„Die Wahrheit der allgemeinen Bildung ist die berufliche.“ - Blankertz' wohl meist zitierte Aussage ist nicht sofort verständlich, in ihr verstecken sich aber Thesen, mit denen sich auch Klafki und Hentig beschäftigen. Den Begriff „Bildung“ zu definieren ist auf Grund der Herkunft und der geschichtlichen Wandlung unmöglich. Alles ist Sache der Auslegung, Bildung darf unterschiedlich verstanden werden, solange erklärt werden kann, wie Bildung verstanden wird. Manch Einer denkt sofort an Schulbildung im Sinne koordinierter Wissensaneignung. Ein Anderer denkt vielleicht an die allgemeine Formung des Menschen. In dieser Arbeit wird Bildung als der Prozess der reflektierten Aneignung der Welt und der Entwicklung einer aufgeklärten Persönlichkeit verstanden. [...] Die frühkindliche Bildung ist das Fundament einer sich entwickelnden Persönlichkeit. Ziel der frühen Bildung ist es die jungen Menschen in ihrer Entwicklung zu stärken und zu emanzipieren. Diese Ziel kann mit Abschluss der Pflichtschule nicht erreicht werden, denn Bildung ist bekanntlich ein lebenslanger Prozess und Teil der Sozialisation. Schule kann/soll diesen Prozess unterstützen. [...]
Trotzdem hat sich in der Bildungspraxis wenig getan. Das deutsche Schulsystem ist veraltet, didaktisch wirkungsvollere Methoden werden von den Pädagogen unzureichend angewandt, Fachbildung ist die am weitesten verbreitete Schulbildung. Die Pisa-Studie stärkt das Verständnis von Bildung als reinen Wissenserwerb - ein Problem! Eine Lösung ist soweit nicht in Sicht, da
die Meinungen der Politiker, der Bürger und der Bildungswissenschaftler keinen
Konsens finden. [...]
Wie lässt sich ein ökologisches Verständnis in die Curricula der Berufs- und Wirtschaftsbildung einbauen? Durch Allgemeinbildung! - Die Antwort hat uns Klafki bereits gegeben. Unbeantwortet bleibt die Frage: „Wie lassen sich die Entscheidungsträger dazu bringen, auf die Bildungstheoretiker zu hören?“
Diese Arbeit soll ein wenig mehr Übersicht auf die oben beschriebenen Problemfelder geben und Verknüpfungen offen legen. Mehr, als eine Veränderung der Bildungspolitik zu fordern kann sie nicht – denn es wurde schon alles gesagt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Ansätze zur beruflichen Bildung
1.1 Der emanzipatorische Ansatz nach Herwig Blankertz
1.2 Der nachhaltige Ansatz nach Andreas Fischer
2 Vergleich der oben dargestellten Ansätze mit den Bildungstheoretischen Vorstellungen von Hartmut von Hentig und Wolfgang Klafki
2.1 Bildungstheoretische Vorstellungen von Hartmut von Hentig
2.2 Bildungstheoretische Vorstellungen von Wolfgang Klafki
2.3 Vergleiche
3 Ausrichtung einer zukunftsorientierten beruflichen Bildung
3.1 Der Einfluss von Allgemeinbildung (und dadurch resultierenden sozialem Interesse) auf die Wirtschaft
3.2 Zukunftsorientierte Berufliche Bildung
3.2.1 Berufswelt heute
3.2.2 Berufsvorbereitung
3.2.3 Klafkis bildungstheoretische Vorstellungen bezogen auf die zukunftsorientierte Berufliche Bildung
Ausblick
Literaturverzeichnis
Monographien
Sammelwerke
Zeitungsartikel
Anhang
Sechs Sinn-Dimensionen nach Klafki
Eidesstattliche Versicherung
Einleitung
„ Die Wahrheit der allgemeinen Bildung ist die berufliche.“ - Blankertz' wohl meist zitierte Aussage ist nicht sofort verständlich, in ihr verstecken sich aber Thesen, mit denen sich auch Klafki und Hentig beschäftigen. Den Begriff „Bildung“ zu definieren ist auf Grund der Herkunft und der geschichtlichen Wandlung unmöglich. Alles ist Sache der Auslegung, Bildung darf unterschiedlich verstanden werden, solange erklärt werden kann, wie Bildung verstanden wird. Manch Einer denkt sofort an Schulbildung im Sinne koordinierter Wissensaneignung. Ein Anderer denkt vielleicht an die allgemeine Formung des Menschen. In dieser Arbeit wird Bildung als der Prozess der reflektierten Aneignung der Welt und der Entwicklung einer aufgeklärten Persönlichkeit verstanden.
