Die Katastrophen in Preußen, mit der Niederlage in Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 und die daraus resultierende Krise in dem geteilten Staatsareal zwischen dem von Napoleon geschlossenen Rheinbund ohne Preußen, führen in den Jahren 1807 bis 1822 zu ausgiebigen Reformen. Als Konsequenz hat diese „defensive Modernisierung“ im Rahmen von Reformationen, anstelle einer Revolution, nachwirkend den Umschwung der Adelsgesellschaft alteuropäischer Art durch eine bürgerliche Eigentümergesellschaft der fortschrittlicheren Art vorangetrieben. „Das alte Siegel“ , das auf der starren Weitergabe der Familienehre vom Vater auf den ältesten Sohn beruht, ist im Schwanken. In diesem Rahmen sind auch die vielen zeitgenössigen Diskussionen, zum Beispiel über die Werte der Fideikommisse und Majorate zu betrachten. Die daraus resultierenden Erbschaftsdebatten beherrschen das politische Geschehen um die Wende des 18. Jahrhunderts. Das hohe Interesse vieler Autoren an diesem Themenkomplex zeigt sich an der Menge von literarischen Umsetzungen, vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, welche die Problematik des Fideikommisses beinhalten.
Gegenstand der Analyse wird sein, inwiefern sich die Kollektivsymbolik „[...] die nach der bleibenden Bedeutung der Französischen Revolution fragt [...]“ noch im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts bei E.T.A. Hoffmanns „Das Majorat“ herausarbeiten lässt. Ich werde mich auch mit der Darstellung der Krise befassen, die sich zwischen dem Adel und dem Bürgertum spürbar macht und den Konflikt der Generation behandeln
Zum besseren Verständnis werde ich eine kurze Ergänzung in Bezug auf den Fideikommiss geben.
I. EINLEITUNG
Die Katastrophen in Preußen, mit der Niederlage in Jena und Auerstedt am 14. Oktober 1806 und die daraus resultierende Krise in dem geteilten Staatsareal zwischen dem von Napoleon geschlossenen Rheinbund ohne Preußen, führen in den Jahren 1807 bis 1822 zu ausgiebigen Reformen. Als Konsequenz hat diese „defensive Modernisierung“ im Rahmen von Reformationen, anstelle einer Revolution, nachwirkend den Umschwung der Adelsgesellschaft alteuropäischer Art durch eine bürgerliche Eigentümergesellschaft der fortschrittlicheren Art vorangetrieben.[1] „Das alte Siegel“[2], das auf der starren Weitergabe der Familienehre vom Vater auf den ältesten Sohn beruht, ist im Schwanken.[3] In diesem Rahmen sind auch die vielen zeitgenössigen Diskussionen, zum Beispiel über die Werte der Fideikommisse und Majorate zu betrachten.[4] Die daraus resultierenden Erbschaftsdebatten beherrschen das politische Geschehen um die Wende des 18. Jahrhunderts. Das hohe Interesse vieler Autoren an diesem Themenkomplex zeigt sich an der Menge von literarischen Umsetzungen, vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, welche die Problematik des Fideikommisses beinhalten.[5]
Gegenstand der Analyse wird sein, inwiefern sich die Kollektivsymbolik „[...] die nach der bleibenden Bedeutung der Französischen Revolution fragt [...]“[6] noch im zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts bei E.T.A. Hoffmanns „Das Majorat“ herausarbeiten lässt. Ich werde mich auch mit der Darstellung der Krise befassen, die sich zwischen dem Adel und dem Bürgertum spürbar macht und den Konflikt der Generation behandeln
Zum besseren Verständnis werde ich eine kurze Ergänzung in Bezug auf den Fideikommiss geben.
