Die Romantik als kulturgeschichtliche Epoche des 18. und 19. Jahrhunderts hat nicht nur das Lebensgefühl allgemein sowie die Kunst und die Poesie, sondern auch die Musik und deren Gestaltung beeinflusst. Schlüsselbegriffe romantischer Weltanschauung sind „Sehnsucht“, „Vergangenheit“ und „Rückwärtsgewandtheit zur universellen Einheit“. Im Menschenleben ist das die individuelle Vergangenheit (Kindheit). Das bedeutet, dass das Kind der „bessere, vollkommenere Mensch“ ist. Typisch romantische Symbolbesetzungen auch in der Musik sind daher Kind & Lied.
Zum europäischen Ereignis wurde die Romantik ab 1830, als die Komponisten Chopin und Liszt einen musikalischen Internationalismus schafften, wodurch die Musik zur „romantischen Kunst par excellence“ wurde. Diese Kunst lässt sich anhand von spezifischen Merkma-len eindeutig erkennen.
Inhaltsverzeichnis
1 Romantik als musikalische Epoche
1.1 Charakteristika romantischer Musik
1.1.1 Absolute Musik
1.1.2 Wort-Ton-Verhältnis
2 Beispiel
2.1 Textgrundlage
2.2 Schuberts Schriften zur Winterreise
2.3 Analyse der Vertonung
3 Fazit
4 Literaturverzeichnis
5 Anhang
1 Romantik als musikalische Epoche
Die Romantik als kulturgeschichtliche Epoche des 18. und 19. Jahrhunderts hat nicht nur das Lebensgefühl allgemein sowie die Kunst und die Poesie, sondern auch die Musik und deren Gestaltung beeinflusst.[1] Schlüsselbegriffe romantischer Weltanschauung sind „Sehnsucht“, „Vergangenheit“ und „Rückwärtsgewandtheit zur universellen Einheit“. Im Menschenleben ist das die individuelle Vergangenheit (Kindheit). Das bedeutet, dass das Kind der „bessere, vollkommenere Mensch“ ist. Typisch romantische Symbolbesetzungen auch in der Musik sind daher Kind & Lied.[2]
Zum europäischen Ereignis wurde die Romantik ab 1830, als die Komponisten Chopin und Liszt einen musikalischen Internationalismus schafften, wodurch die Musik zur „romantischen Kunst par excellence“ wurde.[3] Diese Kunst lässt sich anhand von spezifischen Merkmalen eindeutig erkennen.
1.1 Charakteristika romantischer Musik
Der Charakter romantischer Musik kann anhand von fünf Merkmalen beschrieben werden:[4]
1. Es werden ungewöhnliche Lebens- und Seelenumstände dargestellt. Das bedeutet, dass außermusikalische Ideen die musikalische Form dominieren. Die Folge sind neue Ausprägungen in Melodik, Rhythmik, Harmonik (beispielsweise wird die Nacht als das Dunkle dem Tag und damit dem Leben entgegengesetzt; sowie Einsamkeit, Irrationalität, Hoffnungs- und Ausweglosigkeit, Depression und Verzweiflung am Leben als weitere Motive).
2. Es entsteht eine neue Blickrichtung auf das Verhältnis zwischen Mensch und Natur: Die Natur wird dargestellt als dem Menschen feindlich und fremd, unzugänglich und gleichzeitig als mit dem Menschen verbundene Elementarmacht.
3. Es werden Elemente aus früheren Musikepochen wiederbelebt, vor allem die Polyphonie sowie unter dem Einfluss von Johann Sebastian Bach barocke Formen im Allgemeinen.
4. Volkstümliche Einfachheit wird innerhalb der Melodik nachgeahmt, was einhergeht mit der Entwicklung des romantischen Volksliedbegriffs. Das bedeutet, die Aufnahme und die Nachahmung archaisierender Elemente gehen einher mit der Volksliedbewegung.
5. Es entsteht gleichzeitig eine Neigung zur Verwendung exotischer Wirkungen mithilfe von Klängen fremder Kulturen oder Folklore.
Zur tragenden Idee dieser klassisch-romantischen Musikentwicklung ist schließlich die so genannte absolute Musik geworden, die die Musik autonom erscheinen lässt.[5]
1.1.1 Absolute Musik
Durch absolute Musik soll das Losgelöste, das Absolute beschrieben werden. Dadurch ergibt sich eine „ästhetische Autonomie“[6] die es der Musik erlaubt, selbst – durch musikalische Mittel – eine eigene Sprache zu werden. Die Musik darf autonom und frei werden: Instrumentalmusik gilt, wenn sie gegenstands- oder begriffslos ist, in diesem Zusammenhang nicht mehr als „leer“ oder unbestimmt, sondern als „erhaben“.[7] Das bedeutet, dass das, was in der Instrumentalmusik bislang als uneindeutig angesehen worden ist in der Musikästhetik der Romantik als „wunderbar“ empfunden wird.[8] Bisher hat Musik sich hauptsächlich durch ihre Bindung an bestimmte Zwecke oder als Begleitung bestehender Texte legitimiert, die Instrumentalmusik der Romantik dagegen ist losgelöst von Begriff und Objekt und verkörpert damit den Idealtypus von Musik überhaupt.
