Die amerikanischen Präsidentschaftswahlen gelten als Inbegriff
für Personalisierung, Medienabhängigkeit und Professionalisierung von Wahlkämpfen.
Im Folgenden soll näher auf die Auswirkungen des technischem Wandels eingegangen werden.
Seit dem Wahlkampf 2008 wird immer offensichtlicher, dass ein Wahlerfolg wesentlich von der Nutzung des Internets abhängt.
Dessen Nutzer unterscheiden sich jedoch in zentralen Punkten entscheidend von anderen Medienkonsumenten...
Gliederung
1. Die Rolle der Medien im modernen Wahlkampf
2. Die Entwicklung der Massenmedien in den USA bis in die 1990er Jahre. Der Durchbruch des Fernsehens .
3. Wer wählt was warum?
4. Das Internet und seine Funktionen im Wahlkampf
5. Neue Formen des Negative Campaigning im Internet ..
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
1. Die Rolle der Medien im modernen Wahlkampf
Heutzutage sind wir nahezu permanent dem Einfluss der Medien ausgesetzt: Gedruckt, in Form von Zeitungen, Zeitschriften und Plakaten, per Rundfunk durch Radio und Fernsehen sowie seit den 1990er Jahren durch das Internet gehören sie in verschiedensten Formen zum Alltag der meisten Bürgerinnen und Bürger. Allzu oft geht es den Autoren und Vertreibern dieser Medien auch um die Beeinflussung der Konsumenten. Sei es, um die Kaufentscheidung für ein bestimmtes Produkt oder die (Ab)Lenkung des Interesses auf oder von bestimmten Themen zu bewirken.
Politikwissenschaftler interessieren sich hierbei in besonderem Maße für diese beeinflussende Wirkung. Gerade beim Thema Wahlkampf gab und gibt es Diskussionen über die tatsächliche „Macht der Medien“.
Objekt zahlreicher Untersuchungen sind die Wahlkämpfe in den Vereinigten Staaten von Amerika. Die Nutzung der Massenmedien im Rahmen dieser nahm hier in den 1920er und 1930er Jahren ihren Anfang. Heute gelten die amerikanischen Präsidentschaftswahlen als „Inbegriff für Personalisierung, Medienabhängigkeit und die Professionalisierung von Wahlkämpfen“.
Die zentrale Frage „Wer wählt wie und warum?“, gleichermaßen von Politikern und Wissenschaftlern gestellt, dient als erster Anhaltspunkt. Im Folgenden muss hierbei geklärt werden, in welchem Maße die Medien den Ausgang eines Wahlkampfes überhaupt beeinflussen können. Dabei möchte ich auch auf den Zusammenhang zwischen technischem Wandel und medialem Wahlkampf eingehen, der bereits vorhandene Wahlkampfstrategien wie das Negative Campaigning im digitalen Zeitalter unter veränderten Gesichtspunkten auftreten lässt.
Seit dem Wahlkampf 2008 wird immer offensichtlicher, dass der Wahlerfolg wesentlich von der Nutzung des Internets abhängt. Nach der Analyse der Wirkung des Fernsehens durch die Wahl- und Medienforschung begann seit dem endgültigen Durchbruch des Internets im neuen Jahrtausend auch die Untersuchung dieses digitalen Mediums. Eine breite Literaturgrundlage zum Thema „Mediendemokratie USA“, die traditionell vor allem die Wirkung des Rundfunks thematisiert, wird so seit ca. 10 Jahren von Publikationen zum „Wahlkampf 2.0“ im Internet verstärkt. Hier sind es jedoch in erster Linie die traditionellen Akteure, also Kandidaten und Parteianhänger (Berufspolitiker), die auftreten. Auf den oftmals nur nebenbei behandelten „normalen“ Internetnutzer und seine politischen Online-Aktivität soll in dieser Arbeit näher eingegangen werden. Im Gegensatz zum Fernsehzuschauer ist dieser nicht nur ein Medienkonsument, der auf andere Art und Weise erreicht werden muss, sondern potentiell auch aktiver Teilnehmer im Wahlkampf.
