Dass es laut Theodor W. Adorno barbarisch sei, Gedichte nach Auschwitz zu schreiben, hielt vor allem Paul Celan nicht davon ab, genau dies zu tun. Schon lange bevor Adorno mit seiner berühmten Aussage im Aufsatz "Kulturkritik und Gesellschaft" 1951 die öffentliche Debatte um Lyrik nach Auschwitz eröffnete, schrieb Celan Gedichte, in denen er den Schrecken der Shoa verarbeitet. Für Celan als Dichter und überlebender Jude sind Sprache und Shoa untrennbar von einander. In der Tätersprache 'Deutsch' versucht er stetig das literarisch auszudrücken, was aufgrund seines Gräuels kaum ausgedrückt werden kann. Dabei geht es primär nicht um die Reinwaschung der deutschen Sprache nach ihrem nationalsozialistischen Missbrauch, sondern um die Memoria der Shoa und deren sprachliche Ausdrucksmöglichkeit innerhalb der Grenzen der Sprache.
Die Sprache und die Dichtung Celans sind besonders und wurden aufgrund ihrer scheinbaren Unzugänglichkeit immer wieder Ziel von Hohn und Kritik. So stieß Celan beispielsweise mit seinem Vortrag von "Todesfuge" bei einer Tagung der Gruppe 47 im Jahr 1952 auf großes Unverständnis und starke Ablehnung. Einer der Zuhörer verglich Celans Vortragsweise ausgerechnet mit der von Goebbels.
Am Beispiel von vier ausgewählten Gedichten aus verschiedenen Gedichtbänden Celans soll in dieser Arbeit gezeigt werden, in welcher Art und Weise das Unsagbare – die Shoa – in der Sprache und durch Sprache Ausdruck findet. Dabei werden zentrale Motive in Celans Dichtung ebenso untersucht wie Celans Verständnis von Sprache und der Einfluss seiner lebenswirklichen Umstände auf seine Dichtung.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Vier ausgewählte Gedichte
- Espenbaum
- Chanson einer Dame im Schatten
- Todesfuge
- Unten
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die sprachliche Darstellung des Unaussprechlichen – der Shoah – in vier ausgewählten Gedichten Paul Celans. Ziel ist es, Celans Verständnis von Sprache und den Einfluss seiner Lebensumstände auf seine Dichtung zu beleuchten, indem zentrale Motive analysiert werden. Die Arbeit konzentriert sich auf die Frage, wie Celan in der deutschen Sprache, der Sprache der Täter, versucht, den Schrecken des Holocaust auszudrücken, ohne dabei eine Reinwaschung der Sprache anzustreben.
- Sprachliche Verarbeitung der Shoah
- Zentrale Motive in Celans Dichtung
- Celans Verständnis von Sprache
- Einfluss der Lebensumstände auf Celans Werk
- Verwendung von Kontrast und Gegensatz in Celans Gedichten
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung thematisiert die Kontroverse um die Möglichkeit, nach Auschwitz Gedichte zu schreiben, und positioniert Celans Werk als Versuch, den Schrecken der Shoah in der deutschen Sprache auszudrücken. Sie betont die untrennbare Verbindung von Sprache und Shoah für Celan und kündigt die Analyse vier ausgewählter Gedichte an, die zeigen soll, wie das Unsagbare sprachlich ausgedrückt wird. Die Einleitung hebt die besondere und oft kritisierte Sprache Celans hervor und deutet auf die Schwierigkeiten hin, mit denen er konfrontiert war.
Vier ausgewählte Gedichte: Dieses Kapitel kündigt die Analyse der Gedichte "Espenbaum", "Chanson einer Dame im Schatten", "Todesfuge" und "Unten" an. Es erwähnt die verwendete kommentierte Gesamtausgabe der Gedichte Celans und das Celan-Handbuch als Quellen. Die Zusammenfassung der einzelnen Gedichte erfolgt in den folgenden Abschnitten.