Im pädagogischen Bereich wird Bildung längst nicht mehr als Teil der Schule gesehen. Fragt man Hentig „Was ist Bildung?“, er würde „Alles!“ antworten.[1] Bildung findet also vor der Schule, in der Schule und nach der Schule statt. Es gibt aber Lebensabschnitte, in denen Bildung besonders wichtig ist. Die frühkindliche Bildung ist das Fundament einer sich entwickelnden Persönlichkeit. Ziel der frühen Bildung ist es die jungen Menschen in ihrer Entwicklung zu stärken und zu emanzipieren. Diese Ziel kann mit Abschluss der Pflichtschule nicht erreicht werden, denn Bildung ist bekanntlich ein lebenslanger Prozess und Teil der Sozialisation. Schule kann/soll diesen Prozess unterstützen. Seit einiger Zeit wird auch im Anbetracht der Berufsschule mehr wert darauf gelegt. Klafki fordert in Bildungsdiskussionen schon seid den 60ern mehr Wert auf den Erwerb von Schlüsselqualifikationen zu legen, Blankertz konkretisiert diese Forderungen in seinem berufs- und wirtschaftspädagogischen Ansatz auch für die Berufsbildung und Fischer führt den nachhaltigen Aspekt weiter.
Trotzdem hat sich in der Bildungspraxis wenig getan. Das deutsche Schulsystem ist veraltet, didaktisch wirkungsvollere Methoden werden von den Pädagogen unzureichend angewandt, Fachbildung ist die am weitesten verbreitete Schulbildung. Die Pisa-Studie stärkt das Verständnis von Bildung als reinen Wissenserwerb - ein Problem! Eine Lösung ist soweit nicht in Sicht, da die Meinungen der Politiker, der Bürger und der Bildungswissenschaftler keinen Konsens finden. Den Bildungsbegriff zu präzisieren scheint unmöglich.
Humboldts ursprünglicher Bildungsbegriff wurde hauptsächlich von Klafki aufgenommen und weiterentwickelt. Mit der Veränderung der Welt, kommen immer neue Aspekte hinzu. Der emanzipatorische Aspekt wurde lange und ausgiebig erforscht. Zuletzt kommt der nachhaltige Aspekt hinzu. Die Globalisierung und die fortschreitende Industrie (mit allen ihren Vorteilen und Nachteilen) lenkt nun den Fokus auf Verantwortungsbewusstsein und erweitert Bildungstheoretische Modelle.
Wie lässt sich ein ökologisches Verständnis in die Curricula der Berufs- und Wirtschaftsbildung einbauen? Durch Allgemeinbildung! - Die Antwort hat uns Klafki bereits gegeben. Unbeantwortet bleibt die Frage: „Wie lassen sich die Entscheidungsträger dazu bringen, auf die Bildungstheoretiker zu hören?“
Diese Arbeit soll ein wenig mehr Übersicht auf die oben beschriebenen Problemfelder geben und Verknüpfungen offen legen. Mehr, als eine Veränderung der Bildungspolitik zu fordern kann sie nicht – denn es wurde schon alles gesagt.
1 Ansätze zur beruflichen Bildung
Folgend werden der in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik diskutierte emanzipatorische Ansatz und der nachhaltige Ansatz kurz dargestellt
1.1 Der emanzipatorische Ansatz nach Herwig Blankertz
„ Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt?“ (Ernst R. Hauschka)
“Die Blankertzsche Bildungstheorie basiert auf der Radikalisierung des neuhumanistischen Gedankengebäudes im Sinne von Humboldt.”[2] So steht es im Handbuch für Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Humboldt verstand Bildung als die Entwicklung zur Mündigkeit und gleichzeitig als einen lebenslangen Prozess. Für Humboldt war es nicht wichtig, was sich das Individuum aneignet, sondern wie. Die Innere Verarbeitung der äußeren Eindrücke war für ihn ausschlaggebend.[3] Und so sieht es auch Blankertz in seiner kritisch-emanzipatorischen Berufsbildungstheorie. Die Emanzipation in der Bildung bedeutet, dass das Individuum nicht bloß lernt und wiedergibt, sondern, hermeneutisch lernt und das aufgenommene kritisch analysiert und evtl. hinterfragt.