2. Die Entwicklung der Massenmedien in den USA bis in die 1990er Jahre. Der Durchbruch des Fernsehens
Um die Möglichkeiten der heute technisch fortgeschrittenen (Massen-)Medien vor Augen zu führen, soll zunächst die Entwicklung des wichtigsten, des Fernsehens, in den USA von 1920 bis in die 1990er, dem Beginn der Verbreitung des Internets in Privathaushalten, nachvollzogen werden.
Neue Technologien waren in den USA immer Grundlage für eine teilweise revolutionäre Veränderungen des politischen Prozesses. Die Geschichte des Präsidentschaftswahlkampfes ist demnach eng mit der Evolution der Medien verknüpft.
Seit den 1920ern ermöglichten moderne Transport- und Kommunikationsmittel, vor allem die Entstehung der Massenmedien, einen landesweiten Wahlkampf. Vorher waren Reisen durch das ganze Land notwendig, diese konnten, bedingt durch die enorme geografische Ausdehnung der USA, nur teilweise realisiert werden. In dieser Phase, in der außer Zeitungen nur wenige überregionale Medien vorhanden waren, konnte ein persönlicher Kontakt zwischen Kandidat und Wählerschaft nur in begrenztem Maße realisiert werden. Im Jahre 1932 wurde das Radio bereits intensiv von Franklin D. Roosevelt genutzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg, der auch im Bereich der Filmproduktion einen Entwicklungsschub brachte, waren es schließlich Politikberater, die das Fernsehen als Wahlkampfinstrument entdeckten. 1952 erfolgte die Nutzung dieses neuen Mediums durch Dwight D. Eisenhower. Unter ihm wurden kurze 30-Sekunden-Spots zum neuen Standard, teilweise wurden dabei Zeichentrickfilme genutzt um für „Ike“ zu werben. Die Reichweite war dabei schon recht hoch: 1956 besaßen 75% der amerikanischen Haushalte einen Fernseher. 1960 fand dann eine regelrechte Revolution des Präsidentschaftswahlkampfes durch das erste TV-Duell zwischen den Konkurrenten Kennedy und Nixon (z. T. als medienhistorische Zäsur bezeichnet) statt. Hierbei ist auch ein besonderer Einschnitt betreffend der Rolle der Familie zu nennen: Als erster Kandidat setzte John F. Kennedy diese intensiv im Wahlkampf ein, was für ein entsprechend großes Medienecho sorgte.
Durch die enorme Landesfläche der Vereinigten Staaten kam dem Massenmedium Fernsehen eine außerordentlich wichtige Rolle zu. Andere genutzte, traditionelle Wahlkampfformen wie das Verschicken von Briefen oder Anrufe in Haushalten erreichten nur eine begrenzte Zahl von Bürgern. Dagegen konnten sogar relativ unbekannte Kandidaten mit Hilfe landesweiter Ausstrahlungen schnell ihren Bekanntheitsgrad erhöhen und waren zum Wahltermin meist gleichauf mit ihrem Konkurrenten, sogar wenn dieser schon Amtsinhaber war.
Die weite Verbreitung von Radio und Fernsehen ermöglichte somit das Ansprechen der meisten Wahlberechtigten, vorausgesetzt der Kandidat verfügte über ausreichende finanzielle Mittel für Technik, Personal und sonstige Kosten.
