten. Gelang es dem Verbrecher bis ins Sende-Studio zu kommen und eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen, gewann er einen hohen Geldpreis. Dass in dieser Show die bewaffneten Polizisten und der Verbrecher von gutbezahlten Schauspielern gespielt wurden, verstanden viele Zuschauer nicht. Eine Hamburger Zeitung witterte den Skandal und suchte per Artikel nach Kandidaten, die für den hohen Geldpreis entweder bereit waren als Verbrecher ihr Leben aufs Spiel zu setzen oder als Polizist im Notfall zu schießen. Es meldeten sich viele tausend Bewerber, die sich in einem Punkt einig waren. In einer Fernsehshow zu töten, ist etwas anderes als im richtigen Leben; so sind eben die Spielregeln. Neben der Verwischung der Sphären Realität und Fiktion lösen sich anscheinend auch sämtliche Grenzen auf. Wie viele dieser Bewerber aus allen gesellschaftlichen Schichten würden auch im richtigen Leben für Geld töten oder sich in Lebensgefahr begeben?
In der heutigen Zeit ist es noch schwieriger geworden, zwischen Realityshows, computeranimierten Welten und der Realität zu unterscheiden. „Unter dem Wirklichkeitsspender Fernsehen muss unser alter Realitätsglaube definitiv zusammenbrechen. - Wirklichkeit wird - bis in seine Substanz hinein virtuell, manipulierbar, ästhetisch modellierbar,"[15]
Eine weitere Zuspitzung der Entwicklung ergibt sich durch die numerischen Bild- und Bitwelten der Informationstechnologien. Gegenstände werden durch Bilder ersetzt und können deshalb schwer verortet werden. Die Apparatur schiebt sich zwischen Mensch und Wirklichkeit.
Aber nicht nur medial-digitale Erzeugnisse provozieren eine Verwischung der Sphären Fiktion und Wirklichkeit. Dieser Trend wird durch die oberflächliche, auch durch mediale Bilder gestützte Ästhetisierung und Theatralisierung aller erdenklichen Lebensbereiche noch verschärft.[16]
3.5 Weitere Wirkungsbereiche
Neben den soeben beschriebenen Zusammenhängen gibt es noch eine Vielzahl anderer Faktoren, die im Wirkungsgeflecht von Medien und Konsument eine Rolle spielen können. Im Folgenden werden nur einige dieser Faktoren kurz dargestellt.
3.5.1 Reizüberflutung
Nicht mehr konventionelles Spielzeug oder Bücher wünschen sich die 6- bis 13jährigen zu Weihnachten, sondern CDs, Fernseher, PC-Ausstattung, Stereoanlage oder Gameboy. Aber auch Fernseher und Computer allein werden künftig die Welt der Kinder nicht mehr bestimmen. "Die Kindheit der Zukunft wird nicht nur eine computerisierte Erlebniswelt sein. Ganz im Gegenteil: Es heißt dann Rollerskating plus Mountainbiking plus TV plus PC plus CD usw."[17]
Doch diese Entwicklung bleibt nicht ohne psychosoziale Folgen: "Wegen der Fülle und Vielfalt der Angebote werden viele Eindrücke und Informationen nur noch konfettiartig nebeneinander aufgenommen (Kennzeichen einer "Konfetti-Generation"). Die Eindrücke bleiben bruchstückhaft und oberflächlich. Zwischen Wortfetzen und Bildsplittern hin- und hergerissen hat sie am Ende nur wenig Zusammenhängendes gehört und gesehen. Mit der Gewöhnung an das Trommelfeuer ständig neuer Reize bekommt selbst das Außergewöhnliche den Charakter des Vorübergehenden – auf dem Weg zum nächsten Ereignis. Sobald etwas uninteressant zu werden droht, springt der Konsument einfach weiter. So muss die "Hopping-Manie" unweigerlich in Überreizung enden. Der hastige Konsument kommt nicht zur Ruhe. Innere Unruhe weitet sich zum Dauerstress aus. Der Wunsch kommt auf: Am besten mehrere Leben leben (Popcorn 1992) – der vermessene Traum eines hybriden Menschen."[18]
[...]
[1] Vgl. Opaschowski, Horst W.: Generation @ – Die Medienrevolution entlässt ihre Kinder. S. 55.
[2] Vgl. Backes, M. & Bente, G.: Vielsehen - ein neuer Weg in die Isolation?
[3] Vgl. Wittmann, W.: Einführungsreferat für den Pädagogischen Tag im November 1996.
[4] Vgl. Backes, M. & Bente, G.: Vielsehen - ein neuer Weg in die Isolation?
[5] Vgl. OERTER: Moderne Entwicklungspsychologie.
[6] Vgl. Sturm, H.: Medienwirkungen und Wahrnehmung. S. 91-113.
[7] Vgl. Sturm, H.: Medienwirkungen und Wahrnehmung. S. 91-113.
[8] Vgl. Heinemann, Manfred: FAZ Interview 1993.
[9] Vgl. Heinemann, M.: FAZ Interview 1993.
[10] Vgl. Grimm, Jürgen: Fernsehgewalt. S. 36.
[11] Vgl. Deutscher Bundestag: Gewaltkommission, Endgutachten.
[12] Vgl. ERON, L.D./HUESMANN, L. R.: Soziale Einstellungen und Verhalten. S. 33 – 45.
[13] Vgl. STURM, H.: Medienwirkung. S. 76.
[14] Weintz, Jürgen: Theaterpädagogik und Schauspielkunst. S. 40.
[15] Vgl. Welsch, Wolfgang: Ästhetisches Denken. S. 21.
[16] Vgl. Weintz, Jürgen: Theaterpädagogik und Schauspielkunst. S. 40.
[17] Opaschowski, Horst, W.: Generation @. S. 77.
[18] Opaschowski, Horst, W.: Generation @. S. 77.
- Arbeit zitieren
- Stefan Kappenberg (Autor:in), 2001, Eine Chance für die mediatisierte Kinderwelt? Vom "Zuschauen" zum "Erleben" durch Theaterpädagogik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20998
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