II. Der Fideikommiss und das Majoratswesen
Um die nachfolgende Polemik, das Fideiwesen betreffend in Preußen, zu demonstrieren, verweise ich auf die Fülle von Dekreten, die in der Zeitspanne zwischen 1791 und 1794 erlassen wurden. Darin zeigt sich eine langsame Entmachtung der Majorate, in der viele Erben mehr Gleichstellung erfahren. Zurückzuführen ist dies auf die Auswirkungen der Französischen Revolution.[7] Um 1800 und noch in den folgenden Jahren bleibt dieses generationelle Prinzip des Erbrechtes ein zentrales gesellschaftspolitisches Phänomen, das sich nicht nur in der Literatur, sondern auch im Recht behauptet. Das Hauptelement dieses Kommisses stellt das Majorat dar, das durch die Autoriät des Majoratsstifters eine definierte Erbfolge für alle zukünftigen Generationen festlegt.[8] Beim Fideikommiss „handelt [es] sich ganz allgemein um ein gebundenes, d.h. unveräußerliches und einer bestimmten Erbfolge unterworfenes Vermögen.“[9] Von großer Bedeutung ist für Preußen im Rahmen des Fideikommisswesens das von Stein und seinen Mitarbeitern reformierte Oktoberdekret vom 9. Oktober 1807. Dieses Edikt umschließt den freien Gebrauch des Grundeigentums und eine Liberalisierung auf ökonomischer Ebene. Man versucht das Fideiwesen zeitgemäßer auszustatten.[10]
Die Gründe hierfür sind, dass dieses Rechtsinstitut eine extreme Machtausübung und Gewalt über alle nachfolgenden Generationen des Stifters hat. Der Fideikommiss erlaubt keine Veränderungen des Grundbesitzes und des Vermögens; er ist eine Art „Zeitloch“[11], das sich gegen den Fortschritt stellt und die starre politische Situation des Ancien Régime repräsentiert.[12]
Als wichtiges Argument der Verfechter dieses starren Systems, möchte ich mich auf Maximilien de Robespierre beziehen. Dieser stellt beispielsweise in Bezug auf das Erbrecht die Frage, ob ein Toter berechtigt sei, seinen Deszendenten bindende Gesetze vorzulegen, die unveränderlich seien und ob ein Toter das Recht besitze, noch über Land und Boden zu verfügen.[13] Solche und ähnliche Denkmuster finden sich auch in Preußen. Anzuführen ist hier zum Beispiel Achim von Arnim, der aufgrund dieses Kommisses auch benachteiligt wird.[14]
Ich werde nun in einem ersten Schritt die Bereiche des Stammschlosses, der Natur und der Astrologie in einem kollektivsymbolischen Zusammenhang deuten.
III.1. Das Stammschloss, Natur und Astrologie
Ich beginne mit einem ersten Blick, den ich auf das Stammschloss werfen möchte: Das Schloß, das unfern der Ostsee liegt, wird R..sitten genannt. Es handelt sich um das an der Ostsee gelegenen Rossitten.[15] Obgleich der Autor es vorzieht, den Namen nicht auszuschreiben, lässt dies Raum, für eine konkrete Deutung. Es liegt nicht so fern, dass das „R“ für den Majoratsstifter „Roderich“ steht. Verbunden mit „sitten“, stellt es schon am Anfang die hohe und starre Macht dar. Das Wesentliche, auf das ich bezüglich des Namens „Roderich“ verweisen möchte, ist die Nähe zum Verb „roden“: Das Schloß, welches sich selbst entwässert und somit an Blüte verliert; bereits im Stande des Verfalls ist.