Um hierbei nicht in die Situation zu kommen, große Summen für nichtgewinnbringende Wahlwerbung im Fernsehen ausgeben zu müssen, kam es schon bald es zur Anwendung von Methoden der Markt- und Meinungsforschung um die Wirkung von Kandidaten-Reden, Botschaften und Werbespots zu untersuchen. Eine intensive Meinungsforschung erlaubt es, einzelne Zielgruppen, beispielsweise die Bewohner bestimmter Staaten, direkt anzusprechen. Problematisch wiederum ist, dass auch diese Kosten verursact. Sie trug mit zum exponentiellen Ansteigen der Ausgaben für die US-Präsidentschaftswahlkämpfe bei. So waren es zum Beispiel im Jahr 2008 5,3 Milliarden US-$, die insgesamt von den Kandidaten gezahlt wurden. Bezeichnenderweise werden darum große Kapazitäten im Bereich des Spendensammelns (Fundraising) gebunden. Vor dem Start einer Kampagne müssen aufgrund begrenzter Ressourcen demnach zwei Fragen unbedingt beantwortet werden:
Zum Ersten: Wer kann mit welchem Aufwand zu einer bestimmen Wahlentscheidung bewogen werden? Und zweitens: Muss eine bestimmte Wählergruppe erst mobilisiert werden? Im Folgenden sollen Wege aufgezeigt werden, mit denen der Wahlkämpfer seine potentiellen Wähler einerseits klassifizieren und andererseits deren Entscheidung anhand bestimmter Indikatoren einigermaßen sicher vorhersagen bzw. beeinflussen kann. Ohne dieses Erkennen der Zielgruppen können schließlich keine geeigneten Instrumente ausgewählt werden, um auf diese zu wirken.
3. Wer wählt was warum?
Im Laufe der letzten Jahrzehnte ließ sich ein grundlegender Wandel im Wahlverhalten beobachten. Dementsprechend müssen Wahlkampfstrategien immer wieder neu an die aktuellen Verhältnisse angepasst werden.
Nach wie vor wirken zwar lokale Einflüsse: Räumliche Anordnung, sozioökonomische Situation sowie (die vom Umfeld beeinflusste) politische Positionierung des Individuums beeinflussen das jeweilige Wahlverhalten, aber andererseits zeigt sich mehr und mehr der zunehmende Trend zur individualistischen Entscheidung, die von anderen Faktoren beeinflusst wird.
Der Einfluss sozioökonomischer Variablen zeigt sich bestenfalls noch am Wahlverhalten ethnischer Gruppen in den USA. So wählten im Jahr 2004 58,7% der weißen Bevölkerung Bush, der Anteil der nicht-weißen betrug nur 27,6%. Bei genauer Aufschlüsselung der Gruppe „nicht-weiß“ ergibt sich freilich ein differenzierteres Bild: In erster Linie waren es Afroamerikaner, die gegen Bush waren, währenddessen bei anderen ethnischen Minderheiten kein so klares Wahlverhalten zu beobachten war. Die stark wachsende Gruppe der Hispanics ist hierbei zu nennen. Deren Entscheidung wird vor allem durch Sachthemen, z. B. die Einwanderungspolitik (Mexiko), beeinflusst.
Eine Betrachtung der Variable Einkommen zeigt, dass Bürger mit einem Jahreseinkommen über 200.000 US-$ eher Republikaner wählen, liegt es unter 15.000 US-$ tendieren sie zu den Demokraten. Beide Gruppen zusammen repräsentieren jedoch nur 10% der US-Bevölkerung. Daneben bestand lange Zeit die Meinung, dass Katholiken und Juden den Demokraten näher stehen würden, Protestanten dagegen den Republikanern. Seit einigen Jahren trifft dieser Sachverhalt überhaupt nicht mehr zu. Viel mehr ist es so, dass besonders fromme Gläubige, unabhängig von ihrer Religion, eher auf Seiten der Republikaner stehen während weniger Gläubige zu den Demokraten tendieren. Eine Ausnahme bilden gläubige schwarze Bürger, die mehrheitlich demokratisch wählen. Zuletzt sei an dieser Stelle das Geschlecht genannt. Tatsächlich ist seit der Bürgerrechtsbewegung ein spürbarer Unterschied im Wahlverhalten zwischen Männern und Frauen zu beobachten. Die amerikanische Sozialwissenschaft spricht von der sogenannten Gender Gap. Frauen neigen eher zur Demokratischen Partei, Männer eher zu den Republikanern. Mit dem Aufkommen der Security Moms, meist aus der weißen Mittelschicht stammenden, konservativen und gläubigen Frauen, trat dagegen in jüngster Vergangenheit eine weibliche Wählergruppe hervor, die auf Seiten der Republikaner steht.
