Lesen und Schreiben kommen im täglichen Gebrauch zumeist aufeinander
bezogen vor. Der Aufsatz-/ Literaturunterricht stellt eine Ausnahme dar. Vorteile der Kombination: „Lesen erleichtert den beim Schreiben notwendigen Aufbau von Ordnungsstrukturen, und Schreiben ermöglicht die Verarbeitung des von Literatur provozierten Selbst- und Fremdverstehens.“1 Man kann sagen, dass jede Schriftlichkeit dem Leser eine Lesefläche bietet. Auf
dieser kann sich der Blick des Lesers je nach (Le se-) Erfahrung, als ein Beispiel, ganz unterschiedlich bewegen. Lesen stellt nicht immer nur eine Beschäftigung dar, die gerne gemacht wird, sondern ist auch immer mit einer Anstrengung verbunden.
Das Kurzzeitgedächtnis kann höchstens 7 neue Informationen gleichzeitig verinnerlichen, was folglich dazu führt, dass angeglichen und reduziert werden muss, dass also aus mehrdeutig zu verstehenden Aussagen Eindeutige „geformt“ werden müssen. Dieser Ablauf wird durch kognitive Strukturen, die Weltwissen repräsentieren, erleichtert. Man kann sagen, dass der Text eine „ Präsuppositionsmaschine“ ist, denn das, was einem Satz einer Aussage zugrunde liegt, zwar nicht unmittelbar ausgesprochen wird, aber meist gefolgert werden kann, entspricht dem vom Leser individuell aufgebrachten Mehrwert.
1 Klaus-Michael Bogdal, Hermann Korte: Grundzüge der Literaturdidaktik, Deutscher Taschenbuch Verlag
GmbH & Co. KG, München 2002; S. 104
Inhalt
Basiskonzepte für den Literaturunterricht
1.Lesen- Schreiben- Vorlesen/ Vortragen
1. Lesen
1.1 Voraussetzungen
1.2 Lesen als Text-Leser-Interaktion
1.3 Lesen und Vorstellungsbildung
1.4 Lesen und Begriffsbildung
1.5 Lesen und Gemeinschaft
1.6 Lesen und „Verstehen“
2. Schreiben
2.1 Voraussetzungen
2.2 Heuristisches Schreiben
2.3 Poetisches Schreiben
2.4 Rhetorisches Schreiben
3. Vorlesen/ Vortragen
3.1 Voraussetzungen
3.2 Vorlesen/ Vortragen als sprechtechnische Herausforderung
3.3 Vorlesen/ Vortragen als Interpretieren
3.4 Vorlesen/ Vortragen als Wirkungsverstärkung
2. Literarisches Lernen in der Primar- und Orientierungsstufe
1. Vorbemerkungen
2. Voraussetzungen für literarisches Lernen auf der Seite der SchülerInnen
2.1 Literarische Sozialisation im Kindesalter
2.2 Entwicklungsbedingte Voraussetzungen für literarisches Verstehen
3. Zur Diskussion um literarisches Lernen in der Primar- und Orientierungsstufe
3.1 Literaturdidaktische Konzepte seit 1945
3.2 Brennpunkte der aktuellen Diskussion
4. Aufgaben und Zielsetzungen, Inhalte und Vermittlungsformen des literarischen Lernens mit Kindern
3. Kinder- und Jugendliteratur im Unterricht
1.Zum Spannungsverhältnis zwischen Kinder- und Jugendliteratur und Schule
2. Historische Vorbemerkung
3. Was ist Kinder- und Jugendliteratur? Problematisierung im Hinblick auf ihren Unterrichtsgebrauch
4. Wozu Kinder- und Jugendliteratur im Unterricht?
5. Kinder- und Jugendliteratur im Kontext von Leseförderung
1)Rezension
Basiskonzepte für den Literaturunterricht
1.Lesen- Schreiben- Vorlesen/ Vortragen
Von Ulf Abraham
Lesen und Schreiben kommen im täglichen Gebrauch zumeist aufeinander bezogen vor. Der Aufsatz-/ Literaturunterricht stellt eine Ausnahme dar. Vorteile der Kombination: „ Lesen erleichtert den beim Schreiben notwendigen Aufbau von Ordnungsstrukturen, und Schreiben ermöglicht die Verarbeitung des von Literatur provozierten Selbst- und Fremdverstehens.“[1]
1. Lesen
1.1 Voraussetzungen
Man kann sagen, dass jede Schriftlichkeit dem Leser eine Lesefläche bietet. Auf dieser kann sich der Blick des Lesers je nach (Lese-) Erfahrung, als ein Beispiel, ganz unterschiedlich bewegen.