[16] So wird der Leser durch die Namensgebung des Schlosses bereits zu Beginn mit dem alten, am Abgrund stehenden feudalen System konfrontiert. Diesen Zustand des Verfallens, verdeutlicht der Einsturz der Decke des Gerichtsaals, drei Tage vor der Ankunft des Herrn Justitiarius mit seinem Vetter, dem jungen V.: „„aber vor drei Tagen ist die schwere, getäfelte Decke des Gerichtsaals mit gewaltigem Krachen eingestürzt.““ (DKV, S. 204) Es gibt keinen Anlaß, der den Einsturz der Decke im Text rechtfertigen würde. Also ist dies ein weiteres Zeichen für das Unwirksamwerden des autoritären Systems. Symbolisch wird die Situation durch den Umstand aufgeladen, dass es sich um den Gerichtsaal handelt, in dem in früherer Zeit die Macht ausgeübt wurde. Im Schloß empfindet der Erzähler der Geschichte, Theodor oder der „junge V.“ alles als kalt und alt: „[...] Franzens flackerndes Licht warf einen wunderlichen Schein in die dicke Finsternis.“ (DKV, S. 205) Diese unheimliche Finsternis verweist zeitmetaphorisch ebenfalls auf jenen, periodisch begründeten Verfall, wie er in der Nachfolge der Französischen Revolution stattfindet.[17] Der Rittersaal, in dem der junge V. und der Justitiarius übernachten, ist schon sehr alt: „Alles, Malerei und Schnitzwerk, trug die dunkle Farbe langverjährter Zeit; [...].“ (DKV, S. 206) An Hand der Beschreibung stellt sich heraus, dass alle Materialien ihre ursprüngliche Schönheit verloren haben und verjährt sind. Die Werte haben sich verändert, und das Schloss enthält nichts Lebendiges mehr, es hat an Macht und Prunk verloren.
Das Gesamtbild des Schlosses erscheint also unter einem Aspekt der Abgelebtheit, was in der Folge eine Betrachtung der umliegenden Natur erfordert:
„Die Gegend ist rauh und öde, kaum entsprießt hin und wieder ein Grashalm dem bodenlosen Triebsand, und statt des Gartens, wie er sonst das Herrenhaus zu zieren pflegt, schließt sich an die nackten Mauern nach der Landseite hin ein dürftiger Föhrenwald, [...].“ (DKV, S. 199)
[...]
[1]. Vgl. Peter Philipp Riedl: Die Zeichen der Krise. Erbe und Eigentum in Achim von Arnims Die Majoratsherren und E. T. A. Hoffmanns Das Majorat. In: Aurora 52. 1992, S. 17.
[2] Ohad Parnes/Ulrike Vedder/Stefan Willer: Das Konzept der Generation. Eine Wissenschafts- und Kulturgeschichte. 1. Aufl. Frankfurt am Main 2008, S. 164.
[3] Ebd., S. 164.
[4] Vgl. Riedl, Zeichen der Krise, S. 17.
[5] Vgl. Parnes/Vedder/Willer, Konzept der Generation, S. 106 f.
[6] Vgl. Jürgen Link: Die Revolution im System der Kollektivsymbolik. Elemente einer Grammatik interdiskursiver Ereignisse. In: Eibl, Karl (Hrsg.): Französische Revolution und deutsche Literatur. Aufklärung; 1.2. Hamburg 1986, S. 5.
[7] Vgl. Parnes/Vedder/Willer, Konzept der Generation, S. 102 f.
[8] Ebd., S. 104 f.
[9] Vgl. Riedl, Zeichen der Krise, S. 19.
[10] Ebd., S. 21 f.
[11] Ebd., S. 21
[12] Vgl. Parnes/Vedder/Willer, Konzept der Generation, S. 105.
[13] Ebd., S. 102.
[14] Vgl. Riedl, Zeichen der Krise, S. 23.
[15] Vgl. Klaus Deterding: Hoffmanns Erzählungen. Eine Einführung in das Werk E.T.A. Hoffmanns. Würzburg 2007, S. 97.
[16] Vgl. Parnes/Vedder/Willer, Konzept der Generation, S. 167.
[17] Vgl. Horst S. Und Ingrid G. Daemmerich: Themen und Motive in der Literatur. 2., überarb. und erw. Aufl. Tübingen 1995. S. 260.
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