Espenbaum: Dieses Gedicht, entstanden 1945 in Bukarest, thematisiert den Tod der Mutter Celans als Stellvertreter für die Opfer des Holocaust. Die Analyse des Gedichts konzentriert sich auf die Struktur aus zehn ungereimten Zweizeilern, in denen jeweils eine These des Lebens (z.B. Espenbaum, Löwenzahn, Eiche) einer Antithese des Todes (Tod der Mutter) gegenübersteht. Die Analyse beleuchtet den Kontrast von Leben und Tod, Hell und Dunkel, Heimat und Heimkehr und zeigt, wie Celan durch die Gegenüberstellung von Bildern und Symbolen die sprachliche Darstellung des Unaussprechlichen erreicht. Das Gedicht offenbart eine enge Verflechtung von Fülle und Leere, Leben und Tod, wobei die Mutter durch das sprachliche Gedenken im Gedicht weiterlebt.
Schlüsselwörter
Paul Celan, Shoah, Holocaust, Sprache, Dichtung, Lyrik, Gedichtanalyse, Motiv, Symbol, Kontrast, Tod, Erinnerung, Trauma, deutsche Sprache, Unaussprechliches.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu: Analyse der sprachlichen Darstellung des Unaussprechlichen in vier ausgewählten Gedichten Paul Celans
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die sprachliche Darstellung des Unaussprechlichen – der Shoah – in vier ausgewählten Gedichten Paul Celans. Sie untersucht Celans Umgang mit der deutschen Sprache, der Sprache der Täter, um den Schrecken des Holocaust auszudrücken, ohne dabei eine Reinwaschung der Sprache anzustreben.
Welche Gedichte werden analysiert?
Die Arbeit analysiert vier Gedichte Paul Celans: "Espenbaum", "Chanson einer Dame im Schatten", "Todesfuge" und "Unten".
Was sind die zentralen Forschungsfragen?
Die Arbeit konzentriert sich auf folgende Fragen: Wie verarbeitet Celan die Shoah sprachlich? Welche zentralen Motive finden sich in seinen Gedichten? Wie versteht Celan die Funktion von Sprache? Wie beeinflussen seine Lebensumstände sein Werk? Wie nutzt Celan Kontraste und Gegensätze in seinen Gedichten?
Welche Themen werden in der Einleitung behandelt?
Die Einleitung diskutiert die Kontroverse um die Möglichkeit, nach Auschwitz Gedichte zu schreiben, und positioniert Celans Werk als Versuch, den Schrecken der Shoah in der deutschen Sprache auszudrücken. Sie betont die enge Verbindung von Sprache und Shoah bei Celan und kündigt die Analyse der vier ausgewählten Gedichte an.
Wie wird das Gedicht "Espenbaum" analysiert?
Die Analyse von "Espenbaum" konzentriert sich auf die Struktur des Gedichts (zehn ungereimte Zweizeiler), die Gegenüberstellung von Leben und Tod (z.B. Espenbaum vs. Tod der Mutter), und die Verwendung von Kontrasten und Symbolen zur sprachlichen Darstellung des Unaussprechlichen. Die enge Verflechtung von Fülle und Leere, Leben und Tod wird hervorgehoben.
Welche Quellen werden verwendet?
Die Arbeit bezieht sich auf eine kommentierte Gesamtausgabe der Gedichte Celans und das Celan-Handbuch.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Paul Celan, Shoah, Holocaust, Sprache, Dichtung, Lyrik, Gedichtanalyse, Motiv, Symbol, Kontrast, Tod, Erinnerung, Trauma, deutsche Sprache, Unaussprechliches.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit umfasst eine Einleitung, ein Kapitel mit der Analyse von vier ausgewählten Gedichten und eine Zusammenfassung.
Welches ist das zentrale Ziel der Arbeit?
Das Ziel der Arbeit ist es, Celans Verständnis von Sprache und den Einfluss seiner Lebensumstände auf seine Dichtung zu beleuchten, indem zentrale Motive in seinen Gedichten analysiert werden.
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- Melanie Anders (Author), 2012, 'Sprache und Shoa' in ausgewählten Gedichten Paul Celans, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208510