Lesen stellt nicht immer nur eine Beschäftigung dar, die gerne gemacht wird, sondern ist auch immer mit einer Anstrengung verbunden.
Das Kurzzeitgedächtnis kann höchstens 7 neue Informationen gleichzeitig verinnerlichen, was folglich dazu führt, dass angeglichen und reduziert werden muss, dass also aus mehrdeutig zu verstehenden Aussagen Eindeutige „geformt“ werden müssen. Dieser Ablauf wird durch kognitive Strukturen, die Weltwissen repräsentieren, erleichtert.
Man kann sagen, dass der Text eine „ Präsuppositionsmaschine“ ist, denn das, was einem Satz einer Aussage zugrunde liegt, zwar nicht unmittelbar ausgesprochen wird, aber meist gefolgert werden kann, entspricht dem vom Leser individuell aufgebrachten Mehrwert.
1.2 Lesen als Text-Leser-Interaktion
Der Leser geht, indem er liest, einen „Lesevertrag“ ein, der es vorsieht bisher angenommene Verstehensvermutungen aufs neue immer wieder zu revidieren.
Lesen bedeutet Lernen, denn es werden immer wieder neue Informationen zu den schon vorhandenen im Gedächtnis aufgenommen. Dadurch wird es einem ermöglicht die eigene bisherige Sichtweise zu verändern und eine Selbstabfrage durchzuführen.
Eine zusätzliche Ebene, die beim literarischen Lesen eine Rolle spielt, ist die, dass auf Denk- und Wahrnehmungsgewohnheiten, Normen und Werte irritierender Einfluss genommen werden kann.
Ein weiteres Potenzial liegt in der Sensibilisierung für Funktionen der Sprache. Dieses ist in der Lyrik stärker ausgebildet als bei üblichen Romanen.
Es besteht immer eine Interaktion zwischen dem Text selbst und demjenigen, der den Text liest (Leser). Man könnte auch von einer gegenseitigen Abhängigkeit sprechen. Der Text auf der einen Seite will, dass er durch den Leser zum „Leben erweckt“ wird. Der Leser auf der anderen Seite sieht die Aufgabe des Textes darin, seinen Vorstellungsbildern immer wieder neue „ Nahrung“ zu geben.
1.3 Lesen und Vorstellungsbildung
Damit es dem Leser möglich ist seine Verstehensvermutungen fortlaufend revidieren oder aber erweitern zu können sind „Leerstellen“ erforderlich. Leerstelle bedeutet, dass der semantische Code eines Satzes nicht ausreicht, um eine präzise Vorstellung vorzunehmen. Die Aufgabe des Lesers besteht somit darin, die vorgegebenen Worte mit Phantasie zu füllen. Das Lesen und Verstehen ist nicht mehr eineindeutig, sondern plural, individuell und die subjektiven Vorstellungen können zu jeder Zeit erweitert oder auch verändert werden.
Eine noch zu klärende Frage ist die, nach der Einstufung von Vorstellungserleichterungen und Vorstellungserschwerungen in Texten. Sollen Bilder detaillierter vorgegeben oder vom Leser selbst entworfen werden?
1.4 Lesen und Begriffsbildung
Während Lesen auf der einen Seite eine Interaktion zwischen dem Leser und dem Text darstellt, so ist es auf der anderen Seite eine Interaktion zwischen Begriffen und Vorstellungen. Denn Vorstellungen bleiben ohne Begriffe leer, ebenso wie Begriffe ohne Vorstellungen ihre Bedeutung verlieren. Darüber hinaus hilft das Lesen Gattungs- bzw. Textsorten-, Epochen- und Formbegriffe zu erwerben.
Somit ist Lesen eine „... höchst ergiebige Quelle für das sprachlich-begriffliche Lernen, die Entfaltung von Sprachbewusstsein und die Entwicklung des Denkens.“[2] Es fördert die sprachliche und bildliche Festigung des Wissens.