Die Gesellschaft funktioniert durch das soziale Miteinander, das Respektieren der Mitmenschen und durch die Unterwerfung unter allgemein akzeptierten Regeln und Normen. Es liegt auf der Hand, dass Schule nicht nur die Funktion hat, Wissen in die Köpfe der Schüler zu setzen. Schule hat auch bis hin zur Berufsschule eine erzieherische Aufgabe. Kutscha beschreibt Blankertz' Forderungen so:
“Dabei ging es Blankertz und Lempert - gesellschaftspolitisch betrachtet - um ein größeres Ausmaß an Demokratie und - auf die Individuen bezogen - um Mündigkeit (Autonomie) im Sinne gesellschaftlich handlungsfähiger Subjekte”[4]
Blankertz war gegen Fachschulen, weil die didaktischen Methoden dort nicht seinen Ideen entsprachen. Berufliche Fachschulen kritisierte er nicht, so lange sie außerhalb der Pflichtschulzeit besucht wurden.
Dem emanzipatorischen Ansatz war seiner Meinung nach auch in der Berufsschule zu folgen. Allgemeinbildung im Sinne von Aufklärung ist die Basis jeglicher Emanzipation. „Wer nichts weiß, muss alles glauben.“ So formulierte Marie von Ebner-Eschenbach einst und sprach indirekt auch die Wichtigkeit von Allgemeinbildung an, denn nur mit einem Grundverständnis der Welt, können Informationen auch eingeordnet und ggf. kritisiert werden. Mancher mag sich nun fragen: „Warum muss diese Allgemeinbildung mit der Berufs- und Wirtschaftsbildung“ gekoppelt werden, dort geht es doch um konkretes Wissen?“ Die Antwort wird u.a. von Kutscha gegeben:
„... dass Unterricht (auch der berufliche) nicht nur wissenschaftsorientiert sein müsse (daran führt kein Weg vorbei, wenn man die Welt von heute verstehen will!), sondern dass Erziehung zur Mündigkeit auch die Befähigung zur (gesellschafts-)kritischen Auseinandersetzung mit den Zielen und Folgen von Wissenschaft und Technik einschließen müsse.”[5]
Wissenschaft kann demnach nur betrieben werden, wenn die behandelten Themen auch von der eigenen individuellen Sichtweise her gesehen, verstanden und ggf. falsifiziert werden. Die gedankliche Autonomie ist auch Quelle von Kreativität und Forschungsinteresse, welche Grundlegend für wissenschaftliches Schaffen sind. Die Kritische Theorie liegt auch im Interesse der Wirtschaft. Aufklärung ist wichtig für berufliche Erfolge und Aufstiegsmöglichkeiten. Mit diesem letzten Absatz kann nun die Nachhaltigkeit thematisch aufgegriffen werden.
[...]
[1]
H. v. Hentig: Geläufige Fragen, in: Bildung, S. 13.
[2] P. Gonon, H. Reinisch, F. Schütte: Zur Ideengeschichte der Berufs- und Wirtschaftspädagogik, in: Handbuch Berufs- und Wirtschaftspädagogik, S. 437.
[3] Vgl. ebd., S. 427.
[4] G. Kutscha: Ausgewählte Ansätze der kritischen Theorie in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik, in: Ansatz und Einfluss der kritischen Theorie in der Berufs- und Wirtschaftspädagogik, in: Handbuch Berufs- und Wirtschaftspädagogik, S. 380.
[5] G. Kutscha: Bildung und Beruf, S. 44.
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- Felix Ruckdeschel (Author), 2011, Die berufliche Bildung der Zukunft ist die Allgemeinbildung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/209855
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