Gruppenkonformes Verhalten verschwindet also zusehends und hat allenfalls noch eine untergeordnete Rolle. Die sozioökonomischen Faktoren, die dieses beeinflussen verlieren ebenfalls an Bedeutsamkeit.
An ihre Stelle treten andere Faktoren. Auf den Wähler wirken nach Campbell et al. folgende drei:
Erstens die sogenannte issue-Orientierung, die vor allem sachliche Themen und Inhalte der Wahlkampagne umfasst, zweitens die Parteiidentifikation, im Beispiel der USA also vor allem die Zuordnung als Demokrat oder Republikaner, sowie drittens die Kandidatenorientierung. Issues, müssen dem Wähler jedoch erst vermittelt werden, eine Identifikation mit einer Partei entsteht nicht aus dem Nichts. Kandidaten müssen, bevor sie überhaupt Symphathie und bestenfalls auch die Stimmen der Wahlberechtigten erhalten, einer möglichst hohen Anzahl von Bürgern bekannt sein. Diese erreicht man größtenteils über die Massenmedien, aber es sollte beachtet werden, dass die Wahlberechtigten eine heterogene Gruppe sind und die Anwendung verschiedener Methoden notwendig ist um auf diese wirken zu können.
Hier sei die kampagnenorientierte Wählertypologie nach Strohmeier genannt, diese unterscheidet vier Typen von Wählern:
Wertrationale Stammwähler, die ihre Entscheidungen aufgrund langfristiger Norm- und Wertorientierungen treffen, welche sie im Laufe ihrer politischen Sozialisation erworben haben und traditionale Stammwähler sind die beiden Angehörigen des „alten Typs“. Zweitgenannte treffen wegen des Drucks ihrer peer group bestimmte Entscheidungen. Beide sind ziemlich uninteressant für den Wahlkämpfer. Deren Verhalten ist nur unter hohem Einsatz finanzieller Mittel und Zeit zu ändern, bisweilen kann die Bindung an einen festen Wertekanon oder der Einfluss von Familie und Bekannten (lokale Einflüsse) auch gar nicht gebrochen werden.
Daneben existieren zwei weitere Gruppen, bei denen der Trend zur Individualisierung schon weiter fortgeschritten ist. Einmal handelt es sich um den zweckrationalen Wechselwähler: Er ist ein Kosten-Nutzen-Analyst, der vor allem mit harten Argumenten überzeugt werden will. Auch dieser lässt sich nur mit hohem Aufwand für die eigenen Seite gewinnen, ist er bei bestimmen Schlüsselthemen einer anderen Meinung, lässt er sich nicht so leicht überzeugen. Entsprechend steht also zuletzt der affektuelle Wechselwähler im Mittelpunkt der Wahlkampagne. Dieser trifft seine oder ihre Entscheidung überwiegend kurzfristig aus emotionalen Motiven. Den größten Einfluss auf das Wahlverhalten der Wähler des vierten Typs haben die Einstellung gegenüber dem Spitzenkandidaten sowie die auf die Agenda gesetzten Wahlkampfthemen.
An dieser Stelle stehen die Medien im Fokus der Wahlforschung. Seit den Presidential Debates zwischen Kennedy und Nixon wird nach ihrem Einfluss auf die Wahlentscheidung gefragt.
In den 1950er und 1960er Jahren wurden noch simple Stimulus-Response-Modelle angewendet um z. B. die Wirkung von Fernsehsendungen auf den Zuschauer zu erklären. Mittlerweile interessiert sich die Wahlforschung jedoch mehr für die Art und Weise, wie die Medien Realität konstruieren. In diesem Sinne wird den Medien indirektes Wirken unterstellt. Ihren Einfluss entfalten Funk, Fernsehen, Internet usw. demnach vor allem dadurch, dass sie überhaupt erst bestimmte Themen einen gewissen Grad an Wichtigkeit verleihen. Hierbei handelt es sich um die Agenda-Setting-Funktion der Massenmedien, die die Public Agenda, also die Themen, welche in der Öffentlichkeit diskutiert werden, wesentlich beeinflusst. Durch Aufmachung und Häufigkeit der Berichterstattung legen die Medien, ob bewusst oder unbewusst, eine Rangordnung fest (Priming), nach der die wichtigsten Themen die meiste öffentliche Aufmerksamkeit erhalten.