1.5 Lesen und Gemeinschaft
Lesen ist eine gemeinschaftliche Tätigkeit. Wenn in der Schule in einer Gruppe vorgelesen wird ändert sich die Wahrnehmung des Textes für die Zuhörer. Es wird gesagt, „... dass Literaturerwerb im Gespräch beginnt, nicht mit individueller Textrezeption.“[3]
Daraus folgert die Didaktik des literarischen Gesprächs, die, nicht ganz unkontrovers diskutiert, Autonomie, die jedoch zuerst einmal herzustellen ist. Hierbei soll der Lernende sich in freier Diskussion, und nicht direkt am Text gebunden, nicht nur gegenüber dem Lehrer, sondern gegenüber der ganzen Klasse äußern. Dies kann jedoch erst geschehen, wenn der zu diskutierende Text zuvor genau studiert wurde.
Es wird deutlich, dass Lesen nicht nur hilft Vorstellungen und Begriffe zu bilden, sondern auch Gemeinschaft zu entwickeln.
1.6 Lesen und „Verstehen“
Der Begriff „Verstehen“ ist problematisch, denn der Vorgang des Verstehens ist nicht direkt ersichtlich. Handelt es sich hierbei nur um das Aufnehmen von Texten?
„Verstehen“ kann einerseits als Prozess und Ergebnis aufgefasst werden. Andererseits unterscheidet man zwischen einem Erkenntnismäßigen auf die Entschlüsselung des Textes ausgerichteten Verstehensbegriff, der zu einer auf die Bedeutung hin ausgelegten Sichtweise führt und die Gestalthaftigkeit der Texte betonen soll und einem gefühlsbetonten Verstehensbegriff. Der letztere ermöglicht es einem sich in Einstellungen anderer Menschen einzufügen, einen Perspektivenwechsel vorzunehmen und sich in die Lage anderer Figuren, Personen hineinzuversetzen.
Obwohl die semiotische Basis des Umgangs mit Literatur bald nicht mehr strittig war, wurden verschiedene methodische Konzepte kontrovers diskutiert.
Fest steht jedoch, dass Lesenlernen umso weniger als Phasenmodell (Verstehen, Auslegen, Aneignen und Anwenden) beschrieben werden muss, je geübter der Lesende ist.
2. Schreiben
2.1 Voraussetzungen
Schreiben wird als eine Interaktion zweiter Ordnung eingestuft. Schriftlichkeit als eine Arbeit des Geistes ermöglicht es einem selbst kreativ zu sein oder aber auch zu verarbeiten. Ebenso wie das Lesen, befindet sich auch der Schreibakt in einer Ambivalenz. Denn zum einen muss man einmal Gelerntes beim Schreiben durchweg anwenden und bestimmte Regeln und Ordnungen einhalten, zum anderen kann eine Bewusstseinserweiterung herbeigeführt werden wodurch sich das Denken variabler gestaltet.
Während seit dem 19. Jahrhundert Schreiben vorwiegend zur Darstellung von Lernergebnissen genutzt wurde, wird Schreiben inzwischen „... als Form des Denkens und als Medium erkannt, das Lernprozesse prinzipiell jeder Art begleiten kann.“[4] Schreiben als Lernmedium gewinnt zunehmend an Bedeutung. Unterschieden wird zwischen heuristischem, poetischem und rhetorischem Schreiben worauf im Folgendem detaillierter eingegangen wird.
2.2 Heuristisches Schreiben
Diese Art von Schreiben ist nicht produkt-, sondern prozessorientiert. Es wird eine vorläufige Annahme der Textintention aufgestellt. Der Text wird mit der eigenen Interpretation gelesen und bei genauerem Studieren des Textes werden nun die ersten Vermutungen über die Intentionen erneut geprüft und entweder beibehalten oder entsprechend abgeändert. Durch szenische Darstellung ist es zum Beispiel möglich, „... Verstehensprozesse auszudrücken, zu dokumentieren und zu befördern.“[5]
[...]
[1] Klaus-Michael Bogdal, Hermann Korte: Grundzüge der Literaturdidaktik, Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München 2002; S. 104
[2] Ebd., S. 109
[3] Ebd., S. 110
[4] Ebd., S. 113
[5] Ebd., S. 114
- Quote paper
- Sarah Niehaves (Author), 2003, Bearbeitung des Buches 'Grundzüge der Literaturdidaktik' von Klaus-Michael Bogdal und Hermann Korte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/20797
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