Die Zunahme von Schriftlichkeit ist ein zentraler Aspekt der ,,moderner" werdenden Verwaltung im späten Mittelalter.
Dazu gehört auch Schriftlichkeit in Form von Rechnungslegung. Das Marienburger Tresslerbuch der Jahre 1399-1409 tritt uns als verhältnismäßig hoch entwickelte Form der Buchhaltung entgegen. Das Tresslerbuch ist das Hauptbuch über Einnahmen und Ausgaben der Hauptkasse des Ordensstaates, geführt vom Tressler, sozusagen dem Schatzmeister des Deutschen Ritterordens. Enthält der Begriff ,Buchhaltung` auch heute noch den Sinn des Ablegens von Rechenschaft, so gilt das erst recht für das Tresslerbuch, denn bereits die Statuten des Deutschen Ordens verlangten von allen Beamten eine durchgehende und sorgfältige Rechnungsführung. Der Sinn der Aufzeichnungen begegnet uns also auch im Tresslerbuch in dem von Dieter Scheler1 angesprochenen Sinn, daß Rechnen zunächst die verantwortliche Darlegung einer geführten Verwaltung, die Kontrolle der Verwaltung von Nutzungen durch deren Inhaber ist. Rechnen und Rechtfertigung erhalten im Rahmen der Schriftlichkeitsentwicklung neue Formen und Dimensionen.
Gegenstand der Arbeit soll sein, am Beispiel des Marienburger Tresslerbuchs die Dimension der Herstellung und der Anordnung von Schrift zu beleuchten. Es soll also gefragt werden, wie die Aufzeichnungen durchgeführt und warum sie in der vorliegenden Weise geordnet wurden. Dabei steht nicht so sehr die handwerkliche Technik des Schreibens im Vordergrund, sondern die materiellen und sozialen Aspekte und Bedingungen. So wurden die Aufzeichnungen des Tresslerbuchs nicht vom Tressler selbst geführt, sondern in erster Linie von dem ihm jeweils zugewiesenen Schreiber. Da es sich um eine Jahresabrechnung handelt, ist zu fragen, ob die Aufzeichnungen jeweils fortlaufend während des Abrechnungsjahres oder erst zum Ende des Abrechnungszeitraums zusammengefaßt wurden. In jedem Fall stellt sich die Frage, ob z.B. diktiert oder von Vorlagen abgeschrieben wurde. Wie könnten diese Vorlagen ausgesehen haben und wer hat diese hergestellt und vorgelegt? Solche Fragen lassen sich auch im Rückschluß auf die Struktur des Geschriebenen beantworten, womit auch die Dimension der Anordnung des Geschriebenen berührt werden muß. Welchen Sinn macht die Strukturierung, nach welchen sachlichen Gesichtspunkten werden die Ausgaben und Einnahmen differenziert, wird in Naturalien oder ausschließlich in Geld ausgewiesen? Welche Fehler sind in der Struktur gemacht worden und warum?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung und Problemstellung
- Die Verwaltungs- und Organisationsstruktur des Ordens in Preußen
- Die Statuten und die wichtigsten Ordensämter
- Die Verwaltung des Deutschordensstaates
- Textpräsentation
- Beschreibung der Handschrift
- Die Dimension der Anordnung
- Beschreibung der inhaltlichen Struktur (Gliederungsstruktur)
- Die Einnahmen
- Die Ausgaben
- Sprache
- Die Zahlzeichen
- Beschreibung der inhaltlichen Struktur (Gliederungsstruktur)
- Die Dimension der Herstellung
- Technik
- Der Autor des Textes
- Struktur der Vorlagen
- Zeitpunkt der Entstehung der Jahresberichte
- Die Abrechnung zwischen Tressler und Großkomtur
- Mit dem Geld rechnen
- Ergebnis und Ausblick
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der vorliegende Leistungsnachweis untersucht das Marienburger Tresslerbuch der Jahre 1399-1409 als Beispiel für die Entwicklung der Rechnungslegung im späten Mittelalter. Die Arbeit beleuchtet die Dimension der Herstellung und Anordnung der Schriftlichkeit im Tresslerbuch, analysiert die Sprache und Zahlzeichen und betrachtet die technischen Aspekte der Entstehung.
- Die Bedeutung der Schriftlichkeit in der Verwaltung des Deutschen Ordens
- Die Struktur und Organisation des Tresslerbuches als Jahresbilanz
- Die Rolle des Tresslers und seiner Schreiber in der Erstellung der Jahresberichte
- Die Verwendung von Sprache und Zahlzeichen in der Rechnungslegung
- Die Bedeutung der Rechnungslegung als Form der Kontrolle und Rechenschaftslegung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Rechnungslegung im späten Mittelalter ein und stellt das Marienburger Tresslerbuch als Beispiel für eine hochentwickelte Form der Buchhaltung vor. Die Arbeit untersucht die Entstehung und Struktur des Tresslerbuches und beleuchtet die Rolle der Schriftlichkeit in der Verwaltung des Deutschen Ordens.
Das zweite Kapitel analysiert die Verwaltungs- und Organisationsstruktur des Deutschen Ordens in Preußen im 14. und 15. Jahrhundert. Es werden die Statuten, die wichtigsten Ordensämter und die Verwaltung des Deutschordensstaates erläutert.
Das dritte Kapitel widmet sich der Textpräsentation des Marienburger Tresslerbuches. Es beschreibt die Handschrift, die Dimension der Anordnung, die Sprache und die Zahlzeichen. Die Arbeit geht detailliert auf die inhaltliche Struktur des Buches ein, analysiert die Einnahmen und Ausgaben und untersucht die technischen Aspekte der Herstellung.
Das vierte Kapitel fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und gibt einen Ausblick auf weitere Forschungsansätze.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Marienburger Tresslerbuch, Rechnungslegung, mittelalterliche Verwaltung, Deutscher Orden, Schriftlichkeit, Sprache, Zahlzeichen, Organisation, Struktur, Einnahmen, Ausgaben, Kontrolle, Rechenschaftslegung, Quellenanalyse, Historische Hermeneutik.
- Quote paper
- Karsten Müller (Author), 2001, Das Marienburger Tresslerbuch als Beispiel mittelalterlicher Rechnungslegung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/2097
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