Ein immer wieder kritisierter Punkt an dieser Stelle betrifft das vollständig kommerzialisierte Mediensystem in den USA. Dieses ist auf Zuschauer- bzw. Zuhörermaximierung ausgerichtet und lässt politische Berichterstattung bisweilen zur Unterhaltungsshow verkommen. So haben besonders kontroverse Themen eine höhere Chance ins Programm zu gelangen, während andere vernachlässigt werden. Die Herausforderung für den Wahlkämpfer besteht hierbei im Wesentlichen darin, seine Agenda möglichst unverfälscht durch die Medienlandschaft bis zum Wähler zu bringen. Bestenfalls soll es zum direkten Kontakt zwischen beiden kommen. Journalisten haben hierbei die Rolle sogenannter Gatekeepers inne. Politiker sind auf diese angewiesen, da sie bestimmen, welches Thema wie in die Öffentlichkeit gelangt. Aus diesem Grund führen Kandidat und PR-Apparat im Wahlkampf das sogenannte Themenmanagement durch, das mit folgenden drei Methoden arbeitet:
Zum Ersten das Media-Agenda-Setting: Hierbei steht der Versuch im Vordergrund Themen in die Berichterstattung einzubringen, die der eigenen Partei nutzen und/oder dem politischen Gegner schaden. Unter anderem geschieht dies mit Hilfe von Interviews, Wahlkampfreden und Plakaten. Das Gegenstück bildet zweitens das Agenda-Cutting, mit dessen Hilfe Themen aus der Berichterstattung entfernt werden sollen. Noch besser ist es für den Betroffenen in diesem Falle vorbeugend zu arbeiten, d. h. Themen, die der eigenen Partei eher schaden und/oder dem Gegner nutzen, gar nicht erst auftauchen zu lassen. Schlägt das Cutting fehl, dann erfolgt notfalls das Agenda-Surfing: Ein Thema, dem nicht ausgewichen werden kann, wird möglichst zum eigenen Vorteil genutzt.
4. Das Internet und seine Funktionen im Wahlkampf
Barack Obamas Wahlkampf um den Einzug ins Weiße Haus im Jahre 2008 wurde von der Tatsache überschattet, dass er der erste afroamerikanische Kandidat im US-Präsidentschaftswahlkampf war. Daneben war jedoch auch ein anderes, wichtiges Novum zu beobachten: Die zuvor in diesem Ausmaß nicht dagewesene Nutzung des Internets als Wahlkampfmittel. Obama bzw. seine Wahlkampfstrategen erkannten schon früh die Wichtigkeit dieses neuen Mediums. Bei einer theoretischen Betrachtungen sind vier Komponenten zu nennen die das Internet so besonders machen:
Zum Ersten handelt es sich um das Vorhandensein von Permanenz: Webseiten und E-Mail-Dienste sind rund um die Uhr nutzbar. Kampagnen können sofort reagieren, man muss sich nicht mehr den Sendeschemata von Radio und Fernsehen beugen. Allerdings ist zu beachten, dass Permanenz auch bedeutet, dass Bilder oder Texte, die einmal ihren Weg in das world wide web gefunden haben, nicht mehr oder nur unter größten Schwierigkeiten aus diesem Raum zu entfernen sind.
Weiterhin ermöglicht ein zielgruppenorientiertes Vorgehen das Senden direkter Botschaften an bestimmte Gruppen. Kommunikation wird so wieder personalisiert. Wähler können dann, nachdem sie z. B. online ihre Daten preisgegeben haben, „in der realen Welt“ von Angehörigen der Parteiortsgruppen auf lokaler Ebene kontaktiert werden.