1.1.2 Wort-Ton-Verhältnis
Es wird also deutlich, dass Musik sich nicht mehr an vorgegebenen Texten orientieren muss, sondern sich auf die Musik selbst konzentriert. Die Musik wird also eigene Sprache, die selbst das Verhältnis von Wort zu Ton definiert und entwickelt. Dabei bildet sich die Sprache der Musik aus klanglichen und rhythmischen Elementen ebenso wie über semantische Strukturen, die hierbei die Verbindung zwischen Sprache und Musik darstellt.[9] Die Musik ersetzt folglich formale Elemente der Sprache des Textes; das Sprachmaterial wird vom Komponisten frei in Musik umgesetzt.[10] Im Falle Schuberts hat diese freie Umsetzung der Textgrundlage sogar soweit geführt, dass ihm vorgeworfen wurde, keine „eigentlichen Lieder“ zu schreiben, sondern „freye Gesänge manche so frey, dass man sie allenfalls Capricen oder Phantasien nennen kann“[11] zu erstellen. Das heißt also, dass es vorrangig nicht um die Vertonung von Worten geht, sondern um die Zusammenhänge auf Grundlage von musikalisch-instrumentellen Charakteren, die dabei ihrerseits auf musikalischen Normen wie Modellen, Typen und Motiven beruhen.[12]
Wie die Umsetzung eines Gedichts in ein Stück der Romantik gestaltet ist, soll nun anhand eines Beispiels exemplarisch dargestellt werden. Dabei dient das Lied „Rückblick“ aus der „Winterreise“ Schuberts als Grundlage.
2 Beispiel
2.1 Textgrundlage
Als Grundlage des Liederzyklus „Winterreise“ dient ein Gedichtzyklus bestehend aus 24 Gedichten von Wilhelm Müller. Müller wurde 1794 in Dessau geboren worden, wo er 1827 auch starb.[13] Die ersten zwölf Gedichte wurden 1823 im Taschenbuch „Urania“ veröffentlicht; zehn weitere wurden im Breslauer Periodikum „Deutsche Blätter für Poesie, Literatur, Kunst und Theater“ gedruckt. Eine Gesamtausgabe des Zyklus wurde 1824 von Christian G. Ackermann in Dessau veröffentlicht, unter dem Titel „Gedichten aus den hinterlassenen Papieren eines reisenden Waldhornisten“.[14]
Entsprechend der Ordnung von Volkslidstrophen besteht der Großteil des Gedichttextes aus zwei- bis fünfzeiligen Strophen, überwiegend mit Kreuzreimen. Die Betonungen sind dabei drei- bis vierhebige Jamben und Trochäen.[15] Obwohl Wilhelm Müller selbst nicht als musikalisch galt, hat es ihn zur Musik gedrängt, weshalb der Zyklus von einem, der Romantik nahestehenden Wandergesellen, gesungen wird.[16]
[...]
[1] vgl. Rummenhöller, Peter: Romantik in der Musik. München (u.a.): Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG; Bärenreiter-Verlag Karl Vötterle GmbH & Co. KG 1989, S.1.
[2] vgl. ebd., S. 13f.
[3] Wörner, Karl H.: Geschichte der Musik. Ein Studien- und Nachschlagebuch. 7. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1980, S. 281f.
[4] vgl. ebd., S. 230f.
[5] vgl. Dahlhaus, Carl: Die Idee der absoluten Musik. Kassel: Bärenreiter-Verlag Karl Vötterle GmbH & Co. KG 1987, S. 8.
[6] ebd., S. 11.
[7] ebd., S. 66.
[8] Bayerl, Sabine: Von der Sprache der Musik zur Musik der Sprache. Konzepte zur Spracherweiterung bei Adorno, Kristeva und Barthes. Würzburg: Verlag Königshausen & Neumann GmbH 2002, S. 38.
[9] Hilmar, Ernst; Jestremski, Margret (Hrsg.): Schubert-Lexikon. Graz: Akad. Dr.- und Verl.-Anstalt 1997, S. 514.
[10] vgl. ebd., S. 515.
[11] ebd., S. 515.
[12] vgl. ebd., S. 510.
[13] vgl. Hilmar; Jestremski (1997), S. 311.
[14] vgl. ebd.
[15] vgl. dazu in Anhang 1 die Kennzeichnung des Gedichttextes.
[16] vgl. ebd.
- Arbeit zitieren
- Antonia Beggert (Autor:in), 2011, Die Vermittlung der Romantik durch die Musik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208774
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