Durch die Interaktivität des Internets sind dessen Nutzer heutzutage außerdem nicht mehr nur passive Empfänger. Sie können Inhalte selbst generieren und werden so zu broadcastern. Das sogenannten „berieseln“ des Zuschauers, wie es beim Fernsehen der Fall ist, liegt nur noch in begrenztem Maße vor. Informationen werden selektiv „herausgepickt“. Hieraus resultiert wiederum der Zwang für Wahlkampagnen um die Aufmerksamkeit des Internetnutzers zu kämpfen, da die Wahlmöglichkeiten im digitalen Raum wesentlich die des analogen Fernsehens und Radios übersteigen.
Zuletzt bietet die Dezentralisierung im Internet Möglichkeiten, Kampagnen im großen Maßstab relativ leicht und schnell zu organisieren. Räumliche Entfernungen werden so irrelevant. Im Rahmen des Crowdsourcing können dann Aufgaben von vielen (oftmals freiwilligen) Helfern bearbeitet werden. Deren dezentral verstreutes Wissen und ihre Fähigkeiten werden online konzentriert nutzbar gemacht und im Sinne der Kampagne genutzt.
Betrachtet man die Nutzer der Online-Angebote, wird klar, warum das E-Campaigning als Zukunft des Wahlkampfes bezeichnet werden kann: Gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen löst es zunehmend das Fernsehen als primär konsumiertes Medium ab, bzw. hat es dieses schon abgelöst. Wenn miteinbezogen wird, dass jeder fünfte Wahlberechtigte in den USA unter 30 ist, wird ersichtlich, wieso um diese Youth Vote gekämpft werden muss. Die Angehörigen dieser Gruppe sind des Weiteren oft Wähler des im vorherigen Kapitel genannten Typs Vier, also Wechselwähler, deren Wahlentscheidung in hohem Maße von medialen Einflussfaktoren abhängt. Erster Anlaufpunkt für den Wähler und Internetnutzer ist hierbei die Webseite des Präsidentschaftskandidaten. Zu einem Großteil ist diese mit Informationen zu allen möglichen Aspekten (Biografien, Statements, News etc.) ausgefüllt. Stellungnahmen erfolgen hierbei vor allem zu Schlüsselthemen, z. B. der Wirtschaftslage, im Beispiel der USA 2008 auch zum Irakkrieg, zur nationalen Sicherheit, dem Gesundheitswesen, Bildung oder Technologie. In gewissem Maße bleibt also auch hier noch der Einfluss der „alten“ Leitmedien erkennbar, die zu einem starken Anteil nach wie vor ihr Agenda-Setting betreiben und für den Internetnutzer festlegen, welche Themen überhaupt Relevanz besitzen. Des Weiteren soll dem Besucher der Homepage erlaubt werden mit der Kampagne zu kommunizieren. Dies geschieht meist in Form von E-Mail-Listen und Kommentarfunktionen. Im Falle der USA erfolgt hierbei auch der Aufruf zur Wahlspende. Durch die Schaffung besonderer Strukturen im Internet (Foren z. B.) können Nutzer auch untereinander in Kontakt treten. Im Sinne einer Jobbörse fungieren die Kandidatenhomepages auch als Anwerbeplattform für Wahlkampfhelfer. Diese sammeln dann weitere Spenden, verteilen Broschüren oder sammeln Daten, z. B. Telefonnummern.
Insgesamt erfüllt das Internet somit einige nützliche Funktionen, die dem Kandidaten und seiner Kampagne dabei helfen können Arbeit und Geld zu sparen. Oftmals junge Internetnutzer können nicht nur als Wähler geworben, sondern auch als aktive Helfer gewonnen werden.
In gewissem Maße stellen diese Personen als heterogene Gruppe jedoch eine schwer berechenbare Variable dar, da sie eventuell auch in ungewollter Art und Weise im digitalen Raum agieren.
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- Arbeit zitieren
- Nils Wöhnl (Autor:in), 2013, Der US-Präsidentschaftswahlkampf im 21. Jahrhundert - die digitalisierte Mediendemokratie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/208493
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